Ich würde gern die Thematik bezüglich der Lehrstellen hinterfragen, um deutlich zu machen - weil wir dem Antrag schon vorgreifen -, welche Bereiche von den Einsparungen betroffen sind. Haben Sie den Antrag tatsächlich im Detail gelesen, und konnten Sie an irgendeiner Stelle herauslesen, dass ein Aufwuchs entstehen sollte?
Können Sie sich vorstellen, dass wir das, was wir unter „Freiwilliges Jahr“ in diesem Lande verstehen, einfach nur für diesen Bereich öffnen wollen?
Natürlich habe ich Ihren Antrag gelesen. Wenn Sie mir zugehört haben, werden Sie gemerkt haben, dass ich ausgeführt habe: Ich möchte ungern, dass dieses gute Freiwillige Soziale Jahr in der Demokratie zulasten anderer Bereiche geht.
Wenn wir es aber nicht zulasten anderer Bereiche einführen, müssen wir zusätzliches Geld einstellen. Das ist diametral zu dem Antrag, den wir gleich diskutieren werden, der ebenfalls von Ihrer Fraktion vorgelegt wurde. Das ist das eine Argument.
Das andere Argument - das hatte Frau Muhß schon richtig gesagt - ist, dass die Wehrdienstzeit verkürzt wird. Daran hängt der Zivildienst, und daran hängen wir wieder den Freiwilligendienst. Wir sind vor eine neue Situation gestellt und müssen jetzt einmal miteinander diskutieren, wie wir das klären wollen.
Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Lieber Herr Abgeordneter Krause, es ist ein einfaches Konzept, das erstellt werden soll,
- Frau Muhß, ich habe bisher immer verstanden, dass es in einem Abwägungsprozess einmal in die eine und einmal in die andere Richtung geht.
Es geht immer nur in die eine Richtung; es geht immer nur darum, dass Anträge der Opposition abgelehnt werden.
Sie begründen hier ausführlich, warum Sie den Antrag toll finden, und dann finden Sie doch das Haar in der Suppe und lehnen ihn wieder ab. Das ist kein vernünftiger Umgang.
Herr Büttner, weil Sie gerade sehr viel von Gefühlen sprechen: Haben Sie nicht vielleicht auch die Befürchtung oder das Gefühl, dass wir in eine illegale Parteienfinanzierung abrutschen könnten?
Nein, Frau Wöllert, diese Gefahr sehe ich nicht. Man kann darüber diskutieren - da gebe ich Ihnen Recht -, wenn wir uns über das Freiwillige Soziale Jahr für Politik, für Fraktionen und Parteien unterhalten. Aber darum geht es jetzt im Einzelnen nicht. Es gibt viele andere Möglichkeiten, das im Freiwilligen Sozialen Jahr des Landes einzusetzen.
Meine Damen und Herren! Die FDP-Fraktion unterstützt den Antrag von CDU und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN zur Erweiterung des derzeit praktizierten Freiwilligen Sozialen und Ökologischen Jahres um die Komponente Politik. Die Strukturen, die sich im sozialen, kulturellen und ökologischen Bereich über Jahre hinweg gut entwickelt haben, wollen wir in Brandenburg auch auf der politischen Ebene verankern. Wir haben heute schon gehört - deshalb möchte ich das nicht noch einmal alles aufführen -, dass es andere Bundesländer gut vorgemacht haben. Es betrifft, Frau Wöllert, nicht nur die Arbeit im Parlament oder in Parteien und Fraktionen, sondern schließt auch das Wirken in Organisationen, Vereinen und Verbänden oder ganz praktisch auch in Verwaltungen vor Ort ein.
Wir wollen, dass junge Menschen frühzeitig in demokratische Entscheidungsprozesse eingebunden werden. Dazu kann das
FSJ der Politik ein guter Beitrag sein. Übrigens: Ein weiterer Baustein, meine Damen und Herren, ist die Erhöhung der Mittel für den Ring Politischer Jugend. Darüber werden wir in den Haushaltsberatungen sicher auch noch diskutieren. Wir wollen aber - da sind wir wieder einer Meinung, Herr Krause -, dass ein FSJ der Politik nicht zulasten der Stellen in anderen Bereichen der freiwilligen Dienste geht. Deswegen soll ein Konzept erstellt werden.
Zur Frage der Wehrpflicht: Sie wissen, dass die FDP auf Bundesebene grundsätzlich dafür ist, die Wehrpflicht abzuschaffen, und unser Konzept sieht vor, das dadurch eingesparte Geld in die freiwilligen Dienste zu stecken, um sie besser finanzieren zu können.
Dass wir in Brandenburg erheblich mehr für das politische Engagement und für die politische Beteiligung der jungen Menschen tun müssen, beweisen die Wahlstatistiken. Sehen wir uns die Beteiligung der 18- bis 21-Jährigen in Brandenburg an den vergangenen Wahlen an, stellen wir fest, dass sich weniger als 60 % dieser Altersgruppe, beteiligt haben. Ich gebe Ihnen Recht, Herr Krause, dass das nicht nur ein Problem der jungen Menschen ist, sondern wir können das in allen Altersgruppen feststellen. Aber gerade im Bereich der 18- bis 21-Jährigen haben sich 58,4 % an den Landtagswahlen 2009 beteiligt. Das bedeutet im Umkehrschluss, dass sich über 40 % nicht daran beteiligt und somit darauf verzichtet haben, über die politische Zukunft dieses unseres Landes mitzubestimmen.
Bei der Bundestagswahl lag die Quote auch deutlich unter 60 %. Für Bundestagswahlen ist das ein erschreckend niedriges Ergebnis. Bei den Europawahlen wurde mit einem Anteil von 24,8 % ein historisch niedriger Wert erreicht. Dass das Interesse an politischen Prozessen abnimmt, je weniger der Einzelne von deren Auswirkung betroffen ist, darüber besteht Konsens in der Wissenschaft. Es besteht aber auch dahin gehend Konsens, dass unter fehlender politischer Partizipation sowohl die politische Kultur als auch - und das ist aus unserer Sicht das Hauptproblem - das freiheitlich-liberale Staatsverständnis leidet.
Meine Fraktion und ich möchten, dass sich künftig wieder deutlich mehr als 50 % aller Altersgruppen an Wahlen und politisch-gesellschaftlichen Prozessen beteiligen. Dafür müssen wir gerade bei den Jungen und Jüngsten anfangen, schließlich sind auch sie es, die in Zukunft die gegenwärtigen gesellschaftlichen, ökonomischen, ökologischen und finanziellen Probleme dieses Landes gestalten und vor allem beheben müssen. Dass wir ihnen für diese Aufgabe das nötige demokratisch-bürgerliche Rüstzeug mit auf den Weg geben müssen, ist für uns Liberale selbstverständlich. Deshalb stimmen wir dem Antrag zu und bitten alle anderen Fraktionen in diesem Hause, dies auch zu tun. - Vielen Dank.
Vielen Dank, Herr Büttner. - Wir setzen die Aussprache mit dem Beitrag der Landesregierung fort. Herr Minister Rupprecht, Sie erhalten das Wort.
Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Bevor ich zum Antrag komme, möchte ich etwas Grundsätzliches sagen:
Natürlich ist es im Interesse der Landesregierung, dass junge Leute für Politik interessiert werden und dass wir sie auch mehr als bisher in die Prozesse der politischen Entscheidungsfindung einbeziehen. Sie können in die Koalitionsvereinbarung schauen, Sie können in die Grundsätze des Runden Tisches für Werteerziehung schauen - überall finden Sie die Feststellung, dass Partizipation junger Menschen ein wichtiger Baustein bei der Herausbildung eines demokratischen Bewusstseins ist.
Politische Willensbildung lebt von der Beteiligung aller und sollte so früh wie möglich eingeübt werden. Daher fördert die Landesregierung zum Beispiel ein breites Spektrum an Angeboten in der außerschulischen Jugendbildung, aber auch Beteiligungsprojekte im kommunalen Bereich. Natürlich auch die freiwilligen Dienste, die wir in den verschiedenen Formen haben, sind schon jetzt ein wichtiger Beitrag zur politischen Bildung in diesem Land. Auch ich - das sage ich an dieser Stelle habe deshalb durchaus Verständnis für den vorliegenden Antrag, allerdings - jetzt kommt es - sagen Sie vielleicht, meine Damen und Herren von der CDU oder von der FDP: Jetzt kommt das Haar in der Suppe.
Es gibt einige Fragen, die wir vorab klären sollten, bevor wir über solch eine Initiative entscheiden können. Ich bin mir zum Beispiel nicht sicher, ob wir ein Freiwilliges Soziales Jahr der Politik im Land einführen können, ohne dass zuvor ein Passus in das entsprechende Bundesgesetz aufgenommen worden ist.
Ich denke, wir alle sollten ein Interesse daran haben, dass es, wenn solch ein Angebot eingeführt wird, eine rechtlich umfassende Absicherung der Projekte gibt.