Protocol of the Session on February 25, 2010

Meine Damen und Herren, mir ist nicht die Vorstellung von Zukunft abhandengekommen. Daher sollten wir, um etwas zu verändern, die Impulse und die Initiativen der Bevölkerung vor Ort aufnehmen und umgehend auch die Novellierung des Musikschulgesetzes anstreben.

Ich wünsche mir - das ist ein ausdrücklicher Wunsch - ein ganz klares Bekenntnis zu einer qualitativ hochwertigen und tragfähigen kulturellen Bildungspolitik. Wir sollten ein Selbstverständnis entwickeln - wenn ich das einmal so pathetisch sagen darf -, keine Kinder auszugrenzen und niemandem den Zugang zu musischer Bildung durch von diesem Haus beschlossene Halbheiten zu erschweren. - Vielen Dank.

(Beifall CDU und FDP)

Vielen Dank. - Wir setzen mit dem Beitrag der Fraktion DIE LINKE fort. Der Abgeordnete Groß spricht.

Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren Kollegen! Ich begrüße insbesondere die Verantwortlichen der Volksinitiative. Herzlich willkommen! Sie gestatten mir zu Beginn meiner hier für fünf Minuten vorgesehenen Rede, den Initiatoren der Volksinitiative Glückwünsche auszusprechen. Insbesondere ihre unglaubliche Arbeit, mehr als 30 000 Unterschriften in einem kurzen Zeitraum zu sammeln, zeugt einerseits von enormem Engagement und großem Verantwortungsbewusstsein der Initiatoren und andererseits vom

(Beifall DIE LINKE)

großen Interesse bei Eltern, Großeltern, Lehrern, Schülern und allen direkt und indirekt Betroffenen.

Wir als Linke haben diese Initiative von Anfang an unterstützt und uns mit ihren Hauptforderungen identifiziert. Das soll auch so bleiben.

Die Musikschulen, meine sehr geehrten Damen und Herren, erfüllen einen wichtigen gesetzlichen Bildungsauftrag. Das ist hier von den Vorrednerinnen und Vorrednern schon angeführt und dargestellt worden. Im Unterschied zu den allgemeinbildenden Schulen, bei denen die Schülerzahlen in den vergangenen Jahren stetig zurückgingen, sind sie an den Musikschulen kontinuierlich gestiegen und liegen heute bei ca. 31 000. Die

öffentlichen und gemeinnützig orientierten Musikschulen haben knapp 400 Unterrichtsstandorte im Land Brandenburg. Das Land Brandenburg beteiligt sich mit 9,5 % an den Gesamtausgaben der Musikschulen. Dieser Anteil ist in den vergangenen Jahren trotz steigender Schülerzahlen leider nicht angewachsen. Daher halten wir eine Erhöhung der Landesförderung für notwendig, um eine weitere Mehrbelastung der Kommunen und der Familien zu verhindern bzw. um Angebotseinschränkungen vorzubeugen.

(Beifall DIE LINKE)

Auch wenn wir heute die Volksinitiative in ihrer Gesamtheit es ist sicherlich nicht einfach, das hier darzustellen - nicht annehmen können, hängt das in erster Linie mit der angespannten Haushaltslage zusammen. Es bedeutet keineswegs, meine sehr geehrten Damen und Herren, dass wir deren Ansinnen grundsätzlich zurückweisen oder ablehnen, im Gegenteil, das Anliegen der Volksinitiative, die hohe Qualität der musikalischen Erziehung an Musikschulen zu sichern und fortzuentwickeln und den Kreis der davon profitierenden Kinder und Jugendlichen kontinuierlich zu erweitern, findet - das können wir Ihnen hier zusichern - nach wie vor unsere volle Zustimmung.

Mit unserem Entschließungsantrag haben wir die Hauptforderung der Volksinitiative aufgegriffen. Wir wollen das Musikschulgesetz bis Ende 2010 evaluieren und auf dieser Grundlage novellieren, um mehr Kindern und Jugendlichen eine musikalische Bildung zu ermöglichen, Begabungen besser zu erkennen und zu fördern sowie junge Menschen auf ein mögliches Studium der Musik vorzubereiten. Gerade dieser letzte Punkt ist für uns Brandenburger von erheblicher Bedeutung, da Brandenburg leider das einzige Bundesland ist, das über keine Musikhochschulen oder Konservatorien verfügt und daher die Musikschulen die einzige Quelle für die Heranbildung des Nachwuchses an Musikern und Musiklehrern sind. Wir sind froh, erstens, dass es uns gelungen ist, die Musikschulen des Landes mit zusätzlich 1,3 Millionen Euro zu fördern, trotz der überaus - wie schon gesagt - angespannten Haushaltssitiation, zweitens, dass diese Mittel zusätzlich in den Haushalt für Wissenschaft, Forschung und Kultur eingestellt werden, das heißt, andere Kulturprojekte dafür nicht bluten, damit konnte ein „kulturinterner Kannibalismus“, wie das Herr Falk, der Geschäftsführer des Landesverbandes der Musikschulen, treffend auf den Punkt brachte, verhindert werden, und drittens, die Mittel bereits in diesem Jahr zur Verfügung gestellt werden und nicht erst nach Evaluierung und Novellierung des Musikschulgesetzes. Mit diesen zusätzlichen Mitteln, meine sehr geehrten Damen und Herren, sollen einmal die sozialintegrativen Projekte der musischen Bildung in Kindertagesstätten und Schulen gefördert werden, vor allem in Ganztagsschulen und Schulen in Stadtteilen mit komplexen Problemlagen, mit Förderschwerpunkten der Sonderpädagogik oder in karitativen Einrichtungen. Zum anderen werden Mittel für Projekte gemeinnütziger Träger zum Musizieren im Klassenverband sowie zur Förderung von Talenten zum Ensemblespiel bereitgestellt. Schwerpunktmäßig sollen die sozialen Aspekte der Musikschularbeit unterstützt und ausgeweitet werden.

Gestatten Sie mir noch zwei, drei Bemerkungen. Vor allem sozial benachteiligte Kinder und Jugendliche sollen in ihrer musisch-künstlerischen Ausbildung von der zusätzlichen Förderung profitieren.

Wir haben all dies in seiner Gesamtheit in unseren Entschließungsantrag aufgenommen. Das Musikschulgesetz wird evaluiert und novelliert, um mehr Kindern und Jugendlichen eine musikalische Bildung zu ermöglichen und Begabungen besser zu erkennen und zu fördern.

Vorrangig sollen sozial benachteiligte Kinder - das wurde von der Kollegin Melior schon ausgeführt - bei ihrer musisch-künstlerischen Ausbildung davon profitieren. Wir werden damit den Bildungschancen aller Kinder Schritt für Schritt Verbesserungen zusagen und sichern können.

Ich darf mich hinsichtlich des Antrags der FDP insoweit auf die Ausführungen der Kollegin Melior beziehen. Ich denke, meine sehr geehrten Damen und Herren von der FDP, Sie sollten den Verantwortlichen und den Leuten, die genug Sachverstand haben, so viel Vertrauen schenken.

(Beifall DIE LINKE)

Den Betroffenen mit Gutscheinen zu kommen, das halte ich nicht nur für … Das ist … Aber bitte, denken Sie selbst nach. - Danke.

(Beifall DIE LINKE)

Der Abgeordnete Lipsdorf spricht für die FDP-Fraktion.

Sehr geehrter Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Ich habe einen Tennisball in der Hand, den lasse ich in meiner rechten Tasche verschwinden, sage den Zauberspruch „Simsalabim“ und hole den Tennisball aus der linken Tasche wieder hervor. Ein billiger Trick. Völlig klar. Fauler Zauber.

(Minister Speer: Das soll ein Tennisball sein?)

- Das ist ein Tischtennisball.

Eigentlich sind wir hier auf Redebeiträge und nicht auf Zauberkunststücke eingerichtet.

(Beifall DIE LINKE und SPD)

Genau so haben Sie, meine Damen und Herren, es mit der Volksinitiative gemacht. Sie haben das Thema erst einmal weggesteckt, dann mit einem faulen Zauber wieder hervorgeholt, und plötzlich sind 1,3 Millionen da. Wunderbar! Wenn noch etwas übrig ist … der Landesmusikrat braucht auch viel Geld. Der Landesmusikverband ist Teil des Landesmusikrates. Eine ungleiche Förderung innerhalb des Landesmusikrates wird zukünftig ein Ungleichgewicht ins System bringen. Wir werden uns sicherlich noch sehr oft über diese Thematik unterhalten.

Sie verraten uns noch nicht einmal, woher diese Zaubermillionen kommen.

(Frau Prof. Dr. Wanka [CDU]: Aus dem Ersparten aus den Vorjahren!)

Das werden wir abwarten. Vielleicht taucht irgendwann eine CD auf, die dokumentiert, dass ein Konto abgeräumt wurde.

Musische Bildung für alle - was ist damit gemeint? Es gibt bekanntlich neun Musen. Wer genauer in die Materie der Volksinitiative einsteigt, merkt: Es geht um Musik, um die musikalische Bildung, also um die Musen Polyhymnia - Gesang und Leier - und Euterpe - Flötenspiel -; alle anderen Musen sind nicht betroffen. Die Musik ist eine der sieben freien Künste. Sie wird von Generation zu Generation weitergetragen, um unseren Kulturkreis zu bewahren.

Töpfern indes ist ein Handwerk, und auch der Kulissenbau gehört eher zum Handwerk. Karl Blechen hat sein künstlerisches Streben mit Kulissenbau, Theater und Malerei begonnen. Seinem Œuvre merkt man bis zum Ende an, dass er daher kommt.

Es ist aber, wie gesagt, nicht die Aufgabe der Musikschulen, solche Bereiche aufzunehmen. Doch genau das ist vorgekommen. Wir fragen: Wohin fließen die Mittel? Werden damit fremde Leistungen finanziert? Wie ist es mit der Projektabrechnung? Haben eventuell der Beleihungsvertrag und die treuhänderisch an die Musikschulen gegebenen Mittel damit zu tun? Diesbezüglich hätten wir gern eine Klärung.

Die Förderung von kulturellen Angeboten ist generell Herzensanliegen der Liberalen; das kann ich Ihnen versichern. Wir unterstützen prinzipiell auch die Volksinitiative. Sie hat Probleme aufgezeigt. Aber eine Lösung ist noch nicht in Sicht. Sie können nicht einfach mit ein paar Zaubermillionen an einigen Stellen löten, und die Probleme an sich bleiben bestehen.

Der Landesmusikschulverband ist durchaus Partner im Bemühen um die Beförderung der musischen bzw. musikalischen Bildung, aber es gibt auch die Arbeitsgemeinschaft privater Musikschulen im Land Brandenburg. Eine einseitige Förderung - schon allein im Landesmusikrat - ist gefährlich; ich warne davor.

Ich habe die Passage, auf die Sie mich hingewiesen haben, im Entschließungsantrag nicht gefunden. Das steht so nicht darin. Wir wollen eine trägerunabhängige Förderung. Dass Sie Mittel zur Verfügung stellen, darüber freue ich mich, aber stellen Sie sie bitte dezidiert in das Projekt ein. Betreiben Sie eine am Ergebnis messbare Förderung. Das will ich, und das wollen sicher auch der Landesmusikverband und der Landesmusikrat. Der Sinn von Förderung ist die Unterstützung von Menschen, die es nötig haben, die zum Beispiel einen Platz in der Gesellschaft suchen oder etwas leisten wollen. Sinn der Förderung von Musikschulen ist aber auch die Ensemblearbeit. Sinn der Förderung ist es auch, junge Menschen auf ein musikpädagogisches Studium vorzubereiten. Das ist klar. Dorthin müssen die Mittel fließen. Sie müssen dort ankommen.

Gestatten Sie eine Zwischenfrage? - Bitte, Frau Melior.

Herr Lipsdorf, ich fürchte, Sie haben mir nicht recht zugehört. Von daher möchte ich Sie fragen: Haben Sie aus meinem Beitrag herausgehört, dass ich etwas anderes möchte als Talentförderung, musische Bildung für Kinder aus sozial schwachen Fa

milien und Chancengleichheit für alle Kinder? Haben Sie mich falsch verstanden?

- Sie haben mir etwas anderes vorgeworfen. Ich habe es auf dem Zettel stehen, schauen Sie, was dort geschrieben steht. Es geht um das, was Sie mir vorgeworfen haben.

Wenn man den Bildungsgutschein - das möchte ich deutlich sagen - geschickt anwendet, profitieren die angesprochenen Personen und direkt auch die Musikschullehrer von der Förderung. Besser geht es fast nicht. Ich würde das nicht negativ betrachten wollen.

Wie gesagt, der Intention der Volksinitiative folgen wir. Aber wir sagen: Konzentrieren Sie sich auf die Kernbereiche! Die Novellierung des Musikschulgesetzes muss genau das zum Ziel haben, nämlich Konzentration auf die Kernbereiche, abrechenbare Projekte und abrechenbare Millionen. - Danke schön.

(Beifall FDP)

Die Abgeordnete Niels spricht für die Fraktion GRÜNE/B90.

Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrte Damen und Herren! Wir als BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN haben die Volksinitiative unterstützt und tun das heute noch. Das Thema ist durch; es gibt eine Empfehlung des Hauptausschusses.

Hinter dem Anliegen der Volksinitiative stehen wir heute noch vollinhaltlich. Es wurde gefordert, dass der 15%ige Anteil des Landes Brandenburg an den Kosten aufrechterhalten bzw. wiederhergestellt wird. Es geht um eine einfache Rechnung. Es gibt derzeit zu viele prekäre Arbeitsverhältnisse im Bereich der Förderung der musischen Begabung von Kindern und Jugendlichen. Daneben wurden wir darauf hingewiesen, dass auch die Behindertenarbeit Bestandteil der Volksinitiative sei sowie die Kooperation mit den Schulen und auch die Begabtenförderung gefährdet seien. Insofern ist mir nicht klar, wie das Anliegen der Volksinitiative durch den vorliegenden Entschließungsantrag geheilt sein soll.

Gleichwohl freue ich mich sehr darüber, dass darin unsere Forderung, dass das Musikschulgesetz evaluiert und eine Gesetzesnovelle in Betracht gezogen wird, eingeflossen ist.

Ich weiß nicht, ob Sie, Herr Lipsdorf, den Wortlaut des Entschließungsantrags so interpretiert haben, wenn Sie sagen, es werde eine Ungleichgewichtung hinsichtlich der Finanzen geben. Ich habe es nicht so aufgefasst. Es werden zusätzlich Mittel eingestellt, über deren Verteilung wir im Ausschuss sicherlich noch in Kenntnis gesetzt werden.

Aber auch ich habe eine Darstellung der Summe, die mir durch die Presse bekannt wurde, im Haushaltsentwurf vermisst. Ich finde es im parlamentarischen Alltag schon schwierig, der Presse zu entnehmen, dass man den Initiatoren der Volksinitiative entgegenkommt und dass sich zum Beispiel Herr Falk - er ist mit wunderbaren Zitaten in der Presse erschienen - darüber freut. Es wäre Sache des Ausschusses gewesen, dieses finan

zielle Angebot allen Ausschussmitgliedern rechtzeitig kundzutun.

Rein vom Verfahren her sage ich: Okay, es gab einen Mehrheitsbeschluss. Man lehnt die Volksinitiative so, wie sie im Ausschuss für Wissenschaft, Forschung und Kultur vorgelegt wurde, ab, gibt eine Empfehlung an den Hauptausschuss, aber behält sich vor, später ein Geldgeschenk bekannt zu geben.