Protocol of the Session on February 25, 2010

Rein vom Verfahren her sage ich: Okay, es gab einen Mehrheitsbeschluss. Man lehnt die Volksinitiative so, wie sie im Ausschuss für Wissenschaft, Forschung und Kultur vorgelegt wurde, ab, gibt eine Empfehlung an den Hauptausschuss, aber behält sich vor, später ein Geldgeschenk bekannt zu geben.

Okay, ich kann ja sagen: Das ist immer schon so gewesen. Das ist Praxis. Das hat etwas mit Profilierung zu tun. Aber rein vom Verfahren her glaube ich ganz fest an die Demokratie. Ich bin der Überzeugung: Da haben wir Nachholbedarf. So sehe ich das.

(Vereinzelt Beifall GRÜNE/B90 und CDU)

Ich möchte auch gern ein nachhaltiges Konzept haben und nicht noch die vierte Volksinitiative oder noch ein Volksbegehren zum Thema Haushalt und musische Bildung. Ich freue mich auch deswegen auf die Evaluation des Gesetzes, weil ich auch darauf hinwirken werde, dass wir einmal einen länger gültigen Plan machen, wie die Bildung der Kinder und Jugendlichen aussehen soll.

Gestatten Sie eine Zwischenfrage?

Das muss auch im Bildungsausschuss Thema werden, weil es nicht sein kann, dass auf Dauer die Musikschulen Lücken füllen - das nennen die Musikschulen selber so -, dass Musik- und Kunstlehrer am häufigsten in allen unseren Schulformen ausfallen. Da muss ich doch schauen, ob wegen dieser Lücke etwas über Schule und Lehrinhalte beschlossen werden kann.

Frau Abgeordnete, gestatten Sie eine Zwischenfrage?

Na klar.

Bitte, Herr Krause.

Sehr geehrte Frau Niels, das Gespräch zwischen der Initiative und den Mehrheitsfraktionen fand am 16. Februar, wenige Stunden vor der entsprechenden Ausschusssitzung, statt, die Sie gerade kritisiert haben. Ich möchte Sie fragen, ob Sie an der Ausschusssitzung am 16. Februar teilgenommen haben.

Die ganzen zwei Stunden. Das steht auch im Protokoll. - Sie meinen jetzt den Anhörungstermin?

(Krause [DIE LINKE]: Nein, ob Sie bei der Ausschusssit- zung waren!)

Nein, da habe ich mein schriftliches Statement abgegeben, mich in aller Form bei der Ausschussreferentin entschuldigt und gebeten, dass man meine Abwesenheit akzeptiert.

(Krause [DIE LINKE]: Sie waren nicht dabei! Sie waren nicht im Ausschuss!)

- Wie bitte?

Bitte jetzt keine Zwiegespräche! Klare Frage - klare Antwort und sonst weiter im Redebeitrag.

Gut, okay. Was ist passiert? Es gab eine Ausschusssitzung, in der alle Vertreter der Volksinitiative angehört wurden. Ich habe mich zwei Stunden intensiv in die Debatte eingebracht. Das lesen Sie einfach einmal nach. Wenn später eine Ausschusssitzung stattfindet, bei der es reinweg um die Abstimmung geht, und ich mir an allen zehn Fingern abzählen kann, wie sie ausfällt, kann ich durchaus verantworten, dass ich mich wegen Krankheit meiner Kinder rechtzeitig entschuldige. Oder worauf wollen Sie jetzt hinaus?

(Frau Prof. Dr. Wanka [CDU]: Sie müssen sich doch nicht rechtfertigen!)

- Nein, ich muss mich nicht rechtfertigen, aber ich dachte: Wenn er mich etwas fragt, dann antworte ich halt einmal.

(Senftleben [CDU]:Wir verstehen das!)

- Wunderbar. Vor allen Dingen haben wir doch alle einen guten Kontakt gehabt. Gerade mit Herrn Falk habe ich mich viel unterhalten.

(Zuruf von der Fraktion DIE LINKE: Schön!)

So richtig ist mir die Zielrichtung nicht klar. Aber ich bin doch eine von den Leuten, die den Dialog nicht ablehnen und auch einmal Fragen beantworten, die mich irgendwie von der Seite erreichen. - Fertig!

(Beifall GRÜNE/B90 und CDU)

Nachdem Frau Niels mitgeteilt hat, dass sie „fertig hat“, kommen wir zum Redebeitrag der Landesregierung. Es spricht Frau Ministerin Dr. Münch.

Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Ich begrüße auch sehr herzlich die Vertreter der Volksinitiative und des Landesverbandes der Musikschulen genauso wie den Mitarbeiter der Steinbeis-Hochschule, der das Musikschulgesetz evaluiert.

Ich werde versuchen, klarzumachen, worum es tatsächlich geht. Frau Heinrich, ich bin Ihnen für Ihren Redebeitrag ausgespro

chen dankbar, weil es uns genau darum geht, ein langfristiges Konzept zu entwickeln, was musische Bildung betrifft, die über die musikalische Bildung hinausgeht. Die Lösung, die wir hier gefunden haben, ist ein Baustein davon. Aber das sollten wir im Ausschuss intensiv diskutieren; denn ich denke, die Ziele sind durchaus sehr ähnlich.

Das brandenburgische Musikschulgesetz regelt die Aufgaben der Musikschulen im Land Brandenburg und bestimmt allgemeine Voraussetzungen für die Anerkennung und Förderung der Musikschulen. Es hat sich in vielfacher Hinsicht bewährt. Es hat gute Rahmenbedingungen für die Musikschulen geschaffen. Nirgendwo sonst in Deutschland wird die Musikschulförderung als gesetzlich bestimmter Leistungsanspruch festgeschrieben. Unsere gemeinnützigen Musikschulen haben damit im Gegensatz zu den freien Einrichtungen in einem hohen Maße Planungssicherheit. Das Gesetz sichert durch die Mindeststandards außerdem die Qualität der Angebote. Durch die im Gesetz erforderliche Beteiligung der Kommunen stärkt es auch deren Eigenverantwortlichkeit; denn nur so können die unterschiedlichen Bedürfnisse in den Regionen berücksichtigt werden.

Die Volksinitiative „Musische Bildung für alle“ des Landesmusikschulverbandes fordert den Landtag auf, das Musikschulgesetz in einigen Punkten neu zu fassen. Ich möchte dieses Anliegen der Initiative in dem Kontext betrachten, in den es gehört. Musikalische Bildung ist ein wichtiger Bestandteil musischer bzw. kultureller Bildung.

Musische Bildung geht in ihrer Bedeutung jedoch weit über musikalische Bildung hinaus. Die Vorredner haben das bereits erwähnt. Jede kulturelle Bildung will einen Beitrag leisten, um möglichst vielseitig orientierte, frei und verantwortlich handelnde Persönlichkeiten hervorzubringen. Kulturelle Bildung ist in besonderem Maße dazu geeignet, Kreativität anzuregen, Fantasie zu wecken, das Wissen um die eigenen Fähigkeiten zu vertiefen sowie Erfahrungen über den Menschen und seine Umwelt zu vermitteln.

Musikalische Bildung ist ein wichtiger Teil kultureller Bildung; denn Musik spricht ganz besonders direkt Emotionen an und ist essentieller Teil der Lebenswelt junger Menschen. Kulturelle Bildung bedeutet Bildung zur kulturellen Teilhabe. Sie schafft die Grundlagen, um am künstlerisch-kulturellen Geschehen einer Gesellschaft und an ihren Lebens- und Handlungsvollzügen teilzunehmen.

Erfreulicherweise gibt es sehr viele Beispiele kultureller Bildung im Lande: an den Kunstschulen und Bibliotheken, den Museen, Theatern und Tanzinitiativen, in den Projektwerkstätten der historisch-politischen Bildung ebenso wie in den soziokulturellen Zentren. Auch hier arbeiten gemeinnützige Träger. Auch sie haben berechtigten Anspruch auf Unterstützung durch das Land.

Das Musikschulgesetz allerdings hebt die Musikschulen in besonderer Weise hervor, indem es Musikschulen in den Mittelpunkt kultureller Bildungspolitik stellt. Die Förderung musischer Bildung soll auch anderen Formen kultureller Bildung offenstehen; denn kulturelle Bildung ist eine Querschnittsaufgabe. In diesem Kontext ändern sich auch die Rolle der Musikschulen und die Anforderungen an ihre Arbeit. Bildung und Bildungsgerechtigkeit sind eben nicht nur Themen der Sozialoder Schulpolitik, sondern auch der Kulturpolitik.

Kinder und Jugendliche - wir kennen die Zahlen - wachsen unter zunehmend ungleichen familiären und sozioökonomischen Bedingungen heran. Die Zahl der Kinder und Jugendlichen, die in prekären Lebensverhältnissen leben, nimmt zu. Wir haben aber jedes Kind mit allen seinen Fähigkeiten zu fördern - um des Kindes willen und auch um unserer eigenen Zukunft willen.

Auch Menschen mit Behinderungen haben selbstverständlich das Recht auf Selbstverwirklichung und selbstständige Lebensgestaltung. Wir haben gestern über die Umsetzung der UNKonvention gesprochen.

Die vom Land geförderten Musikschulen des Landesmusikschulverbandes erreichen derzeit nur 8 % der brandenburgischen Kinder und Jugendlichen. Wenn man private Musikschulen einbezieht, sind es wahrscheinlich noch einige Prozent mehr. Bildungsgerechtigkeit im Sinne von Chancengleichheit heißt, herkunftsbedingte Benachteiligungen abzuschwächen und sozialer Desintegration vorzubeugen. Wir wissen, dass es nicht ausreicht, nur ermäßigte Kulturangebote zu machen, denn nur wenige Musikschüler - und das wissen wir aus den Zahlen des Landesverbandes - nehmen die Sozialermäßigungen in Anspruch. Etwa 1 % der Schüler sind vom Elternbeitrag befreit, 3,5 % zahlen ermäßigte Gebühren. Das heißt aber: Kinder aus sozial schwachen Familien werden von unseren Angeboten nicht erreicht. Wir müssen sie in ihrer Welt abholen. Das bedeutet eben auch, spezielle Formen der Jugendkultur einzubinden und vor allem niedrigschwellige Angebote zu unterbreiten.

Die Zusammenarbeit der Musikschulen mit unseren Kitas und Grundschulen ist gut, kann aber auch ausgebaut werden. Von herausragender Bedeutung ist die projektbezogene Zusammenarbeit im Bereich der Ganztags-, Grund- und Förderschulen. Sie ersetzt natürlich nicht den schulischen Musikunterricht. Hier müssen wir auch eine klare Grenze ziehen. Aber wir haben neue und oft überzeugende Zugangsmöglichkeiten zu musikalischer Bildung, beispielsweise durch Musizieren im Klassenverband und „Klasse! Musik“.

Kulturelle Bildung kann aber nur als Querschnittsaufgabe von schulischen und außerschulischen Einrichtungen erfolgreich praktiziert werden. Deswegen ist eine bessere Verzahnung zum Zweck stärkerer Synergieeffekte notwendig. Bei der Kooperation mit den Schulen kommt es deshalb nicht nur auf die musikalische Leistung der Schüler an, sondern auch auf den Erwerb sozialer Kompetenzen. Wir greifen daher das Anliegen der Musikschulinitiative auf und stellen zusätzliche Mittel in Höhe von 1,3 Millionen Euro zur Verfügung. Im Zuge der Haushaltsdiskussion werden Sie selbstverständlich erfahren, woher dieses Geld kommt und wie wir damit umgehen.

Wir legen ein Förderprogramm zur Stärkung der musischen Bildung mit Akzentuierung auf die Förderung der Chancengleichheit von Kindern und Jugendlichen mit sozialen Benachteiligungen sowie die Begabtenförderung auf, weil wir mehr Bildungsgerechtigkeit für sozial schwache und behinderte Menschen auch in der kulturellen Bildung erreichen wollen. Der Schwerpunkt des Programms zur Stärkung der musischen Bildung - ich wiederhole das - liegt auf der Förderung der Chancengleichheit von Kindern und Jugendlichen mit sozialen Benachteiligungen. Wir beziehen natürlich auch Menschen mit Behinderungen ein.

Konkret zu dem Förderprogramm, über das wir im Detail noch sprechen werden: Es geht darum, Projekte der musischen oder kulturellen Bildung in Kitas, Ganztagsschulen und Schulen in Stadtteilen mit Problemlagen in Förderschwerpunkten Sonderpädagogik und in karitativen Einrichtungen durchzuführen. Darüber hinaus soll das Programm selbstverständlich auch der Begabtenförderung dienen. Es soll die Anstrengungen der Musikschulen zur Förderung begabter junger Talente sinnvoll ergänzen. Es handelt sich dabei nicht um eine Sonderförderung des Verbandes, sondern wir verfolgen das Ziel, das wir in Artikel 34 der Landesverfassung festgeschrieben haben, Kindern und Jugendlichen und Menschen mit Behinderungen kulturelle Teilhabe zu ermöglichen.

Deswegen geht es insbesondere um Angebote in Ganztagsschulen, um Angebote, die Sozialkompetenzen erhöhen, die selbstständige Lebensgestaltung stärken und Integration fördern. Wir werden daher die zweckentsprechende Verwendung der bereitgestellten Mittel und die Einbeziehung auch anderer gemeinnütziger Träger neben den Musikschulen verfolgen.

Lassen Sie mich noch einen letzten Satz zur Evaluation des Musikschulgesetzes sagen. Wir brauchen deshalb noch bis Jahresende Zeit, weil wir eine sehr gründliche Evaluation der Musikschulen durchführen wollen. Es geht nicht nur um ein Förderprogramm, sondern es geht auch um Qualität und Quantität der brandenburgischen Musikschullandschaft. Deswegen wollen wir in Kooperation mit der Steinbeis-Hochschule überprüfen, in welchem Umfang unsere vom Musikschulgesetz derzeit abgesteckten Aufgaben und Zielstellungen verwirklicht werden. Es geht um Regelungsmechanismen, Instrumente, Qualitätsmessungen und gegebenenfalls um eine notwendige Optimierung. Die Ergebnisse werden wir evaluieren und in eine Novellierung im Laufe des nächsten Jahres einfließen lassen, die wir natürlich intensiv mit allen Betroffenen diskutieren werden.

Meine Damen und Herren, die Landesregierung ist Teilen des Anliegens der Musikschulinitiative entgegengekommen; denn wir teilen ihr Ziel, möglichst allen Kindern und Jugendlichen musische Bildung zu ermöglichen, weil die kulturelle Teilhabe wesentliches Mittel zur Entfaltung der Persönlichkeit jedes jungen Menschen ist. Ich freue mich auf die weitere konstruktive Diskussion zu diesem Thema mit Ihnen allen. - Vielen Dank.

(Beifall SPD und DIE LINKE)

Meine Damen und Herren, Ministerin Münch hat Ihnen durch Überziehen vier Minuten Redezeit erarbeitet. Möchte die FDPFraktion diese in Anspruch nehmen? - Möchte die CDU-Fraktion diese in Anspruch nehmen? - Möchte die SPD-Fraktion diese in Anspruch nehmen? - Möchte die Linksfraktion diese in Anspruch nehmen? - Möchten die Grünen diese in Anspruch nehmen? - Ich danke Ihnen allen herzlich.

(Heiterkeit)

Ich komme zur Abstimmung über die vorliegenden Anträge. Als Erstes stimmen wir über die Beschlussempfehlung und den Bericht des Hauptausschusses in der Drucksache 5/458 ab. Wer dem zustimmen möchte, den bitte ich um sein Handzeichen.

Gegenstimmen? - Stimmenthaltungen? - Bei wenigen Enthaltungen mit knapper Mehrheit angenommen.

Wir kommen zum Entschließungsantrag der Koalitionsfraktionen in der Drucksache 5/448. Wer dem zustimmen möchte, den bitte ich um sein Handzeichen. - Gegenstimmen? - Stimmenthaltungen? - Bei wenigen Enthaltungen ist der Antrag mehrheitlich angenommen.

Wir kommen zum Entschließungsantrag der FDP-Fraktion, Drucksache 5/495. Wer dem zustimmen möchte, den bitte ich um sein Handzeichen. - Gegenstimmen? - Stimmenthaltungen? - Der Antrag ist ohne Enthaltungen mit deutlicher Mehrheit abgelehnt.