Nach intensiven Diskussionen und Gesprächen mit der Deutschen Flugsicherung wird es ab Ende dieses Monats vorgeschrieben, dass bei Anflugverfahren von der Start- und Landebahn bis zu dem Punkt mindestens in einem Abstand von sechs Nautischen Meilen - das sind etwa 11 km - geradlinig angeflogen werden muss, sodass das sogenannte Kurze-KurveFliegen dann nicht mehr zulässig ist. Das heißt, dass zum Beispiel im Osten ab etwa dem Punkt Müggelheim geradlinig auf Schönefeld zugeflogen werden muss. Diese Festlegung wird sicherlich dazu führen, dass es dort deutlich weniger Belästigungen und damit auch Beschwerden von Anwohnern, insbesondere in den von mir benannten Orten, geben wird.
Vielen Dank für die beruhigende Antwort. - Wir kommen zur Frage 2373 (Klinkerwerk Oranienburg) - sie ist getauscht worden -, gestellt vom Abgeordneten Dr. Hoffmann.
Seit zwölf Jahren engagieren sich Häftlingsverbände und Bürgerinnen und Bürger, damit für die Opfer des berüchtigten Außenlagers Klinkerwerk des KZ Sachsenhausen eine würdige Gedenkstätte entsteht. Ein Geschichtspark sollte entstehen. Von Jahr zu Jahr wurden die Hoffnungen vor allem der wenigen Überlebenden immer mehr enttäuscht. Der Geschichtspark Klinkerwerk, so betonte der Präsident des Internationalen Sachsenhausenkomitees Pierre Gouffaut auf einer Gedenkveranstaltung in Oranienburg, sei nicht vorangekommen. Mit Bitterkeit sei festzustellen, dass das Vertrauen in das gegebene Wort von der Landesregierung in schändlicher Weise enttäuscht worden sei. Stadt und Land geben sich unterdessen gegenseitig die Schuld für das vorläufige Scheitern des Projekts.
Ich frage die Landesregierung: Was unternimmt sie, um dieses Vorhaben von landespolitischer Bedeutung zu unterstützen und zu einem guten Ende zu führen?
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Herr Hoffmann, der Wunsch der Überlebenden nach einem würdigen Ort des Gedenkens besteht, aber nicht erst seit zwölf Jahren, sondern seit 1945, und zwar berechtigt. Pierre Gouffaut, der jetzige Vorsitzende des Internationalen Sachsenhausenkomitees, hat selbst in diesem Todeslager arbeiten müssen.
Es war nicht möglich, dort zu gedenken, denn das Gelände des Klinkerwerks hat die Nationale Volksarmee beansprucht. In all den Jahren wurden dort Fahrer ausgebildet, und eine chemische Kompanie des Regiments übte auf der Fläche, in deren Bombentrichtern die Toten verscharrt sind, die bei den letzten Angriffen kurz vor der Befreiung umgekommen sind. Erst im Jahr 1977 wurde es erstmals möglich, auf der Zufahrtsstraße zum ehemaligen Klinkerwerk eine Tafel anzubringen, die an das Außenlager erinnert.
Meine sehr verehrten Damen und Herren, stellen Sie sich einmal die Situation 1989 vor, wenn es um den Bereich des Gedenkens an das geht, was vor 1945 geschah, aber auch an das, was danach geschehen ist. Ich denke, jedem ist sehr klar, dass sich die Erinnerungskultur grundlegend verändert hat. Nach 1989 gab es keine einseitig ausgerichteten Strukturen mehr, sondern es geht seitdem um die gleichberechtigte Erinnerung an alle Opfer: an Linksintellektuelle, an Sinti und Roma, an die sogenannten Asozialen, an die Juden - an alle Opfer.
Aber die Situation ist sehr viel komplizierter. Es geht nicht nur darum, wissenschaftlich zu forschen und die Ergebnisse darzustellen. Wir haben vielmehr die Situation, dass jahrelang Spuren, die an Verbrechen von vor 1945 und auch an solche von nach 1945 erinnern, ignoriert wurden. Einige Relikte, die daran erinnern, sind beseitigt worden. Ich nenne einige Beispiele, um uns die Situation 1990/91 vor Augen zu führen.
Das Gelände des eigentlichen KZ Ravensbrück, des größten Frauenkonzentrationslagers, das es in Deutschland gab, befand
sich in den Händen der sowjetischen Armee und durfte überhaupt nicht betreten werden, nicht einmal zu Gedenkveranstaltungen, sodass der Gedenkort vor den Toren des Lagers errichtet werden musste.
Es gab 100 KZ-Außenlager und -Außenkommandos. Das KZAußenlager Lieberose wurde nach 1945 vom NKWD genutzt; Sie kennen den Namen Jamlitz. Auf dem Gelände dieses Außenlagers wurden Eigenheime errichtet, um Spuren zu verwischen. Als man sterbliche Überreste fand, hat man diese heimlich an eine andere Stelle gebracht.
Bei Bauarbeiten wurde in der DDR das Massengrab des NKWD-Speziallagers Ketschendorf gefunden. Die sterblichen Überreste wurden heimlich entnommen und ebenso heimlich auf dem Friedhof in Halbe beerdigt. Wenn heimlich Kränze abgelegt wurden, dann sind diese über Nacht entfernt worden.
Das klingt jetzt so, als ob das Stellen außerhalb der offiziellen Gedenkstellen gewesen seien. Dem war aber nicht so. Folgendes wird Ihnen unwahrscheinlich vorkommen, aber es ist tatsächlich geschehen: In der Gedenkstätte Sachsenhausen hat man jahrelang ohne jede Pietät akzeptiert, dass die Besucher über Wege gingen, die zum Teil aus Menschenasche bestanden. Im gesamten Umfeld des Krematoriums in Sachsenhausen, der Station Z, befand sich oberflächlich mit Sand vermischte Menschenasche. Erst in den Jahren nach 1990 ist diese Menschenasche beerdigt worden. Ich war bei dieser sehr würdigen Veranstaltung dabei. Die entsprechenden Flächen bzw. die Gruben, in denen sich Menschenasche befand, sind jetzt als Massengräber ausgewiesen.
Nach 1990 war also nicht nur zu überlegen, wie die Ausstellung zu gestalten ist, sondern man hatte sich auch darum zu kümmern, wo Spuren sind, wie diese zu sichern sind und wo man sie bewusst ignoriert oder beseitigt hat. Ich glaube, man kann deutlich feststellen, dass an den von mir soeben nur beispielhaft genannten Orten seit 1990 Stätten der Erinnerung entstanden sind, wo an die Toten würdig erinnert wird und wo ihrer gedacht werden kann.
Das Gelände des Klinkerwerks - die Nutzung durch die NVA habe ich erwähnt - wurde in den 90er Jahren unter Denkmalschutz gestellt. Wir haben 1997 an der Nordspitze des Geländes einen Gedenkort mit vier Tafeln zur Geschichte eingeweiht. Einige Zeit später, 1998, folgte die Einweihung eines Gedenkortes an der Südspitze. Es fanden mehrere Workcamps statt, und auch anderswo wurden Überlegungen angestellt, wie man mit diesem Gelände umgehen kann. Im Oktober 2000 gab es im Rahmen von „Kulturland“ zum Klinkerwerk die große Ausstellung „Steine für Germania - Granaten für den Endsieg“.
Im vergangenen Jahr haben wir in Sachsenhausen endlich die letzte Hauptausstellung der Gedenkstätte eröffnet. Ein Teil ist natürlich der Geschichte des Klinkerwerks gewidmet.
Wenn jetzt die Frage gestellt wird, ob das im Konzept der Landesregierung steht, dann antworte ich: Ja, Herr Hoffmann. Das Lager an der Lehnitzschleuse - das Klinkerwerk - war schon Teil des ersten Entwurfs. Wir haben in dem endgültigen Entwurf den Absatz noch erweitert. Es ist jedoch unmöglich, in diesem Erinnerungskonzept über alle Außenlager ausführlich zu berichten. Aber einer der Handlungsschwerpunkte, der am Ende des Konzeptes steht, ist die Geschichte der Außenlager.
Wir waren, was das Klinkerwerk angeht, also nicht untätig; ich sagte es soeben. Das Konzept, das Pierre Gouffaut gern verwirklichen möchte, sieht vor, dass ein Gelände von 60 ha zum Geschichtspark umgestaltet wird. Zur Gedenkstätte Sachsenhausen selbst gehören 42 ha; der Bereich, den Sie kennen, innerhalb der Umfriedung, 15 ha. Wir sehen das Konzept als gute Variante an, aber wenn laut Kostenvoranschlag allein 4 Millionen Euro auf Bodenerkundungen entfallen, dann sprengt das weitaus den Rahmen. Im Kernbereich des Lagers Sachsenhausen sollen die Barackenreste freigelegt werden. Herr Morsch setzt allein dafür 3,1 Millionen Euro an. Angesichts dessen ist klar, dass das ein ganz großes und sehr teures Vorhaben wird.
Wir haben sehr viele Handlungsfelder, auf den etwas getan werden muss und mit denen die Überlebenden Hoffnung verbinden. Darum habe ich zu Beginn meiner Rede die vielen Beispiele genannt. Es ist ganz klar, dass die Landesregierung und alle, die damit befasst sind, auch Prioritäten setzen müssen.
Eine große Priorität war über viele Jahre die Gedenkstätte Sachsenhausen. Dort sind wir fast fertig, bis auf die Freilegung der Barackenreste. Wir haben seit 1999 mit dem Bund gemeinsam allein in die Gedenkstättenstiftung über 50 Millionen Euro gegeben. Natürlich fließt weiterhin regelmäßig Geld in die Stiftung.
Wir haben nunmehr den Schwerpunkt darauf gesetzt - ich verteidige ihn entschieden -, dass auch das größte Frauenkonzentrationslager als einziges großes Lager ohne Dauerausstellung endlich eine würdige Gedenkstätte bekommt. Die Frauen drängen jedes Jahr erneut darauf. Das ist im Moment unsere Priorität.
Meine Damen und Herren, ich glaube, die Herausforderung, vor der wir stehen, dieses alles zu bedenken, habe ich in der Kürze der Zeit deutlich machen können. Wir ziehen keinen Schlussstrich unter das, was dort geschieht, sondern wir sind uns der Verantwortung bewusst. Aber es müssen Prioritäten gesetzt werden. Die sahen - wie eben geschildert - nicht so aus, dass es uns möglich war, dort die Vorstellungen schon zu realisieren. - Danke.
Gerade weil die Geschichte so kompliziert ist, denke ich, dass es eine gute Idee war, das in Form eines Geschichtsparks zu bearbeiten, unter anderem auch deshalb, weil die Sache selbst von vor 1945, aber auch das, was nach 1945, so wie Sie es dargestellt haben, passiert ist, Gegenstand dieses Geschichtsparks werden muss. Ich glaube, die kritische Bearbeitung dieser schwierigen Geschichte an diesem Ort bietet gute Möglichkeiten, um das, was wir als Erinnerungskultur bezeichnen, weiter zu befördern. Es bleibt meine Frage: Sieht die Landesregierung eine Möglichkeit, diese Idee, einen Geschichtspark zu diesem Zweck zu errichten, so zu unterstützen, dass wir davon reden können, dass es möglich ist, in welcher Form auch immer, dieses Vorhaben zu einem glücklichen Ende zu bringen?
Herr Hoffmann, ich glaube, ich habe relativ deutlich gesagt, dass die Idee eines Geschichtsparks nicht das ist, worüber wir streiten. Es gibt auch die Beschlüsse der Stadt Oranienburg. Es geht darum, wie, in welchen Schritten und zu welchem Zeitpunkt man das realisieren kann.
Frau Ministerin, haben Sie ganz herzlichen Dank für die sicherlich nachlesenswerten Ausführungen, die glatt die übliche Redezeitbeschränkung haben vergessen lassen. Die Frage, die sich dennoch ergibt - ich hatte zwischenzeitlich zweimal nachgelesen, um noch zu wissen, an welchem Punkt wir sind -, lautet: Trifft es zu, wie aus den Reihen des Internationalen Sachsenhausenkomitees zu hören ist, dass es bereits vor zwölf Jahren eine Abstimmung mit der Landesregierung über das Klinkerwerk gab? Trifft dies zu, oder trifft dies nicht zu?
um nicht eine quasi juristische Formulierung zu wählen. Aber ich habe aus der Presseveröffentlichung der Beteiligten den Eindruck gewonnen, dass es vor zwölf Jahren Gespräche gegeben hat, in denen die Umsetzung dieses Projekts Klinkerwerk in Aussicht gestellt wurde. So etwas nennt man üblicherweise Abstimmung oder Absprache. Das hat ja etwas mit Verbindlichkeit des gesprochenen Wortes zu tun, in dessen Verpflichtung Sie, nicht als Person, aber als Amtsinhaberin, stehen.
- Ach, Herr Görke, Sie entscheiden nicht darüber. - Eine verbindliche Zusage kann es zu diesem Zeitpunkt, Mitte der 90er Jahre, nicht gegeben haben. Das Ministerium, dem ich jetzt vorstehe, hat Anfang der 90er Jahre, bevor das Klinkerwerk unter Denkmalschutz gestellt wurde, Forschungen
darüber in Auftrag gegeben. Über die Ergebnisse und auch über die Unterschutzstellung gab es dann Gesprächsrunden, an denen mein Haus beteiligt war und zu denen es auch federführend eingeladen hat. Zu diesem Zeitpunkt gab es überhaupt noch kein Konzept, wie man mit dieser Fläche umgeht. Das Konzept Klinkerwerk als Geschichtspark ist erst später, im Jahr 2000,
aufgeworfen worden. Da gibt es die grundsätzliche Aussage, dass wir diesen Weg für richtig halten. Ich habe deutlich gemacht, dieser Weg wird mit enormen finanziellen Mitteln verbunden sein und ist im Moment nicht der, der sozusagen erste Priorität hat angesichts der vielen berechtigten Beispiele. Das Klinkerwerk ist nur ein Beispiel. Ich glaube, illustriert zu haben, dass es viele Beispiele gibt. Angesichts dieser vielen Beispiele gibt es keine verbindliche Zusage und auch keine Detailplanung, nicht einmal eine realistische finanzielle Schätzung für das Vorhaben insgesamt.
Herzlichen Dank für die erschöpfenden Antworten. - Wir kommen zur Frage 2363 (Ungewissheit für Optionskommunen) der Abgeordneten Schulz.
Laut Berichterstattung in der „Frankfurter Allgemeinen Zeitung“ lehnt Bundesarbeitsminister Scholz eine Verlängerung der Option für die Kommunen ab, die in eigener Zuständigkeit ALG-II-Bezieher betreuen. Zugesagt hatte er eine Verlängerung bis 2013. Es wird gemutmaßt, dass er mit diesem Vorgehen auf das Scheitern der Jobcenter-Reform reagiert.
Sehr gerne. - Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Es ist keine Entwicklung, es ist Status quo. Es hat sich nichts verändert. Sie wissen - wir hatten die Diskussion am 2. April in der Aktuellen Stunde -, dass der Kompromiss an der CDU/CSU-Bundestagsfraktion gescheitert ist und der Auftrag, der von der Bundeskanzlerin an Rüttgers, Beck und Scholz erteilt worden ist, nämlich eine Lösung für die Träger der Grundsicherungsstellen ab dem Jahr 2010 zu finden, nicht erfüllt werden konnte. Die Lösung war da, der Kompromiss war gefunden, aber er hatte im Bundestag wegen der Blockadehaltung der CDU/CSU-Fraktion keine Mehrheit bekommen.