Protocol of the Session on May 14, 2009

(Heiterkeit bei der Fraktion DIE LINKE)

Klären Sie dieses eventuell zukünftige Mitglied des Landtages einmal darüber auf, ob es Unternehmen in diesem Land gibt, die nicht nach Maximalprofit streben. Die Frage ist, ob das Streben nach Maximalprofit noch mit den Interessen der Menschen in Einklang steht, die im Umkreis wohnen. - Alles Weitere sage ich heute Nachmittag.

(Beifall bei der Fraktion DIE LINKE sowie Zuruf: Gut so!)

Das Wort erhält die Abgeordnete Hackenschmidt; sie spricht für die SPD-Fraktion.

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Klar, das haben wir hier mehrfach miteinander verabredet: klares Bekenntnis zur Energiestrategie 2020, klares Bekenntnis zu erneuerbaren Energien, klares Bekenntnis zu einem gut abgewogenen und vernünftigen Energiemix. Wir sind uns auch bezüglich der Bestandteile im Energiemix einig: Braunkohle, Wind, Solar, Geothermie, jedoch ausdrücklich kein Atomstrom.

(Beifall bei der SPD und der Fraktion DIE LINKE)

Ich denke, auch wenn der Schwerpunkt bei der Windenergie liegt, so müssen wir zukünftig einen Aspekt deutlicher machen: Die Frage, inwiefern Mobilität durch Windkraft erzeugt werden kann, wird eine große Rolle spielen. Es gibt vielversprechende Ansätze. In diesem Zusammenhang will ich auf die Aktion der Bauernverbände bezüglich des Agrardiesels hinweisen. Die Mobilität steht in Verbindung zum Bestehen und Erhalten der Wirtschaft in den Flächenräumen dieses Landes. Ich bin gern dabei, dafür eine Lanze zu brechen; denn es lohnt sich. Wir brauchen die ländlichen Räume, denn sie sind für die Windenergie sehr wichtig. Windenergie bedeutet Wertschöpfung für die Wirtschaft aufgrund der Technologie für den Bau von Windrädern durch Vestas oder die Turmbauer - verteilt in ganz Brandenburg. Auch die Landwirte sind in puncto Biomasse wichtige Partner. Wir als Politiker müssen verlässliche Rahmenbedingungen schaffen, sonst diskreditieren wir uns selbst; ich denke an die Förderung der Wirtschaft bei der Produktion von Biodiesel und Bioethanol.

Aber das große Problem - der Minister hat es deutlich gesagt rankt sich um die Netze, die einst errichtet wurden, um Strom zu verteilen. Ich bin nach den Pressemitteilungen von dieser Woche untröstlich, dass wir in der Uckermark kein Erdkabel

Strombereitstellung gezahlt. Daran wird deutlich, was es heißt, ein Produkt zu haben, das zu einem relativ günstigen Preis ständig und verlässlich aus der Steckdose fließt. Schauen wir uns in Europa um. Es gibt Länder, in denen der Preis nicht so günstig ist, und dort wird eher überlegt, was man damit macht.

Abschließend will ich sagen: Ich wünsche mir - wie schon so oft von dieser Stelle aus -, dass wir als Abgeordnete eine gemeinsame Strategie der Landesregierung unterstützen. Die Ziele sind okay, aber wir brauchen immer noch dringend eine Kampagne zur Sensibilisierung der Bürgerinnen und Bürger. Wenn wir nämlich die Energieeffizienz ganz oben anstellen und damit viel Potenzial einsparen, verhindern wir notwendige Aufbauten von Windkraftanlagen, weil wir den Strom gar nicht brauchen. Wir brauchen eine Kampagne „Kommunikation statt Konfrontation“. Ich sehe, mit dem Konjunkturpaket wird auch Druck auf die kommunale Familie ausgeübt; darüber freue ich mich. - Danke schön.

(Beifall bei der SPD)

Während Minister Dellmann an das Rednerpult tritt, begrüße ich unsere Gäste, die Mitglieder des Dorfclubs Wormlage. Herzlich willkommen und einen spannenden Vormittag bei uns in Potsdam!

(Allgemeiner Beifall)

Sehr geehrter Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Ich glaube, feststellen zu können, dass es zwischen den demokratischen Parteien einen Grundkonsens in zwei Punkten gibt. Erstens: dass die Ziele der Energiestrategie, was den Anteil der erneuerbaren Energien angeht, unstrittig sind. Zweitens: dass wir dem Schutzgut Mensch einen deutlich höheren Stellenwert einräumen müssen.

Diese Notwendigkeit hat die Landesregierung seit langem erkannt, und sie handelt danach. Nicht zuletzt in der im Jahr 2008 erarbeiteten Energiestrategie 2020 ist ganz klar gesagt worden: Wir brauchen einen Mindestabstand von 1 000 m. Die Initiative zur Aufnahme dieser Regelung ging von Dietmar Woidke und mir aus.

Herr Dombrowski, ich muss Ihre Rede in einem Punkt präzisieren. Ich habe in der Diskussion vor einem Jahr nur darauf aufmerksam gemacht, dass es schwierig sein würde, Energiestrategie und Schutzgut Mensch in Übereinstimmung zu bringen, und dass dies Diskussionsprozesse sind. Unsere Redebeiträge am heutigen Tage machen sehr deutlich, dass vor Ort miteinander gesprochen bzw. gerungen werden muss. Insbesondere die Regionalen Planungsgemeinschaften haben eine sehr verantwortungsvolle Tätigkeit, und sie wird entsprechend wahrgenommen. Insofern ein herzliches Dankeschön an die Regionalen Planungsgemeinschaften.

Es war wichtig, dass das MLUV begonnen hat, zu überlegen, wo beispielsweise Wälder für Windenergie geöffnet und Abstandskriterien verändert werden können, sodass Wohnsiedlungen bzw. Menschen besser geschützt werden. Für zwei Planungsgemeinschaften sind die Ergebnisse bereits vorgelegt

worden. Sie werden in die Erarbeitung des Teilplans Wind der Region Lausitz-Spreewald einfließen, der voraussichtlich im Juni dieses Jahres als Entwurf beschlossen wird. Darin werden die neuen Abstandsflächen, sowohl was Wohnsiedlungen als auch die naturschutzfachlichen Restriktionen anbelangt, aufgenommen. Das, was wir empfohlen haben, wird darin umgesetzt. Das Gleiche gilt für die Region Barnim-Uckermark.

Insbesondere durch die Eröffnung der Möglichkeiten in Waldgebieten scheint es zu gelingen, notwendigerweise Quadratkilometerausweisungen im Wald vorzunehmen. Die 550 km2, die wir insgesamt brauchen, machen etwa 1,9 % der Landesfläche aus. Ich will es an dieser Stelle am Beispiel der Regionalen Planungsgemeinschaft Barnim-Uckermark deutlich machen: Wenn wir tatsächlich 1 500 m Abstand nehmen würden, hätten wir in der Region Barnim-Uckermark nur die Möglichkeit, etwa 0,3 % der Fläche auszuweisen; sprich, wir könnten nie und nimmer die anspruchsvollen Ziele der Energiestrategie 2020 des Landes Brandenburg tatsächlich auch mit umsetzen. Ich glaube, dass diese 1 000 m eine sehr gute Orientierung sind. Sie bedarf aber der einzelnen Abwägung in der Regionalen Planungsgemeinschaft. Denn es ist ein himmelweiter Unterschied, ob die Windenergieanlage bzw. das Eignungsgebiet quasi oben auf dem Hügel liegt oder ob sich zwischen der Wohnsiedlung und der Windenergieanlage zum Beispiel ein Wald befindet. Deshalb ist die Entscheidung vor Ort gut und angemessen.

Wir werden auch zukünftig als Land Brandenburg Spitzenreiter bei den erneuerbaren Energien - daran sollten wir festhalten und vor allen Dingen auch im Bereich der Technologieentwicklung sein. Ich war sehr froh, als vor nicht allzu langer Zeit der Ministerpräsident gemeinsam mit der Bundeskanzlerin ein Hochtechnologieprojekt in der Uckermark in Bewegung gesetzt hat, nämlich ein Hybridkraftwerk zu errichten, das die Chancen von Technologie und von erneuerbarer Energie außerordentlich gut miteinander koppelt. Die Kombination ist wichtig.

Es wird auch eine große Aufgabe für uns gemeinsam - von Landtag und Landesregierung - sein, das Verständnis für erneuerbare Energie den Bürgerinnen und Bürgern stärker zu vermitteln. Wenn wir das schaffen, dann, glaube ich, können wir den Auftrag, den wir heute Nachmittag erhalten werden, gut erfüllen. Vielen herzlichen Dank.

(Beifall bei SPD und CDU)

Das Schlusswort zum Thema Windenergie hält der Ministerpräsident.

Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Ich möchte mich zunächst dafür bedanken, dass dieses Thema heute auf die Tagesordnung gesetzt wurde. Es hat sich gezeigt, auch in der Diskussion, wie viele Facetten es hat, wie drängend und wie aktuell es ist.

Wir werden heute Nachmittag - das klang in mehreren Reden an, und der Planungsminister hat es gerade noch einmal gesagt einen empfohlenen Abstand von 1 000 m diskutieren und, wie ich annehme, auch beschließen. Es gehört aber zur Vollständig

keit der Situationsbeschreibung, zu erwähnen, dass die Initiative, die mir auch gestern einen Brief übergeben hat, schon ganz klar gesagt hat, ohne Wenn und Aber, das sei in keiner Weise das Ziel ihrer Wünsche, in keiner Weise befriedigend, und es werde sie in keiner Weise dazu verleiten, in den Aktivitäten nachzulassen.

Meine Damen und Herren, warum sage ich das? Ich schließe hier an Frau Gregor-Ness ganz kurz an. Ich glaube, dass Energiepolitik, die Konzipierung und am Ende auch die Ausgestaltung und Durchsetzung einer der Härtetests für unsere Demokratie in den nächsten Jahren und Jahrzehnten werden wird. Uns steht ein überschaubarer Strauß von Quellen zur Verfügung: Atom, Fossile, Biomasse, Sonne und Wind. Das ist es im Wesentlichen, wenn man eventuell noch Geothermie dazunimmt. Wenn ich „Demokratie“ sage, dann wird es eine ganz wichtige Frage werden: Wie entscheiden wir uns? Denn wir müssen uns für irgendetwas entscheiden. Der Energiebedarf der Welt wird bei allen Sparbemühungen nicht abnehmen, sondern zunehmen.

Am Dienstag waren Prof. Schellnhuber, Prof. Edenhofer und Prof. Lucht, also die Crème der Klimaforschung, im Kabinett. Sie haben ganz klar gesagt: Auf uns wird die größte Herausforderung zukommen, nämlich Energie zu erzeugen und zu verteilen, ohne die Welt kaputt zu machen.

(Zuruf von der Fraktion DIE LINKE: CO2-Abscheidung!)

- Ich komme gleich zu CO2. - Dazu müssen wir uns entscheiden. „Kaputt machen“ heißt: über 2 Grad Temperaturanstieg zum vorindustriellen Zeitalter würde diese Welt an die Grenze der Belebbarkeit bringen.

Nun müssen wir einmal ganz klar darlegen: Was können wir den Bürgern anbieten? Atom? Ich will nicht alles wiederholen, was ich im Landtag schon oft genug gesagt habe. Ich erlebe es jetzt gerade: Immer, wenn Atomenergieerzeugung konkret wird - es gibt ja im Parteienspektrum unterschiedliche Sichten auf diese Energieerzeugungsart -, weil unsere polnischen Nachbarn uns androhen, in Gryffino eventuell ein Atomkraftwerk zu errichten, sind sich plötzlich alle Parteien einig. Einstimmig werden Resolutionen verabschiedet: Das auf keinen Fall! - Ich teile das, stehe voll dahinter und habe es dem polnischen Energieminister auch 1 : 1 so gesagt. Machen wir einmal einen Haken dran, denn immer, wenn es konkret wird, können wir es vergessen.

Fossile: Es sind mindestens zwei Dinge, mit denen wir uns im Moment herumplagen. Zum einen muss Kohle im Tagebau aus der Erde, zumindest Braunkohle; Steinkohle könnte man zu Teilen anders fördern. Damit sind Menschen eklatant beeinträchtigt: durch Verlust ihrer Heimat mit allen Folgeproblemen. Zum anderen haben wir bei der CCS-Technologie, der Abscheidung von CO2, noch das Problem: Wohin damit, und wer duldet, dass es bei ihm verbracht wird?

Bei Biomasse haben wir eine ethische Diskussion ganz genereller Art - der Bauernpräsident kennt sie genau -, und wir haben eine Diskussion dort, wo Biogasanlagen entstehen. Im Süden unseres Landes sagt die Initiative: Aus verschiedensten Erwägungen hier bitte so nicht: Güllefahren, Maissilage, Geruchsbelästigungen und alles, was dazugehört.

Wir diskutieren hier gerade über Wind. Die Sonnen-Debatte ist noch nicht so umfangreich. Wir werden sie bekommen, wenn

der erste große Spiegel, 150 Fußballfelder groß, in Lieberose in der Landschaft liegt. Dann werden wir - das ist so sicher wie das Amen in der Kirche - mindestens eine naturschutzgeleitete Debatte über die Frage bekommen, ob man damit das Land überziehen kann.

Es gibt ein weiteres Problem: Erneuerbare Energien entstehen zum großen Teil an den Orten, wo die Verbraucher nicht sind. Also bekommen wir ein Leitungsproblem par excellence. Die Vorboten sind gerade schon erkennbar. In der Uckermark und in der Prignitz laufen die Debatten auf Hochtouren. Alles verständlich, alles nachvollziehbar, und trotzdem war mein Ausgangspunkt: Wir müssen einen demokratischen Prozess führen, an dessen Ende aber eine Entscheidung stehen muss. Energie muss erzeugt werden.

Prof. Schellnhuber hat uns am Dienstag noch einmal ins Stammbuch geschrieben: Wir werden keine Energieerzeugung organisieren können, von der keiner beeinträchtigt wird, von der keiner etwas merkt, die keinen einschränkt, von der nichts zu spüren ist. Das wird schlicht nicht funktionieren. - Hier ist meine Bitte - das wollte ich heute klipp und klar sagen -: Wir sollten die Diskussion ehrlich führen. Es wird Einschränkungen in Lebensgefühlen, im Optischen und in vielen anderen Dingen für bestimmte Menschengruppen in bestimmten Gegenden, an bestimmten Orten geben. Ich kann mir nicht vorstellen, wie dies organisierbar wäre, ohne dass es zu diesen Einschränkungen kommt.

Wir sollten dafür werben - es muss ja nicht gerade Verliebtheit in Windmühlen sein, obwohl das ideal wäre -, dass es in den nächsten Jahrzehnten so bleiben wird, dass es Probleme beim Energieerzeugen gibt. Es wird spürbare, für Menschen erlebbare Probleme geben. Wir haben abzuwägen, was zumutbar ist. Wir haben wegzuwägen, was nicht zumutbar ist. Wir haben am Ende aber zu entscheiden, was geht, und dann müssen wir es machen, weil wir in der Verantwortung für die gesamte gesellschaftliche Entwicklung stehen. - Danke schön.

(Beifall bei SPD und CDU sowie vereinzelt bei der Frak- tion DIE LINKE)

Meine Damen und Herren, die Wichtigkeit des Themas rechtfertigt sicher die Überziehung der Aktuellen Stunde. Sie hätten die Chance, jetzt pro Fraktion noch einmal fünf Minuten zu sprechen. Mein Eindruck ist allerdings, dass nach den Worten des Ministerpräsidenten kaum noch etwas zu sagen ist. Ich gehe von Zustimmung aus und schließe Tagesordnungspunkt 1.

Ich rufe Tagesordnungspunkt 2 auf:

Fragestunde

Drucksache 4/7526

Wir beginnen mit der Frage 2361 (Neuregelung der Anflugver- fahren für den Flughafen Berlin-Schönefeld), gestellt vom Abgeordneten Christoph Schulze.

In aktuellen Medienberichten war die Rede davon, dass die Anflugverfahren für den Flughafen Berlin-Schönefeld zukünf

tig neu geregelt werden sollen, sodass die Piloten nicht mehr unkontrolliert über bewohnte Gebiete anfliegen können, was in der Vergangenheit zu vermehrten Fluglärmbeschwerden geführt hat.

Aus diesem Grunde frage ich die Landesregierung, ob sie diese Information bestätigen kann.

Herr Minister Dellmann wird antworten.

Sehr geehrter Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Sehr geehrter Herr Abgeordneter Schulze, die Anflugverfahren sind zu Recht immer wieder in der Kritik von Anwohnerinnen und Anwohnern sowie von Anliegergemeinden des Flughafens Schönefeld. Das ist auch ständiges Thema der Fluglärmkommission. Wir haben es aufgegriffen, und es gab intensive Gespräche mit der zuständigen Deutschen Flugsicherung, wie die Verfahren im Sichtanflug verändert werden können.

Das Sichtanflugverfahren wird in 10 bis 15 % der Fälle ausgeübt. In diesen Fällen ist es möglich, dass beispielsweise auf den Flughafen zu eine sogenannte kurze Kurve geflogen wird mit der Folge, dass direkt über Schulzendorf, Eichwalde und Zeuthen eingeflogen wird.

Nach intensiven Diskussionen und Gesprächen mit der Deutschen Flugsicherung wird es ab Ende dieses Monats vorgeschrieben, dass bei Anflugverfahren von der Start- und Landebahn bis zu dem Punkt mindestens in einem Abstand von sechs Nautischen Meilen - das sind etwa 11 km - geradlinig angeflogen werden muss, sodass das sogenannte Kurze-KurveFliegen dann nicht mehr zulässig ist. Das heißt, dass zum Beispiel im Osten ab etwa dem Punkt Müggelheim geradlinig auf Schönefeld zugeflogen werden muss. Diese Festlegung wird sicherlich dazu führen, dass es dort deutlich weniger Belästigungen und damit auch Beschwerden von Anwohnern, insbesondere in den von mir benannten Orten, geben wird.