Protocol of the Session on May 13, 2009

Ich möchte hier ganz deutlich sagen - das habe ich auf mehreren Beratungen schon getan -, dass wir uns bei den Schwangerschaftskonfliktberatungsstellen sehr dafür bedanken wollen, dass sie sich trotz der schwierigen Situation sehr engagiert, sehr professionell in unsere Netzwerke Gesunde Kinder einbringen. Hier sind sie mittlerweile ein unerlässlicher Partner geworden. Das zeigt, dass es geht. Wir sind und bleiben überzeugt, dass wir die Schwangerschaftskonfliktberatung so wie bisher wohnortnah, plural weiterführen können. - Herzlichen Dank.

(Beifall bei der SPD)

Das Wort erhält der Abgeordnete Nonninger.

(Schulze [SPD]: Endlich mal jemand, der sich auskennt!)

Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Einer der wesentlichen Unterschiede zwischen Anklagebank und Regierungsbank liegt darin, dass auf der Anklagebank gelogen werden darf. Demgegenüber ist die Landesregierung gemäß Artikel 56 Abs. 2 Satz 2 unserer Landesverfassung verpflichtet, die Wahrheit zu sagen. Tut sie es nicht, handelt sie verfassungswidrig, und nach dem Grundgesetz können verfassungswidrige Parteien und Organisationen bekanntlich verboten werden.

(Zurufe)

Warum sage ich das? - Weil ich von Frau Ministerin Ziegler auf meine mündliche Anfrage 2305 in der letzten Plenarsitzung eine ausweichende, ja eine falsche Antwort bekommen habe.

(Schulze [SPD]: Sie sind ja ein richtiger Spaßvogel!)

Bevor jetzt - um mich abzuwürgen - der Einwand erhoben wird, ich würde nicht zur Sache sprechen, darf ich hinzufügen, dass es bei dieser Frage exakt um den Gegenstand des heutigen Antrags ging, nämlich um die Frage, warum anerkannte Schwangerschaftsberatungsstellen nur in begrenztem Maße gefördert werden; denn für uns als DVU-Fraktion steht fest, dass

hier einmal mehr am falschen Platz gespart wird. Wenngleich wir als DVU-Fraktion ganz sicher andere Einsparpotenziale sehen als die Kollegen der Linken, so stimmen wir jedenfalls darin mit Ihnen überein, dass die Schwangerschafts- und Schwangerschaftskonfliktberatung mit Sicherheit der falsche Ort zum Pfennigfuchsen ist. Aus diesem Grund werden wir dem heutigen Antrag auch ohne weiteres zustimmen.

Aber - um auf die Wahrheitspflicht der Landesregierung und auf die mögliche Verfassungswidrigkeit von Frau Ministerin Zieglers Verhalten zurückzukommen - wir lassen es uns nicht bieten, von der Regierungsbank mit billigen Ausflüchten oder gar mit dreisten Lügen überzogen zu werden. Worin besteht nun das Fehlverhalten der Ministerin? Frau Ziegler hat mir mit Schreiben vom 2. April dieses Jahres mitgeteilt:

„Die Landesregierung sah sich vor dem Hintergrund der bundesverwaltungsgerichtlichen Rechtsprechung dazu verpflichtet, eine Eigenbeteiligung der Träger an der Finanzierung der Beratungsstellen in Höhe von 20 % der Gesamtkosten in Ansatz zu bringen.“

Mit anderen Worten: Eine höhere Förderung als 80 % sei von Rechts wegen nicht zulässig. Auf meine erstaunte Nachfrage wurde mir das Urteil des Bundesverwaltungsgerichts sogar zugeschickt; vielen Dank.

Was dieses Urteil jedoch wirklich besagt, kann nicht krasser von dem abweichen, was Frau Ministerin Ziegler zum Besten gegeben hat; denn das Bundesverwaltungsgericht führt aus, dass nicht höchstens, sondern mindestens 80 % der Kosten zu decken sind. Eine ganz klare Aussage. Daher halte ich es - mit Verlaub, meine Damen und Herren - für eine Frechheit, wenn sich Frau Ministerin in Beantwortung meiner Frage einfach darauf zurückzieht, sie habe sich zur Ansetzung von 20 % Eigenbeteiligung verpflichtet gesehen. So, meine Damen und Herren, argumentiert nur jemand, der etwas zu verbergen hat, der nicht aufrichtig ist oder der sogar vor Lügen nicht zurückscheut. In all diesen Fällen gilt: Pfui Teufel! Nicht mit der Deutschen Volksunion!

(Beifall bei der DVU - Lachen bei der SPD)

Ich erteile der Abgeordneten Schier das Wort.

Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Es ist schon vieles angesprochen worden. Frau Wöllert, Sie sprachen vorhin davon, dass es eine Übergangsfrist gab, dass man also die Zuwendungen nicht gleich auf 80 % reduziert, sondern ein Jahr lang 85 % gewährt hat. Das stimmt. Ich finde das auch richtig. Frau Lehmann hat zu Recht gesagt: Jeder, der weniger Geld bekommt, muss sich umstrukturieren. Mit der Übergangszeit von einem Jahr haben wir den Beratungsstellen die Möglichkeit gegeben, sich neu zu ordnen.

Den Landesrechnungshof hätte ich auch angesprochen, aber das will ich mir an der Stelle sparen.

Es gibt noch zwei andere Punkte, die ich bei der Gelegenheit ansprechen möchte. Das ist zunächst die Pluralität. Es ist allgemein bekannt, dass wir auch die katholischen Beratungsstellen

wieder im Pulk der Beratungsstellen haben möchten, damit sie nicht jedes Jahr neu ihre Rechte und Finanzen einklagen müssen.

Wir haben uns mit Beratungsstellen zusammengesetzt und erhielten die Aussage, dass viele polnische Frauen in die Beratungsstellen kämen und um Hilfe bitten würden. Sagen Sie mir: Welche Angebote sollen die Beratungsstellen in Guben für Gubin unterbreiten? Darin besteht für mich ein Widerspruch. Das entspricht weder dem Schwangerschaftskonfliktgesetz noch dem § 218; denn darin steht eindeutig: Die Schwangerschaftskonfliktberatung dient dem Schutz des ungeborenen Lebens. Das alles sind Argumente.

Ich weiß, dass es für die Beratungsstellen schwer ist, mit weniger Geld auszukommen. Aber ich denke, wir sind trotzdem auf einem guten Weg. Dass sie sich an den Netzwerken Gesunde Kinder beteiligen, zeigt, dass ein unheimlich großes Engagement dahinter steckt. An dieser Stelle möchte ich den Beraterinnen noch einmal danke schön sagen. - Den Antrag der Linksfraktion werden wir ablehnen.

(Beifall bei der CDU)

Herzlichen Dank. - Das Wort erhält Ministerin Ziegler.

Frau Präsidentin! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Selbstverständlich - das stellt niemand infrage - haben die Schwangerschafts- und -konfliktberatungsstellen einen wichtigen Platz im Hilfesystem für Mädchen, Frauen und Familien. Das wurde hier sehr deutlich von allen Rednerinnen hervorgehoben.

Das Beratungsangebot erreicht durchschnittlich 60 % aller Schwangeren in Brandenburg. Die Quote liegt bei jungen Schwangeren und Frauen, die erstmals schwanger sind, höher. Wer sich dort Rat holt, begibt sich in sehr gute Hände. Es informieren sehr gut qualifizierte, erfahrene und - Frau Schier sagte es - sehr engagierte Beraterinnen über rechtliche, soziale, wirtschaftliche Hilfen für betroffene Frauen und Familien. Vor allem bieten sie auch eine umfangreiche psychosoziale Begleitung in Konfliktsituationen. Sie widmen sich verständnisvoll den Fragen, Sorgen und Nöten der Ratsuchenden. Außerdem leisten sie frühestmögliche Beratungen in allen Fragen der Sexualaufklärung, der Verhütung, der Schwangerschaft und der Familienplanung. Dafür arbeiten die Beraterinnen unter anderem mit Kitas und Schulen zusammen, sind eng mit den lokalen Hilfsangeboten vernetzt und wichtige Teile der Netzwerke Gesunde Kinder; auch dies wurde gerade lobend hervorgehoben. Ich sage das nicht, um von dem finanziellen Problem und dem Antrag der Fraktion DIE LINKE abzulenken. Im Gegenteil: Das, was in den Beratungsstellen geleistet wird, ist eine sehr aufopferungsvolle Arbeit, die wirklich höchsten Respekt und Anerkennung fordert.

Es ist für die Landesregierung selbstverständlich, dass die Träger dieses Leistungsangebots dafür auch eine angemessene öffentliche Förderung erhalten, und dies nicht nur, weil das Land dazu gesetzlich verpflichtet ist.

Aber wie sieht denn nun die Situation aus? Das Urteil des Bundesverwaltungsgerichts aus dem Jahr 2004 machte es not

wendig, das seit 1995 praktizierte öffentliche Förderverfahren von Beratungsstellen zu überprüfen. Man muss deutlich sagen, die Förderpraxis - wer genau hinsieht, wird es erkennen - war historisch gewachsen. Die Förderung erfolgte sehr uneinheitlich. So haben zum Beispiel längst nicht alle Träger eine Förderung der sogenannten Verwaltungskräfte erhalten, die den Erstkontakt dargestellt haben; anders als es heute mitunter dargestellt wird. Auch wurden verfügbare Eigenanteile zum Teil nicht konsequent genug abgefragt. Es war klar, dass nach diesem Urteil nicht alles beim Alten bleiben konnte.

Aufgabe der Landesregierung war es, die Fördergrundlagen zu definieren und Standards festzulegen, nach denen sich die notwendigen Kosten einer Beratungsstelle nach dem Schwangerschaftskonfliktgesetz ermitteln lassen. Das war keine einfache Aufgabe. Ich muss an dieser Stelle sagen: Es geht um die notwendigen Kosten; etwas anderes wäre es zu sagen: wünschenswerte Finanzierung.

Es ist eine große Herausforderung gewesen, die fachpolitischen Wünsche der Träger mit den Haushaltsgrundsätzen in Übereinstimmung zu bringen. Das hat im Ausschuss auch heftige Diskussionen ergeben.

Es war auch ein schmerzlicher Prozess, weil es hier um Hilfe für Menschen in persönlichen Notlagen geht.

Die Umstellung des Förderverfahrens auf jährliche Festbeträge bedeutete für die meisten Träger der Beratungsstellen erhebliche finanzielle Einschnitte. Das haben wir alle früh erkannt. Deshalb waren sie frühzeitig in die Erarbeitung des Landesgesetzes einbezogen und über die neuen Fördergrundlagen unterrichtet worden. Mein Haus bot, nachdem die Entscheidungen gefallen waren, den Trägern Hilfe an, um gemeinsam Problemlösungen zu finden. Einzelne Träger nutzten dieses Angebot, andere wiederum nicht.

Während des Gesetzgebungsverfahrens und der Etataufstellung 2008/2009 des Landes haben die Träger vor dem Landtag auf ihre finanzielle Situation aufmerksam gemacht. Auch dort hat das Parlament gehandelt. Zum Ausgleich besonderer Härten gewährte das Land im Förderjahr 2008 eine erhöhte Fortförderung von 85 % der notwendigen Kosten einer Beratungsstelle, und darüber hinaus erhielten einzelne Träger Sonderzahlungen für langjährig beschäftigte Beraterinnen.

Für diese härtefallbedingten Sonderzahlungen wurden ebenfalls noch einmal 50 000 Euro eingesetzt.

Ich will die Landesregierung wirklich nicht aus dieser Verantwortung reden, wir tragen sie mit und nehmen sie wahr. Aber ich bin auch überzeugt davon, dass Gesetz und Förderverordnung die Fördergrundlagen zutreffend abbilden - auch im Ländervergleich. Auch das haben wir ja im Ausschuss eingehend beraten.

Mit großem Verständnis für die Situation der Träger habe ich aber immer auch auf die eigene Verantwortung gesetzt und darauf, dass sie die Herausforderungen annehmen. Es galt und gilt über die Personalfragen hinaus kluge Lösungen zu Kostenreduzierungen zu finden, und in einzelnen Fällen ist das ja auch gelungen, etwa durch die Senkung von Betriebs- und Mietkosten. Weiteres ist mit Sicherheit auch denkbar.

Ich sage hier ausdrücklich nochmals die Unterstützung meines Hauses bei der Suche nach Lösungswegen zu.

Meine Damen und Herren, von den 14 Trägern von Beratungsstellen in Brandenburg haben zwei große Träger über ihre Kreis- und Regionalorganisationen Widerspruch gegen die Förderbescheide 2009 eingelegt. Die Prüfung dieser Widersprüche läuft. Doch die Mehrheit der Träger arbeitet mit dem Festbetrag - aus meiner Sicht - gut.

Gewiss ist es noch zu früh, um über den gesamten Erfolg oder Misserfolg des eingeschlagenen Weges zu urteilen. Sie können aber versichert sein, dass wir alle gemeinsam, sowohl die Regierung als auch das Parlament, die Entwicklung weiter aufmerksam beobachten werden.

Zum Schluss will ich noch Folgendes sagen. Wir wissen, dass es erhebliche Einschnitte gab und gibt. Trotzdem ist das brandenburgische Netz der Beratungsstellen - Frau Wöllert, da ändere ich meine Position nicht - nicht gefährdet. Schwangere Frauen und schwangere Frauen in Not werden weiterhin sachkundige Hilfe bekommen. Sexualaufklärung für Mädchen und Jungen gibt es auch künftig. Familien werden weiterhin in Fragen der Familienplanung beraten. Von daher halte ich den Antrag der Linken für verfehlt und lehne diesen auch ab. - Vielen Dank.

(Beifall bei der SPD)

Das Wort erhält noch einmal die antragstellende Fraktion. Frau Abgeordnete Wöllert, bitte schön.

Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Liebe Frau Ziegler, ich habe an keiner Stelle gesagt, dass das Netz der Schwangerenberatungsstellen gefährdet sei. Lesen Sie das einfach noch einmal in Ruhe nach.

Zum Zweiten möchte ich noch einmal sagen: Dass die Schwangerenberatungsstellen jetzt weiter arbeiten - ja, was erwarten Sie denn! -, ist doch nur ein Zeichen dafür, dass es ihnen wirklich darum geht, die Angebote weiterhin in guter Qualität zu unterbreiten. Dass es aber noch viel besser gehen könnte und dass sie ihre Arbeit schon einschränken mussten, ist Ihnen ja gesagt worden. Denn wir brauchen eigentlich mehr Prävention.

Da bin ich ja ganz bei Ihnen, Frau Schier. Ich habe völliges Verständnis dafür und sehe es auch so, dass der Schutz des ungeborenen Lebens ein Anliegen der Schwangerenberatungsstellen ist. Der beginnt aber nicht erst mit der Schwangerschaft, sondern schon damit, dass Mädchen und Jungen auf neues Leben vorbereitet werden. Diese Beratungstätigkeit, genau diese, ist den Schwangerenberatungsstellen jetzt so nicht mehr möglich.

(Zuruf des Abgeordneten Schippel [SPD])

Die Koalition hat ja schon immer ausgeführt, der Landesrechnungshof sei eigentlich die Ursache dafür, dass gekürzt werden müsse.

(Zuruf der Abgeordneten Schier [CDU])

Sie hätten damit eigentlich gar nichts zu tun, Sie setzten nur um, was der Landesrechnungshof sage.

Genau das ist schlicht und einfach falsch. Es stimmt nicht. Der Landesrechnungshof hat nicht die Schwangerenberatungsstellen bzw. deren Abrechnung kritisiert, sondern die Landesregierung,