Protocol of the Session on September 17, 2008

(Schulze [SPD]: Dass das bei dem Flughafen völlig falsch ist, kann ich mir nicht vorstellen! - Zuruf der Abgeordne- ten Tack [DIE LINKE])

- Frau Tack, Herr Schulze, es geht hierbei um eine ganz prinzipielle Frage, die wir mit den Arbeitnehmervertretern in dem Aufsichtsgremium der Flughafengesellschaft intensivst beraten haben. Da geht es um sehr viel.

Nehmen Sie also bitte zur Kenntnis, dass das, was Sie hier sagen, dass Zugang nicht gewährt werde, nicht der Fall ist. Von den Kollegen, die mich heute früh angesprochen haben, nehme ich zur Kenntnis, dass die Form, in der der Zugang gewährt wird, ihnen nicht ausreicht. Darüber wird es eine weitere Diskussion geben; keine Frage. Aber ich möchte hier den Vorwurf ausräumen, dass denjenigen, die Zugang begehren, dies verwehrt wird; denn dies ist einfach falsch. - Danke schön.

(Dr. Klocksin [SPD]: Kennen Sie eine Großbaustelle in der Republik, auf der der Zugang so eingeschränkt ge- handhabt wird? Nur in Brandenburg gibt es das! - Weitere Zurufe)

Das war die Antwort.

(Zurufe)

- In der Geschäftsordnung gibt es keine Regelung zu Dialogen während der Fragestunde. Der Fragesteller darf nicht zu Nacherklärungen eine Frage stellen, sondern muss seine Fragen während des Hauptbeitrags anmelden. Demzufolge ist die Frage jetzt beantwortet.

Wir kommen zur Frage 1890 (Schulbesuche von Mitgliedern der Landesregierung), die von der Abgeordneten Dr. Funck gestellt wird.

In einem Rundschreiben an die Lehrer und Schulleiter des Landes Brandenburg vom 18. August 2008 wies das Ministerium für Bildung, Jugend und Sport auf die gegenwärtig für Unterrichtsbesuche und Veranstaltungen geltende Rechtslage für Mandatsträger und Bewerber für politische Ämter hin. Demnach ist sechs Wochen vor Wahlen von entsprechenden Veranstaltungen und Besuchen abzusehen. Die Minister für Bildung, Jugend und Sport sowie Umwelt, Ländliche Entwicklung und Verbraucherschutz haben - das ist ein Beispiel - am 9. September 2008 in einer Schule in Potsdam Biobrotboxen verteilt. Im Zuge einer Informationsveranstaltung für Schüler zur Aufklärung über die Geschichte der DDR war für Mitte September im Rahmen unserer „Campus-Tour 2008“ eine Filmvorführung „Das Leben der Anderen“ - mit anschließender Zeitzeugendiskussion geplant. Mit dem Verweis auf die geltende Rechtslage kam diese Veranstaltung hingegen nicht zustande.

Ich frage die Landesregierung: Wie bewertet sie das unterschiedliche Vorgehen vor dem Hintergrund der bestehenden Rechtslage und des Gleichbehandlungsgrundsatzes?

Schönen Dank für die Frage. - Herr Minister Rupprecht, Sie haben jetzt Gelegenheit, sie zu beantworten.

Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Sehr geehrte Frau Dr. Funck, lassen Sie mich zunächst ganz kurz etwas zum Hintergrund Ihrer Frage sagen. Im Kern geht es um die Wahrung der parteipolitischen Neutralität unserer Schulen in Wahlkampfzeiten, beispielsweise vor Kommunalwahlen, wie es zurzeit der Fall ist. Geregelt wird das Ganze in den Verwaltungsvorschriften Schulbetrieb. Darin heißt es: Von einer Einbeziehung von Abgeordneten, Bewerbern um ein Mandat sowie sonstigen Vertretern von Parteien, Wählergemeinschaften oder anderen politischen Organisationen in den Unterricht oder in die schulischen Veranstaltungen ist in einem Zeitraum von sechs Wochen vor Bundestags-, Landtags- und Kommunalwahlen sowie Wahlen zum Europäischen Parlament abzusehen.

Diese Verordnung ist nicht neu. Sie gilt sei 1999. Um auf Nummer sicher zu gehen, dass diese Verordnung nicht in Vergessenheit geraten ist, hat mein Staatssekretär am 18. August ein An

schreiben an alle Schulen verfasst, in dem an diese Verordnung erinnert wird.

Damit komme ich konkret zu Ihrer Frage und zu den beiden Veranstaltungen. Es handelt sich aus meiner Sicht um zwei völlig unterschiedliche Veranstaltungen. Die „Campus-Tour 2008“, die Sie erwähnt haben, ist deutlich einer Partei, nämlich der CDU, zuzuordnen, wie man schon an der Internetdarstellung relativ leicht erkennen kann.

Den inhaltlichen Ansatz, gemeinsam mit Zeitzeugen die Geschichte der DDR aufzuarbeiten, teile ich. Ich halte den Film „Das Leben der Anderen“ auch für sehr gut geeignet, dieses Thema zu bearbeiten. Aber mit der parteipolitischen Neutralität der Schulen ist diese Veranstaltung so nicht vereinbar, weil sie von einzelnen Abgeordneten, beispielsweise von Ihnen, Frau Dr. Funck, maßgeblich gestaltet wird, auch durch Redebeiträge und Ähnliches. Die von mir zitierte Vorschrift schließt das aber aus. Ich habe einen Tipp - oder sogar Wunsch -: Bitte holen Sie die Veranstaltung nach den Kommunalwahlen nach! Ich finde sie völlig in Ordnung. Sie passt in unsere Schulen.

Bei der zweiten Veranstaltung geht es um etwas völlig anderes, nämlich um die Verteilung von Biobrotboxen im Rahmen einer inzwischen bundesweiten Aktion. Diese dient ganz klar dem Ziel, das Bewusstsein für gesunde Ernährung und für die Gesundheitserziehung unserer Kinder zu stärken. Das ist für mich kein parteipolitisches Ziel. Es ist ausdrücklich erwünscht, dass Prominente, auch Politiker, an der Verteilung teilnehmen bzw. diese unterstützen. Ziel ist es, zu kommunizieren, dass es um eine gute Sache geht. Dafür sind Promis, auch politische Promis, immer sehr gut geeignet.

In dem Schreiben, das der Staatssekretär herausgeschickt hat und das Ihnen offensichtlich nicht bekannt ist, wird ausdrücklich auf diese Aktion hingewiesen, und sie wird aus dem Kontext der politischen Veranstaltungen herausgenommen. Es heißt dort auch, dass Politiker teilnehmen können.

Eine Anmerkung noch zu den beiden Ministern: Frau Dr. Funck, Sie werden nicht bestreiten, dass sowohl für Herrn Dr. Woidke als auch für mich das Thema „gesunde Ernährung“ zu unseren Ressorts und damit zu unseren Fachaufgaben gehört. Es kann einem Fachminister nicht untersagt werden, im Rahmen seiner Ressortzuständigkeit in Schulen für eine gute Sache zu werben. Das haben wir beide getan. Frau Dr. Funck, wenn Sie dabei gewesen wären, hätten auch Sie Boxen verteilen dürfen. Beim nächsten Mal - das verspreche ich Ihnen - sind Sie sehr herzlich eingeladen. - Danke.

(Vereinzelt Beifall bei der SPD)

Frau Dr. Funck hat trotzdem noch eine Nachfrage. Bitte schön.

Natürlich widerspricht niemand, dass die gesundheitliche Aufklärung in den Schulen ein sehr wichtiger Punkt ist. Es ist nun einmal so, dass der Schulbeginn auf den 1. September und damit leider in die Sechs-Wochen-Frist vor den Wahlen fällt. Das wird im nächsten Jahr ganz genauso sein.

(Bischoff [SPD]: 1. Klasse!)

Gleiches gilt für die FU-Studie. Sie wurde erst vor kurzem veröffentlicht, weshalb die Tour auch entsprechend geplant wurde. Deswegen meine Frage: Halten Sie die Aufarbeitung der Geschichte der DDR tatsächlich für parteipolitisch dominiert?

(Frau Lehmann [SPD]: Das hat er doch gar nicht gesagt!)

Zum anderen: Die Biobrotboxen waren nur ein Beispiel; es gab auch diverse andere Besuche.

Zu Ihrer ersten Frage habe ich mich, wie ich glaube, schon entsprechend geäußert. Ich halte den Ansatz dieser Veranstaltung für sehr gut. Es ist sicherlich parteiübergreifend Konsens hier im Haus, dass die Aufarbeitung der DDR-Geschichte eine wichtige Aufgabe unserer Schulen ist, die man dabei unterstützen sollte. Von meiner Seite gibt es insoweit also kein Problem. So, wie die Veranstaltung angelegt war, war sie aber - erstens - eine politische Veranstaltung, die - zweitens - primär von einer Partei getragen wurde. Das passt nicht zur Einhaltung des Neutralitätsgebots.

Ansonsten bin ich gern bereit, darüber zu reden, ob die Verordnung insgesamt vernünftig ist. Es wird durchaus - auch parteiübergreifend - die Meinung vertreten, das solle man nicht so restriktiv handhaben. Ich bin in diesem Punkt vorsichtiger und will an dieser Stelle hinzufügen: Wenn wir an den Schulen eine gewisse Offenheit in der genannten Frage zulassen, kann das dazu führen, dass genau die Leute, von denen wir alle uns wünschen, dass sie in Schulen nicht auftreten, dort eine geöffnete Tür vorfinden. Davor warne ich. Ich bin aber zu jeder Diskussion gern bereit. Natürlich kann sie nicht mehr vor den Kommunalwahlen geführt werden; da gilt die Verordnung. Sie haben darauf hingewiesen, dass wir im nächsten Jahr wieder Wahlen haben. In deren Vorfeld sollten wir noch einmal darüber reden, wie wir mit dem Thema umgehen.

Es gibt noch eine Nachfrage. Frau Große darf sie stellen.

Herr Minister, meinen Sie nicht auch, dass die Kandidaten für ein Mandat in den Kommunalparlamenten auch gute Werbeträger für die Demokratie in diesem Lande sind und es demzufolge angebracht wäre, die entsprechende Verordnung zu überarbeiten? Sie haben angedeutet, dass Sie dazu bereit sind.

Zweitens: Entsprechend einem Gutachten des Parlamentarischen Dienstes des Bundestages ist es durchaus möglich, dass Vertreter demokratischer Parteien auch vor Wahlen Schulen besuchen. Ist es nicht gerade im Zuge dessen, dass wir den Schulen mehr Selbstständigkeit zumuten und das Vertrauen darin haben, dass sie die Demokratie in diesem Land stärken wollen, angesagt, dass die Schulen selbst entscheiden dürfen, wen sie vor ihren Schülern auftreten lassen?

Zur ersten Frage: Es gibt zwei unterschiedliche Interessen. Mein Interesse habe ich schon bekundet. Ich wünsche mir parteipolitische Neutralität der Schulen, gerade in einer so brisanten Phase wie der Vorwahlzeit.

Ich verstehe aber auch das Anliegen der Abgeordneten, die natürlich davon ausgehen können, dass es in der Zeit vor Wahlen ein deutlich höheres Interesse seitens der Schülerinnen und Schüler gibt, sich an der Schule mit politischen Themen zu beschäftigen. Dazu werden die jungen Menschen - auch solche, die sich sonst um Politik nicht weiter kümmern - schon durch die Plakate an den Straßenrändern motiviert.

Ich bekunde noch einmal Interesse und auch Bereitschaft, darüber zu diskutieren - auch mit Ihnen, Frau Große -, wie wir weiter vorgehen. Ich will aber die Warnung nicht wiederholen. Ich halte die Verordnung für nicht schlecht. Es wird schwer sein, mich umzustimmen.

Die zweite Frage bezog sich auf die erhöhte Selbstständigkeit der Schulen. Natürlich traue ich unseren Schulen zu, im Rahmen ihrer Selbstständigkeit und Autonomie mit diesem Thema verantwortungsbewusst umzugehen. Aber es ist nicht ganz einfach, Veranstaltungen im Vorfeld so zu definieren, dass man sicher sein kann, dass nicht innerhalb der Veranstaltung dann doch etwas passiert, was man sich nicht gewünscht hat. Ich möchte einfach die Schulen nicht in Probleme bringen. Es soll hinterher nicht heißen, dass sie missbraucht worden sind. Deshalb meine Skepsis. Ich bitte nicht um Nachsicht, aber doch um Verständnis dafür. - Danke schön.

Herzlichen Dank für die Beantwortung der Frage. - Das Wort erhält gleich Herr Schulze, damit er Frage 1891 (Gefahrengut- transporte über die Straße) stellen kann.

Ich möchte aber die Gelegenheit nutzen, die Schülerinnen und Schüler der Immanuel-Kant-Gesamtschule Falkensee bei uns zu begrüßen, die schon eine halbe Stunde lang den Fragen und Antworten lauschen.

(Allgemeiner Beifall)

Herr Norbert Schulze, Sie haben das Wort.

Am 9. September 2008 ereignete sich auf der BAB 13 zwischen den Anschlussstellen Freiwalde und Duben ein folgenschwerer Zwischenfall mit einem Gefahrenguttransporter für die BASF Schwarzheide. Die Autobahn war in beiden Fahrtrichtungen stundenlang gesperrt, weil aus dem defekten Transporter eine brisante Flüssigkeit ausgelaufen war. Die Reinigungsarbeiten und die dadurch erforderliche Teilsperrung dauerten am 10.09. noch an.

Ich frage die Landesregierung: Welche Möglichkeiten sieht sie im Interesse einer vorsorglichen Gefahrenabwehr für Mensch und Natur, bei Vorhandensein von Werksanschlussgleisen eine Verlagerung derartiger Transporte auf die Schiene anzuordnen?

Herr Minister Dellmann steht schon zur Beantwortung der Frage bereit. Bitte schön.

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Sehr geehrter Herr Abgeordneter Schulze, für Ihr

Anliegen gibt es keine gesetzliche Grundlage. Es fehlt auch die Landeszuständigkeit. Die gesamten Gefahrguttransporte richten sich ausschließlich nach europäischem vereinbartem Recht. Ich glaube, es ist allen klar, dass wir in der Europäischen Union einheitliche Regelungen haben, die durch nationales Recht - in diesem Fall: durch Bundesrecht - umzusetzen sind.

Dabei ist es so, dass einzelne Gefahrguttransporte nicht einzeln zu genehmigen sind, sondern: Wenn sie den in der EU-Verordnung enthaltenen Standards entsprechen, dürfen sie auf die Straße gehen. Obwohl ich den Ansatz verstehe, eine Verlagerung der Transporte auf die Schiene vorzunehmen, können wir dem leider nicht nachkommen.

Ich will noch einmal deutlich sagen, dass uns, was besagten Unfall angeht, noch keine konkrete Aussage vorliegt, woran es tatsächlich gelegen hat. Aber nach den mir bisher vorliegenden Informationen liegt die Vermutung nahe, dass es sich um menschliches Versagen und nicht um die Nichteinhaltung einschlägiger europäischer Regelungen gehandelt hat. - Vielen herzlichen Dank.

Herzlichen Dank. - Das Wort erhält Frau Dr. Schröder. Sie stellt Frage 1892 (Überlastung der Brandenburger Sozialge- richte durch „Hartz-IV“-Klagen). Frau Ziegler antwortet sicherlich darauf.

Frau Blechinger antwortet bestimmt, aber das ist egal. - Die vier erstinstanzlichen Sozialgerichte in Brandenburg sind angesichts der „Hartz-IV“-Klagen nach eigenen Angaben vollkommen überlastet. Es gibt verschiedene Wege, dies zu ändern: zum einen durch eine Verbesserung der qualitativen Arbeit der Grundsicherungsträger, zum anderen durch eine Erhöhung der Zahl von Sozialrichtern. Das Justizministerium kündigte für die Brandenburger Sozialgerichte bereits acht bis neun Neueinstellungen an, davon drei bis vier zum Herbst.

Empfängerinnen und Empfänger von Arbeitslosengeld II und ihre Anwälte werfen Grundsicherungsträgern immer wieder gravierende Fehler in den Bescheiden vor. Durch eine Verbesserung der Arbeit dieser Einrichtungen könnten die Sozialgerichte ebenfalls erheblich entlastet werden.

Ich frage die Landesregierung: Lässt sich die angespannte Situation sowohl für Richterinnen und Richter als auch für die Hilfebedürftigen im Hinblick auf eine Verbesserung der Qualität der Arbeit der Grundsicherungsträger aus Ihrer Sicht zum Positiven verändern?