Protocol of the Session on April 10, 2008

minister hat im August letzten Jahres zugesagt, diese Prüfung zu übernehmen. Die Ergebnisse liegen bisher nicht vor. Der Bundesminister hat in einem Presseinterview im Januar dieses Jahres erklärt, dass es im BMAS Überlegungen gibt, ob für besonders bedürftige Kinder etwas zusätzlich getan werden sollte. Dabei wurden zum Beispiel jährliche Zuschüsse für ein Schulstartpaket andeutungsweise genannt. Der Parlamentarische Staatssekretär beim Bundesminister für Arbeit und Soziales hat auf eine Dringliche Anfrage im Januar geäußert, dass gegenwärtig im BMAS darüber diskutiert wird, inwieweit die Zeiträume zwischen den Erhebungen verkürzt werden können, weil sie derzeit alle fünf Jahre stattfinden, bei der Entwicklung der Einkommens- und der Lebenssituation unserer Bürger aber viel kürzere Zeiträume relevant sind. Das ist die derzeitige Gemengelage. Der Antrag steht, er ist beschlossene Sache. Wir erwarten jetzt die Antwort der Bundesregierung zu diesem Thema.

Und der Abgeordnete Görke erwartet eine Antwort auf seine Nachfrage.

Frau Ministerin, Sie haben hier die Zeiträume kurz umrissen und beschrieben, unter welchen Zwängen die Länder und die Bundesregierung stehen, um endlich eine Lösung zu finden. Ich frage Sie: Können Sie verstehen, dass wir das deutlich hinterfragen, weil die Arbeitsmarktreform innerhalb weniger Wochen konzipiert und im parlamentarischen Schnellverfahren innerhalb von wenigen Monaten umgesetzt worden ist, aber die Beantwortung dieser zentralen Frage hier inzwischen ein Jahr dauert? Wie können Sie uns das erklären?

Diese Frage sollte Ihre Fraktion im Bundestag stellen.

(Vereinzelt Beifall bei SPD und CDU)

Damit sind wir bei der Frage 1716 (Klagen gegen Rauchverbot in Gaststätten), die der Abgeordnete Karney stellt.

In mehreren Bundesländern haben Klagen von Gaststättenbesitzern gegen das Nichtraucherschutzgesetz zumindest teilweise zum Erfolg geführt. Das betrifft unter anderem Berlin, Sachsen und das Saarland. Der Deutsche Hotel- und Gaststättenverband unterstützt dabei auch Klagen, die beim Bundesverfassungsgericht in Karlsruhe anhängig sind. Auch in Brandenburg gilt seit dem 1. Januar 2008 ein Rauchverbot in Gaststätten und anderen öffentlichen Einrichtungen.

Ich frage die Landesregierung: Sind ihr ähnliche Klagen gegen das Brandenburgische Nichtrauchendenschutzgesetz bekannt?

Die Justizministerin antwortet darauf.

Sehr geehrter Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Sehr geehrter Herr Abgeordneter Karney, zu Ihrer Frage möchte ich zunächst klarstellen, dass es Gerichtsentscheidungen über die Verfassungsmäßigkeit oder die Verfassungswidrigkeit von Nichtraucherschutzgesetzen in einzelnen Ländern derzeit noch nicht gibt. Es haben zwar sowohl Raucher als auch Gaststättenbesitzer bei verschiedenen Landesverfassungsgerichten Klage bzw. Verfassungsbeschwerde gegen das jeweilige Landesgesetz erhoben, eine Entscheidung in der Sache gibt es bisher jedoch nicht. Das gilt auch für die von Ihnen angesprochene Verfassungsbeschwerde gegen die Regelung des Baden-Württembergischen Nichtraucherschutzgesetzes, die ein Gaststättenbesitzer beim Bundesverfassungsgericht anhängig gemacht hat.

Bisher hatten in einzelnen Fällen lediglich Anträge auf Erlass einer einstweiligen Anordnung Erfolg, die Inhaber von sogenannten Ein-Raum-Gaststätten gestellt haben, die nicht über die Möglichkeit verfügen, einen abgetrennten Raucherbereich einzuführen. Sie machten geltend, durch das Rauchverbot erhebliche wirtschaftliche Nachteile zu erleiden. Einige Landesverfassungsgerichte haben in diesen Fällen auf der Grundlage einer Folgenabwägung eine einstweilige Anordnung erlassen und die Anwendung des Nichtraucherschutzgesetzes für inhabergeführte Ein-Raum-Gaststätten vorläufig ausgesetzt. Da es sich hier aber um eine reine Folgenabwägung handelt, können aus diesen Entscheidungen keinerlei Schlussfolgerungen für den Erfolg der Verfassungsbeschwerde in der Sache gezogen werden.

Der Landesregierung sind entsprechende einstweilige Anordnungen des Verfassungsgerichtshofes des Freistaates Sachsen sowie des Verfassungsgerichtshofes Rheinland-Pfalz bekannt. Entscheidungen des Verfassungsgerichtshofes Berlin sind nach meiner Kenntnis bisher noch nicht ergangen. Ihre Frage, ob Verfassungsbeschwerden gegen das Brandenburgische Nichtrauchendenschutzgesetz anhängig sind, kann ich verneinen. Der Landesregierung ist ein derartiges Verfahren nicht bekannt.

(Beifall des Abgeordneten Bischoff [SPD])

Vielen Dank. - Wir kommen zur Frage 1717 (Weitergabe von Fluggastdaten), die der Abgeordnete Bochow stellt.

Aufgrund eines Abkommens zwischen der EU und den USA werden heute für jeden Flugpassagier, der in die USA einreist, umfangreiche Daten wie Name, Kreditkartennummer und Essgewohnheiten an die US-Behörden übermittelt. Kürzlich hat EU-Kommissar Frattini Pläne vorgestellt, wonach ein solches System der „Passenger Name Records“ auch für die EU selbst eingeführt werden soll.

Kritisiert wird dieses Vorhaben unter anderem unter dem Aspekt, dass bislang keine hinreichenden Erkenntnisse über die Auswirkungen solcher Maßnahmen sowohl auf die Sicherheits

lage als auch auf die Privatsphäre der betroffenen Bürger vorliegen, weil das Abkommen mit den USA noch keiner Bewertung unterzogen wurde.

Ich frage die Landesregierung: Teilt sie die Einschätzung, dass eine umfassende Bewertung des Abkommens zwischen der EU und den USA über die Weitergabe von Flugpassagierdaten vorgenommen werden sollte, bevor die EU das Projekt eines eigenen PNR-Systems verfolgt?

Die Antwort wird uns der Innenminister geben. Bitte, Herr Schönbohm.

Ich kann es kurz machen, Herr Kollege Bochow und sagen: Ja, ich teile diese Bedenken. - Auf der einen Seite haben wir das Schengener Abkommen und freuen uns über mehr Bewegungsfreiheit ohne Passkontrolle. Auf der anderen Seite gibt es das Thema Fluggastdaten.

Vor diesem Hintergrund ist das Bundesgesetz zur Umsetzung der EU-Richtlinie am 30. Dezember in Kraft getreten. Dieses Projekt, das die Europäische Union fortführen möchte, hat der Bundesrat in einer umfassenden kritischen Stellungnahme gewürdigt. Da spiegelt sich auch die Auffassung des Landes Brandenburg wider, dass wir diesbezüglich Vorbehalte haben. Wir sind auch der Auffassung, man sollte dies erst einmal auswerten. Der Bundesrat hat dabei die Bundesregierung gebeten, auf eine entsprechende Änderung des Rahmenbeschlusses zu dringen. Der Bundestag berät derzeit darüber. Das Ergebnis bleibt abzuwarten. Im innereuropäischen Verkehr haben wir also gewisse Vorbehalte.

Der Fragesteller hat noch eine Nachfrage, aber die zieht er jetzt zurück.

(Bochow [SPD]: Er hat erst seine Meinung gesagt und dann die der Landesregierung!)

Nein, ich habe die Meinung der Landesregierung gesagt mit einer zum Thema hinführenden Systematik, Herr Kollege Bochow.

(Vereinzelt Beifall bei der CDU)

Solange sich die beiden Meinungen nicht zu sehr widersprechen, kann man das ja akzeptieren.

Vielen Dank. - Meine Damen und Herren! Mit Blick auf die Uhr beenden wir die Fragestunde, und mit Blick auf Ihre Essgewohnheiten von gestern entlasse ich Sie heute bis 13 Uhr in die Mittagspause.

(Unterbrechung der Sitzung: 12.00 Uhr)

(Fortsetzung der Sitzung: 13.02 Uhr)

Meine sehr verehrten Damen und Herren! Wir setzen die Debatte fort. Ich bitte die Parlamentarischen Geschäftsführer, für Beschlussfähigkeit im Saal zu sorgen.

Ich rufe Tagesordnungspunkt 3 auf:

Gesetz über den Öffentlichen Gesundheitsdienst im Land Brandenburg (Brandenburgisches Gesundheitsdienstgesetz - BbgGDG)

Gesetzentwurf der Landesregierung

Drucksache 4/5286

2. Lesung

Beschlussempfehlung und Bericht des Ausschusses für Arbeit, Soziales, Gesundheit und Familie

Dazu liegt Ihnen ein Entschließungsantrag der Fraktion DIE LINKE in Drucksache 4/6106 vor. Die Debatte beginnt mit den Ausführungen von Frau Wöllert; sie spricht für die PDS-Fraktion.

Herr Präsident! Eine kleine Korrektur: Ich spreche für die Fraktion DIE LINKE. Meine sehr geehrten Damen und Herren Abgeordneten! Wir haben heute auf der Tagesordnung die Änderung des Gesetzes über den Öffentlichen Gesundheitsdienst. Meine Gedanken gehen etwas weiter zurück, in das Jahr 2005, als wir einen Sonderausschuss zur Überprüfung von Normen und Standards ins Leben gerufen haben. Im Geschäftsbereich des Ministeriums für Arbeit, Soziales, Gesundheit und Familie war unter anderem das Gesetz über den Öffentlichen Gesundheitsdienst zur Überprüfung auf den Plan gestellt. Dieser Ausschuss hatte einen herausragenden Vorteil. Er konnte nur einstimmig entscheiden.

(Schulze [SPD]: Das ist nicht richtig! Wir haben einstim- mig entschieden!)

- Sie haben sich die Regel gegeben, einstimmig zu entscheiden.

(Schulze [SPD]: Aber freiwillig!)

- Sie haben sich freiwillig die Regel gegeben, einstimmig zu entscheiden. Das war ein ungeheurer Vorteil, auch für das Gesetz über den Öffentlichen Gesundheitsdienst. Wir konnten es erst einmal so lassen, wie es war, und gelangten in den Bereich der Überprüfung. Das hat lange gedauert. Es ist jetzt schon 2008. Gott sei Dank, sage ich, hat es so lange gedauert. Nichtsdestotrotz sage ich an dieser Stelle: Das, was dabei herausgekommen ist, ist nicht das, was die Landesregierung selbst vorher formuliert hat.

Die Landesregierung hatte die Stellungnahme des Städte- und Gemeindebundes im Ausschuss im Januar 2006 zur Verfügung gestellt. Sie hatte uns - das ist im Protokoll nachzulesen - die Forderung des Städte- und Gemeindebundes vorgestellt, die Reihenuntersuchungen in den Kitas abzuschaffen. Die Stellungnahme der Landesregierung war - wie immer in den Antworten auf die Kleinen Anfragen zur Reihenuntersuchung -, lieber mit Nachdruck dafür zu sorgen, dass diese Reihenuntersuchungen vom öffentlichen Gesundheitsdienst durchgeführt werden. Das war in allen Antworten auf Kleine Anfragen, in denen es darum ging, dass das nicht überall in ausreichendem Maße geschah, parteiübergreifend Konsens. Schade, dass davon abgewichen wurde.

Das ist der Grundansatz unserer Kritik. Nicht nur die Anzahl der Untersuchungen wird insgesamt geringer, sondern auch die Erfassung der notwendigen Daten für eine vernünftige Gesundheitsplanung. Das heißt: Wir haben nicht mehr die hervorragenden Daten, die sogar international Grundlage für Studien zur Gesundheitsberichterstattung und -untersuchungen, auch der Kindergesundheit, sind. Darauf kann das Ministerium noch stolz sein. Diese Zeiten werden aber leider mit diesem Gesetz über den Öffentlichen Gesundheitsdienst vorbei sein. Wir bedauern das. Ich sage es schon an dieser Stelle: Genau deshalb werden wir dem Gesetzentwurf unsere Zustimmung verweigern.

Ich möchte einen anderen Punkt anführen. Die gesamte Diskussion über das Gesetz über den Öffentlichen Gesundheitsdienst wurde überwiegend unter dem Aspekt des Kinderschutzes geführt, auch die Diskussion über Vorsorgeuntersuchungen. Nun nimmt der Kinderschutz - das ist unbestritten eine große Rolle ein. Wir können nicht genug dafür tun. Es ist aber verkürzt, Vorsorgeuntersuchungen und Reihenuntersuchungen durch den öffentlichen Gesundheitsdienst nur unter diesem Aspekt zu sehen. Auch da setzt unsere Kritik an; denn diese Untersuchungen haben auch eine andere Aufgabe.

Früherkennungsuntersuchungen sind dazu da, gesundheitliche Beeinträchtigungen und Entwicklungsrückstände zu erkennen und möglichst zu einer Behandlung und Förderung zu kommen. Aus diesem Grund möchten auch wir eine möglichst hohe Teilnahmequote an diesen Untersuchungen erreichen. Hier hat unser öffentlicher Gesundheitsdienst gemeinsam mit den Kinderärzten, die eine gute Zusammenarbeit pflegen, wie wir in allen Anhörungen gehört haben - das bestätigen auch die Verbände -, in den vergangenen Jahren eine gute Arbeit geleistet. Sie haben es mit ihrer Aufklärungsarbeit nämlich geschafft, dass von 2004 bis 2006 eine erhebliche Steigerung der Inanspruchnahme der Früherkennungsuntersuchungen auch ohne verpflichtendes Einladungswesen zustande kam. Diese gute Arbeit ist gleichzeitig mit gesundheitlicher Aufklärung verbunden gewesen. Das ist wichtig. Genau das hätte in den Mittelpunkt gehört: Wie können wir hier weiterarbeiten?

Ich sage ganz bewusst: Es sind jetzt schon 83 %, die diese Untersuchungen bis zur U9 annehmen. Vorher waren es nur 71 %. Das ist eine beachtliche Steigerung. In Berlin ist man den anderen Weg gegangen. Dort gab es die Kampagne „Ich gehe zur U - und du?“. Ich weiß, so etwas gibt es in Ansätzen auch bei uns. Das ist ein erfolgreicher Schritt. Man hat in einigen Stadtbezirken festgestellt, dass eine nahezu hundertprozentige Teilnahme ohne ein verpflichtendes Einladungswesen,

das wir haben, allein durch gesundheitliche Aufklärung zu erreichen ist. Hier wäre der Ansatzpunkt gewesen.

Zum Thema Vorsorge für Kinder und Jugendliche. Abschließend möchte ich aus dem Kongress für Kinder- und Jugendmedizin zitieren, der im vergangenen Monat in Weimar stattgefunden hat, denn besser können wir das nicht sagen:

„Das derzeitige Vorsorgeprogramm muss inhaltlich und von der Frequenz den neuen Entwicklungen angepasst werden. Dazu hat der Berufsverband der Kinder- und Jugendärzte ein Konzept mit vier zusätzlichen, inhaltlich völlig neu gestalteten Vorsorgeuntersuchungen für Kinder und Jugendliche entwickelt. Ein wesentlicher Aspekt der neuen Vorsorgeangebote für Kinder und Jugendliche ist die primäre Prävention, die besonders mittels Elternfragebögen erfasst wird. Kinder haben ein Recht auf bestmögliche gesundheitliche Versorgung und damit auf ein vollständiges Präventionsprogramm. Durch die Verpflichtung können auch Familien erfasst werden, die aus verschiedenen Gründen ihren Kindern diese wichtige Vorsorgeuntersuchung vorenthalten und zu einer Nachuntersuchung aufgefordert werden. Dabei können auch Familien auffallen, die dringend Unterstützung bei der Erziehung ihrer Kinder benötigen. Mehr kann dieses System aber nicht leisten.“