Die sogenannte 58er Regelung auf der Grundlage von § 428 SGB III schaffte insofern eine Ausnahmeregelung für alle älteren Arbeitslosen, die das 58. Lebensjahr vollendet hatten, indem diese von der Verpflichtung entbunden wurden, vor dem maßgeblichen Rentenalter in Rente zu gehen und dabei gegebenenfalls Abschläge bei der Rentenhöhe in Kauf zu nehmen. Im Interesse der Gleichbehandlung aller älteren Leistungsempfänger nach dem SGB II spielte es dabei keine Rolle, ob eine Vereinbarung nach § 428 SBG III tatsächlich unterschrieben wurde oder nicht. In der Folge wurde Arbeitslosengeld II auch dann fortgezahlt, wenn selbst unter Inkaufnahme von Rentenabschlägen keine ergänzenden Sozialleistungen notwendig gewesen wären.
Mit dem Auslaufen der Regelung zum Jahresende würden die betroffenen Personen zwar nicht automatisch verrentet; ein Antrag auf Zahlung einer vorgezogenen Altersrente mit Abschlägen könnte jedoch auch gegen den Willen der Betroffenen durch den zuständigen Träger der Grundsicherung für Arbeitsuchende gestellt werden.
Nach derzeitigem Kenntnisstand prüft die Bundesregierung gegenwärtig Lösungsmöglichkeiten für die Betroffenen. Es ist damit zu rechnen, dass das Ergebnis dieser Überprüfung schon allein wegen der notwendigen Nahtlosigkeit einer eventuellen Neuregelung bis zum Jahresende vorliegt. - Vielen Dank.
Nach wie vor gibt es den postulierten Anspruch der Landesregierung, gerade ältere Arbeitslose in den Arbeitsmarkt zu integrieren.
Erstens: Wie verträgt sich dieser Anspruch mit der auslaufenden 58er Regelung und damit der Zwangsverrentung, die Sie hier eingeräumt haben?
Zweitens: In den letzten drei Jahren ist die Zahl der Menschen angestiegen, die Grundsicherung im Alter beziehen. Kollegin Dr. Schröder hat dazu schon eben eine Frage gestellt. Die Zahlen liegen im Detail vor. Welche zusätzlichen Belastungen erwartet die Landesregierung in diesem Zusammenhang gerade für die brandenburgischen Kommunen, die Träger der Grundsicherung im Alter sind? Welche konkreten Ausführungen können Sie dazu machen?
Zurzeit ist es, wie ich ausgeführt habe, zu früh, dazu etwas zu sagen. Die Bundesregierung befindet sich noch in einer Phase der Prüfung. Es werden Überlegungen angestellt, hier eine Abfederung vorzunehmen. Es wird daran gedacht, weitere Ausnahmen zuzulassen. Das betrifft beispielsweise den Fall, dass ein Betroffener plausibel darstellen kann, im Laufe der nächsten sechs Monate unverzüglich vermittelt werden zu können, oder den Fall, dass ein Arbeitsloser innerhalb der nächsten sechs Monate eine Rente abschlagsfrei beziehen kann. Es wird daran gedacht, solche Ausnahmen zu spezifizieren, um die Schärfe der Möglichkeit einer Verrentung mit Abschlägen zu mildern. Sobald die Ergebnisse dieser Prüfung durch die Bundesregierung vorliegen, wird sich die Landesregierung gegebenenfalls positionieren.
Die Auswirkungen in den Kommunen sind natürlich erst dann absehbar, wenn man weiß, was die Überprüfung durch die Bundesregierung ergeben hat und inwiefern gegebenenfalls Änderungen eintreten werden.
Herr Staatssekretär, von der Partei DIE LINKE wird die Abschaffung der 58er Regelung mit einem negativen Touch versehen. Stimmen Sie mir zu, dass die Abschaffung der 58er Regelung sehr wohl zu begrüßen ist, weil durch diese Regelung Arbeitslose höheren Alters von der Arbeitsvermittlung ausge
grenzt wurden und dies kontraproduktiv für unsere politische Zielstellung ist, ältere Menschen wieder verstärkt in die Erwerbstätigkeit einzugliedern? Stimmen Sie mir zu, dass es unter diesem arbeitsmarktpolitischen Gesichtspunkt sehr wohl vernünftig ist, die 58er Regelung endlich auslaufen zu lassen?
Ich kann Ihnen zustimmen. Diese 58er Regelung hat wohl auch falsche Anreize gesetzt. Ein Teil der Last wurde in Richtung Rentenversicherung verschoben. Das war wohl ein Irrweg. Man hat inzwischen die Überzeugung gewonnen, diesen Weg auch im Interesse der Älteren nicht weiter zu beschreiten.
Zum Thema Unfallversicherung stellt Herr Abgeordneter Karney die Frage 1508 (Reform der gesetzlichen Unfallversiche- rung).
Ende Juni beschäftigte sich eine Bund-Länder-Arbeitsgruppe letztmalig mit den Eckpunkten einer Reform der gesetzlichen Unfallversicherung. Darin sollen die im Koalitionsvertrag auf Bundesebene festgeschriebenen Ziele, wie Straffung der Organisation oder ein zielgenaueres Leistungsrecht, verankert sein.
Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Sehr geehrter Herr Abgeordneter Karney, es ist zutreffend, dass Bund und Länder letztmalig Ende Juni 2007 über Regelungsinhalte eines Gesetzes zur Reform der gesetzlichen Unfallversicherung miteinander gesprochen haben. Allerdings gelang es dabei nicht, sich auf ein abgestimmtes weiteres Vorgehen zu verständigen. Bisher hat die Bundesregierung noch keinen Gesetzentwurf zur Reform der gesetzlichen Unfallversicherung vorgelegt.
Laut einer Pressemitteilung des Deutschen Bundestages vom 24. Oktober dieses Jahres beabsichtigt die Bundesregierung, zunächst die Organisationsstrukturen der gesetzlichen Unfallversicherung in einem Gesetzentwurf zu reformieren und diesen noch im Jahr 2007 vorzulegen. Das Leistungsrecht der gesetzlichen Unfallversicherung sollte danach zu einem späteren Zeitpunkt reformiert werden, da es hierzu noch erheblichen Abstimmungsbedarf mit den Sozialpartnern gebe. - Vielen Dank.
Herzlichen Dank. - Das Wort erhält die Abgeordnete Lehmann, die Gelegenheit hat, die Frage 1509 (Neufassung der Selbsthil- feförderung im SGB V) zu formulieren.
Zu Beginn des kommenden Jahres tritt mit § 20 c im SGB V eine Neuregelung zur Förderung der Selbsthilfe durch die Krankenkassen in Kraft. Unter anderem wird damit - neben der Förderung in der Verantwortung einer jeden Kasse - ergänzend eine kassenartenübergreifende Gemeinschaftsförderung geschaffen, in die mindestens die Hälfte der von den Kassen insgesamt zur Verfügung zu stellenden Mittel fließen soll.
Ich frage die Landesregierung: Wie schätzt sie die Vorbereitungen im Land Brandenburg zur Umsetzung der Neuregelung ein?
Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Sehr geehrte Frau Abgeordnete Lehmann, die Selbsthilfe ist wichtiger und notwendiger Bestandteil unseres gesellschaftlichen Systems. Sie stellt eine wesentliche Säule des bürgerschaftlichen Engagements dar, die durch die direkte Betroffenheit von Bürgerinnen und Bürgern gekennzeichnet ist. Sie ergänzt damit das professionelle Versorgungssystem, betont die Eigenverantwortung und Teilhabe der Betroffenen und setzt sich auch mit der professionellen medizinischen Versorgung auseinander.
Die Selbsthilfeförderung durch die gesetzlichen Krankenkassen wird mit dem Gesetz zur Stärkung des Wettbewerbs in der gesetzlichen Krankenversicherung ab dem 1. Januar 2008 in einer eigenständigen Vorschrift - § 20 c SGB V neue Fassung - neu geregelt, was von der Landesregierung ausdrücklich begrüßt wird. Die Förderung der Selbsthilfe soll dadurch gestärkt und die Förderpraxis durch ein effizientes, antragstellerfreundliches und unbürokratisches Verfahren verbessert werden. Nach der Neufassung der gesetzlichen Grundlagen zur Selbsthilfeförderung wird ab Januar 2008 eine krankenkassenartenübergreifende Gemeinschaftsförderung und eine krankenkassenindividuelle Förderung eingeführt. Für die übergreifende Gemeinschaftsförderung haben sich die Spitzenverbände der Krankenkassen auf Bundesebene - unter Beteiligung der für die Interessen der Selbsthilfe maßgeblichen Spitzenorganisationen - am 17. September dieses Jahres auf Rahmenvorgaben zur Förderung der Selbsthilfe verständigt.
Die Krankenkassen und ihre Verbände werden zur Selbsthilfeförderung in einem festen Umfang in Höhe von jährlich 0,55 Euro pro Versicherten verpflichtet. Dieser Betrag ist in den Folgejahren entsprechend der prozentualen Veränderung der monatlichen Bezugsgröße anzupassen. Mindestens 50 % der Mittel sind für die kassenartenübergreifende Gemeinschaftsförderung aufzubringen. Erreicht eine Krankenkasse den vom Gesetzgeber vorgegebenen Betrag der Förderung in einem Jahr nicht, hat sie die nicht verausgabten Fördermittel im Folgejahr zusätzlich für die Gemeinschaftsförderung zur Verfügung zu stellen. Ab dem Förderjahr 2008 sind insoweit Fördermittel vollständig an die Selbsthilfe auszuschütten.
Über die Vergabe der Fördermittel aus der Gemeinschaftsförderung entscheiden die Krankenkassen oder ihre Verbände auf den jeweiligen Förderebenen - Bundes-, Landes- und regionale Ebene - gemeinsam nach Beratung mit den zur Wahrnehmung der Interessen der Selbsthilfe jeweils maßgeblichen Vertretungen von Selbsthilfegruppen, -organisationen und -kontaktstellen.
Das Förderverfahren und alles Nähere zu Antragstellung, Antragsfristen und Antragsformularen soll auf der jeweiligen Förderebene in Kooperationsvereinbarungen festgelegt werden. Die Rahmenvorgaben auf Bundesebene sind bei der Ausgestaltung der Förderbedingungen ab 2008 zu berücksichtigen.
Die Einzelheiten und die Ausgestaltung des Förderverfahrens auf Landes- und regionaler Ebene werden von den Verbänden der gesetzlichen Krankenkassen im Land Brandenburg gemeinsam mit den betroffenen Selbsthilfeverbänden und -organisationen besprochen. Unserer Information nach sind sie hierbei auf einem guten Weg, die Einzelheiten für das Förderverfahren zu verabreden und zu vereinbaren und damit die Neuregelung der Selbsthilfeförderung auch in Brandenburg umzusetzen. - Danke schön.
Vielen Dank. - Das Wort erhält der Abgeordnete Norbert Schulze, der Gelegenheit hat, die Frage 1510 (Rabenvögel werden zur Plage) zu formulieren.
Laut jüngsten Medienberichten ist eine unverhältnismäßige Zunahme von sogenannten Rabenvögeln in Brandenburg zu verzeichnen, wodurch ein erheblicher Rückgang von Niederwild, Rebhühnern usw. zu verzeichnen sei. Grund sei ein Abschussverbot der besagten Vögel.
Ich frage die Landesregierung: Welche Gründe sprechen gegen eine Aufhebung des Abschussverbotes für Rabenvögel?
Sehr geehrter Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Sehr geehrter Herr Schulze, die Presseberichte, wonach eine unverhältnismäßig hohe Zunahme von Rabenvögeln zu einem erheblichen Rückgang vor allem von Niederwildarten und anderen Tierarten geführt habe, sind für uns in der Summe bzw. in den meisten Fällen nicht nachvollziehbar.
Die Ergebnisse zahlreicher wissenschaftlicher Untersuchungen aus jüngster Zeit haben gezeigt, dass Verluste an Gelegen überwiegend nachts durch Füchse und andere Raubsäuger verursacht werden. Rabenvögel haben diesbezüglich allenfalls in räumlich begrenzten Bereichen zu einem Rückgang der Niederwildarten beigetragen. Eine allgemeine Aufhebung des Abschussverbotes für Rabenvögel hilft aus unserer Sicht der Dinge dem Niederwild nur sehr begrenzt.
Bei Bedarf ist es bereits heute möglich, jagd- oder artenschutzrechtliche Ausnahmen zum Abschuss von Rabenvögeln zuzulassen. Die jagdlichen Ausnahmen erteilt die untere Jagdbehörde der Landkreise, die artenschutzrechtlichen Ausnahmen das Landesumweltamt auf Anfrage, beispielsweise wenn Landwirte wirtschaftliche Schäden nachweisen. Von diesen Möglichkeiten wird im Land Brandenburg flächendeckend sehr intensiv Gebrauch gemacht. Innerhalb der Landesregierung ist jedoch der Meinungsbildungsprozess zu dieser Problematik zum jetzigen Zeitpunkt noch nicht abgeschlossen. - Ich danke Ihnen für die Aufmerksamkeit.
Vielen Dank. - Das Wort erhält die Abgeordnete Große, die Gelegenheit hat, die Frage 1511 (Vergleichsarbeiten Klasse 6) zu formulieren.
In wenigen Tagen müssen Schülerinnen und Schüler der Jahrgangsstufe 6 erstmals zentrale Vergleichsarbeiten in Deutsch und Mathematik schreiben, die nach der 16. Schulgesetznovelle Bestandteil des Übergangs von der Grundschule in das Gymnasium sind. Die Vergleichsarbeiten gehen zu 40 % in die Halbjahresnote ein. In den letzten Tagen und Wochen hat es gegen diese Regelung massive Proteste von Eltern und Lehrkräften gegeben. Eltern sehen ihre Kinder einem unangemessenen Leistungsdruck ausgesetzt und protestieren dagegen, dass ein 45-minütiger Test in hohem Maße über den schulischen und eventuell beruflichen Werdegang von elfjährigen Kindern entscheidet.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Sehr geehrte Frau Große, ich kann die Sorgen der Eltern gut nachvollziehen. Ich verstehe sie auch. Schließlich sind jegliche Neuerungen immer mit Unsicherheit verbunden. Dass Eltern ihre Kinder vor zu befürchtenden Nachteilen schützen wollen, ist nachvollziehbar. Ich bin der festen Überzeugung, dass die Sorgen unbegründet sind. Kürzlich habe ich mich - in Beantwortung einer Kleinen Anfrage von Frau Große - in diesem Haus bereits dazu geäußert.
Die anstehenden Vergleichsarbeiten in Deutsch und Mathematik werden auf der Grundlage der gültigen Rahmenpläne erstellt. Sie sind wie normale Klassenarbeiten konzipiert. Wir haben sie mit etwa 370 Schülerinnen und Schülern erfolgreich pilotiert. Alle Schulen und vor allem die verantwortlichen Lehrer, die diese Vergleichsarbeiten beaufsichtigen werden, sind mit Informationen versorgt worden und damit gut vorbereitet.
Zu den betroffenen Schülern: Ihnen wird der Aufbau der zu bearbeitenden Vergleichsarbeit altersangemessen direkt vor Ar
beitsbeginn erläutert. Zudem werden sie von den Lehrerinnen und Lehrern über mögliche Vorgehensweisen informiert.
Natürlich ist die Aufregung bei den Schülern größer als bei einer normalen Klassenarbeit. Das ist völlig normal, aber auch ein Zeichen dafür, dass sie die Situation sehr ernst nehmen. Das ist auch ganz in meinem Sinne. Ich sehe keine besondere Überforderung der Schülerinnen und Schüler gegenüber normalen Leistungsfeststellungen; wir sollten sie auch nicht herbeireden.
Wir können die betroffenen Eltern sowie die Schülerinnen und Schüler beruhigen: Sollten einzelne Schülerinnen und Schüler, was immer passieren kann, wegen „schlechter Tagesform“ so schlecht abschneiden, dass sie damit die Aufnahmevoraussetzung für den Übergang auf das Gymnasium - Notensumme 7 - nicht mehr erfüllen, erhalten sie eine zweite Chance, und diese heißt Probeunterricht. Drei Lehrer werden Kinder, die diese Voraussetzung nicht erfüllt haben, aber trotzdem auf das Gymnasium möchten, im normalen Unterrichtsverlauf prüfen, unabhängig von jeglicher Tagesform. Leistungsstarke Mädchen und Jungen werden spätestens dann beweisen, dass sie für das Gymnasium geeignet sind.
In letzter Zeit hat eine - objektiv unnötige - Verunsicherung in der Öffentlichkeit stattgefunden. Ich finde das nicht gut und gehe davon aus, dass die Schulen bzw. die Schülerinnen und Schüler viel routinierter mit dem Ganzen umgehen werden, als man uns in bestimmten Artikeln - auch im Rundfunk habe ich neulich ein entsprechendes Interview gehört - weismachen will. Ich bin überzeugt davon, dass die Schüler das relativ gelassen sehen werden.
Es ist mein dringender Appell an Sie, meine Damen und Herren Abgeordneten, und damit auch an Sie, Frau Große, die negative Stimmung, die es gegeben hat, nicht zu verstärken, sondern gemeinsam beruhigend zu wirken.
Dann werden die sehr gut vorbereiteten Vergleichsarbeiten auch gut laufen. Ich finde Panikmache nicht nur ärgerlich, sondern auch verantwortungslos. - Danke.