Protocol of the Session on November 15, 2007

Ganz wichtig - das wird sicherlich auch Ihnen einleuchten - ist folgender Punkt - das gilt nicht nur bei uns, sondern bundes

weit -: Wenn jemand an einer privaten Hochschule Gebühren zahlt und zu studieren beginnt, muss er die Garantie haben, dass er dort fertigstudieren kann. Wenn die Sache zwischenzeitlich wirtschaftlich kracht, darf das nicht auf dem Rücken der Studierenden ausgetragen werden, sondern sie müssen Sicherheiten haben. Es muss also ein Wirtschaftskonzept vorliegen. Es muss klar sein, welche Institution im Falle eines „Crashs“ die Ausbildung der Studenten weiter- bzw. zu Ende führt oder wie man das finanziell gestaltet.

Die German Film School stützt ihre wirtschaftliche Stabilität bisher ausschließlich auf Studienbeiträge, die sie einnimmt. Das kann bei Schwankungen - diese hatten wir -, die gar nicht allzu groß zu sein brauchen, das wirtschaftliche Aus bedeuten. Der Fortbestand der Einrichtung ist nicht mehr gewährleistet, wenn sich 20 Personen weniger bewerben, als man angenommen hat. Derartige Situationen können nach bisherigem Stand nur mit Hilfeleistungen bewältigt werden.

Die klare Aussage lautet also: Die German Film School kann zu jedem Zeitpunkt einen entsprechenden Antrag stellen. Da gibt es kein Nachwirken. Wenn die Anforderungen erfüllt sind, wird die Einrichtung staatlich anerkannt. Ich würde mich darüber freuen, wenn wir eine weitere staatlich anerkannte private Hochschule in Brandenburg hätten. - Danke schön.

(Beifall bei der CDU)

Vielen Dank. - Weil Gransee so groß ist, schickt es uns heute zwei Besuchergruppen. Ich begrüße noch einmal Schülerinnen und Schüler vom Erwin-Strittmatter-Gymnasium in Gransee. Herzlich willkommen bei uns im Landtag!

(Allgemeiner Beifall)

Die Frage 1505 (Zeitlich begrenztes Überholverbot für Lkw auf Autobahnen in Brandenburg) wird die Abgeordnete Schier stellen. Bitte sehr!

Überholende Lkw und Sattelschlepper gehören zu den häufigsten Unfallursachen auf deutschen Autobahnen. In jeden fünften Autobahnunfall ist ein Lastwagen verwickelt. Zudem entstehen auf hochfrequentierten Abschnitten beträchtliche Verkehrsbehinderungen und Staus durch lang anhaltende Überholmanöver. Am 11. Oktober 2007 trat in Nordhrein-Westfalen aus diesem Grund ein Erlass in Kraft, der ein zeitlich begrenztes Überholverbot - von 9 bis 16 Uhr bzw. von 6 bis 19 Uhr auf insgesamt 470 Autobahnkilometern für Lkw vorsieht.

Ich frage die Landesregierung: Kann sie sich auch für viel befahrene Autobahnstrecken in Brandenburg ein solch begrenztes Überholverbot für Lkw vorstellen?

Herr Minister Dellmann, können Sie sich das vorstellen?

Sehr geehrter Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Sehr geehrte Frau Schier, in Ihrem Wahlkreis gibt es

noch keine Lkw-Überholverbote. Ich habe eine Karte mitgebracht, der zu entnehmen ist, wo wir bereits Überholverbote im Land Brandenburg haben: auf der viel zitierten A 12 in Richtung Frankfurt (Oder), auf dem nördlichen Berliner Ring von Mühlenbeck in Richtung Dreieck Havelland und auf der A 24, dort allerdings teilweise zeitlich befristet. Ferner verweise ich auf die Verkehrsbeeinflussungsanlage zwischen dem Dreieck Nuthetal und dem Dreieck Werder. Dort kann, wenn es die Verkehrssituation erfordert, ein Lkw-Überholverbot ausgesprochen werden.

Statistisch betrachtet gelten auf etwa 25 % aller Brandenburger Autobahnen bereits Überholverbote für Lkw bzw. gibt es die technische Möglichkeit, die auch genutzt wird, Überholverbote auszusprechen. Kollege Wittke aus Nordrhein-Westfalen hat zeitlich begrenzte Überholverbote in Größenordnungen eingeführt. Wenn Sie es aber prozentual betrachten, kommen Sie zu dem Ergebnis, dass die Anzahl der Überholverbote in Brandenburg etwa genauso hoch wie in NRW ist. Das heißt, wir waren viel eher mit dem Thema befasst; es ist ganz gut, wenn man sich einmal die Statistiken anschaut.

Es gibt Forderungen nach genereller Einführung von Überholverboten für Lkw. Davon halte ich nicht sehr viel; denn wir haben auch Autobahnen, die nicht so stark befahren sind. Das grundsätzliche Problem, das wir alle kennen, besteht darin, dass ein Lkw, obwohl er nur 80 km/h fahren darf, 82 km/h fährt und von einem mit 84 km/h fahrenden Lkw überholt wird, der dafür zweieinhalb Kilometer braucht.

(Bochow [SPD]: Wo ist die Autobahnpolizei?)

- Dafür die Autobahnpolizei einzusetzen wäre im Einzelfall sicherlich denkbar, sollte aber nicht generell geschehen.

Die Logistikunternehmen kommen immer öfter zu der Erkenntnis - das stelle ich in Gesprächen fest -, dass es für sie von der Zeit her wenig bringt, ihre Lkw-Fahrer zu motivieren, 85 oder 86 km/h zu fahren. Ich spreche da relativ offen. Es gibt inzwischen Unternehmen, die in ihren Fahrzeugen den Tempomat auf Maximum 82 km/h einstellen und festlegen, dass nicht überholt wird, weil der Fahrzeitgewinn in keinem Verhältnis zu den Mehrkosten steht, zum Beispiel für Kraftstoffe.

Wir haben eine Initiative für mehr Verkehrssicherheit auf brandenburgischen Autobahnen gestartet. Ich habe in der letzten Woche eine Studie zum Thema „130 km/h auf Autobahnen“ vorgestellt. Ich bin mir sicher, dass wir es in den nächsten zwei, drei Jahren noch nicht schaffen werden, dieses Tempolimit generell in Deutschland einzuführen.

Ich habe eine Prüfung veranlasst, ob auf weiteren Autobahnabschnitten in Brandenburg Tempo 130 eingeführt werden kann. Ferner prüfen wir zurzeit, wo weitere Überholverbote für Lkw sinnvoll wären.

Das Optimum wäre erreicht - Frau Schier, da liegen wir wahrscheinlich sehr nahe beieinander -, wenn wir mehr dynamische Verkehrsbeeinflussungsanlagen aufstellen könnten. Ich habe am Freitag mit großem Interesse die Diskussion im Bundestag verfolgt, in der sich fast alle Sprecher, auch der uns bekannte Jörg Vogelsänger, dafür ausgesprochen haben, dass das BMVBS mehr Geld für die Aufstellung dynamischer Verkehrsbeeinflussungsanlagen zur Verfügung stellt. Der Bund war in

soweit bisher sehr zurückhaltend. Ich wiederhole, dass es aus meiner Sicht optimal wäre, wenn bei wirklich starker Belegung Geschwindigkeitsbegrenzungen und Überholverbote für Lkw ausgesprochen werden könnten. In einer relativen Schwachlastzeit, beispielsweise am Samstag - am Sonntag dürfen ohnehin keine Lkws fahren -, sollten andere Möglichkeiten vorhanden sein. Wir müssen gegenüber dem BMVBS aktiver werden, damit wir mehr Geld für solche intelligenten Systeme zur Verfügung gestellt bekommen.

(Bochow [SPD]: Aber auch das muss kontrolliert wer- den!)

Das wäre ein wirklich großer Beitrag zur Verbesserung der Verkehrssicherheit nicht nur im Land Brandenburg. - Vielen Dank.

(Beifall bei der SPD)

Vielen Dank. - Wir kommen zu dem erfreulichen Thema „Zukunft des Erdbeerweins“, zu dem die Abgeordnete Melior die Frage 1506 (Hat der „Erdbeerwein“ eine Zukunft?) stellt.

Ich mache mir in der Tat Sorgen über die Zukunft des Erdbeerweins.

(Allgemeine Heiterkeit)

- Das stößt auf allgemeines Interesse.

Noch haben Sie keinen getrunken. Bewahren Sie also bitte Ruhe!

Presseberichten zufolge plant die Europäische Kommission eine Reform der Weinmarktordnung. Demnach soll die Verwendung des Begriffs „Wein“ stark eingeschränkt werden:

„Wein ist das Erzeugnis, das ausschließlich durch Gärung der frischen oder eingemaischten Weintrauben und des Traubenmostes gewonnen wird.“

Betroffen von dieser Änderung wären alle Obstweine - auch der beliebte Erdbeerwein -, die fortan anders bezeichnet werden müssten. Die Stadt Werder (Havel), die mit dem Baumblütenfest eines der größten Volksfeste Deutschlands feiert und bei der die Obstweine im Mittelpunkt stehen, wäre davon direkt betroffen.

Zwischenzeitlich gab es die Information - nachzulesen in der „MAZ“ vom 09.11.2007 -, Herr Seehofer habe sich sehr stark dafür eingesetzt, dass auch die Obstweine weiter erhalten werden können. Dennoch gestatten Sie die Frage - denn die Obstbauern in Marquardt und Werder wollen das wissen -: Was tut die Landesregierung Brandenburg?

(Schulze [SPD]: Wir fordern ein Erdbeerweingesetz!)

Herr Minister Dr. Woidke, klären Sie uns bitte auf.

Sehr geehrter Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Liebe Susanne Melior, die in der Anfrage zitierte Definition von Wein hat sich gegenüber der Definition in der geltenden gemeinsamen Marktordnung für Wein nicht geändert. Pflanzliche Grundlage für die Weinbereitung ist nach wie vor die Weintraube. Die derzeit gültige europäische Weinmarktordnung enthält jedoch eine Ausnahmeregelung, die es den Mitgliedsstaaten erlaubt, den Begriff „Wein“ zusammen mit der jeweiligen Frucht oder Beere zu verwenden wie beispielsweise in Werder.

Mit dieser Ausnahmeregelung wird die jahrhundertalte Tradition der Obstweinherstellung und -bezeichnung in Deutschland gewürdigt, und es wird erlaubt, die Herstellung von Obstwein fortzusetzen und diesen unter entsprechender Bezeichnung zu verkaufen.

Der Verordnungsentwurf der Europäischen Kommission vom Juli 2007 enthielt diese Ausnahmeregelung nicht mehr. Rechtsfolge wäre gewesen, dass die Verkehrsbezeichnung „Wein“ ausschließlich für vergorene Erzeugnisse auf der Basis von Weintrauben zulässig gewesen wäre.

Die deutsche Delegation bei der Europäischen Union hat zusammen mit vielen anderen Mitgliedsstaaten im politischen Diskussionsprozess nachdrücklich die Position vertreten, dass die bisher geltende Ausnahmeregelung für die Obstweinbezeichnung erhalten bleiben möge.

Das Land Brandenburg hat in der 838. Sitzung des Bundesrates am 9. November 2007 den Antrag des Landes Hessen unterstützt und das Vorhaben der Europäischen Union ausdrücklich abgelehnt.

Laut Interview der „Märkischen Allgemeinen“ mit Bundeslandwirtschaftsminister Seehofer - erschienen am 9. November, also vor wenigen Tagen - hat EU-Agrarkommissarin Fischer-Boel versichert, dass das geplante Verbot inzwischen zurückgenommen worden sei. Ich habe derzeit keine Veranlassung, an dem Wort des Ministers in dieser Frage zu zweifeln. Wenn ich den Worten des Ministers Glauben schenken darf, darf der Erdbeerwein auch künftig unter dieser Bezeichnung verkauft werden. Somit ist nach Ansicht der Landesregierung die Zukunft des Erdbeer-, Kirsch-, Stachelbeer- und sonstigen Weines in Brandenburg gesichert, was mich sehr freut. - Danke sehr.

(Beifall bei SPD und CDU - Heiterkeit)

Herzlichen Dank, Herr Minister. Es spricht für die Qualität des Werderaner Obstweins, wenn er sogar in Abwesenheit offenbar seine Wirkung entfaltet.

(Heiterkeit)

Jetzt wird es wieder ernst. Die Frage 1507 (Drohende Al- tersarmut durch Zwangsverrentung) stellt Herr Abgeordneter Görke.

Zum Ende dieses Jahres läuft die sogenannte 58er Regelung für ältere Arbeitslose aus. Diese Regelung hat bisher verhindert, dass Arbeitslose vorzeitig in die Rente gezwungen wurden. Sie konnten offiziell darauf verzichten, der Jobvermittlung zur Verfügung zu stehen und erhielten weiterhin Arbeitslosenunterstützung. Durch eine Regelung im SGB II, wonach Arbeitslosengeld II nur nachrangig gewährt wird, wenn keine andere Sozialleistung greift, werden ab 1. Januar 2008 alle Empfänger von Arbeitslosengeld II, die das 60. Lebensjahr erreichen, automatisch verrentet. Für die Betroffenen bedeutet dies eine um bis zu 18 % gekürzte Rente. Nach Angaben der Gewerkschaft ver.di sind bundesweit davon 180 000 ältere Arbeitslose betroffen. In jedem weiteren Jahr kämen 50 000 Personen hinzu. Viele der Betroffenen rutschen durch die automatische Frühverrentung unter das Existenzminimum und müssten aufstockende Sozialhilfe beantragen.

Ich frage die Landesregierung: Welche Bemühungen unternimmt sie, um die Zwangsverrentung von älteren Arbeitslosengeld-II-Beziehern zu verhindern und damit auch Brandenburgerinnen und Brandenburger vor den Folgen der Altersarmut zu schützen?

Staatssekretär Alber wird antworten.

Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Sehr geehrter Herr Abgeordneter Görke, die grundsätzliche Vorrangigkeit von Leistungen und Verpflichtungen anderer gilt als eines der Strukturprinzipien der Grundsicherung für Arbeitsuchende. Mit ihr verbunden ist die Verpflichtung der Hilfebedürftigen, alle Möglichkeiten auszuschöpfen, um die Hilfebedürftigkeit zu verhindern oder zu vermeiden.

Die sogenannte 58er Regelung auf der Grundlage von § 428 SGB III schaffte insofern eine Ausnahmeregelung für alle älteren Arbeitslosen, die das 58. Lebensjahr vollendet hatten, indem diese von der Verpflichtung entbunden wurden, vor dem maßgeblichen Rentenalter in Rente zu gehen und dabei gegebenenfalls Abschläge bei der Rentenhöhe in Kauf zu nehmen. Im Interesse der Gleichbehandlung aller älteren Leistungsempfänger nach dem SGB II spielte es dabei keine Rolle, ob eine Vereinbarung nach § 428 SBG III tatsächlich unterschrieben wurde oder nicht. In der Folge wurde Arbeitslosengeld II auch dann fortgezahlt, wenn selbst unter Inkaufnahme von Rentenabschlägen keine ergänzenden Sozialleistungen notwendig gewesen wären.