Protocol of the Session on September 13, 2007

Meine Hoffnung ist - das ist konträr zu dem, was wir im Zusammenhang mit dem Gutachten diskutiert haben bzw. welche Folgerungen wir daraus gezogen haben -, dass wir es bei leicht wachsenden Schülerzahlen auch im ländlichen Raum hinbekommen, das System nicht nur zu stabilisieren, sondern auch die Qualität von Schule zu verbessern. Wir können nicht immer nur über die Entfernungen debattieren, sondern wir wollen auch weiter über PISA reden; denn die Schule in Brandenburg muss besser werden. Das steht derzeit in einem scheinbaren Widerspruch. Ihn aufzulösen ist schwer. Ich möchte, dass wir nicht nur die Schulen im Raum Berlin ins Auge fassen, sondern die Schulen im ganzen Land.

Zu Ihrer zweiten Frage. Ich habe großen Respekt vor den Erfolgen der Länder Thüringen und Sachsen im Bildungsbereich. Wir schauen sehr genau darauf. Sie wissen, dass wir uns von den Thüringern das eine oder andere auch schon abgeschaut haben. Ich sehe darin auch gar kein Problem, aber ich denke, pauschal festgelegte Entfernungsgrenzen gehen etwas an der Realität vorbei; denn man muss ja auch beachten, wie Entfernungen zurückgelegt werden. Gibt es ein öffentliches Transportsystem, oder muss ausschließlich auf Individualverkehr zurückgegriffen werden? Die Forderung, eine Maximaldauer von 45 Minuten, einer Stunde oder anderthalb Stunden festzulegen, möchte ich nicht unterstützen. Ich bin kein Freund von pauschalen Vorgaben, denn damit ignoriert man die unterschiedlichen Verhältnisse in unserem Land.

(Frau Tack [DIE LINKE]: Vier Stunden sind aber ein bis- schen fett!)

- Ja, da haben Sie Recht.

Es gibt weitere Nachfragen, doch zunächst habe ich eine Bitte. Das Thema Bildung scheint so kompliziert zu sein, dass es kaum einem Redner gelingt, sich kurz und präzise zu fassen. Wenn wir in dieser Fragestunde mehr als eine Frage beantwortet haben wollen, dann sollten Sie sich darum aber bemühen. Die Chance dazu hat jetzt der Kollege Petke.

(Frau Osten [DIE LINKE]: Die Antwort hätte auch we- sentlich kürzer sein können; die letzten beiden Sätze hät- ten genügt!)

Reiner Klingholz, der Direktor des Berlin-Instituts für Weltbevölkerung und globale Entwicklung äußert in einem „Tagesspiegel“-Interview massive Kritik am Brandenburger Bildungssystem bzw. an den Systemen aller neuen Länder. Wörtlich sagte er:

„Die Gesellschaft der Zukunft kann mit dem Bildungsstand, den wir in den neuen Bundesländern haben, nicht existieren. Wir haben doppelt so viele Jungen wie Mädchen, die nicht einmal den Hauptschulabschluss schaffen. Frauen wandern ab, weil sie keine adäquaten Partner finden.“

Wie gehen Sie als Minister für Bildung im Land Brandenburg mit diesem schweren Vorwurf um?

Ich könnte jetzt ganz kurz sagen: Hauptschulabsolventen haben wir nicht, und daher haben wir auch das Problem nicht.

(Heiterkeit bei der SPD)

So überspitzt, wie es dargestellt wurde, haben wir das Problem tatsächlich nicht. Ich bin etwas verärgert; denn solche Pauschalaussagen sind nicht zielführend und auch nicht gerechtfertigt. Ich sehe mich in der Situation, dass ich zu Unrecht kritisiert werde, wobei ich sehr ernst nehme, was von außen über unser System gesagt wird. Dass wir besser werden können und müssen, ist klar, aber dieses Gutachten und die darauf folgenden Meinungsbekundungen - auch die heutigen - haben mich schon sehr irritiert.

Die letzte Nachfrage zu diesem Thema kommt von der Abgeordneten Wöllert. Bitte sehr.

Herr Minister, ich möchte an Ihre Ausführungen bezüglich des Zusammenhangs von Qualität und Einzügigkeit anknüpfen. Sie sagten, dass die Qualität leiden könne, weil ein fachlicher Austausch der Kollegen kaum mehr möglich sei. Erstens gibt es auch an einer zweizügigen Sek-I-Schule nur einen Biologie-, nur einen Chemie- und nur einen Musiklehrer. Zweitens kann der fachliche Austausch - das ist meine eigentliche Frage nicht auf einer völlig anderen Ebene stattfinden? Ist der pädagogische Austausch an einer Schule - ob einzügig oder zwei

zügig spielt dabei keine Rolle - für die Entwicklung bzw. Erhöhung von Qualität nicht das viel wichtigere Moment?

Zur ersten Frage. Sie haben Recht: Bei den kleinen Schulen der Sekundarstufe I gibt es in manchen Fächern nur einen Lehrer; das ist ein Problem. Aber wir würden das Problem verschärfen, wenn wir dafür sorgten, dass es zudem bald auch nur noch einen Deutsch-, einen Mathematik- und einen Englischlehrer gäbe. Mir geht es um die Tendenz. Wir müssen das Problematische doch nicht noch problematischer machen, indem wir alles umorganisieren.

Zur Frage des Austauschs. Natürlich haben Sie Recht: Es geht nicht nur um den fachlichen Austausch. Es geht nicht nur darum, dass ein Mathematiklehrer bei einem Fachkollegen hospitiert und sagt: Dies und jenes könntest du besser machen. - Es geht auch um Pädagogik, das heißt, ein Deutschlehrer kann auch bei einem Mathematiklehrer hospitieren, und die beiden können sich über pädagogische Grundsätze austauschen. Aber ich finde, es braucht auch Fachkonferenzen für den fachlichen Austausch, und auch da, denke ich, ist mehr besser und ist nicht etwa weniger mehr. - Vielen Dank.

(Beifall bei der SPD)

Ich danke dem Minister für seine Ausdauer. - Frau Wöllert, Sie können das Gespräch mit dem Minister ja gegebenenfalls in der Mittagspause fortsetzen.

In der Hoffnung, dass es ein spannendes, interessantes Thema für euch ist, liebe Gäste vom Gymnasium Forst, begrüße ich euch recht herzlich im Landtag Brandenburg.

(Allgemeiner Beifall)

Beim nächsten Thema wird es möglicherweise eine etwas kürzere Antwort geben. Zwei Fragen, nämlich die Frage 1387 (Kostenexplosion beim BBI) , die die Abgeordnete Tack stellen wird, und die Frage 1388 (Mehrkosten für den BBI?) des Abgeordneten Schrey werden zusammengefasst.

Im Zusammenhang mit dem Vergabeverfahren zum Terminal am Flughafen BBI ergeben sich laut Pressemeldungen erhebliche Kostenüberschneidungen. Wenn den Forderungen bzw. Angeboten der Baukonzerne nach höheren Kosten als bisher geplant Rechnung getragen würde, käme es zu erheblichen Überschreitungen des bisherigen Finanzplans zum BBI.

Ich frage die Landesregierung: Welche Position bezieht sie als Mitgesellschafterin der Flughafengesellschaft zu einer Kostenerhöhung des BBI-Projektes?

Ich beziehe mich auf Medienberichte, wonach der neue Terminal 400 Millionen Euro mehr kosten soll.

Ich frage die Landesregierung: Haben die Mehrkosten des Ter

minals Auswirkungen auf das Gesamtfinanzierungskonzept des BBI?

Der Finanzminister wird antworten.

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Die Aussage, dass es Angebote gibt, die über der Schätzung der Geschäftsführung bei Ausschreibung dieses Projekts liegen, ist richtig. Dass es Mehrkosten gibt, ist insofern nicht richtig, als die Angebote derzeit geprüft werden. Es finden in diesen Tagen Aufklärungsgespräche statt. Morgen tagt der Aufsichtsrat der Flughafengesellschaft. Bis Ende Oktober werden die Gespräche mit den Bietern weiterlaufen, um zu schauen, wie man zu einem vernünftigen Kostenrahmen kommen kann. Wenn das nicht gelingt, werden gegebenenfalls andere Schritte zu prüfen sein. Aber das alles ist Spekulation. Wir arbeiten an der Aufklärung des Sachverhalts, und erst dann, wenn wir den genau beurteilen können, sind wir in der Lage, Auskunft zu geben.

Die Abgeordnete Tack hat eine Nachfrage.

Ich habe drei kleine Nachfragen. Erstens: In welcher Größenordnung ist die Landesregierung bereit, auf Mehrkosten einzugehen? Laut Presse sind nur Angebote gemacht worden, die um 1 Milliarde Euro und weit darüber liegen.

Zweitens: Sind Ihrer Kenntnis nach Planungsmängel dafür verantwortlich, dass der gegebene Kostenrahmen nicht eingehalten werden kann?

Drittens eine Frage bzw. Bitte: Können Sie sich vorstellen, dass Sie nach den Verhandlungen oder Entscheidungen im Aufsichtsrat die zuständigen Ausschüsse informieren, damit wir unser Wissen nicht immer falsch oder nur als Halbwissen aus der Zeitung beziehen müssen?

Das Dritte kann ich zusagen. Zu Frage 1 und 2 gilt eben Gesagtes.

Der Abgeordnete Klocksin hat noch eine Frage.

Herr Minister, würden Sie ausschließen, dass die vier beteiligten Unternehmen im Rahmen der Angebotsabgabe möglicherweise untereinander Kontakt gefunden haben, um ein Preisniveau zu erreichen, welches zu den genannten Mehrkosten führt?

Hier ist nicht der Ort, um darüber zu spekulieren.

Vielen Dank für diese Vorsicht. - Die Frage 1389 (Stabilisie- rungsfonds der Länder) stellt der Abgeordnete Nonninger.

Im Rahmen der anstehenden Föderalismusreform setzt sich der rheinland-pfälzische Finanzminister Deubel für den Aufbau eines sogenannten Stabilisierungsfonds der Länder ein. Dieser Fonds soll zu einer Glättung der Steuereinnahmen führen. Die Speisung des Fonds soll aus übermäßigen Steuereinnahmen im Aufschwung erfolgen, während im Abschwung die Länder einen Ausgleich erhalten, um keine Kredite aufnehmen zu müssen. Parallel sollen die strukturellen Defizite kontinuierlich abgebaut werden.

Ich frage die Landesregierung: Welche exakten Positionen vertritt sie zu dem eben dargelegten Vorschlag zur Schaffung eines Stabilisierungsfonds?

Es wird wiederum der Finanzminister antworten.

Die Kommission zur Modernisierung der bundesstaatlichen Ordnung Teil II tagt heute und morgen. Deswegen bin ich ab heute Mittag auch entschuldigt. Es gibt mittlerweile eine ganze Reihe von Vorschlägen, wie man die Finanzbeziehungen neu ordnen kann. Ein wesentlicher Bestandteil der Diskussion ist die Verschuldung öffentlicher Haushalte und einer effektiven Schuldenbremse, wie es genannt wird, oder Schuldengrenze, die man verfassungsseitig einzieht. Das wirft die Frage nach dem Umgang mit den Altschulden, den Einnahmeschwankungen und der Einnahmesituation von Gebietskörperschaften auf. In diesem Zusammenhang hat Prof. Deubel diesen Vorschlag gemacht. Es ist einer von vielen. Darüber wird beraten, und dazu tagt heute und morgen die von Bundestag und Bundesrat eingesetzte Kommission. Die weiteren Gespräche dazu bleiben abzuwarten.

Eine konkrete Position dazu ist in der Landesregierung nicht erarbeitet worden. Wir haben immer gesagt, wir gehen davon aus, dass eine effektive Schuldenbegrenzung der öffentlichen Haushalte etwas ist, mit dem wir uns anfreunden können. Der Idee der grundsätzlichen Änderung des Finanzausgleichs zu mehr Steuerautonomie und mehr Wettbewerbsföderalismus stehen wir nicht aufgeschlossen gegenüber.

(Vereinzelt Beifall bei der SPD)

Vielen Dank. - Die Frage 1390 (Urteil des Europäischen Ge- richtshofs zu Beihilfen für Krankenhäuser) stellt die Abgeordnete Dr. Münch.

Am 11. Juli 2007 hat der Europäische Gerichtshof die Klage eines privaten Klinikbetreibers aus Deutschland abgewiesen. Die Klage zielte darauf ab, dass die EU-Kommission sich einer

Pflichtverletzung insofern schuldig gemacht habe, als sie keine Entscheidung über eine Beschwerde des Klinikbetreibers zur Frage von mutmaßlich rechtswidrigen Beihilfen an Krankenhäuser der öffentlichen Hand in Deutschland herbeigeführt habe. In der Presse wurde das Urteil so interpretiert, dass auf europäischer Ebene mittelfristig gleichwohl mit Neuregelungen zur Frage staatlicher Beihilfen für öffentliche Dienstleistungen von allgemeinem wirtschaftlichen Interessen zu rechnen ist.

Ich frage die Landesregierung: Welchen Stellenwert misst sie dem im genannten Verfahren behandelten Thema für die Entwicklung der Krankenhauslandschaft in Brandenburg bei?

Frau Ministerin Ziegler, bitte.

Sehr geehrte Frau Münch, das der Klage des Klinikbetreibers zugrunde liegende Problem ist die Frage, ob öffentliche, kommunale Krankenhausträger bei Bedarf für ihre Krankenhäuser Defizitausgleiche aus Haushaltsmitteln zur Verfügung stellen können. Eine solche Stützung von defizitären Krankenhausbetrieben durch die öffentliche Hand könnte als unerlaubte Beihilfe im Sinne des Artikels 87 EG-Vertrag angesehen werden. Unabhängig davon geht die Richtlinie über Dienstleistungen von allgemeinem Interesse auch aufgrund der entsprechenden Darstellungen der Bundesrepublik Deutschland und anderer Mitgliedsstaaten im Erarbeitungsverfahren zu Recht davon aus, dass die reguläre Krankenhausförderung in Deutschland den Anforderungen hinsichtlich Transparenz, Bemessungsgrößen, Nachvollziehbarkeit sowie Allgemeingültigkeit der gesetzlichen Grundlage entspricht und insofern keine Beihilfe im Sinne des Artikels 87 darstellt.

Im Land Brandenburg sind keine Fälle von Defizitausgleichszahlungen für Krankenhäuser in öffentlicher Trägerschaft bekannt. Eine solche Unterstützung der in allen Fällen in der privatrechtlichen Form einer GmbH, also als handelsrechtlich eigenständige Rechtspersönlichkeit, geführten Krankenhäuser in öffentlicher Trägerschaft ist weder erforderlich noch nach unserem Wissen zu erwarten. Das in der Anfrage genannte Verfahren entfaltet insofern keine Auswirkungen auf die Entwicklung unserer Krankenhauslandschaft.