Da keine Dringlichen Anfragen vorliegen, erhält die Abgeordnete Geywitz für die SPD-Fraktion die Gelegenheit, die Frage 595 (Qualifizierung für Schulleitungen in Berlin und Brandenburg) zu formulieren.
Seit Herbst 2005 gibt es ein gemeinsames Qualifizierungsprogramm für Schulleitungen der Länder Berlin und Brandenburg. Nunmehr haben beide Länder den einjährigen und berufsbegleitenden Studiengang zum Studienjahr 2006/2007 erneut ausgeschrieben.
Ich frage die Landesregierung: Welche Erfahrungen hat sie mit diesem gemeinsamen Qualifizierungsprogramm gesammelt?
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Sehr geehrte Frau Geywitz, jeder in diesem Raum - auch unsere Gäste - ist ein Bildungsexperte; denn jeder ist zur Schule gegangen oder hat zur Schule gehende Kinder. Jeder, der sich im Bereich Schule auskennt, weiß um die wichtige Rolle einer Schulleiterin oder eines Schulleiters in der Schule; unter anderem bei Fragen der Qualität und Organisation.
Ich kann aus eigener Erfahrung sagen: Die Anforderungen an Schulleiterinnen und Schulleiter sind enorm gewachsen. Das
hat mit der Veränderung von Schule in den vergangenen Jahren zu tun. Eine wichtige Aufgabe ist nach wie vor, die pädagogische Ausrichtung der Schule mitzubestimmen - natürlich im Konsens mit Lehrkräften, Eltern und Schülern. Es ist eine wichtige Aufgabe, die Konfliktlösung in der Schule voranzutreiben - Konflikte gibt es reichlich; auch das weiß ich aus eigener Erfahrung -, und es kommen diverse Managementaufgaben hinzu. Der Schulleiter wird immer mehr zum Schulmanager. Deshalb reichen die Kenntnisse und Fähigkeiten, die ein Lehramt-Studiengang vermittelt, für die Bekleidung der Position einer Schulleiterin oder eines Schulleiters heute nicht mehr aus. Es ist im Prinzip ein neues Berufsbild entstanden das Berufsbild des neuen Schulleiters. Es entspricht nicht mehr dem konventionellen Bild, in dem es überwiegend um pädagogische Fragen ging, sondern es geht um moderne Managementmethoden, mit denen man eine Schule leitet, um angestrebte Qualitätsverbesserungen und - das ist ein sehr wichtiger Punkt - um zunehmende Selbstständigkeit von Schule.
Der neue gemeinsame Studiengang für Berlin und Brandenburg an der Universität Potsdam - das freut mich sehr -, der für das Studienjahr 2006/2007 wieder aufgelegt worden ist, knüpft an diese Entwicklung an. Sein Ziel ist es, eine erhöhte Verantwortlichkeit der Einzelschulen mit einer entsprechenden Qualifizierung für die Frontfrau bzw. den Frontmann in der Schule, die oder der auch die Verantwortung für die Schule trägt, zu untersetzen. Es geht um pädagogische, finanzielle, personelle, organisatorische und administrative Fragen.
Schwerpunkte der Aufgaben für Schulleiter und Schüler sind zukünftig die Steuerung von Schulentwicklungsprozessen, eine erweiterte Personal- und auch eine erhöhte Ressourcenverantwortung. Das verändert das Qualifikations- und Anforderungsprofil enorm. Der Studiengang ist Bestandteil des neuen Gesamtkonzepts zur Qualifizierung von Schulleiterinnen und Schulleitern und er ist hauptsächlich für junge Leute, die das Ziel haben, einmal eine Schule zu leiten - also für potenzielle Schulleiterinnen und Schulleiter -, konzipiert. Allerdings ist der Studiengang auch für Kolleginnen und Kollegen offen, die diese Position schon innehaben.
Für mich stellt dieses Qualifizierungsprogramm einen wichtigen Baustein zur Stärkung der Qualität in Brandenburger und Berliner Schulen dar. Ich halte es für einen glücklichen Beitrag für das Zusammenwachsen der Bildungsregion Berlin-Brandenburg. - Vielen Dank.
Vielen Dank, Herr Minister Rupprecht. - Es folgt die Frage 596 (Weitere Kürzungen beim Arbeitslosengeld II) , die Herr Otto stellen wird.
Der Bundestag hat am Freitag ein Gesetz beschossen, das weitere Einschränkungen beim Arbeitslosengeld II, insbesondere für Jugendliche von 18 bis 25 Jahren, vorsieht.
Meine Frage lautet: Welche Position vertritt die Landesregierung zu diesen Kürzungen beim Arbeitslosengeld II für Jugendliche unter 25 Jahren?
Nach geltendem Recht bilden Jugendliche mit Vollendung des 18. Lebensjahres eine eigene Bedarfsgemeinschaft. Dies hatte zur Folge, dass Kinder, deren Eltern auf Leistungen der Grundsicherung für Arbeitsuchende angewiesen sind, mit Vollendung des 18. Lebensjahres statt bisher 80 % der Regelleistungen 100 % der Regelleistungen erhalten, auch wenn sie weiter bei den Eltern wohnen. Das Kind erhält also 100 % der Regelleistungen; seine Eltern, die in der gemeinsamen Wohnung rechtlich eine Bedarfsgemeinschaft bilden, jeweils nur 90 %.
Ich halte das für verfehlt, da die allgemeinen Kosten des elterlichen Haushalts, zum Beispiel für Versicherungen, Strom, Wasser, Haushaltsgeräte etc., in der Regel weiterhin von den Eltern getragen werden. Die Regelleistung der im elterlichen Haushalt lebenden jungen Erwachsenen zwischen 18 und 25 Jahren auf einen Satz, der um 10 % unter denjenigen der Eltern liegt, abzusenken, halte ich für vertretbar.
Darüber hinaus ist es nach geltendem Recht die freie Entscheidung jedes jungen Leistungsempfängers, aus dem elterlichen Haushalt auszuziehen, eine eigene - angemesse - Wohnung zu nehmen und die Miete aus den Leistungen der Grundsicherung für Arbeitsuchende bezahlt zu bekommen. Sie haben damit einen Vorteil, den viele ihrer Altersgenossen, deren Eltern über ein bedarfsdeckendes Einkommen aus Berufstätigkeit verfügen, nicht haben. Sie haben die Möglichkeit, sich auf Kosten der Allgemeinheit bereits in jungen Jahren - ohne über ein eigenes Einkommen oder Vermögen zu verfügen -, eine eigene angemessene Wohnung zu nehmen.
Herr Otto, wir hatten erst gestern ein Gespräch mit Unternehmen zur Familienfreundlichkeit. Ein Unternehmen hat von einer in der Region durchgeführten Umfrage berichtet, in der Jugendliche gefragt wurden, welche Berufsziele sie hätten. Es ging in diesem Zusammenhang um Fachkräftesicherung. Ganz erschüttert haben wir zur Kenntnis nehmen müssen, dass als Berufswunsch „Hartz-IV-Empfänger“ angegeben wurde. Ich habe das zunächst für Satire gehalten, aber es war der ernstgemeinte Berufswunsch einiger Jugendlicher, weil sie sich durch nichts besser abgesichert sehen als durch Hartz IV. Das ist erschreckend und zeigt: Es gibt bei unseren Kindern noch viel zu tun.
Viele Heranwachsende, die keinen Anspruch auf Arbeitslosengeld II haben, ziehen vor dem Hintergrund der finanziellen Leistungsfähigkeit ihrer Eltern erst dann aus dem elterlichen Haushalt aus, wenn sie in der Lage sind, eine eigenen Wohnung
zu finanzieren. Deshalb sehe ich auch nicht ein, dass Jugendliche, die einen Anspruch auf ALG II haben, insoweit besser gestellt sein sollen als viele ihrer Altersgenossen. Sofern keine schwerwiegenden Gründe für eine räumliche Trennung der Kinder von ihren Eltern vorliegen, stellt es für Kind und Eltern keine unzumutbare Belastung dar, die Familiengemeinschaft bis zur Vollendung des 25. Lebensjahres des Kindes auch räumlich beizubehalten.
Natürlich muss den Heranwachsenden auch die Möglichkeit eingeräumt werden, einen eigenen Hausstand zu begründen, wenn dies für ihre Eingliederung in den Arbeitsmarkt erforderlich ist. Das im Gesetzentwurf der Bundesregierung vorgesehene Erfordernis der Zustimmung des kommunalen Trägers der Grundsicherung zum Umzug junger Arbeitslosengeld-IIBeziehender nach diesen Maßgaben wird von mir ebenfalls befürwortet. Ich möchte nur einen Punkt aufgreifen, über den man noch einmal nachdenken muss: Junge Menschen im Alter zwischen 18 und 25 Jahren sind oft bereit, eine Familie zu gründen. Ich halte es in diesem Fall nicht für angebracht, sie zu zwingen, in den elterlichen Wohnungen zu bleiben und kein Familienleben führen zu können. Hier muss es eine Nachbesserung geben. Dafür werde ich mich einsetzen. - Vielen Dank.
Ich werde es trotz meiner Heiserkeit versuchen. - Ich habe eine andere Position zum Berufswunsch Hartz IV. Möglicherweise resultiert er aus der Resignation, keine Lehrstelle und keinen Arbeitsplatz zu bekommen. Es sind die Erfahrungen in der Gesellschaft, die so etwas bei jungen Menschen letztendlich als Wunsch implizieren. Die Ursache ist jedoch nicht wie Sie meinen - die Vorzüglichkeit des Erhalts von Arbeitslosengeld II.
Meine erste Frage richtet sich nach dem vorher Gesagten: Wird denn durch die Einschränkungen bei den Kosten für Wohnung bzw. bei der Reglementierung der Wohnungswahl nicht das Grundrecht auf freie Wahl des Wohnortes eingeschränkt und entsteht damit nicht eine Benachteiligung gegenüber den Jugendlichen, die in Elternhäusern leben, die nicht mit Hartz IV verbunden sind?
Meine zweite Frage: Aus welcher Berechnung und welchem Warenkorb resultiert denn die Kürzung gegenüber Ehepaaren auf 276 Euro? Womit ist es bei allen anderen Berechnungen begründet, die bisher die Bezüge von Hartz IV beinhalteten; gab es dazu Warenkorb-Berechnungen? Hier gibt es offensichtlich eine Kürzung, die mit 10 % fixiert ist.
Meine dritte Frage: Welche Schlussfolgerungen zieht die Landesregierung aus dieser Entwicklung für die Entwicklung ihrer arbeitsmarktpolitischen Strategien für die nächste Zeit, insbesondere für die Jugendlichen?
Sehr geehrter Herr Abgeordneter, um doch noch einmal auf Ihre Vorbemerkung einzugehen, möchte ich Folgendes sagen: Ich generalisiere es nicht und behaupte, alle Jugendlichen würden anstreben, Hartz IV zu bekommen. Wir müssen uns einmal mit dem Umstand auseinander setzen, dass auf der einen Seite viele Jugendliche tatsächlich nicht wissen, was sie werden wollen, und wir auf der anderen Seite einen Fachkräftemangel haben. Mit dem Argument „Mir geht es gut, so wie es jetzt ist“ dürfen wir - die ältere Generation - uns nicht zufrieden geben.
(Beifall des Abgeordneten Bischoff [SPD] sowie Zuruf von der Linkspartei.PDS: Das hörte sich vorhin aber an- ders an!)
Zu Ihrer ersten Frage: Ich halte es für keinen Grundrechtseingriff. So lange man von einer staatlichen Leistung lebt, muss man auch die Reglementierungen des Staates in Kauf nehmen. Das ist das Spannungsfeld, in dem wir uns bewegen.
Was die 10 % angeht, so müsste ich nachprüfen, ob es eine solide Berechnung gibt, wie Sie sie erwarten, oder ob man einfach nur gesagt hat, eine Kürzung um 10 % sei angesichts der Kostenstrukturen - die Eltern erhalten jeweils 90 % - angemessen. Ich werde Ihnen diese Information zukommen lassen, sobald ich etwas darüber in Erfahrung gebracht habe.
Die Wohnsituation von Jugendlichen mit der Arbeitsmarktpolitik zu verknüpfen - wie Sie es in Ihrer Frage formulieren -, halte ich nicht für sinnvoll. Sie wissen, wir tun alles dafür, dass die Ausbildungsplatzlücke geschlossen wird. Dafür gibt Brandenburg im Bundesvergleich, glaube ich, das meiste Geld aus.
Wir wollen auch die zweite Schwelle für die Jugendlichen in Angriff nehmen. Sie kennen das Modell der Einstiegsteilzeit, mit dem versucht wird, Jugendliche in die Unternehmen hineinzubekommen. Das Land als solches kann für die Jugendlichen keine Arbeitsplätze schaffen, das wissen Sie. Dann wären wir wieder bei Ihrem Vorschlag, dass der zweite Arbeitsmarkt vom Staat finanziert werden solle. Darin sehen wir immer noch keine Lösung. Dafür ist dann die nächste Aktuelle Stunde oder die nächste Fragestunde prädestiniert.
Vielen Dank, Frau Ministerin. - Wir kommen zu der Frage 597 (Sicherstellung der ILA in Schönefeld) , die der Abgeordnete Karney stellt.
Die SPD und die CDU haben sich in ihrem Koalitionsvertrag eindeutig für die Sicherung der Internationalen Luft- und Raumfahrtausstellung am Standort Schönefeld über das Jahr 2010 hinaus bekannt. Die ILA ist für das Land Brandenburg
ein wichtiger Wirtschaftsmagnet. Es gibt jedoch immer wieder Bestrebungen anderer Luftfahrtstandorte, diese Ausstellung abzuwerben.
Ich frage die Landesregierung: Wie will sie sicherstellen, dass die ILA auch über das Jahr 2010 hinaus am Standort Schönefeld verbleibt?
Sehr geehrter Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Sehr geehrte Gäste! Der Koalitionsvertrag hat das noch einmal bekräftigt, was im Jahre 2004 am Rande der ILA 2004 zwischen den Ländern Berlin und Brandenburg, dem Flughafen Berlin-Schönefeld und der Messe sowie dem Bundesverband der Deutschen Luft- und Raumfahrtindustrie in einer Absichtserklärung festgehalten wurde, nämlich die ILA am bisherigen Standort bis zum Jahr 2010 zu sichern.
Der Geist dieser Vereinbarung ist über das Datum 2010 hinaus angelegt. Dieser Zeitraum ist besonders durch die anstehenden Ausbauaktivitäten am Standort Schönefeld, auf die wir uns in Abhängigkeit von der Beschlusslage des Verwaltungsgerichts in Leipzig freuen bzw. worauf wir uns vorbereiten können, hervorgehoben.
Der weitergehende Betrieb der ILA am gegenwärtigen Standort ist Gegenstand der Tätigkeit einer Arbeitsgruppe zwischen den beteiligten Häusern unseres Landes. Diese Arbeitsgruppe checkt ab und formuliert die Bedingungen für die Fortführung der ILA unter den Gegebenheiten eines ausgebauten BBIStandorts. Den Ergebnissen möchte ich nicht vorgreifen. Es ist vorgesehen, dass diese Konditionierung bzw. Vorschläge dem Bundesverband der Deutschen Luft- und Raumfahrtindustrie in den nächsten Monaten vorgelegt werden. Entgegen mancher Diskussionen an verschiedenen Messeständen auf der ILA kann ich an dieser Stelle sagen, dass der Bundesverband im vertrauensvollen Miteinander mit den Veranstaltern Berlin und Brandenburg sehr intensiv daran arbeitet, die Perspektive der ILA am Standort Schönefeld sicherzustellen. - Danke schön.