Protocol of the Session on December 15, 2005

(Zuruf der Abgeordneten Osten [Die Linkspartei.PDS])

Das kann nicht in unser aller Interesse sein.

(Zurufe der Abgeordneten Osten und des Abgeordneten Dr. Scharfenberg [Die Linkspartei.PDS])

Aus diesem Grund lehnen die Koalitionsfraktionen den Antrag der Linkspartei.PDS ab. - Vielen Dank.

(Beifall bei der SPD)

Danke schön, Frau Dr. Schröder. - Das Wort erhält die Abgeordnete Fechner von der Fraktion der DVU.

Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Nur gut für die linken Genossen, dass es Hartz IV gibt, denn dieses Thema kann man unendlich populistisch ausschlachten, ohne wirklich dabei etwas zu bewegen oder zu verändern.

(Zuruf der Abgeordneten Mächtig [Die Linkspartei.PDS])

Wenn die Linkspartei weiter so zielstrebig an ihrer Leitversion von Hartz IV arbeitet, werden wir diese so genannte Reform in

weniger als 15 Jahren so weit reformiert haben, dass sie einigermaßen sozial gerecht ist. Aber ich befürchte, in 15 Jahren wird das niemanden mehr interessieren.

Die DVU-Fraktion hatte sich bekanntlich von Anbeginn gegen die unsoziale Hartz-IV-Gesetzgebung ausgesprochen

(Beifall bei der DVU)

und wir haben mehrfach ihre Abschaffung gefordert. Die Fraktion der Linkspartei.PDS fordert heute nicht die komplette Rücknahme von Hartz IV. Nein, ihre Forderung fällt heute wieder bescheidener aus. Sie möchte, dass die Leistungen nach dem Bundeskindergeldgesetz nicht in vollem Umfang auf Leistungen der Grundsicherung angerechnet werden. Es soll also am Bundeskindergeldgesetz herumgedoktert werden.

Hier wird wieder populistisch auf Symptome gedeutet, obwohl die gesamte Kindergeldregelung überarbeitet gehört. Eine Reform des Kindergeldes ist nötig. Doch ist es nach Meinung meiner Fraktion nicht damit getan, nur sozial schwachen Familien mehr Geld zu geben.

Meine Damen und Herren! Die Deutsche Volksunion will ein Kindergeld, welches für Familien mit Kindern eine wirkliche Unterstützung darstellt. Das erreichen wir nicht über punktuelle Verbesserungen bei der Sozialhilfe oder beim Arbeitslosengeld II, so wie es die Linkspartei.PDS vor hat. Meine Fraktion will ein Kindergeld, welches Kinder tatsächlich vor sozialer Not schützt. Doch das will Hartz IV nicht und das wollen wahrscheinlich auch die Genossen der Linkspartei.PDS nicht.

(Beifall bei der DVU)

Damit beginnt die Redezeit der Landesregierung. Frau Ministerin Ziegler, Sie haben das Wort.

Frau Präsidentin! Sehr geehrte Abgeordnete! Die Intention des Antrags der Fraktion der Linkspartei.PDS ist für mich nicht nachvollziehbar, und zwar aus folgendem Grund:

In der Sozialhilfe und der Grundsicherung für Arbeitsuchende gilt der Grundsatz des Nachrangs der Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts gegenüber anderen Leistungen. Diese beiden Leistungssysteme, die der Existenzsicherung dienen und die Hilfebedürftigkeit des Einzelnen voraussetzen, können nicht darauf verzichten, dass der Hilfebedürftige zunächst sämtliche eigenen Mittel einsetzt, bevor er Sozialleistungen oder Leistungen zur Grundsicherung beantragen kann. Zu diesen Einkünften gehört auch das Kindergeld.

Die Anrechnung des Kindergelds im Rahmen der Sozialhilfe und der Grundsicherung soll eine steuerfinanzierte staatliche Doppelleistung verhindern. Deshalb wird das Kindergeld einschließlich Leistungen Dritter grundsätzlich bedarfsmindernd berücksichtigt. Die Anrechnung des Kindergelds entspricht dem Grundsatz des Nachrangs und ist keine Benachteiligung bedürftiger Familien, sondern entspricht der Systematik unseres Sozialleistungsgefüges.

In diesem Sinne muss dieser Antrag abgelehnt werden. - Vielen Dank.

(Beifall bei der SPD)

Ich bedanke mich bei Frau Ministerin Ziegler. - Jetzt erhält die Abgeordnete Kaiser noch einmal das Wort.

Sehr verehrte Frau Ministerin! Sehr verehrte Kollegin Dr. Schröder, ich wundere mich. Ich bin auch ein bisschen sprachlos darüber, wie man mit technokratischen Argumenten hier Rechnungen aufmacht, um die es nicht geht. Lassen Sie mich ein Beispiel nennen,

(Frau Dr. Schröder [SPD]: Sie beachten die Gesetzeslage nicht!)

Frau Dr. Schröder, die Entscheidung einer Familie in meiner direkten Nachbarschaft betreffend. Sie haben zwei Kinder. Die Entscheidung dafür, dass die 3-Jährige jetzt in der Kita am Mittagessen teilnimmt, bedeutete für ihre 10-jährige Schwester, die eine Trainingskollegin meines Sohnes beim Turnen ist, dass sie nicht mehr zum Turntraining gehen kann. Denn 80 Euro im Jahr kostet der Beitrag für den KSC.

(Frau Dr. Schröder [SPD]: Das hat nichts mit Ihrem An- trag zu tun! - Bochow [SPD]: Vielleicht sollte der Verein einmal darüber nachdenken!)

Um solche Beispiele geht es. Die Familien haben das Geld nicht. Es geht darum, die Möglichkeit, die wir haben, Kindergeld ohne Prüfung unseres Einkommens dazu zu bekommen, auch für andere auszuschöpfen.

Natürlich wissen wir, Frau Ministerin, dass der Grundsatz der Nachrangigkeit im Gesetz steht und demzufolge Kindergeld bedarfsmindernd auf die Sozialhilfe angerechnet wurde. Das haben wir von der PDS-Fraktion des Bundestages im Jahr 1999 von der Bundesregierung schwarz auf weiß bekommen. Dort steht: Die Anrechnung des Kindergeldes im Rahmen der Sozialhilfe soll eine staatliche Doppelleistung verhindern. Sie ist demnach keine Benachteiligung bedürftiger Familien, sondern entspricht der Systematik unseres Sozialleistungsgefüges. Aber ich sage Ihnen: Das macht doch die Sache kein Stück gerechter.

(Ministerin Ziegler: Aber es ist so!)

Ich würde das so zuspitzen: Die Systematik unseres Sozialleistungsgefüges benachteiligt die bedürftigsten Familien.

(Beifall bei der Linkspartei.PDS)

Das zu ändern könnten wir heute anregen. Es bedarf natürlich verschiedener Veränderungen. Aber diese Rechnereien bringen uns doch kein Stück weiter. Sie selbst haben gesagt: Das Land Brandenburg wird familienfreundlich. - Frau Alter sagt und ich teile ausdrücklich Ihre Position: Es gehören konkrete Maßnahmen dazu, die die Probleme wie Arbeitslosigkeit und Zukunftssorgen der Familien dämpfen. - Bitte, lassen Sie uns

doch an der Stelle anfangen, einen ganz kleinen Schritt zu gehen.

In unserer Regionalpresse wurde der Ministerpräsident vor zehn Tagen mit einer großen Überschrift zitiert: „Matthias Platzeck: Kinder haben Vorrang“ Es ging um das Familienfreundlichkeitsprogramm. Dann frage ich Sie: Wenn Kinder Vorrang haben, warum dann nicht alle Kinder, warum nur ein Teil? Warum ist das verfassungsrechtliche Gebot der Würde und Chancengleichheit von Ihnen hier nicht erwähnt worden?

(Frau Dr. Schröder [SPD]: Das ist doch im Gesetz be- rücksichtigt!)

Ich weiß doch, dass Sie eigentlich nichts gegen unsere Forderung haben, aber Sie machen hier als Koalitionspartnerin der CDU eine Politik, die auf Kosten der bedürftigsten Kinder in diesem Land geht.

(Zuruf des Abgeordneten Karney [CDU])

Sie versuchen nicht einmal, es mit der Entscheidung für eine Bundesratsinitiative zu ändern. Ich bin sehr enttäuscht.

(Beifall bei der Linkspartei.PDS)

Wir sind damit am Ende der Rednerliste angelangt; es folgt die Abstimmung. Zur Abstimmung steht der Antrag in Drucksache 4/2264, eingereicht von der Fraktion der Linkspartei.PDS. Wenn Sie mit diesem Antrag mitgehen können, bitte ich um Ihr Handzeichen. - Gibt es Gegenstimmen? - Stimmenthaltungen? - Damit ist dieser Antrag mehrheitlich abgelehnt.

Ich schließe den Tagesordnungspunkt 6 und rufe Tagesordnungspunkt 7 auf:

Dienstleistungen und fairer Wettbewerb

Antrag der Fraktion der Linkspartei.PDS

Drucksache 4/2265

Herr Christoffers von der Fraktion der Linkspartei.PDS erhält das Wort. Bitte schön.

Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Zum wiederholten Male legt meine Fraktion einen Antrag vor, der sich mit der so genannten Dienstleistungsrichtlinie beschäftigt. Warum zum jetzigen Zeitpunkt?

Im Binnenmarktausschuss der Europäischen Union ist intensiv darüber debattiert worden. Es sind einige Veränderungen gegenüber dem ursprünglichen Entwurf der Europäischen Kommission eingearbeitet worden. Alle diese Änderungen hatten ein Ziel: weitere Ausnahmen vom Herkunftslandprinzip machen zu können und damit letztlich den Bedingungen auf dem Markt und in den einzelnen Ländern zu entsprechen.

Das Problem besteht darin, dass diese Änderungen bei weitem

nicht ausreichen. Es gibt einen Antrag des Bundeslandes Hessen im Bundesrat, dessen Abstimmung zurückgestellt worden ist und jetzt erfolgen soll. In dem Antrag des Bundeslandes Hessen werden Positionen aufgemacht, die sich im Antrag der Linkspartei.PDS-Fraktion wiederfinden. Wir wollen Sie erstens dazu auffordern, zumindest die Initiative des Bundeslandes Hessen politisch zu unterstützen, um sicherzustellen, dass wir nicht in Kürze 27 verschiedene Rechtssysteme im Dienstleistungsbereich haben werden. Insofern besteht dringender Handlungsbedarf und insofern haben wir uns entschieden, diesen Antrag heute nochmals vorzulegen.

Es gibt einen zweiten Punkt, bei dem ich Sie bitte darüber nachzudenken, ob man unserem Antrag nicht wirklich folgen könnte. Das erste Mal hat die Europäische Union mit der Dienstleistungsrichtlinie eine so genannte horizontale Richtlinie vorgelegt. Das heißt im Klartext, dass nicht ein einzelner Bereich, beispielsweise ein Sektor wie die Filmwirtschaft bzw. die Medienwirtschaft, einer Regulierung ausgesetzt ist, sondern es sind 70 bis 80 % der gesamten Wirtschaftsleistung durch diese Dienstleistungsrichtlinie erfasst. Es ist eine Unzahl einzelner Wirtschaftsbereiche, und zwar alle die, deren Leistungen gegen Entgelt erbracht werden.