Protocol of the Session on December 14, 2005

(Beifall bei der Linkspartei.PDS - Dr. Klocksin [SPD]: Das ist jetzt aber ganz böse gewesen!)

Ich bedanke mich ebenfalls.

Jetzt begrüße ich ganz herzlich Schülerinnen und Schüler der Oberschule Massen, die schon seit einiger Zeit bei uns hier zu Gast sind. - Herzlich willkommen!

(Allgemeiner Beifall)

Das Wort erhält nun der Abgeordnete Dr. Klocksin. Bitte schön, Herr Abgeordneter.

Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Liebe Schülerinnen und Schüler, dem Gruß der Präsidentin schließe ich mich gern an; denn ich freue mich, dass damit eine gewisse Öffentlichkeit vorhanden ist.

Die Diskussion, die wir zu führen haben, liebe Frau Tack, sollte nicht auf den Bereich des Parlaments und des Ausschusses beschränkt sein; vielmehr wird diese Diskussion permanent geführt. Insofern sollten wir ehrlich sein und eingestehen, dass es hierbei auch darum geht, eine persönliche Performance zu gestalten, was Ihnen ja auch zustehen mag. Gestatten Sie mir aber, auf den Kern der Sache zurückzukommen.

Mit dem Antrag der Fraktion der Linkspartei.PDS wird die Landesregierung aufgefordert, bis Anfang April 2006 einen Bericht zur Umsetzung des Integrierten Verkehrskonzepts 2002 vorzulegen. Das ist der Inhalt des Antrags. Der Kollege Klein wird mir zustimmen, wenn ich sage: Als es vor elf Jahren darum ging, dem Antrag der damaligen Fraktion der PDS zuzustimmen, war all das, was Sie seinerzeit angeregt hatten, sehr wohl in der Planung. Das war also nichts Neues, lag im Trend der Zeit, und es war erklärte Absicht der Landesregierung, hier tätig zu werden, im Rahmen eines Integrierten Verkehrskonzepts deutlich zu machen, wohin die Reise gehen soll.

Vor solchen Debatten, wie wir sie jetzt hier führen, ist man ja geneigt, in die schlauen Papiere zu schauen, die zu dem Thema schon im Schrank stehen.

(Sarrach [Die Linkspartei.PDS]: Man muss das auch le- sen!)

- Ja, man muss das auch lesen. In dem Sinne beginne ich jetzt auch mit einem kleinen Zitat:

„Das IVK“

- das ist die Abkürzung für „Integriertes Verkehrskonzept“

„dient der langfristigen Ausrichtung der Landesverkehrspolitik, der Verzahnung der Verkehrsträger und der Integration von Zielen und Maßnahmen der Stadtentwicklungs- und Wohnungsbaupolitik sowie der Wirtschafts-, Struktur- und Umweltpolitik.“

Das ist also ein sehr umfassender Ansatz. Weiter heißt es darin, dass der Betrachtungszeitraum bis zum Jahre 2010 reiche und dass Einzelmaßnahmen nicht Gegenstand des Konzepts seien. Das Konzept beschreibt also die verkehrspolitische Philosophie der Landesregierung und ist nicht etwa ein Maßnahmenkatalog, bei dem man nach ein paar Jahren fragt, was gemäß den einzelnen Spiegelstrichen abgearbeitet worden ist. Noch einmal: Das Konzept beschreibt nur, wohin die Reise gehen soll. Dazu haben Sie, Frau Tack, ja auch zu Recht einiges zitiert. Leider haben Sie vergessen, darauf hinzuweisen, dass die Landesregierung auch beabsichtigt, den Wirtschaftsverkehr zu sichern, und zwar namentlich durch die verstärkte Einbeziehung von Schiene und Wasserstraße. Ebenfalls vergessen zu erwähnen haben Sie - was ich gerade vor dem Hintergrund des

Klimagipfels in Kanada sehr bedauere -, dass die Landesregierung sehr wohl beabsichtigt, dem Klimaschutz Rechnung zu tragen.

Das alles war also im Jahre 2002. Das ist bekanntlich die 2. Auflage, die das Kabinett vorgestellt und dem Parlament zur Kenntnis gegeben hat. Meiner Meinung nach ist das eine gute und ambitionierte Arbeit, klar in der Funktion. Die Inhalte habe ich hier noch einmal angesprochen.

Wenn es darum gehen soll, zu klären, was umgesetzt worden ist, ist es immer gut, Bilanz zu ziehen. Dies ist aber nicht eine Arbeit, die an einem bestimmten Tag erledigt wird, sondern das ist ein permanenter Prozess. So verstehen wir unsere Arbeit auch in den Koalitionsfraktionen. Es wäre ja hanebüchen, lediglich alle vier oder fünf Jahre nachzufragen, wie der Stand der Dinge ist. Realitätsferne ist uns nun einmal nicht eigen, wofür ich um Nachsicht bitte.

In der Tat gibt es hier Entwicklungen, die auf der Ebene der EU, des Bundes, mitunter auch auf der der Kommunen ablaufen und die Einfluss darauf haben, was das Land gestalten kann. Da gibt es zum Beispiel die eine oder andere EU-Verordnung etwa zur Ausschreibungspflicht oder zum Wettbewerb im ÖPNV. Heute wurde bereits das Thema der Regionalisierungsmittel erörtert. Es ist also auch Bundespolitik, die auf die Landesebene durchwirkt. Denken Sie bitte schließlich an mögliche Rückschritte auf kommunaler Ebene. Ich nenne hier das Beispiel, dass die Stadt Brandenburg an der Havel die Attraktivität ihres Straßenbahnnetzes gerade so herunterzoomt, dass es mittelfristig nicht mehr funktionieren wird. Das sind Dinge, auf die das Land nicht unmittelbar Einfluss nehmen kann, für die es aber schon Rahmensetzungen vornehmen kann.

Ich formuliere es einmal so und bitte Sie, das nicht als anmaßend misszuverstehen: Ich freue mich über Ihr Engagement an der Stelle. Diese Freude wird in der Koalition weitgehend geteilt. Wir möchten, dass Ihrem Ansinnen Rechnung getragen wird. Deshalb sagten wir, die Landesregierung soll darüber informieren, was geschehen ist und was in bestimmten Einzelpunkten geschieht. Das haben wir in unserem Entschließungsantrag niedergelegt, wobei der darin genannte Zeitraum, III. Quartal 2006, für einen substanziierten Bericht gut ausreichen dürfte. Dies geht im Übrigen etwas weiter als das, was Sie eben einforderten.

Ich hoffe, dass unser Entschließungsantrag auch aus Ihren Reihen heraus unterstützt wird; denn dem gemeinsamen Interesse, die qualifizierte Verkehrspolitik in Brandenburg weiterzuentwickeln, sollten wir gemeinsam eine Chance geben. - Vielen Dank.

(Beifall bei SPD und CDU)

Vielen Dank. Für die DVU-Fraktion erhält die Abgeordnete Hesselbarth das Wort.

Das Verlangen, politische Ideenlosigkeit zu überspielen, treibt manchmal seltsame Blüten. Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Der vorliegende Antrag ist so eine seltsame Blüte.

Knapper werdenden öffentlichen Mitteln und der Forderung nach einer anhaltenden Verkehrsentwicklung stehen immer größere Verkehrsprobleme gegenüber. Das Verhältnis von Neuausbau, Ausbau und Erhalt der Verkehrsinfrastruktur ändert sich gerade hier in Brandenburg viel stärker als in anderen Bundesländern. Selbstverständlich interessiert es gerade deswegen den Landtag, wie weit die Umsetzung des Integrierten Verkehrskonzeptes 2002 vorangeschritten ist. Jedoch erscheint mir dieser oberflächlich und einseitig formulierte Antrag mit seinen vier Hauptzielen geradezu - bitte erlauben Sie mir dieses kleine Wortspiel - linkisch.

Die PDS-Fraktion widerspricht sich wieder einmal selbst. Ich möchte den Punkt „Verkehrsvermeidung bei gleichzeitiger Sicherung der Mobilität“ erwähnen, der ein Widerspruch in sich ist.

(Frau Tack [Die Linkspartei.PDS]: Nur bei Ihnen, junge Frau!)

Sie sprechen von der Gewährleistung gleichwertiger Lebensbedingungen. Ich bitte Sie: Auf welchem sozialistischen Abreißkalender finden Sie solche Phrasen?

(Beifall bei der DVU)

Das IVK 2002 soll schließlich allen - ich betone: allen - Bürgerinnen und Bürgern Rechnung tragen. Jedoch finde ich in Ihrem Antrag in keinem Punkt erwähnt, wie den Bürgern, die in ihrer Mobilität eingeschränkt sind, gerade diese Mobilität gesichert werden soll; von dem Erhalt der so genannten gleichwertigen Lebensbedingungen ganz zu schweigen.

Meine Damen und Herren, der Verkehr wächst, die Wirtschaft leider nicht. Ein wesentliches Hauptziel des IVK 2002 ist die Einbindung von privaten Unternehmen in verkehrliche Aufgaben und - jetzt genau aufpassen, Frau Tack - die Realisierung von Investitionsprojekten. Jedoch verhindert gerade Ihre Politik, die sich auch in diesem Antrag niederschlägt, die Verbesserung der Attraktivität des Landes Brandenburg als Wirtschaftsstandort.

Das IVK 2002 dient der langfristigen Ausrichtung der Verkehrspolitik. Der Zeitraum bis zum Jahr 2010 wird als Betrachtungszeitraum genannt. Sie wollen jedoch bereits im April 2006 einen Bericht. Daher frage ich mich: Wie kommen Sie auf diesen frühen Termin? Haben Sie gewürfelt oder nur nicht richtig gelesen?

Das alles zeigt eine erschreckende Orientierungslosigkeit der Linkspartei in der Verkehrspolitik. Dass sich diese Orientierungslosigkeit auch auf Ihre restlichen politischen Aktivitäten erstreckt, würde ich natürlich nie sagen. Ich sehe daher leider keine Möglichkeit, Ihrem Antrag zuzustimmen.

Dem Entschließungsantrag von SPD und CDU werden wir unsere Zustimmung nicht verwehren. - Ich bedanke mich für Ihre Aufmerksamkeit.

(Beifall bei der DVU)

Für die CDU-Fraktion hat der Abgeordnete Schrey das Wort.

Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Im Jahr 1995 wurde erstmals in Brandenburg ein Integriertes Verkehrskonzept von der damaligen Regierung vorgelegt. Sieben Jahre später wurde das novellierte Konzept vorgelegt und beschlossen. Durch Veränderungen in der Verkehrsinfrastruktur, in der Gesetzgebung und bei den Anforderungen an die Verkehrssicherheit war das alte Konzept nicht mehr auf dem neuesten Stand und musste geändert werden.

Das Integrierte Verkehrskonzept dient - so heißt es auf den Internet-Seiten des MIR - der langfristigen Ausrichtung der Landesverkehrspolitik, der Verzahnung der Verkehrsträger und der Integration von Zielen und Maßstäben der Stadtentwicklungs- und Wohnungsbaupolitik sowie der Wirtschafts-, Struktur- und Umweltpolitik. Zweifellos sind das ehrgeizige Ziele, die zu erreichen uns eine Menge Kraft kosten wird. Aber wir stehen als Koalition dazu.

Das zuständige Ministerium für Infrastruktur und Raumordnung ist nun dabei, eine Zwischenbilanz zu erarbeiten. Dazu wurden Berichte aus den Landkreisen und Städten angefordert, die die derzeitige Situation vor Ort darstellen. Diese Fakten werden zurzeit noch erstellt und bis zum II. Quartal des kommenden Jahres dem MIR zugeleitet. So weit zum Konzept als solchem.

Lassen Sie mich nun einige Worte zum Antrag der Linkspartei.PDS-Fraktion sagen. Sie fordern in Ihrem Antrag einen Bericht der Landesregierung bis Anfang April 2006. Wie Sie meinen kurzen Ausführungen entnehmen konnten, wird dieser Termin nicht haltbar sein, sondern wird dies frühestens im III. Quartal 2006 zu erreichen sein.

Der vorliegende Entschließungsantrag der Regierungskoalition sieht nun vor, dass der Bericht des MIR in dem entsprechenden Quartal vorgelegt wird und folgende Punkte enthält: erstens die Verzahnung der verschiedenen Verkehrsträger und die Integration von Zielen der Verkehrspolitik mit der Stadtentwicklung sowie der Wirtschafts- und Umweltpolitik, zweitens den Stand der Evaluation des ÖPNV-Gesetzes, drittens die Umsetzung der Regionalisierung des SPNV im Land

(Zuruf der Abgeordneten Tack [Die Linkspartei.PDS])

und die zukünftige Aufrechterhaltung der Qualität im öffentlichen Nahverkehr. Die Landesregierung wird gebeten, bis zum II. Quartal 2007 ein entsprechendes Konzept für den Ausbau der Verkehrswege zwischen Berlin und Brandenburg, die Zusammenarbeit mit dem polnischen Nachbarland und die Auswirkungen des europäischen Rechtsrahmens vorzulegen.

Sie sehen, meine verehrten Damen und Herren von der Fraktion der Linkspartei.PDS, wir nehmen das Thema des Integrierten Verkehrskonzepts für Brandenburg ernst und arbeiten intensiv an dessen Umsetzung. Aus diesem Grund werden wir Ihrem Antrag nicht zustimmen und stellen stattdessen den Entschließungsantrag der Fraktionen der SPD und CDU zur Abstimmung. Ich hoffe auf Ihre Zustimmung dazu. - Vielen Dank.

(Beifall bei CDU und SPD)

Vielen Dank, Herr Kollege Schrey. - Für die Landesregierung hat Minister Szymanski das Wort.

Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Das Land Brandenburg hat seit dem Jahr 1995 ein verkehrspolitisches Grundsatzdokument - das Integrierte Verkehrskonzept -, das im Jahr 2002 fortgeschrieben wurde, um die sich in dem Zeitraum vollzogenen Entwicklungen adäquat widerzuspiegeln und einzelne Ziele und Aufgaben neu zu definieren bzw. fortzuschreiben.

Ich freue mich über die positive Bewertung dieses Konzepts und bedanke mich dafür, dass die Verkehrspolitik einen sehr hohen Stellenwert in diesem hohen Haus hat.

Das Integrierte Verkehrskonzept ist ein politisches Programm. Es unterstützt die europäischen und bundesweiten verkehrspolitischen Ziele und versucht, sie für Brandenburg anwendbar und umsetzbar zu gestalten. Es ist kein einfacher Plan, den man relativ schnell statistisch auswerten und abrechnen kann. Notwendig sind zu speziellen Themen Bewertungen und qualitative Einschätzungen.

Der Verkehr, seine Entwicklung und die Entwicklung seiner Rahmenbedingungen, ist ein äußerst wichtiges Thema der Politik unseres Hauses. Das betrifft die Infrastrukturentwicklung, die Entwicklung des Güter- und Personenverkehrs und die Einbindung Brandenburgs in die europäischen Verkehrsachsen.

Diese verkehrlichen Fragen können jedoch nicht losgelöst von demografischen und wirtschaftsstrukturellen Entwicklungen betrachtet werden. Wir brauchen deshalb eine qualitative Bewertung der sich hieraus ergebenden weiteren Anforderungen in ihrer ganzen Komplexität; dies muss mit der Definition neuer bzw. modifizierter Ziele verbunden sein. Meiner Einschätzung nach ist es zum jetzigen Zeitpunkt dafür zu früh.