Wir beginnen mit der Dringlichen Anfrage 14 (Risiken für Haushalt 2005/2006 durch Spaßbad) des Abgeordneten Petke.
Die Landeshauptstadt Potsdam plant auf dem Gelände des Brauhausberges den Bau eines Freizeitbades. Dafür wurde der renommierte internationale Architekt Niemeyer gewonnen. In den letzten Tagen haben uns Meldungen erreicht, nach denen die Bau- und Erschließungskosten zwischen 31 Millionen Euro und fast 50 Millionen Euro variieren. Finanzminister Speer hat in den Zeitungen kundgetan, dass das Land eine Förderung zugesagt habe.
Ich frage die Landesregierung: Welche finanziellen Risiken und Belastungen kommen vor dem Hintergrund der im Ungewissen liegenden Baukosten auf das Land zu?
Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrte Damen und Herren! Sehr geehrte Gäste! Herr Abgeordneter Petke, es liegt ein Antrag der Stadt Potsdam für die Förderung des Baus eines Freizeitbades aus Mitteln der Gemeinschaftsaufgabe vor, der Gesamtkosten von 31,45 Millionen Euro bei einem förderfähigen Investitionsvolumen von 29,5 Millionen Euro und einen Investitionszuschuss in Höhe von knapp 24 Millionen Euro beinhaltet. Das Ministerium für Wirtschaft hat seine grundsätzliche Bereitschaft zur Förderung bei Vorliegen der üblichen Fördervoraussetzungen erklärt. Diese sind insbesondere die baufachliche Prüfung, der Nachweis der Gesamtfinanzierung, der dauerhaften Wirtschaftlichkeit und die überwiegend touristische Nutzung dieses Hauses. Über den Antrag konnte noch nicht entschieden werden, da dem Ministerium für Wirtschaft gegenwärtig keine abschließend prüffähigen Unterlagen für das geplante Freizeitbad vorliegen. Aussagen zu finanziellen Aufwendungen für den Haushalt, die sich aus einer Förderung ergeben, können deshalb zu diesem Zeitpunkt nicht gemacht werden.
Mit Blick auf die öffentlich geführte kontroverse Diskussion der Verantwortlichen der Stadt zu den Projektkosten sei an dieser Stelle festgestellt: Diese Debatte wird dem Projekt nicht gerecht, sondern ist ihm abträglich.
Mit Respekt vor der Leistung des Architekten sei angemerkt: Es liegt in der Verantwortung des Bauherrn, nicht des Architekten, architektonischen Anspruch mit Investitions- und Betriebskosten in ein betriebswirtschaftlich tragfähiges Projekt zu gießen. Es war von vornherein klar, dass die Architektur nicht zu jedem Preis zu haben ist, etwa dergestalt, dass die Förderung proportional zu den Projektkosten wächst. Erst das Verfahren der baufachlichen Prüfung, welches sehr spezifisch die Angemessenheit der Kosten festzustellen hat, gekoppelt mit den haushälterischen Möglichkeiten, wird die Proportion von Förderung und Finanzierung durch den Bauherrn klären; dann können die Kosten dargestellt werden. - Danke schön.
Herr Minister, gibt es eine Frist, bis zu der die Landeshauptstadt die Förderunterlagen bei Ihrem Ministerium einreichen muss?
Es gab Fristvereinbarungen, die bis dato aufgrund der Verhandlungen, auch der Abhandlungen mit dem Architekten, nicht eingehalten werden konnten, was wir verstehen. Der Fristdruck ergibt sich aus dem Ablauf des Projektes selbst und aus der Tatsache, dass wir beabsichtigen, es aus dem Rahmen der Fördermöglichkeiten der Haushaltslinie bis 2006 zu finanzieren. Es besteht an sich also Zeitdruck. Die Zeit läuft in der Sache gegen uns. Deshalb ist eine schnelle und gründliche Arbeit angemahnt.
Ich habe eine Nachfrage zu dem, was Sie gerade beantwortet haben. Gibt es die Möglichkeit einer Fristverschiebung, falls die Einsprüche und die mögliche folgende Klage die Fristen überschreiten sollten?
Bei einem solchen Projekt befinden wir uns, Frau Abgeordnete Tack, in sehr engem Dialog mit dem Bauherrn. Ich setze Fristen, die eine Bearbeitung im Rahmen des Hauses ermöglichen und Zügigkeit in dieses Verfahren bringen. Insofern sind wir in einem dynamischen Prozess. Fallbeiltermine gibt es gegenwärtig nicht. Es gibt nur die Termine, die ich genannt habe. Diese sind für die Planung des Projektes außerordentlich wichtig, um im Rahmen der Haushaltslinie bis 2006 arbeiten zu können.
Vielen Dank, Herr Minister Junghanns. - Wir setzen fort mit der Frage 337 (Angleichung der Bedarfssätze des Arbeits- losengeldes II), die die Abgeordnete Lehmann stellt.
SPD und CDU haben sich bereits in ihrer Koalitionsvereinbarung für die Angleichung der Bedarfssätze des Arbeitslosengeldes II ausgesprochen. Andere Parteien sind dieser Forderung im Nachhinein gefolgt.
Ich frage daher die Landesregierung: Mit welchen konkreten Maßnahmen unterstützt sie die Forderung nach Angleichung der Bedarfssätze des Arbeitslosengeldes II?
Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Sehr geehrte Frau Lehmann, die Landesregierung unterstützt selbstverständlich, wie die Koalitionsaussage es vorsieht, ausdrücklich die zügige Ost-West-Angleichung des ALG II. Wir sind nach der derzeitigen Lage der Auffassung, dass den Menschen in Ostdeutschland 15 Jahre nach Herstellung der deutschen Einheit nicht mehr vermittelt werden kann, dass das Land gerade hinsichtlich der untersten sozialen Sicherung weiterhin gespalten bleiben soll. Das Arbeitslosengeld II - wie im Übrigen auch die Hilfe zum Lebensunterhalt - dient der Sicherung des Existenzminimums und es kann keine unterschiedlichen Existenzminima in einem Land geben.
Wir haben in einer ersten Bewertung der rechtlichen und der tatsächlichen Grundlagen für die Bemessung der Regelleistungen festgestellt, dass es im bundesgesetzlich festgeschriebenen Bemessungssystem grundsätzliche und methodische Ansätze gibt, die einer unbedingten Überprüfung bedürfen. Der Ministerpräsident hat die Ergebnisse der ersten Bewertungen und die Forderung nach einer zügigen Überprüfung des Bemessungssystems für die Regelleistungen dem Bundesminister für Wirtschaft und Arbeit sowie der Ministerin für Gesundheit und soziale Sicherung schriftlich mitgeteilt. Er hat auch eine zügige Überprüfung der bisherigen Bemessungskritierien und eine Neubestimmung von Kriterien eingefordert. Aber das erfordert bundesgesetzliche Änderungen, ohne die eine Angleichung der Regelsätze und -leistungen nicht durchsetzbar sein wird.
Ich werde diese Forderungen weiterhin in der Monitoringgruppe einbringen und auch unsere Ergebnisse der bisher erfolgten Auswertungen und Bewertungen der rechtlichen und tatsächlichen Grundlagen für das aktuelle Bemessungssystem in diesem Gremium darstellen. - Danke.
Ich habe eine Nachfrage, Frau Ministerin. Wir haben jetzt vom Arbeitslosengeld II und über die dafür geltenden Regelsätze gesprochen. Gelten diese Regelsätze auch für Sozialhilfeempfänger? Wenn ja, was bedeutet das konkret?
Ja, das ist so. Für das ALG II gilt die gleiche Bemessungsgrundlage wie für die Sozialhilfe, nämlich 20 % der unteren Einkommen werden zur Bemessung der Regelsätze herangeführt. Das bedeutet, 20 % der Einkommen in den alten Bundesländern sind andere als 20 % der Einkommen im Osten. Das heißt, auch dafür müsste eine Veränderung der Berechnungsgrundlage vollzogen werden. Nur dann können auch unsere Regelsätze für die Sozialhilfe verändert werden. Ich gehe davon aus, dass die Regelsätze, die sich binnen kurzer Zeit dem
Meine Frage schließt sich an die meiner Kollegin Lehmann an: Ohne Zweifel ist die Forderung nach Ost-West-Angleichung der Regelsätze für ALG-II legitim und notwendig. Ohne Zweifel wäre die Angleichung eine Präzedenzregelung und damit Vorreiter für eine Ost-West-Angleichung in den übrigen Sozialsystemen: Rente, Sozialhilfe, insbesondere Grundsicherung im Alter und bei dauerhafter Erwerbsminderung. Hinsichtlich dieser Folgenabschätzung lautet meine Frage: In welcher Größenordnung wird die finanzielle Auswirkung der angestrebten Ost-West-Angleichung auf die übrigen Sozialsysteme vor allem mit Blick auf die Haushalte des Landes und der Kommunen, die die Sozialhilfe in Brandenburg tragen, beziffert? Wie soll die angestrebte Ost-West-Angleichung aller genannten Regelleistungen im Landeshaushalt und in den kommunalen Haushalten finanziell abgesichert werden? Immerhin werden jetzt die Pläne für 2006 aufgestellt.
Wir haben das nicht bis ins letzte Detail überprüfen können. Wir stecken in der Phase der Überprüfung, die Zeit läuft uns langsam davon. Sie wissen, ab 01.07. muss das Land die neue Regelsatzverordnung erstellt haben. Die Gesetzesgrundlagen zwingen uns - jedenfalls bis jetzt -, die 331 Euro darin festzusetzen, auch wenn wir es politisch und sachlich nicht für richtig halten.
Das Rentensystem haben wir in unsere Berechnungen nicht einbezogen. Die Kosten der Kommunen als örtliche Träger der Sozialhilfe belaufen sich nach ersten Schätzungen auf ca. 3 Millionen Euro Mehrbelastungen. Das Land als überörtlicher Träger der Sozialhilfe käme auf 500 000 Euro Mehrbelastungen. Diese Summen nenne ich jedoch vorbehaltlich einer exakten Berechnung.
Frau Ministerin, die PDS hat bereits im Oktober vergangenen Jahres auf die Ungleichheit der Regelsätze hingewiesen. Wir haben dazu im Februar eine Nachfrage gestellt. Meine erste Frage: Was hat sich seit Februar hinsichtlich der Initiative der Landesregierung zur Nachbesserung der Regelsätze - ich nehme an, das Ziel ist eine Angleichung Ost an West und nicht West an Ost - getan?
Die zweite Frage: Wie beurteilt die Landesregierung aus der fünfmonatigen Erfahrung mit ALG II bzw. der neuen Sozialhilfe die Höhe des Regelsatzes? Sind die 345 Euro - bei Angleichung der Regelsätze an West - für die Sicherung des Existenzminimums ausreichend?
Die Antwort auf Ihre zweite Frage wird sich aus der Überprüfung ergeben. Die Bundesregierung hat schon letztes Jahr mit der Berechnung der Höhe des Existenzminimums begonnen. Allerdings geht sie von einem anderen Ansatz aus als wir: Sie nimmt stets die unteren Einkommen als Berechnungsgrundlage. Das halten wir für nicht mehr sachgerecht und zeitgemäß; dies kann man in Zeiten tun, in denen die Löhne steigen, aber nicht angesichts dessen, dass wir in Ostdeutschland als Standortvorteil den Niedriglohnsektor haben. Dort wird die Schere noch größer werden. Das kann in den Grenzen eines Landes weder politisch noch für die Menschen, die mit dem wenigen Geld auskommen müssen, gewollt sein. Es gibt für einen niedrigeren Betrag zur Sicherung des Existenzminimums im Osten keine Grundlage. Man kann nicht sagen, im Osten kostet die Wurst weniger oder Kleidungsstücke sind preiswerter als in anderen Teilen Deutschlands. Wir müssen von der Frage ausgehen: Was braucht ein Mensch zum Leben? und nicht fragen: Wie viel hat er und wie viel kann er sich leisten?
Herr Minister Woidke, Ihre Abwesenheit hatte ich bekannt gegeben. Den Grund dafür müssen Sie nicht so demonstrativ durch den Saal tragen. - Danke sehr.
Meine Nachfrage hängt unter anderem damit zusammen, dass sich die Meinung der Landesregierung offensichtlich geändert hat. Ich darf daran erinnern, dass die damalige Landesregierung, der auch Sie, Frau Ziegler, angehört haben, der jetzigen Höhe des Regelsatzes im Bundesrat zugestimmt hat und dass auch die Mehrheit dieses Parlaments - SPD und CDU - Aktivitäten zur Angleichung der Bedarfssätze des Arbeitslosengeldes II von Ost an West in dieser Wahlperiode eine Absage erteilt hat. Insofern bin ich über das Umdenken sehr froh.
Die Kollegin Lehmann hatte nach konkreten Maßnahmen gefragt. Ich frage - erstens - nach: Welche Stellungnahmen haben Sie in der Monitoringgruppe und im Bundesrat eingebracht, welche Anträge haben Sie gestellt? Würden Sie diese gegebenenfalls dem Parlament zuleiten, damit wir damit arbeiten können?
Zweitens: Frau Ministerin, wie schätzen Sie die Lage ein? Ihre heutige Meinungsäußerung bzw. die Absichtserklärung aus den Reihen der SPD zur Angleichung der Bedarfsätze sind das eine. Aus den Reihen der CDU gibt es jedoch ganz andere Meinungsäußerungen. Die FDP vertritt bundesweit die Meinung, dass die Bedarfssätze gesenkt werden müssen. Für wie realistisch halten Sie es, für die Angleichung und möglicherweise auch für die Erhöhung der Bedarfssätze zum jetzigen Zeitpunkt Mehrheiten im Bundesrat zu bekommen? Wie viel von diesem Einsatz ist möglicherweise nur Wahlkampf?
Erstens: Die Koalition hat die Ost-West-Angleichung zu Beginn der Legislaturperiode festgenagelt und damit ihren politi
schen Willen bekundet. Deshalb ist Ihre Aussage, sie habe dies abgelehnt, nicht korrekt. Die Ost-West-Angleichung ist fester politischer Wille der Koalition.
(Zuruf der Abgeordneten Dr. Enkelmann [PDS] - Vietze [PDS]: Sie müssen ehrlich sein und sagen: Erst haben wir es so beschlossen. - Es ist Ihr Beschluss gewesen!)
Zweitens: Wir haben uns, wie Sie wissen, auf das Einsetzen einer Monitoringgruppe verständigt, die die Auswirkungen der Hartz-Gesetze im Einzelnen überprüft und gegebenenfalls Schritte unternimmt. Diese waren auch ohne Wahlkampf geplant: Sie soll Mitte des Jahres überprüfen, welche Auswirkungen zu erwarten sind und ob sich das möglicherweise in Gesetzesänderungen niederschlagen wird. Dieser Zeitplan stand schon vor der Debatte um die Neuwahl fest. Das ist das normale Geschäft.
Wenn die Landesregierung und Ministerien feststellen, dass es an einigen Punkten Nachbesserungsbedarf gibt, so gehört es ebenso zum normalen Geschäft, dass sie dies vortragen. Ich kann Ihnen nicht jedes Wort aus Sitzungen der Monitoringgruppe nachweisen - Wortprotokolle werden dort nicht angefertigt -, aber Sie können sich darauf verlassen, dass ich die hier im Plenum geäußerte Meinung überall vertreten werde. Alles andere wäre sinnlos.
Die Mehrheitsverhältnisse kennen Sie. Deshalb kann ich jetzt nicht sagen: Weil es vielleicht wackelt oder eine Partei bzw. Fraktion das nicht möchte, sage ich nichts dazu. - Nein, wir müssen die Interessen unseres Landes und unserer Bürger vertreten. Ich sage Ihnen ganz deutlich: Mit diesen Regelsätzen ist das Existenzminimum in Gefahr. Wir brauchen eine solide Berechnung und eine solide Argumentation. Diese erarbeiten wir derzeit.
Die letzte Frage zu diesem Komplex stellt der Abgeordnete Domres. - Er zieht sie zurück. Ich danke Ihnen, Frau Ministerin.
Wir kommen zur Frage 338 (Förderkonkurrenz in der Metro- polenregion?), die der Abgeordnete Christoffers stellt.