Protocol of the Session on April 14, 2005

(Beifall bei der PDS)

Möchten Sie die Frage von Frau Dr. Schröder noch beantworten?

Ja, bitte.

Herr Kollege Otto, Sie haben bei der Diskussion um ABM und MAE auf Eingliederung in den ersten Arbeitsmarkt und auf Beschäftigung abgehoben. Sind Sie wirklich der Meinung,

dass wir dies mit ABM tatsächlich erreicht hätten, und wo sehen Sie den entscheidenden Vorteil in der heutigen Ausgestaltung von Arbeitsbeschaffungsmaßnahmen für Betroffene gegenüber MAE?

Frau Dr. Schröder, Sie wissen, dass die bisherige Arbeitsmarktpolitik nicht an den Instrumenten gescheitert ist, sondern an den Möglichkeiten, Zugang zum ersten Arbeitsmarkt zu bekommen, weil ganz einfach Arbeitsplätze fehlen. Das ist das Erste.

Das Zweite ist ABM zu MAE: MAE ist eine abgespeckte Form von ABM. ABM ist existenzsichernder. Sie müssen dafür mehr Aufwand betreiben und haben eine bessere Qualifizierungschance. Wenn Sie das mit unserem Programm verbinden, resultiert daraus ein regulärer versicherungspflichtiger Arbeitsplatz. Das ist das Ziel unserer Initiative. - Danke.

(Beifall bei der PDS)

Für die SPD-Fraktion spricht die Abgeordnete Dr. Schröder. Bitte schön.

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Ausgehend von den beschäftigungspolitischen Leitlinien der EU und von den Zielvorgaben des SGB II und III begrüßt die SPD-Fraktion das Anliegen des vorliegenden Berichts, das Landesprogramm „Qualifizierung und Arbeit für Brandenburg“ kontinuierlich weiterzuentwickeln. Dieses Anliegen wird erfolgreich sein, wenn es gelingt, mit der Bundesagentur für Arbeit sowie den Leistungsträgern des SGB II und III, also den Agenturen, Arbeitsgemeinschaften und Optionskommunen des Landes, konkrete Vereinbarungen zur kooperativen Förderung arbeitsmarktpolitischer Maßnahmen anzustreben. Die jeweils begrenzten Mittel müssen dabei sinnvoll gebündelt werden.

Wir haben über den heute vorliegenden Bericht nicht zu beschließen; das sieht das parlamentarische Verfahren nicht vor. Somit stellt der Bericht eine erste Diskussionsgrundlage dar.

Hinsichtlich der Inhalte sehen wir folgenden Diskussions- und Handlungsbedarf:

Erstes Thema: öffentlich geförderte Beschäftigung. Die Praxis zeigt - das sage ich völlig wertfrei -, dass Arbeitsbeschaffungsmaßnahmen arbeitsmarktpolitisch ein Auslaufmodell sind. Angezeigt ist eine Umsteuerung hin zur landesseitigen Kofinanzierung von Zusatzjobs (MAE). Im Übrigen sind auch hier die Betroffenen versichert, nämlich über das Arbeitslosengeld II.

Ziel ist die Erhöhung der Qualität und Nachhaltigkeit dieser Arbeitsgelegenheiten für Langzeitarbeitslose, was nicht zu Verdrängungseffekten führen darf und Integrationschancen erhöhen soll. Gedacht sei hier an begleitende Qualifizierungsmodule, Nachbetreuung im Anschluss an MAE, Finanzierung von Betriebspraktika usw. In anderen Ländern laufen diese Programme bereits seit Anfang des Jahres.

Die Ministerin hat in der Aktuellen Stunde ihre Gesprächsbereitschaft dazu bekundet; das begrüßen wir.

Zweitens, Zielgruppen unter den Langzeitarbeitslosen: Insbesondere für Frauen ohne Leistungsansprüche nach dem SGB II müssen Angebote bereitgestellt werden, um einer Ausgrenzung dieser Gruppe aus der allgemeinen Arbeitsförderung entgegenzuwirken. Hierzu gibt es im Bericht mit dem Programm „Aktiv für Arbeit“ erste Überlegungen und Bemühungen des Arbeitsministeriums, die wir begrüßen.

Ebenso wichtig ist die Konzentration der Landesarbeitsmarktpolitik auf ältere Langzeitarbeitslose. Hier denke ich insbesondere an Angebote für 55- bis 64-Jährige mit dem Ziel, in dieser Gruppe gemäß den Vorgaben der EU sowohl die Beschäftigungsquote als auch das Erwerbsaustrittsalter deutlich zu erhöhen. Die Überlegungen reichen hier von altersspezifischer Qualifizierung über den Anspruch des lebenslangen Lernens bis hin zu Maßnahmen, die den Übergang in den Renteneintritt sozialpolitisch vernünftig gestalten. Auch die Landeskofinanzierung für den von Bundesarbeitsminister Clement angekündigten Pakt für Ältere muss abgesichert und finanziell auch im LAPRO dargestellt werden.

Drittens: Die Neuverteilung der vorhandenen finanziellen Mittel wirft aber auch Fragen auf. Angesichts einer in den letzten Jahren zunehmenden Verfestigung von Langzeitarbeitslosigkeit - der Anteil an der Arbeitslosenzahl insgesamt liegt aktuell bei 42 % - ist der Anteil geplanter Reintegrationsmaßnahmen von 22 % im Plan 2005 zu hinterfragen. Im Jahr 2001 betrug dieser Anteil an den LAPRO-Gesamtausgaben noch 50 %. Dagegen steigt der Anteil der Ausgaben für Modellprojekte von im Jahr 2001 3 % auf für 2005 geplante 13 %. Hier muss die Frage gestattet sein, ob wir uns in Krisenzeiten, in denen das Geld dringend als Lebenshilfe an Betroffene fließen sollte, Experimente in solcher Größenordnung - wir sprechen von 15,4 Millionen Euro - wirklich leisten können und wollen.

Viertens: Traditionell nimmt die aktive Arbeitsmarktpolitik in der Regierungspolitik unseres Landes eine zentrale Stellung ein. Diese Tradition wollen wir nicht verlassen. Daher ist es notwendig, das Landesprogramm nicht nur im Zuge der Arbeitsmarktreformen des Bundes weiterzuentwickeln, sondern einzelne Programmpunkte auch als zentrale Bausteine in das neue Leitbild Brandenburger Förderpolitik einzubetten. Neben Wirtschafts- und Infrastrukturförderung sollten weiterhin auch die Programme und Instrumente der Arbeitsförderung im Gesamtkonzept künftiger Landesentwicklung eine zentrale Rolle spielen.

Meine Damen und Herren, für das laufende Jahr 2005 sind 124,196 Millionen Euro für das Landesarbeitsmarktprogramm eingestellt; viel Geld, das zu annähernd 85 % von der EU ins Land fließt. Dies verdeutlicht im Übrigen den Gestaltungsspielraum von Landesarbeitmarktpolitik. Einerseits sind wir klar den vernünftigen Zielen der EU verpflichtet, andererseits das ist unser entscheidender Vorteil - verfügen wir über hohe Steuerungskapazitäten, auch weil wir nicht an jede einzelne Regelung des SGB II oder III gebunden sind. Wir können entsprechend gesetzter politischer Prioritäten Maßnahmen selektiv kofinanzieren, müssen aber unbedingt auch eigene Handlungsfelder erkennen und ausfüllen.

In diesem Sinne und natürlich vor allem im Sinne der betroffe

nen Langzeitarbeitslosen sind wir zu all diesen Punkten im intensiven Gespräch mit dem MASGF. - Vielen Dank.

(Beifall bei SPD und CDU)

Für die Fraktion der DVU spricht die Abgeordnete Fechner. Während sie zum Mikrofon kommt, möchte ich Gäste vom Bund der Ruheständler und Hinterbliebenen im Landtag begrüßen. Seien Sie herzlich willkommen!

(Allgemeiner Beifall)

Bitte, Frau Fechner.

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Die Fraktion der Deutschen Volksunion hat sich sehr gründlich mit dem vorliegenden Bericht der Landesregierung beschäftigt. Das fiel uns auch nicht sonderlich schwer, denn der Bericht ist nicht besonders umfangreich. Im Prinzip ist er nichts anderes als eine lapidare Auflistung der Maßnahmen, die aufgrund der Hartz-IV-Gesetzgebung eingeleitet und realisiert wurden bzw. noch eingeleitet und realisiert werden müssen. Wie gut oder schlecht diese Maßnahmen sind, wird die Entwicklung auf dem Arbeitsmarkt zeigen.

Wir sind der Meinung, dass zum gegenwärtigen Zeitpunkt aufgrund großer Teile der Hartz-Gesetzgebung noch mehr Arbeitslosigkeit geschaffen wird. Als besonderer Flop haben sich gerade die Personalserviceagenturen erwiesen; denn statt 800 000 Arbeitslose, wie geplant war, wurden bisher lediglich 25 000 über eine Verleihfirma in Arbeit gebracht.

Nun wissen wir zwar alle, dass die Situation auf dem Arbeitsmarkt nicht besser, sondern eher schlechter wird und alle Erklärungen der Regierung zu dieser Thematik von Hilf- und Ratlosigkeit geprägt sind. Aber gerade diese Tatsache sollte endlich Anlass zum effektiven Handeln sein. Es ist doch zweifelsfrei erwiesen, meine Damen und Herren: Die meisten neuen Arbeitsplätze, die durch Hartz entstanden sind bzw. entstehen sollen, waren und sind nichts anderes als ein primitiver Ersatz am Rande der Zumutbarkeit. Ich-AG, 1-Euro-Job, Minijob und wie die krampfhaft an den Haaren herbeigezogenen Arbeitsbeschaffungsmaßnahmen auch heißen mögen, sie dienen doch nur dem statistischen Schwindel. Dass dadurch sogar echte Arbeitsplätze wegfielen und wegfallen, ist nur allzu gut bekannt. Genau das muss sich ändern. Nicht ohne Grund schlagen Kleinunternehmer Alarm, weil gerade sie durch diese Billiglöhne in Existenznot geraten.

Wir, die Abgeordneten der Brandenburger DVU-Fraktion, haben immer wieder auf die arbeitsmarktpolitische Nutzlosigkeit von Hartz hingewiesen und wir haben auch Auswege aus der Sackgasse aufgezeigt.

Als Beispiel seien hier nur die von uns geforderten Steuervergünstigungen für Kleinunternehmen genannt, denn nur ein gesundes, solventes Unternehmen schafft Arbeits- und Ausbildungsplätze. Der Presseinformation der Staatskanzlei vom 22. März dieses Jahres zum Thema „Qualifizierung und Arbeit für Brandenburg“ war zu entnehmen, dass für das Landespro

gramm in diesem Jahr ca. 125 Millionen Euro bereitstehen, die zum größten Teil aus Mitteln des Europäischen Sozialfonds stammen - unterm Strich also auch deutsche Steuergelder sind, denn Deutschland ist der größte Nettozahler in der EU.

Das Land wird drei neue Programme in einem Gesamtumfang von 25 Millionen Euro für den Förderzeitraum 2005 und 2006 im Landesprogramm „Qualifizierung und Arbeit für Brandenburg“ auflegen. Nun ist es an der Regierung, dieses Geld richtig - zum Nutzen des Arbeitsmarktes - einzusetzen und nicht - wie bisher - im märkischen Sand versickern zu lassen oder in Wahnsinnsgroßprojekte zu stecken.

Wir, die Mitglieder der DVU-Fraktion, sind der Auffassung, dass der vorliegende Bericht der Landesregierung nur ein so genannter erster Teil sein kann, dem in regelmäßigen Abständen weitere Teile mit konkreten Realisierungsständen folgen müssen. Nur so wird es möglich sein, Probleme rechtzeitig zu erkennen und unverzüglich mit entsprechenden Maßnahmen gegenzusteuern. - Ich danke für die Aufmerksamkeit.

(Beifall bei der DVU)

Für die Fraktion der CDU spricht die Abgeordnete Schulz.

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Werte Kollegen von der DVU, ich hätte es sehr begrüßt, wenn sie einige sinnvolle Vorschläge unterbreitet hätten. Es würde mich interessieren, wo konkret Arbeitsplätze verloren gegangen sind. Wer schlägt wo Alarm? In der Aktuellen Stunde ist darüber gesprochen worden, welche Bemühungen im Gange sind, um genau das zu verhindern.

(Schuldt [DVU]: Zum Beispiel im Landschaftsbau!)

Unser Anliegen ist es, das Landesprogramm kontinuierlich weiterzuentwickeln und im Sinne der Betroffenen der aktuellen Situation anzupassen. Arbeitsmarktpolitische Maßnahmen sind kein Selbstzweck - auch nicht für bestimmte Träger. Es gab in den Landesprogrammen der zurückliegenden Jahre sehr sinnvolle Maßnahmen; stellvertretend seien nur die Programme „Arbeit statt Sozialhilfe“ und „Qualifizierung in kleinen und mittelständischen Unternehmen“ genannt. Allerdings gibt es auch Programme, die die CDU seit Jahren infrage stellt; an dieser Stelle sei das Kurssystem contra Langzeitarbeitslosigkeit genannt, welches wohl eher ein Programm war, das den Trägern diente. Hinter vorgehaltener Hand erfuhr man von den Betroffenen immer wieder, dass sie nicht recht wussten, was sie in diesem Programm zu suchen hätten. So ehrlich muss man an dieser Stelle sein.

Vor dem Hintergrund der Neuausrichtung der Arbeitsmarktpolitik auf Bundesebene ist die Anpassung des Landesprogramms eine logische Konsequenz. Wenngleich die großen Schwerpunktbereiche Ausbildung, Integration, Prävention und Innovation beibehalten wurden, so sind auch Veränderungen vorgenommen worden. Das Kurssystem contra Langzeitarbeitslosigkeit soll geordnet auslaufen, das Programm „Aktiv für Arbeit“ ist ähnlich angelegt; von daher sehe ich noch Diskussionsbedarf.

Dass die berufliche Ausbildung im neuen Landesprogramm viel Raum einnimmt, ist positiv zu bewerten, denn es gibt bekanntlich zu wenige betriebliche Ausbildungsplätze; von daher ist es ein Muss. Aufgrund ihrer Wirtschaftsnähe sind die Ausbildungsverbünde und die betriebliche Lehrunterweisung sehr sinnvoll, doch auch auf die Plätze im kooperativen Modell - das muss man zugeben - werden wir vorerst nicht verzichten können; schließlich können wir unsere Jugendlichen jetzt nicht im Stich lassen.

Interessant ist die Förderung des Freiwilligen Ökologischen Jahres als ein Programm zur beruflichen Orientierung. Ich sage das vor dem Hintergrund des CDU-Vorschlags, auch das Freiwillige Soziale Jahr in diesem Bereich anzusiedeln. Wir hätten damit - sicherlich punktuell - zur Lösung des Ausbildungsplatzproblems beigetragen. Die Jugendlichen könnten wichtige soziale Kompetenzen erwerben und sich beruflich orientieren. Ich denke, diesbezüglich ist Bedarf angezeigt. Beim Integrationsprogramm stellt sich in der Tat die Frage - Frau Dr. Schröder hat dies zu Recht angesprochen -, ob Arbeitsbeschaffungsmaßnahmen noch sinnvoll sind, denn sie werden von den Arbeitsmarktakteuren vor Ort als insgesamt viel zu starr und unflexibel dargestellt. Das habe ich auch in der letzten Werksausschusssitzung des Spree-Neiße-Kreises wieder gehört.

Die Förderung der Qualifizierung von Fallmanagerinnen und -managern ist sicherlich sinnvoll, denn sie fehlen in erheblichen Größenordnungen. Leider kommt das Programm für die Akteure vor Ort viel zu spät.

Die Regionalbudgets erachte ich als sehr sinnvoll, weil man damit den Gestaltungsspielraum vor Ort erhöht. Jedoch muss man darauf achten - die Bundesanstalt hat zu Recht darauf verwiesen -, dass die Mittel auch tatsächlich noch in diesem Jahr umgesetzt werden können.

Wir sehen Prioritäten auch im Bereich der 1-Euro-Jobs - natürlich in Verbindung mit anderen Teilen und nicht einfach als autonome Maßnahme. Es handelt sich um Angebote für Frauen ohne Leistungsansprüche und verstärkt um Angebote für ältere Menschen. Die Landesregierung ist aufgefordert, intensiv mit der Regionaldirektion Berlin-Brandenburg, der Bundesanstalt für Arbeit, den Arbeitsgemeinschaften und den optierenden Landkreisen zusammenzuarbeiten. Die regelmäßige Berichterstattung im Ausschuss wird selbstverständlich fortgesetzt, denn - wie wir gesehen haben - es besteht Diskussionsbedarf. Es wird zukünftig immer wieder zu notwendigen Anpassungen kommen. Wir setzen die Diskussion auf jeden Fall im Sinne der Betroffenen fort. - Ich bedanke mich für Ihre Aufmerksamkeit.

(Beifall bei der CDU sowie der Abgeordneten Lieske und Schippel [SPD])

Ich beende die Aussprache. Damit ist der Bericht der Landesregierung in Drucksache 4/907 zur Kenntnis genommen worden.

Ich rufe Tagesordnungspunkt 4 auf:

Für eine zivile Nutzung der Kyritz-Ruppiner Heide

Antrag der Fraktion der PDS

Drucksache 4/961