Herr Minister, ich habe zwei Fragen. Können Sie erstens bestätigen, dass auch die Härtefallkommissionen anderer Bundesländer nicht in einem gesetzlosen Zustand leben und arbeiten, und zweitens, dass es bereits beim Minister des Innern ein externes Beratungsgremium für ausländerrechtliche Härtefälle gegeben hat? Sie hoben auf die Beratungstätigkeit der Ausländerbeauftragten ab.
Herr Minister, kommen wir zurück nach Brandenburg. Ich habe zwei Fragen. Erstens zum Verfahren: Wenn man tatsächlich ein solches Gremium einrichten möchte, wäre es aus Ihrer Sicht dann nicht erforderlich gewesen, alle, die es angeht, im Vorfeld zu beteiligen?
Zweite Frage: Herr Minister, wie bewerten Sie die Tatsache Sie sprachen Härtefälle an -, dass sich in Brandenburg in der Zeit von 1999 bis 2003 die Zahl von Abschiebungen mehr als halbiert hat?
Zur ersten Frage: Herr Petke, Sie sind herzlich eingeladen, im Beirat mitzumachen. Frau Berger wäre offen dafür.
Meine Damen und Herren, wir haben das Zeitlimit für die Fragestunde erreicht. Ich schließe Tagesordnungspunkt 1 und rufe Tagesordnungspunkt 2 auf:
Thema: Die Entwicklung der wirtschaftlichen und sozialen Lage in Brandenburg unter besonderer Berücksichtigung der Demographie
Die DVU-Fraktion erhält als Einreicher des Antrags als Erste das Wort. Frau Abgeordnete Hesselbarth, bitte schön.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Aus Sicht der DVU-Fraktion ist es fünf vor zwölf. Wir befinden uns am Vorabend der EU-Osterweiterung und die Schularbeiten sind nicht gemacht. Unser Land Brandenburg ist nicht fit für die damit verbundenen Anforderungen. Eine kurze Beschreibung der Situation in Brandenburg und ihrer Ursachen belegt dies.
Unser Land ist nach wie vor geprägt durch eine reale Arbeitslosigkeit von über 20 %, die hohe Zahl von Firmenpleiten, das Fehlen eines gesunden wirtschaftlichen Mittelstandes, der dazu in der Lage wäre, den Arbeitsplatzverlust in der Industrie auch nur annähernd auszugleichen, die ständige Abwanderung vor allem junger Menschen insbesondere aus den ländlichen Regionen, eine Geburtenrate, die diesen Schwund bei weitem nicht ausgleichen kann, die absehbare Überalterung der brandenburgischen Bevölkerung, eine Politik, die Familien mit Kindern nicht entlastet, sondern weiter belastet und damit das Armutsrisiko Kind nicht beseitigt, sondern verstärkt, einen ständigen Rückgang der Kaufkraft, insbesondere bei Familien mit Kindern, und das Ausbleiben eines selbst tragenden wirtschaftlichen Aufschwungs seit der Wiedervereinigung. Ein Aufbau Ost findet also nach wie vor nicht statt.
Es liegt der Schluss nahe - er ist auch zutreffend -, dass alles irgendwie mit allem zusammenhängt. Die Ursachen sind hinlänglich bekannt. Die Bürgerinnen und Bürger befinden sich wie die Teile der mittelständischen Wirtschaft, die nicht ins Ausland gehen können - sozusagen in einer Sandwichsituation, eingepresst zwischen der Bundes- und der Landespolitik. Weder die mittelständische Wirtschaft noch die Bürger werden durch die Politik im Land und im Bund entlastet. Alle Reformen führen im Ergebnis zu ständig neuen Belastungen. Auf Bundesebene sind Agenda 2010, Rentenreform und Gesundheitsreform die Stichworte.
Auf Landes- und Kommunalebene prägen die Mehrbelastungen zum Beispiel für Grundeigentümer durch die Entlastungsgesetze sowie bei Schülerfahrtkosten, Kita-Gebühren, Wasserund Abwassergebühren usw. die Diskussionen.
Alle diese Kostenverlagerungen auf den Bürger erfolgen unter dem Schlagwort Eigenverantwortung und treffen wie ein Bumerang zugleich den wirtschaftlichen Mittelstand. Die Kaufkraft der Bürger sinkt. Im Handel ist das an sinkenden Umsatzzahlen und im Handwerk an der Zunahme der Schwarzarbeit ablesbar. Dem wirtschaftlichen Mittelstand wird sozusagen der Boden der Wertschöpfung unter den Füßen weggezogen.
Bürger und wirtschaftlicher Mittelstand sind in eine Abgabenschraubzwinge eingepresst. Von oben drückt die Bundespolitik auf die verfügbaren Einkommen der Bürger. Der Gesundheitsbereich ist heute bei etwa gleich bleibenden Beiträgen von Krankenhauszuzahlungen, Rezept- und Praxisgebühren usw. geprägt. Das Niveau der gesetzlichen Renten soll von heute über 50 % bis 2030 auf 43 % des letzten Bruttolohnes abgesenkt werden - das aber auch nur bei 45 Beitragsjahren. Die Differenz sollen die Bürger zusätzlich zu den Beiträgen selbst tragen.
Von unten drückt die Landespolitik. Die Familien werden durch Kosten für die Kitas und für die Schülerbeförderung bis hinunter zum Niveau der Sozialhilfe belastet. Schulabgänger genügen den Anforderungen der Ausbildungsbetriebe nicht und eine Familienpolitik, die der demographischen Entwicklung gegensteuert, wird auch auf Landesebene nicht erkennbar.
Wir befinden uns also bereits heute in einer Abwärtsspirale, in einem Teufelskreis. In diesen Teufelskreis hinein platzt nun die EU-Osterweiterung mit ihren Folgen.
Bereits jetzt ist die Rede davon, das Lohnniveau in Brandenburg müsse sich dem der EU-Beitrittsstaaten, insbesondere Polens, angleichen - das bei gleich bleibend höheren Lebenshaltungskosten in Brandenburg im Vergleich mit denjenigen in Polen.
Wie damit bei unveränderter Landespolitik Familien mit Kindern gefördert und seitens der Bürger Eigenvorsorge geleistet werden sollen, ist und bleibt das Geheimnis dieser Landesregierung.
Eine Verschärfung der Abwanderungstendenz, der demographischen Entwicklung und eine zunehmende Altersarmut sind so vorgezeichnet, meine Damen und Herren.
Wir von der DVU-Fraktion erwarten von der Landesregierung, die ihre Politik fortsetzen will, schlüssige Antworten darauf, wie sie diesen Teufelskreis durchbrechen will. Wir als DVU-Fraktion haben in diesem Haus immer wieder ein tragfähiges politisches Gesamtkonzept im Rahmen unserer vielen Initiativen vorgelegt. Geben Sie endlich Ihre Blockadehaltung auf! Revidieren Sie Ihre hinter den Kulissen getroffene Absprache, grundsätzlich alles, was wir vorlegen, abzulehnen oder zu verschweigen!
Wir halten Ihnen wiederholt die Hand zur Zusammenarbeit hin; denn es geht um die Zukunft der Menschen hier in Brandenburg - um nichts weniger.
Ich danke Ihnen, Frau Abgeordnete Hesselbarth. - Das Wort erhält jetzt die Fraktion der SPD, Herr Abgeordneter Klein.
Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Ich spreche nicht nur für die SPD-Landtagsfraktion, sondern ich habe auch Veranlassung, für den Kollegen Homeyer, den Parlamentarischen Geschäftsführer der CDU-Fraktion, zu sprechen. In der 94. Sitzung des Landtages Brandenburg, in der wir uns gerade befinden, ist etwas passiert, was in der Geschichte dieses hohen Hauses ein absolutes Novum ist. Es galt bisher als ungeschriebenes Gesetz, dass das, was die Parlamentarischen Geschäftsführer in ihrer Vorbesprechung zum Ablauf der Landtagstagung festlegen, auch eingehalten wird.
Wir haben am Dienstag in der Vorbesprechung der Geschäftsführer folgende Verabredung getroffen: Vorschlagsberechtigt für ein Thema einer Aktuellen Stunde ist die DVU-Fraktion unbestritten. Sie hatte ein Thema vorgeschlagen. Dieses Thema war aus rechtlichen Gründen, weil es nicht aktuell war, weil es nicht auf Brandenburg bezogen war, nicht nur von uns als den Geschäftsführern, sondern auch von der Landtagsverwaltung
abgelehnt worden. Daraufhin hat sich die DVU ein anderes Thema ausgesucht. Nur, dieses Thema - so hatten wir vier Geschäftsführer einvernehmlich verabredet - wollten wir wegen der Wichtigkeit, die in diesem Thema liegt, erst im Mai beraten, und zwar dann intensiv nach Redezeitvariante 5.
All das war verabredet und wir sind nach wie vor der Meinung, dass die demographische Entwicklung des Landes Brandenburg so wichtig ist, dass wir sie wirklich so intensiv debattieren sollten, wie wir es verabredet haben. Deswegen werden wir uns heute an einer Debatte nicht beteiligen und die DVU ihre Rede allein halten lassen. - Ich danke Ihnen, meine Damen und Herren.
Ich danke Ihnen, Herr Abgeordneter Klein. - Ich gebe das Wort der Fraktion der PDS, Herrn Abgeordneten Vietze.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Man hat an der Reaktion von Herrn Klein bemerkt, dass er den Wunsch hatte, für die PDS mitzusprechen. Er hätte es in dieser Situation auch sehr wohl tun können. Das, was er hier zur Verfahrensweise geschildert hat, was er dazu geschildert hat, wie wir uns in diesem Parlament diesem sehr wichtigen Thema widmen wollen, ist fraktionsübergreifende Meinung.
Ich möchte dennoch die Gelegenheit wahrnehmen, hier noch einmal zu sagen, dass es in der Zeit meiner Mitgliedschaft in diesem Landtag seit Gründung das erste Mal ist, dass eine Fraktion, die kein aktuelles Thema für eine Aktuelle Stunde zu benennen in der Lage ist, darauf durch Parlamentarische Geschäftsführer aufmerksam gemacht wird und dann ein Thema zum Gegenstand macht - das wird auf die Tagesordnung gesetzt -, zu dem die Regierung umfangreiches Material erarbeitet hat. Ich finde ganz einfach, die Fragen, die mit der demographischen Entwicklung, der wirtschaftlichen Entwicklung und ihren sozialen Auswirkungen verbunden sind, vertragen diese Art von Populismus nicht. Das gilt auch für das - wie ich finde - bemerkenswerte und uns mit großer Sorge erfüllende Gerede über das, was die Auswirkungen der EU-Osterweiterung betrifft. Ich habe die ausdrückliche Bitte an den Präsidenten des Landtages, die Internetpräsentation der DVU in dieser Frage daraufhin zu überprüfen, ob sie verfassungsrechtlich für das Land Brandenburg noch verantwortbar ist. - Ich danke Ihnen.
Ich danke dem Abgeordneten Vietze. - Die Landesregierung hat Redeverzicht angezeigt. Die CDU ist bereits durch Herrn Klein vertreten worden. Ich gebe deshalb jetzt noch einmal das Wort an die Fraktion der DVU. Frau Abgeordnete Hesselbarth, bitte.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Erstens: Wir haben jetzt April. Was wird im Mai anders sein, Herr Klein?
ist, oder Sie trauen sich nicht, es hier und heute in der Öffentlichkeit exakt darzustellen. Das ist nämlich die Wahrheit!
Wie soll denn die Zukunft Brandenburgs Ihrer Meinung nach konkret aussehen? - Weiter so, Brandenburg, der Letzte knipst das Licht aus? Oder wie?
Eine Politik nach dem Motto „Weiter so, Deutschland!“ kennen wir bereits. Was dabei herausgekommen ist, sehen wir. Das hatte ich in meiner vorherigen Rede schon umrissen.
Was würde dann nach Ihren Vorstellungen hier in Brandenburg passieren: Brandenburg als Billiglohnland oder gleich bleibend hohe Abgaben und Lebenshaltungskosten? Die Leistungsfähigen wandern in den Westen ab - da gibt es mehr zu verdienen -, die Älteren wandern nach Polen, wo das Leben billiger ist, weil sie hier die Lebenshaltungskosten nicht mehr bezahlen können? Zurück bleiben weniger Qualifizierte sowie Familien mit Kindern und leben von Sozialhilfe an der Armutsgrenze? Hierher kommen polnische Arbeitslose als Billigarbeiter und Tagelöhner? - So ähnlich sieht es ja jedenfalls nach den Vorstellungen der Politik der PDS aus, die nach eigenen Bekundungen unsere Brandenburger schlichtweg auch noch für zu doof erklärt.