Herr Abgeordneter Dellmann, kurz vor Ende Ihres Beitrags wurde eine Frage angemeldet. Wollen Sie die noch beantworten? - Bitte schön, Frau Abgeordnete Tack.
Herr Dellmann, welche Konsequenzen ziehen Sie denn mit dem neuen Gesetz - gesetzt den Fall, es wird ein neues ÖPNVGesetz - angesichts der veränderten demographischen und wirtschaftlichen Entwicklung vor allem im ländlichen Raum bezüglich dessen, dass auf eine quantitative Veränderung auch im ÖPNV qualitativ reagiert werden muss? Beispielsweise müssen neue Busse, Ruftaxen und anderes finanziert werden.
Zwei klare Antworten darauf: Erstens wird es ja möglich sein, die Mittel auch dafür einzusetzen. Es ist nur die Frage: Gibt es eine investive Förderung oder wird es über Verkehrsverträge gemacht? Beide Finanzierungsformen sind möglich.
Zweitens: Vergleichen Sie allein die Zahlen des Landkreises Barnim mit denen des Landkreises Uckermark. Dadurch, dass wir für den Flächenfaktor mit 30 % eine sehr hohe Wertigkeit haben, wird der Landkreis Uckermark etwa 1 Million Euro mehr erhalten als der Landkreis Barnim und ich höre die Barnimer schon jammern: Wieso bekommt die Uckermark mehr? Das ist genau das, was Sie fordern, nämlich ein deutlicher Flächenfaktor, der auch der demographischen Entwicklung Rechnung trägt.
Ich danke Ihnen, Herr Abgeordneter Dellmann. - Ich gebe nun der Fraktion der DVU das Wort. Frau Abgeordnete Hesselbarth, bitte.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Herr Dellmann, Sie glauben, dass das ein gutes Gesetz wird, fest davon überzeugt sind Sie jedoch nicht.
Es ist richtig: Der ÖPNV steht vor einer grundlegenden Änderung. Der Gesetzentwurf Ihres Hauses, Herr Minister Szymanski, sieht vor, dass der ÖPNV künftig nur noch als freiwillige Aufgabe der Kreise gilt. Die Landkreise werden in den kommenden Jahren etwa 50 Millionen Euro für diese Aufgabe direkt erhalten, dafür aber einen Eigenbetrag erbringen müssen. Eine Ausnahme lässt § 10 Abs. 4 lediglich für besondere Investitionen zu. Bislang sind Busunternehmen vom Land direkt bezuschusst worden. Das entfällt dann komplett. Außerdem werden die Kreise von der Pflicht entbunden, verbindliche Nahverkehrspläne aufzustellen.
Das Land entledigt sich damit wieder einmal einer Pflichtaufgabe und versucht, durch die Pauschalierung von 50 Millionen Euro für alle kommunalen Verkehrsträger auch noch einen Einspareffekt zugunsten der klammen Landeskasse zu erzielen.
Nicht nur der brandenburgische Städte- und Gemeindebund sieht die Gefahr, dass die freiwillige Aufgabe Verkehr künftig zur Konsolidierung der defizitären Kreishaushalte herangezo
gen wird. Hier besaß der Bereich als Pflichtaufgabe bei den Haushaltsaufstellungen die entsprechende Priorität.
Die allerorten geäußerte Befürchtung, dass wegen der verringerten Schülerzahlen in Brandenburg und der dadurch bedingten schlechteren Auslastung sowie der Elternbeteiligung an den Schulbuskosten ganze Busstrecken eingestellt werden könnten, ist nicht von der Hand zu weisen. In dünn besiedelten Regionen Brandenburgs wie der Lausitz, der Prignitz oder der Uckermark könnte ein Sterben der dort ansässigen Busunternehmen die Folge sein.
Hinzu kommt, wie bereits erwähnt, die Tatsache, dass der ÖPNV nur mehr eine freiwillige Selbstverwaltungsaufgabe der Kommunen - nach freiem Ermessen der kommunalen Aufgabenträger - sein soll. Von der Freiwilligkeit wird möglicherweise die Zukunft des öffentlichen Nahverkehrs im ganzen Land abhängen; denn ihre freiwilligen Aufgaben dürfen die Kommunen bekanntlich nur dann erfüllen, wenn nach der Erledigung der Pflichtaufgaben noch genügend Geld zur Verfügung steht. Die Brandenburger Kommunen sind aber samt und sonders pleite. Kein Landkreis hat einen ausgeglichenen Haushalt. Das Innenministerium als oberste Aufsichtsbehörde könnte daher unter Umständen den Kommunen einen Teil der freiwilligen Ausgaben für den öffentlichen Nahverkehr aus dem Haushalt streichen.
Die Landesmittel für den ÖPNV sind zweckgebunden, das ist richtig. Die Zuschüsse der Kommunen, die etwa die Hälfte der ÖPNV-Finanzierung ausmachen, sind es dagegen nicht. Sie könnten mit vielleicht geradezu katastrophalen Folgen für den Nahverkehr dem Rotstift zum Opfer fallen. Dieses Risiko ist unkalkulierbar. Sie wollen sich aus einer Pflichtaufgabe stehlen und das lehnen wir ab. - Ich bedanke mich für die Aufmerksamkeit.
Ich danke Ihnen, Frau Abgeordnete Hesselbarth. - Das Wort geht an die Fraktion der CDU. Bitte, Herr Abgeordneter Schrey.
Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Mit dem vorliegenden Gesetzentwurf zur Neuordnung der ÖPNVFinanzierung wird ein weiteres wichtiges im Koalitionsvertrag festgeschriebenes Reformvorhaben umgesetzt. Die Neuordnung der ÖPNV-Finanzierung streben die Koalitionsfraktionen mit der Zielsetzung der Erhöhung der Attraktivität öffentlicher Verkehrsangebote, der Erhöhung der Eigenverantwortung der Aufgabenträger, der Verbesserung der Transparenz und der Herstellung von Konformität mit dem europäischen Wettbewerbsrecht an. Es ist sehr wichtig, dass dieser Gesetzentwurf, der vorsieht, dass die Zuweisungen des Landes an die Kreise für die Aufgaben des ÖPNV erhöht werden, noch in dieser Legislaturperiode vorgelegt werden konnte. Jeder hier kennt die langen Diskussionen im Vorfeld und die notwendige Bewertung hinsichtlich der Beachtung des Konnexitätsprinzips. Ich
meine, die gefundenen Lösungen werden von den Vekehrsunternehmen und den Aufgabenträgern akzeptiert.
Wozu ich kritisch etwas anmerken möchte, insbesondere an Ihre Adresse, Frau Tack, sind die gegenwärtigen Versuche der Stimmungsmache und des Schürens von Verunsicherung im Zusammenhang mit dem Gesetzentwurf, und das wider besseres Wissen.
Wenn Ihnen der ÖPNV, wenn Ihnen die Stärkung des öffentlichen Verkehrs wirklich so wichtig ist, wie Sie immer vorgeben, dann hören Sie mit der öffentlichen Panikmache auf! Die Koalitionsfraktionen und unsere Regierung haben nichts gegen kritische Fragen; im Gegenteil; aber Halbwahrheiten und Unwahrheiten helfen nicht weiter.
Nein. - Frau Tack, Sie sind gegen den Ausbau unserer Straßen. Sie wollen auch den Flughafen nicht. Der Ertüchtigung unserer Wasserstraßen haben Sie schon seit längerem Ihre Gegnerschaft erklärt. Neuerdings versuchen Sie, auch die öffentlichen Verkehrsangebote schlecht zu reden, sei es im Bereich der Bahn oder nun im sonstigen ÖPNV.
Unsere Antwort darauf ist klar: Wir wollen die Mobilität unserer Menschen stärken. Wir wollen dafür Sorge tragen, dass entsprechende Angebote aufrechterhalten bzw. ausgebaut werden, sei es im Bereich der Straße, sei es der Bau des Großflughafens, sei es die Errichtung der Wasserstraßen, sei es die Stärkung des öffentlichen Personennahverkehrs.
Das Gesetz dient diesem Anliegen. Wir wollen mehr Transparenz. Wir wollen eine bessere Erfolgskontrolle im Interesse der Nutzer der Angebote des öffentlichen Verkehrs, im Interesse der Brandenburgerinnen und der Brandenburger. Wir wollen nicht den Konflikt mit dem Wettbewerbsrecht, zu dem es Vorgaben seitens der EU gibt. Deshalb sind Veränderungen der bestehenden gesetzlichen Regelung notwendig. Wir machen das ÖPNV-Gesetz des Landes fit für die Zukunft und verbessern die Finanzierung. Ich meine, die Anliegen sind berechtigt und können die Zustimmung der Mehrheit des Landtages finden.
Die Behandlung von Detailfragen bleibt aufgrund der knappen Redezeit der Diskussion im Ausschuss vorbehalten. Allerdings möchte ich schon jetzt das Thema „Weiterentwicklung des Regionalisierungsgesetzes“ ansprechen. Die öffentlichen Vekehrsangebote des Landes werden im Wesentlichen durch Regionalisierungsmittel finanziert. Auch wenn die Überarbeitung dieses Gesetzes aktuell nicht ansteht, müssen wir bedenken, dass die Begehrlichkeiten, hier Einsparungen vorzunehmen, eher zunehmen werden. Wir müssen die kommenden Jahre dazu nutzen, nachweisbar zu belegen, wie bei uns die Mittel eingesetzt werden
Hier sind auch die Aufgabenträger des übrigen ÖPNV in der Pflicht. Die Stärkung des ÖPNV im Land Brandenburg wird in den kommenden Jahren wesentlich davon bestimmt sein, wie es gelingt, diese Mittel für unser Land zu sichern. Auch die Weiterentwicklung des ÖPNV-Gesetzes des Landes nach 2006 wird davon bestimmt sein.
Abschließend möchte ich um Zustimmung zur Überweisung des Gesetzentwurfs an den Ausschuss werben. - Ich bedanke mich für die Aufmerksamkeit.
Liebe Frau Tack, ich würde mir wünschen, dass bei namentlichen Abstimmungen Ihre Lautstärke so wäre wie bei Zwischenrufen. Sie können es, wie ich höre.
Meine Damen und Herren, ich schließe die Aussprache zu diesem Tagesordnungspunkt. Wir kommen zur Abstimmung.
Das Präsidium empfiehlt Ihnen die Überweisung des Gesetzentwurfs der Landesregierung, Drucksache 3/7211, an den Ausschuss für Stadtentwicklung, Wohnen und Verkehr. Wer dieser Überweisungsempfehlung folgt, den bitte ich um sein Handzeichen. - Gegenstimmen? - Stimmenthaltungen? - Damit ist einstimmig so beschlossen.
1. Lesung des Dritten Gesetzes zur Änderung des Gesetzes über die Aufgaben und Befugnisse der Polizei im Land Brandenburg (Brandenburgisches Polizeigesetz - BbgPolG)
Ich eröffne die Aussprache mit dem Beitrag der Landesregierung. Herr Minister Schönbohm, Sie haben das Wort.
Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Ziel des vorliegenden Gesetzentwurfs ist es, das Polizeirecht den bestehenden Erfordernissen anzupassen und es weiterzuentwickeln. Der Polizei soll damit ein verbessertes rechtliches Instrumentarium zur Verfügung gestellt werden, um die Sicherheit unserer Bürger im Land Brandenburg gewährleisten zu können.
ten es zudem, auf der einen Seite die polizeiliche Wirksamkeit und auf der anderen Seite die Maßnahmen zur Eigensicherung der Polizei im Einsatz zu verbessern.
Wir sehen die Aufnahme der Wohnungsverweisung und des Rückkehrverbots zum Schutz vor häuslicher Gewalt in § 16 a des Gesetzes vor.
Der Bedarf an einer Novellierung des Brandenburgischen Polizeigesetzes in der laufenden Legislaturperiode ergibt sich in diesem Punkt in erster Linie aus dem Gewaltschutzgesetz vom 11. Dezember 2001, mit welchem der zivilrechtliche Schutz von Opfern häuslicher Gewalt verbessert worden ist. Kernstück dieses Gesetzes ist die Schaffung einer klaren Rechtsgrundlage für Schutzanforderungen des Zivilgerichts bei widerrechtlichen und vorsätzlichen Verletzungen von Körper, Gesundheit und Freiheit der Person einschließlich der Drohung mit solchen Handlungen.