Protocol of the Session on September 25, 2003

Jetzt komme ich zum sachlichen Teil. Lassen Sie mich etwas zur Finanzreform des Bundes sagen. Die Finanzreform des Bundes ist im Gesamtpaket von Reformen mit Auswirkungen auf die Kommunen zu betrachten. Schwerpunkt aus Sicht der Kommunen ist damit das Gesetz zur Reform der Gewerbesteuer. Dieses Gesetz zur Gewerbesteuer - das können Sie in allen Wirtschaftszeitungen nachlesen - ist umstritten zwischen der SPD und der CDU, zwischen den Städten und Gemeinden und

innerhalb der Partei, weil es unterschiedliche Interessen gibt. Sie müssen einmal zur Kenntnis nehmen, dass es in einem parlamentarischen Verfahren darum geht, wie man zu einer gemeinsamen Lösung kommt, die dann mehrheitsfähig ist. Es geht um die Mehrheitsfähigkeit eines Gesetzes, das im Bundestag und auch im Bundesrat die Mehrheit haben muss. Darum geht es im Augenblick. Dieses Gesetz ist am Ende dieser Woche zum ersten Mal in der Plenarsitzung des Bundesrates. Dann wird der Bundesrat entscheiden, wie er damit umgeht. Voraussichtlich wird es an den Vermittlungsausschuss überwiesen werden. In diesem Vermittlungsausschuss hat der Ministerpräsident des Landes Brandenburg eine gewichtige Stimme. Er wird diese Stimme dort auch einbringen und versuchen, gemeinsam mit den Kollegen aus den anderen Ländern eine Mehrheit zu finden, damit wir zu einem gemeinsamen Gesetz kommen.

Eigener Vorschläge des Landes Brandenburg, vielleicht des 16., 17., 18. oder 19. Vorschlages, bedarf es nicht. Die Vorschläge liegen alle auf dem Tisch. Sie müssen bewertet und zu einem gemeinsamen Ganzen zusammengeführt werden.

Wir - Bund und Länder - sind uns einig, dass diese Reform zum 01.01.2004 greifen soll. Gerade wir in Brandenburg haben daran ein vitales Interesse. Wir haben gestern darüber gemeinsam diskutiert. Wir wollen damit die Gemeinden von Aufgaben entlasten und ihnen gleichzeitig eine verlässliche Planungssicherheit für die Finanzen geben.

Nun haben Sie etwas zur Beschleunigung der Arbeit hinsichtlich des Finanzausgleichsgesetzes gesagt. Es besteht Einigkeit in der Landesregierung, auch mit den kommunalen Spitzenverbänden, dass das Finanzausgleichsgesetz zügig vorgelegt werden muss, damit es in der nächsten Legislaturperiode auch wirklich wirksam werden kann. Ich habe hier vorgetragen, dass wir beabsichtigen, dieses Finanzausgleichsgesetz in die Landtagsberatungen einzubringen, sobald die Voraussetzungen dafür vorhanden sind. Aber ich kann es doch erst einbringen, wenn ich Planungssicherheit habe und weiß, auf welcher Basis ich ein solches Gesetz zu verabschieden habe.

Was den Inhalt dieses Ausgleichsgesetzes anbelangt, so haben wir uns mit den Fachleuten der Koalitionsfraktionen über die wesentlichen Eckpunkte verständigt. Wir müssen jetzt sehen, wie diese sich auf der Basis der Entscheidung der Bundesregierung umsetzen lassen.

Sie wollen die Beschleunigung der Gemeindefinanzreform durch eine Kommission. Haben Sie keine Lebenserfahrung? Kommissionen beschleunigen nicht, Kommissionen verlangsamen. Das hat der Kollege Schippel vollkommen richtig dargestellt.

(Zurufe von der PDS)

Wir werden das Finanzausgleichsgesetz einbringen und ich freue mich mit Ihnen auf die Diskussion über dieses Gesetz. Darauf bin ich gespannt, denn dann müssen Sie endlich Farbe bekennen. Darum werde ich das so schnell wie möglich tun, sobald die Voraussetzungen dafür gegeben sind. Darum ist der vorliegende Antrag abzulehnen. - Herzlichen Dank.

(Beifall bei CDU und SPD)

Ich danke Minister Schönbohm. - Meine Damen und Herren, wir sind am Ende der Aussprache zu diesem Tagesordnungspunkt angelangt und kommen zur Abstimmung.

Ich rufe zur Abstimmung den Antrag der Fraktion der PDS auf, der Ihnen in Drucksache 3/6416 vorliegt. Wer diesem Antrag seine Zustimmung gibt, den bitte ich um sein Handzeichen. Gegenstimmen? - Stimmenthaltungen? - Damit ist der Antrag mehrheitlich abgelehnt worden.

Ich schließe den Tagesordnungspunkt 9 und rufe Tagesordnungspunkt 10 auf:

Genehmigung der Mitgliedschaft im Aufsichtsrat der Flughafen Berlin-Schönefeld GmbH

Antrag der Landesregierung

Drucksache 3/6397

Ich eröffne die Aussprache zu diesem Tagesordnungspunkt und erteile der Landesregierung das Wort. Bitte schön, Frau Ministerin Ziegler.

Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Die Gesellschafter der Berlin Brandenburg Flughafen Holding GmbH haben sich nach Beendigung des Privatisierungsverfahrens im Mai 2003 im Ergebnis intensiver Beratungen darauf verständigt, die Verschmelzung aller konzernzugehörigen Unternehmen mit Ausnahme der Berliner Flughafengesellschaft mbH zu vollziehen.

Die Gesellschafterversammlung der BBF, die über den Vollzug dieser Umstrukturierung zu entscheiden hatte, fand am 27. August dieses Jahres statt. Die Wirksamkeit der Verschmelzung hängt von der Eintragung der Änderung in das Handelsregister ab. Diese Eintragung wird etwa Mitte November 2003 erfolgen.

An einer künftigen Flughafen Berlin-Schönefeld GmbH werden - wie bereits jetzt an der noch bestehenden Berlin-Brandenburg Flughafen Holding GmbH - die Länder Berlin und Brandenburg mit je 37 % und der Bund mit 26 % beteiligt sein. Dementsprechend werden die Anteilseigner Berlin und Brandenburg je vier Vertreter und der Bund zwei Vertreter in den neu zu konstituierenden Aufsichtsrat zu entsenden haben.

Vertreter des Landes Brandenburg im Aufsichtsrat der Berlin Brandenburg Flughafen Holding GmbH sind derzeit Ministerpräsident Matthias Platzeck, Staatssekretär a. D. Dr. Heinz Padberg, Herr Minister Ulrich Junghanns und Herr Walter Schubert, Vorsitzender des Vorstandes der Mittelbrandenburgischen Sparkasse.

Herr Staatssekretär a. D. Dr. Padberg wird für ein Mandat im künftigen Aufsichtsrat der Flughafen Berlin-Schönefeld GmbH nicht mehr zur Verfügung stehen. Der Staatssekretär im Ministerium der Finanzen, Dr. Karl-Peter Schackmann-Fallis, soll als Nachfolger in den künftigen Aufsichtsrat der Flughafen BerlinSchönfeld GmbH entsandt werden.

Angesichts der politischen und finanziellen Tragweite der mit dem Ausbau des Flughafens Schönefeld zum Flughafen BerlinBrandenburg International anstehenden Entscheidungen im künftigen Aufsichtsrat der Flughafen Berlin-Schönefeld GmbH ist die Besetzung der Mandate durch die bisherigen Mitglieder des Aufsichtsrates und durch den Staatssekretär meines Hauses sinnvoll und zweckmäßig, um die Position des Landes weiter nachdrücklich und einheitlich vertreten zu können.

Mit dem Land Berlin als Mitgesellschafter ist verabredet, dass die Berliner Mandate im Aufsichtsrat der Flughafen BerlinSchönefeld GmbH in entsprechender Weise besetzt werden. Ich bitte daher den Landtag, der Entsendung von Herrn Ministerpräsidenten Platzeck und Herrn Minister Junghanns in den künftigen Aufsichtsrat der Flughafen Berlin-Schönefeld GmbH gemäß Artikel 95 der Landesverfassung zuzustimmen. - Vielen Dank.

Ich danke Ihnen, Frau Ministerin Ziegler. - Ich gebe das Wort an die Fraktion der PDS. Bitte, Frau Abgeordnete Tack.

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Herr Junghanns, ich freue mich, dass Sie zurückgekehrt sind. Ich dachte schon, wir müssen die Debatte heute ohne diejenigen führen, die gewählt werden sollen.

Frau Ziegler sprach gerade davon, dass sie die Vorschläge zur Besetzung des Aufsichtsrates für sehr sinnvoll hält. Ich will in diesem Zusammenhang noch einmal daran erinnern, dass die Landesregierung zum wiederholten Male beantragt, den Chef der Regierung und den Wirtschaftsminister mit einem Sitz in einem Aufsichtsrat zu betrauen - und wieder ein Aufsichtsrat einer Gesellschaft mit Landesbeteiligung - und das durch eine Wahl zu untermauern.

Meine Damen und Herren, was uns wundert: Sie tun das unverdrossen, ohne zur Kenntnis zu nehmen, dass wir erst im Monat Juni hier über das Ergebnis des Untersuchungsausschusses zur Verantwortung der Mitglieder der Landesregierung am Scheitern der Privatisierung des Flughafens BBI diskutiert haben. Sie blenden das einfach aus. Der Untersuchungsausschuss hat doch ganz deutlich gesagt - wir haben es in unserem Minderheitenvotum zum Ausdruck gebracht -, dass die Mitglieder der Landesregierung, die Mitglieder im Aufsichtsrat waren, eine große Mitverantwortung am Scheitern der Privatisierungsverhandlungen und damit auch an dem nicht wirtschaftlichen Einsatz der Steuergelder, die im Zusammenhang damit aufgebracht wurden, tragen.

Ich frage Sie, meine Damen und Herren: Welche Aufgaben übernehmen Vorsitzende und Mitglieder von Aufsichtsräten in Unternehmen mit Landesbeteiligung, wenn sie angeblich keine Verantwortung dafür haben, was die Gremien entscheiden, ob und wie die Geschäftsführung kontrolliert wird? Denn das war das Fazit der Zeugenvernehmungen und der Aktenlage im Untersuchungsausschuss.

Ich frage Sie weiter: Warum sonst wurden Brandenburger Landesvertreter - angefangen beim ehemaligen Ministerpräsidenten Stolpe bis hin zum Ministerpräsidenten Platzeck - ent

sandt? Es ist ja nicht der erste Aufsichtsrat, der für Flughafengremien besetzt werden soll. Da können wir alle Wirtschaftsminister und alle Finanzministerinnen, die wir bisher hatten, nennen. Alle waren sie als Mitglieder in die Aufsichtsräte gewählt worden und alle haben zum Ausdruck gebracht, dass sie angeblich überhaupt keinen Einfluss und demzufolge überhaupt keine Verantwortung für die Entwicklung und die Entscheidungen der Flughafen Holding und ihrer Töchter hatten. Wozu sollen wir dann Landesvertreter in diese Gremien, in die Aufsichtsräte wählen?

Alle Kollegen Mitglieder in den Aufsichtsräten haben sich immer wieder - das ist nachlesbar - mit ihrer Verantwortung für das Unternehmen herausgeredet. Sie hätten zuallererst - das ist laut GmbH-Recht auch so zutreffend - Verantwortung im Interesse des Unternehmens zu übernehmen. Aber welches Unternehmensinteresse, frage ich Sie, ist bei einem Unternehmen mit Landesbeteiligung zu verfolgen? Ist es denn nicht im Interesse des Landes? Damit haben Sie ja auch Ihren Antrag begründet, Frau Ziegler.

Alle wurden gewählt, meine Damen und Herren, um das Landesinteresse in diesen Gesellschaften zu sichern. Aber genau diesem - das ist die traurige Bilanz der bisherigen Flughafengeschichte - handelten sie, ausgehend von falschen Prämissen und Zielen auf der Grundlage des Konsensbeschlusses von 1996, zuwider. Ihr Handeln war geprägt vom Wunschdenken bezüglich eines Großflughafens. Sie verfolgten damit eine Politik jenseits der Realität.

Ich will die Zeit nutzen, um noch einmal an Folgendes zu erinnern: Beginnend mit den Grundstücksspekulationen am Baufeld Ost und der damit verbundenen dauerhaft hohen Verschuldung der BBF haben Brandenburger Regierungsvertreter sehr wohl Anteil an der Kette von selbstverursachten und selbstverschuldeten Fehlentscheidungen in den Entscheidungs- und Aufsichtsgremien, die zum Scheitern der Privatisierung sowohl 1999 als auch im Mai dieses Jahres und zum Abbruch des Vergabeverfahrens geführt haben. Das ist die traurige Bilanz.

Deshalb kann ich nur sagen: Wir halten es nicht für richtig, dass sich die Vertreter der Landesregierung nach wie vor in den Aufsichtsräten selber kontrollieren bzw. überhaupt nicht kontrollieren, wie wir erfahren haben, und keine Transparenz herstellen. Deshalb werden die Vertreter der PDS-Fraktion für die Fortsetzung des Fehlverhaltens von Mitgliedern der Landesregierung im Aufsichtsrat der Flughafen Berlin-Schönefeld GmbH nicht ihre Stimme geben. Denn wir sehen nicht gewährleistet, dass der Ministerpräsident wie auch der Wirtschaftsminister einen neuen Kurs einschlagen und sagen: Wir kontrollieren das Unternehmen, es kommt zu keinen Fehlentscheidungen und zu keinen negativen Ergebnissen mehr.

Frau Ziegler hat uns gerade mitgeteilt, dass sich das Unternehmen in einer Umstrukturierung befindet, dass der Konzern umstrukturiert wird und dass die Gesellschafterversammlung umfirmiert wird. Ich denke, da ist es angeraten, dass das Parlament über diese Situation informiert wird.

Es ist im Übrigen immer eine Forderung der PDS gewesen, die Strukturen der Gesellschaft vom Kopf auf die Füße zu stellen, um das Unternehmen wirtschaftlich zu machen. Dafür erhalten Sie unsere Unterstützung, aber nicht dafür, immer wieder Vertreter der Regierung in die Landesgesellschaften und deren

Aufsichtsgremien zu wählen. Die Fehlentwicklung haben wir über Jahre beobachtet und kritisiert.

Frau Abgeordnete Tack, Sie wiederholen sich und Sie haben die Redezeit überschritten.

Wir halten sie für falsch. - Vielen Dank.

(Beifall bei der PDS)

Danke schön. - Ich gebe das Wort für die Koalitionsfraktionen dem Abgeordneten Klein.

Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Es fällt auf, jedenfalls den Mitgliedern dieses Landtages, dass es bei der Besetzung oder Genehmigung von Mitgliedschaften in Aufsichtsräten manchmal Debatten gibt. Normalerweise findet so etwas nicht statt, sondern wir führen die Wahl durch, genehmigen das und die Sache ist erledigt.

(Frau Tack [PDS]: Ja, das war ja das Dilemma!)

Interessant ist, dass es gerade bei der Berlin Brandenburg Flughafen Holding oder - wie es jetzt umfirmiert heißt - beim Aufsichtsrat der Flughafen Berlin-Schönefeld GmbH immer eine solche Debatte gibt. Letztlich war das, was die Finanzministerin uns über die Motivation gesagt hat, aufklärend. Das war einleuchtend. Dem können wir uns nicht verschließen.

Es geht ja letztlich - Frau Tack wird das bestätigen - um die Genehmigung der Mitgliedschaft des Ministerpräsidenten Matthias Platzeck und des Ministers Ulrich Junghanns, während die Mitgliedschaft der beiden anderen Herren, Herrn Staatssekretär Dr. Karl-Peter Schackmann-Fallis und Herrn Walter Schubert, von uns nicht zu genehmigen ist. Sie werden durch die Gesellschafterversammlung gewählt. Aber das Problem hätten wir vielleicht mit der Debatte heute nicht gehabt, wenn die Landesregierung so freundlich gewesen wäre, einen Halbsatz in der Begründung zu vermeiden, der da heißt: „... weiterhin die Interessen des Landes Brandenburg im Aufsichtsrat

(Zurufe von der PDS)

der Flughafen Berlin-Schönefeld GmbH“, und jetzt lasse ich etwas weg, „zu vertreten“, weil ich schon wusste, dass Frau Tack darauf abheben und sich an das erinnern wird, was im Untersuchungsausschuss stattgefunden hat.

(Vietze [PDS]: Das hatten wir im LEG-Untersuchungs- ausschuss auch, Herr Klein!)

Wir hätten uns die Debatte wirklich sparen können, wenn dieser Halbsatz weggelassen worden wäre. Dann hätte Frau Tack nicht die Möglichkeit gehabt, sich darüber fünf Minuten lang auszulassen.