Drittens: Stärkung der Verantwortlichkeiten durch Erweiterung der Selbstständigkeit und des Selbstmanagements der Schulen.
Viertens: Standardüberprüfung durch zentrale Tests und Prüfungen zum Beispiel in der Jahrgangsstufe 10. Das Zentralabitur wird ab 2004/05 abgenommen. Vergleichsarbeiten in den Jahrgangsstufen 5 und 8 werden geschrieben.
Fünftens: Entwicklung und Ausbau der Zusammenarbeit von Wirtschaft und Schule. Ich erinnere an die Aktivitäten, die die SPD-Fraktion in diesem Zusammenhang entwickelt hat.
Sechstens: Ausbau und Verbesserung des Gesamtschulsystems. Wir haben gerade dazu in der letzten Landtagssitzung eine Debatte geführt.
Das klare Ziel all dieser Maßnahmen heißt: Steigerung der Qualität des Schulsystems und der Leistung und Leistungsbe
reitschaft der Schülerinnen und Schüler. Wir sind zuversichtlich, mit diesen und weiteren Maßnahmen in einigen Jahren den Anschluss an das internationale Schulleistungsniveau erreichen zu können.
Dennoch erlauben die bisherigen internationalen Schulleistungsvergleiche nicht die Aussage, Absolventen der brandenburgischen Schulen hätten keine Perspektive. Im Gegenteil: Wirtschaftliche und soziale Verhältnisse in einem Land wirken sich unmittelbar auf schulische Leistungen aus.
Auch erlaubt dies nicht, über unsere Jugend generell den Stab zu brechen. Hingewiesen sei hier nur auf das große Engagement und die Leistungsbereitschaft junger Menschen im Ehrenamt, in Jugendverbänden, in Sport und Schule wie auch das in den einzelnen Wettbewerben immer wieder deutlich gute Abschneiden einzelner Schulen und Schüler unseres Landes.
Meine Damen und Herren, damit komme ich zur Förderung der beruflichen Erstausbildung. Leider zieht es die DVU-Fraktion vor, die vielfältigen Aktivitäten von Bund und Land auf diesem Gebiet zu ignorieren. In dem Antrag der DVU-Fraktion zur Aktuellen Stunde wird die Ausbildungsförderung nicht erwähnt bzw. sogar diffamiert, wenn in dem Antrag die zahllosen Termine von Ministern und Abgeordneten als Teil eines sich regelmäßig wiederholenden Prozesses beschrieben werden. Ohne Frage ist es leichter, sich auf den vermeintlichen Sündenbock Schule zu konzentrieren.
Mit einem Finanzvolumen von 68 Millionen Euro schaffen Bund und Land, in erheblichem Umfang unterstützt durch Mittel aus dem Europäischen Sozialfonds, 5 000 Angebote für eine berufliche Erstausbildung in verschiedenen Programmen, und das übrigens schon seit zehn Jahren und auch schon zu Zeiten - das erwähne ich ausdrücklich gegenüber unserem Koalitionspartner -, als der Bundeskanzler nicht Schröder, sondern Kohl hieß, weil das Problem eben so wichtig ist.
Jeweils etwa zur Hälfte handelt es sich dabei um betriebsnahe Plätze, wo der praktische Teil der Ausbildung in einem Betrieb stattfindet, bzw. um Plätze im kooperativen Modell, wo aufgrund mangelnder Kapazitäten in den Betrieben die Praxis bei Bildungsträgern vermittelt wird.
Das häufig kritisierte kooperative Modell wird evaluiert und die vorliegenden Zwischenergebnisse sind ordentlich. Bitte beachten Sie das Wort „ordentlich“. Man darf einfach nicht vergessen, dass die hier beschäftigten und auszubildenden Jugendlichen schwächer sind als ihre Altersgenossen, die in einem betrieblichen Ausbildungsplatz integriert sind oder in einer betriebsnahen Förderung unterkommen. Wie kann man denn von den Absolventen des kooperativen Modells erwarten, dass ihre Berufsausbildungsabschlüsse und Berufsaussichten genauso gut wie oder gar besser als die der vorgenannten Gruppe ausfallen?
Wichtig ist insbesondere in einem Flächenland wie Brandenburg mit vorwiegend kleinen und mittelständischen Betrieben die Förderung von Ausbildungsverbünden. Hier können mehr als 3 000 Jugendliche mit einem seriösen Ausbildungsangebot versorgt werden, was eine normale praktische Schulung im Betrieb einschließt.
burg in den letzten Jahren mit Erfolg daran gearbeitet hat, die Jugendlichen nach dem Schulabschluss nicht hängen zu lassen. Bei uns gab es keine endlosen bzw. perspektivlosen Warteschleifen.
In diesem Jahr werden zwar zusätzliche berufsvorbereitende Angebote für etwa 1 500 Jugendliche benötigt, weil die Ausbildungslücke weiter gewachsen ist; in diesen Maßnahmen sollen aber zertifizierte Elemente vermittelt und auch geprüft werden, die bei einer anschließenden Berufsausbildung anerkannt werden.
Wir wissen um die Bedeutung qualifizierter Arbeiternehmerinnen und Arbeitnehmer für einen Wirtschaftsstandort. Wir wissen auch, dass die Schulabgangsjahrgänge ab 2007 viel kleiner ausfallen werden als heute. Die Betriebe werden dann um Auszubildende konkurrieren, der Druck auf dem Arbeitsmarkt aus dieser Richtung wird nachlassen und die Beschäftigungszahlen bei denjenigen, die in den Vorjahren von Förderprogrammen profitiert haben, werden sich verbessern.
Lassen Sie mich abschließend noch einmal betonen, dass mit Schwarzmalerei noch niemandem eine Perspektive geboten wurde.
Gerade wenn es um Jugendliche geht, stellt dies geradezu ein Spiel mit dem Feuer dar. Trotz aller Probleme, die niemand in diesem Raum hier bestreitet, sind Entschlossenheit, Zuversicht, Pragmatismus und Optimismus immer noch die besseren Ratgeber, wenn es darum geht, Wege in eine bessere Zukunft zu suchen und zu finden. - Ich danke Ihnen, meine sehr verehrten Damen und Herren.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Die DVU-Fraktion hat mit ihrem Antrag für die Aktuelle Stunde ein Konstrukt vorgelegt, das wohl in etwa folgende Botschaft vermitteln soll: Die Schulabgänger in Brandenburg können nicht richtig rechnen, lesen und schreiben und bekommen deshalb keine Ausbildungsstellen.
Nun will ich überhaupt nicht in Abrede stellen, dass unser Bildungssystem erhebliche Defizite aufweist und ein entsprechender Reformbedarf besteht. Das wussten wir sogar schon vor PISA und dies ist letztens durch eine OECD-Studie bestätigt worden. Fakt ist: Deutschland liegt in der Bildung mittlerweile weit hinter anderen Industriestaaten und hat zum Beispiel weniger Abiturienten und Studenten, dafür aber mehr Schüler und Lehrlinge, die ihre Ausbildung abbrechen.
Um das künftig dauerhaft zu verhindern, bedarf es veränderter Weichenstellungen, für die sich die PDS auch in diesem Landtag seit langem einsetzt.
So richtig es aber ist, eine Reform des Schulsystems zu fordern, so klar ist auch, dass der Weg, den die DVU gehen will, der absolut falsche ist. Bisher war von dieser Partei zum Beispiel lediglich zu hören, dass Disziplin, Ordnung, strenge Vergleichstests, Bewertungen usw. an den Brandenburger Schulen nicht ausreichen. Letztgenannte Forderungen durchzusetzen hieße aber lediglich, an der Oberfläche zu plätschern und die Schieflage des Bildungssystems zu forcieren, hieße jedoch nicht, die Probleme zu lösen.
Zeitgemäß ist in Deutschland und im Land Brandenburg tatsächlich eine andere Schule. Sie muss sich aber durch Förderung und Integration, nicht durch Perfektionierung und Pervertierung des Auslesemechanismus auszeichnen.
Meine Damen und Herren, das alles ist aber nicht - wie die Antragstellerin der Aktuellen Stunde zu suggerieren versucht - der Kern der Ausbildungsmisere. Der Kern des Problems liegt im Fehlen betrieblicher Ausbildungsplätze.
Nach der Berufsausbildungsstatistik für Brandenburg hatten wir 1995 noch über 16 000 betriebliche Ausbildungsplätze. Aktuell sind es etwa 10 000. Entsprechend ist der Anteil betrieblicher Plätze von 75 % auf 65 % zurückgegangen und damit notgedrungen die Zahl außerbetrieblicher Ausbildungsstellen kontinuierlich gewachsen. Ein Drittel der Schulabgänger bekommt nur betriebsnahe oder außerbetriebliche Ausbildungsplätze, wobei ich das „nur“ nicht abwertend im Sinne schlechterer Qualität meine. Fakt ist allerdings - das zeigen die Evaluierungen -, dass diese Jugendlichen nach der Ausbildung schlechtere Chancen haben, eine Anstellung zu finden, als die betrieblich Ausgebildeten.
Im Übrigen, verehrte Kolleginnen und Kollegen, müssen für diverse Modelle und Sonderprogramme erhebliche Summen aus den öffentlichen Haushalten aufgewendet werden. Für das kommende Jahr sind in Brandenburg - die Zahl ist heute schon des Öfteren gefallen - allein für das Ausbildungsplatzprogramm ca. 68 Millionen Euro veranschlagt.
Für die PDS hat stets gegolten: Die Ausbildung unserer Jugendlichen - denn dies ist Zukunftssicherung für unser Land rechtfertigt dieses staatliche Engagement. Wir haben die Landesregierung nie dafür kritisiert, dass sie Jahr für Jahr eine so genannte Ausbildungsplatzzusage abgegeben hat, die beinhaltete: Jedem ausbildungswilligen und -fähigen Jugendlichen wird ein Angebot unterbreitet. Ein Ausbildungsplatzangebot für jeden Jugendlichen muss unverzichtbarer Anspruch an die Landesregierung bleiben, obgleich wir wissen, dass die finanziellen Grundlagen heute schlechter denn je sind und man die fast 68 Millionen Euro für sehr viele andere vernünftige Dinge einsetzen könnte bzw. müsste. Aber gerade weil das so ist, ist es wichtig, dass sich die Landesregierung deutlich zur Ausbildungsplatzabgabe positioniert.
Deswegen werde ich weiterhin hartnäckig bleiben, Herr Minister Baaske; wissen wir doch, dass einige Unternehmen trotz vorhandener Möglichkeiten nicht ausbilden. Das sind in Bran
denburg immerhin 21 % der ausbildungsberechtigten Betriebe. Wenigstens sollten Ausbildungsbetriebe oder außerbetriebliche Programme finanziell unterstützt werden.
Berufsausbildung, verehrte Kolleginnen und Kollegen, ist und bleibt zuallererst Sache der Wirtschaft. Die politische Verantwortung der Landesregierung liegt aber darin, jedem Jugendlichen eine Ausbildung zu ermöglichen. Darüber, auf welchem Wege diese Verantwortung wahrgenommen wird, kann man trefflich streiten - und so muss es sein.
Meine Damen und Herren! Natürlich hat es - speziell im Osten - Ursachen, dass Betriebe zu wenig ausbilden, zum Beispiel konjunkturelle Ursachen. Das heißt, es gibt zurzeit einen Rückgang vor allem im Baugewerbe, aber auch im IT-Bereich und im Handwerk. Anders ausgedrückt: Die Wirtschaftskrise in Deutschland verschärft den Wettbewerb und die Unternehmen reagieren mit Kostensenkungen. Im Osten, wo die Wirtschaftskraft der Mehrzahl der Betriebe ohnehin gering ist und viele Unternehmen ums tägliche Überleben kämpfen, fällt es diesen objektiv schwer, Ausbildungsplätze anzubieten.
Zum anderen sind die Ursachen strukturell bedingt, das heißt, die Zahl der nicht ausbildungsfähigen Klein- und Kleinstbetriebe steigt, Unternehmen spezialisieren sich zunehmend und Großunternehmen ziehen sich mit steigender Tendenz aus der Ausbildungsverantwortung zurück bzw. mutieren zu Ausbildungsträgern staatlich finanzierter Maßnahmen und setzen dabei nicht selten auf die damit verbundenen Mitnahmeeffekte.
Verehrte Kolleginnen und Kollegen! Angesichts hoher Arbeitslosigkeit und permanenter wirtschaftlicher Flaute ist kurzfristig kaum eine dauerhafte und nachhaltige Änderung der Situation in Sicht, die sich aus den ureigensten Interessen der Wirtschaftsunternehmen ergeben könnte. Zwar droht heute schon in vielen Bereichen ein akuter Fachkräftemangel, aber die kurzsichtigen betriebswirtschaftlichen Effizienzkriterien bewirken, dass zu wenig Auszubildende eine Lehrstelle erhalten. Laufende Debatten über die Verlängerung der Lebensarbeitszeit tun ein Übriges.
Fazit: Die berufliche Ausbildung wird zunehmend staatlich finanziert. Hinzu kommt, dass sich diese beunruhigende Entwicklung in einem Gesamtrahmen vollzieht, der mehr und mehr die Verstärkung negativer Folgen erwarten lässt. Ich will erstens die weitere Europäisierung der Aus- und Weiterbildung, zweitens die laufenden Verhandlungen über die Liberalisierung von Dienstleistungen - GATS -, zu denen auch Bildungsdienstleistungen gehören, sowie drittens die Umsetzung der HartzGesetze mit ihren negativen Auswirkungen wie dem beabsichtigten Rückzug der Bundesanstalt für Arbeit aus der Berufsvorbereitung und -ausbildung oder dem verstärkten Druck auf Annahme eines Angebots bezüglich Arbeit und Ausbildung bei Androhung von Leistungskürzungen nennen.
Deshalb, verehrte Kolleginnen und Kollegen: Aus- und Weiterbildung als Grundlage von Chancen auf dem Arbeitsmarkt und eine eigenständige Sicherung der Existenz sind wesentlicher Bestandteil von Bildung als der sozialen Frage des 21. Jahrhunderts. Gründe für den Ausschluss von Bildung generell und deren Ursachen wird meine Partei stets benennen, aber es nicht dabei belassen. Notwendig ist unter anderem eine Reform des Berufsbildungsgesetzes mit Blick auf Eckpunkte wie: Globalisierung sozial beherrschen lernen, Strukturwandel gestalten,
Chancengleichheit herstellen oder Qualität sichern. Die diesbezüglichen Vorschläge beispielsweise des DGB Berlin-Brandenburg sind hierfür sehr hilfreich.
Ziel eines mittelfristig umzusetzenden und zukunftsfähigen Konzepts muss es daher sein, allen Jugendlichen einen qualifizierten Berufsabschluss zu vergleichbaren Konditionen zu ermöglichen und gleichzeitig die wirtschaftliche Leistungskraft der Unternehmen gerecht zu belasten. Die kritische Situation in der beruflichen Erstausbildung muss daher unter dem Blickwinkel der künftigen demographischen Entwicklung in Deutschland und prognostizierbaren Wanderungsbewegungen, vor allem in Richtung Ost nach West, sowie zukünftiger Lebenskonzepte und Erwerbsbiografien analysiert werden, um rechtzeitig wirkungsvolle Gegenstrategien entwickeln zu können. Hier sind auch Landesregierungen gefordert. - Ich danke für Ihre Aufmerksamkeit.
Ich danke Ihnen, Herr Abgeordneter Thiel, und gebe der CDUFraktion das Wort. Herr Abgeordneter Homeyer, bitte.
Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Die Zukunft unserer jungen Generation ist für meine Fraktion und auch für mich persönlich von zentraler Bedeutung sowie eine Herzensangelegenheit, um es einmal emotional auszudrücken. Dies zu Beginn festzustellen ist mir gerade nach dem deprimierenden Redebeitrag der DVU wichtig.
Die wirtschaftliche Situation in Deutschland ist, wie wir alle wissen, außerordentlich schwierig. Wir haben quasi ein NullWachstum. In Brandenburg schrumpft die Wirtschaft seit zwei Jahren. Dies hat natürlich Auswirkungen auf das Ausbildungsplatzangebot in Brandenburg und darüber hinaus.
Wenn wir heute über die Ausbildungsplatzsituation reden, sprechen wir über Probleme einer Generation, die nach neunjähriger, zehnjähriger oder längerer Schulausbildung neugierig und erwartungsvoll ihr eigenes Leben in die Hand nehmen und vor allem ein Fundament für die eigene Zukunft errichten möchte. Der Start in die Berufs- und Arbeitswelt ist gegenwärtig für viele Jugendliche nicht der, den wir ihnen wünschen; daran gibt es nichts zu deuteln.
Wie sieht die Ausbildungsmarktsituation in Deutschland aus? Ende August musste die Bundesanstalt für Arbeit eine Lücke von über 130 000 Lehrstellen feststellen. Das sind annähernd 40 000 mehr fehlende betriebliche Ausbildungsstellen als im August des Vorjahres. Zwischen Juli 2003 und August 2003 ist es allerdings gelungen, diese Lücke um rund 35 000 Stellen zu verringern. 35 000 Jugendliche, die im Juli 2003 noch keinen Lehrvertrag in der Tasche hatten, konnten im August eine betriebliche Ausbildungsstelle finden. Dafür möchte ich hier und heute allen Beteiligten, ganz besonders den Unternehmen, herzlich danken.