Protocol of the Session on October 9, 2002

In welcher Weise würden Sie beabsichtigen, eine Umschichtung der Staatsausgaben weg von den Personal- und Sozialleistungen hin zu Investitionen in die Infrastruktur sowie in die mittelständische Wirtschaft zu erreichen?

Das alles werden wir dann beraten.

Ich danke Ihnen für die Antwort. - Wir sind jetzt eigentlich bei der Frage 1305 des Abgeordneten Dr. Trunschke. Er hatte aber gebeten, seine Frage 1310 (Finanzierung der Hochschulbibliotheken) vorzuziehen. Das Einverständnis der Landesregierung liegt vor, meines auch. Bitte schön, Herr Abgeordneter Dr. Trunschke.

Meine Frage lautet, obwohl heute in der Presse einiges zu lesen war: Wie werden die Hochschulbibliotheken künftig finanziert?

Die Antwort erhalten Sie von der Wissenschaftsministerin. Bitte schön, Frau Dr. Wanka.

Die Situation bei den Hochschulbibliotheken ist folgendermaßen: Man hat normalerweise - ich hole da einfach etwas weiter aus - natürlich einen Etat für die Hochschulbibliotheken. Daraus können Periodika und Monographien beschafft werden. Zusätzlich gab es nach der Wende ein Projekt dafür, die Bibliotheken insbesondere im Osten erst einmal in den Stand zu versetzen, ein entsprechendes Portfolio an Büchern zu beschaffen.

Dabei handelte es sich um das so genannte Sonderprogramm. Dieses Programm sah vor, den Bibliotheken des Landes rund 9 Millionen DM jährlich - jeweils zur Hälfte aus Bundes- und Landesmitteln - zukommen zu lassen, um den Bücherbestand in diesen Bibliotheken aufzubauen. Das hat nichts mit dem normalen Bibliotheksetat zu tun.

Die Büchergrundbestandsförderung bezieht sich immer auf zwölf Jahre. Es steht also seit zwölf Jahren fest, wann sie ausläuft. In diesen zwölf Jahren hat das Land Brandenburg den normalen Bibliotheksetat schrittweise gesenkt. Das hat aber nicht zu Schwierigkeiten geführt, weil die Bibliotheksversorgung aufgrund der hohen zusätzlichen Fördersumme aus Bundes- und Landesmitteln insgesamt sehr gut war.

Zu der Senkung der Ansätze im Bibliothekstitel kamen die enormen Preissteigerungen im Bibliotheksbereich hinzu, mit denen alle Bundesländer zu kämpfen haben; das hat nichts mit

dem Osten zu tun. Die Preissteigerungen betrugen bis zu 25 % und bei Periodika in den letzten Jahren teilweise bis zu 50 %.

Wenn an der Universität Potsdam, an der BTU Cottbus und an der Hochschule für Film und Fernsehen die Sonderförderung für den Büchergrundbestand ausläuft, gibt es noch den normalen Bibliotheksetat, der aber wesentlich niedriger ist als vor 1994. Hinzu kommen die Preissteigerungen, sodass die Bibliotheken nachweisen konnten, dass sie nicht in der Lage sind, ihren Betrieb in gewohnter Weise aufrechtzuerhalten. Das muss konstatiert werden. Deswegen muss dieses Problem gelöst und der Bibliothekstitel aufgestockt werden.

Wir haben zu diesem Zweck verschiedene Maßnahmen ergriffen, über die ich den Landtag im Dezember ausführlich unterrichten werde. Es handelt sich dabei um Maßnahmen im Rahmen des kooperativen Bibliotheksverbunds; bei uns wird - im Gegensatz zu Berlin - ab 2003 die Online-Fernleihe eingeführt und wir leisten dieses Jahr die Finanzierung zu 100 %, ohne dass sich, wie in Berlin, die Hochschulen beteiligen. Wir haben Konsortialverträge geschlossen und anderes auf den Weg gebracht. Auch üben wir Druck auf die Hochschulen aus, selbst Synergieeffekte bei der Bibliotheksversorgung nachzuweisen. Trotzdem bleibt die Notwendigkeit der Mittelaufstockung bestehen. Zugesagt ist den drei Hochschulen jeweils ein definitiver Betrag, bis zu dem wir ihren Bibliothekstitel maximal aufstocken, vorausgesetzt, die Hochschulen weisen ihren Bedarf qualifiziert nach. Ein qualifizierter Nachweis bedeutet nicht nur die Vorlage von Zeitschriftenlisten, sondern besteht darin, nachzuweisen, wo dieser Bedarf noch besteht, mit wem eine Nutzung im Verbund möglich ist und was in doppelter oder unter Umständen in dreifacher Ausführung benötigt wird.

Schönen Dank, Frau Ministerin. - Herr Dr. Trunschke hat noch Zusatzfragen. Bitte schön.

Ich habe zwei Nachfragen. Erstens: In der Presse wurde über die Finanzierung für das kommende Jahr berichtet. Da Sie aber im Ausschuss angekündigt haben, das vom Landtag geforderte Konzept für Dezember schon im September vorzulegen, frage ich Sie, wie die Finanzierung der Hochschulbibliotheken über das Jahr 2003 hinaus gesichert werden soll.

Meine zweite Frage habe ich schon der Finanzministerin gestellt. Sie konnte sie aber nicht umfassend beantworten, weil sie nicht in ihr Ressort fällt. Da Sie zusätzliche Mittel für die Hochschulbibliotheken aufbringen, stellt sich die Frage, woher diese Mittel stammen. In der Presse wurden zwei Erklärungen genannt: zum einen zusätzliche Quellen und zum anderen Umschichtungen im Kulturhaushalt. Wenn Umschichtungen im Kulturhaushalt vorgenommen werden sollen, frage ich Sie: Nehmen Sie die Mittel aus den gesetzlich und vertraglich verbrieften Ausgaben oder aus den freiwilligen Ausgaben, die allerdings vor kurzem gesperrt wurden? Mich interessiert, inwiefern das haushaltstechnisch möglich ist.

Lassen Sie mich zu Ihrer ersten Frage eine kurze Bemerkung

machen. Ab 2003 haben wir das Problem für die betroffenen Hochschulen gelöst. Ab 2004, 2005 und 2006 werden sich weitere Hochschulen beteiligen; dann ergibt sich möglicherweise dieses Problem erneut. Das kann ich an dieser Stelle nicht in der gebotenen Breite darlegen. Aber ab 2004 gehen wir zu einer völlig neuen Art der Hochschulfinanzierung über, Herr Dr. Trunschke; dann wird es eine interne Entscheidung sein, welchen Anteil ihrer Mittel die Hochschulen für die Bibliotheken verwenden. Das Konzept werde ich noch ausführlich darlegen; das ist nicht in fünf Minuten möglich.

Zu Ihrer anderen Frage muss ich zunächst etwas korrigieren. In den Agenturmeldungen war zu lesen, dass die zusätzlich benötigten Mittel aus dem Kulturhaushalt genommen werden sollen. Das ist falsch. Da wurde sozusagen der Einzelplan 06 mit Kulturhaushalt übersetzt. Die Summe, die wir benötigen, ist als zusätzlicher Aufwand begründbar. Wir werden deshalb versuchen, im Nachtragshaushalt einen entsprechenden Bedarf anzumelden, wohl wissend, wie schwierig die Finanzsituation des Landes insgesamt ist. Wir haben uns auch mit der Frage beschäftigt, wie diese Summe zumindest teilweise aus dem Einzelplan 06 erwirtschaftet werden kann. Das ist zum Beispiel über EFRE oder Multimedia möglich, wohl wissend, dass dadurch Lücken an anderer Stelle entstehen würden.

Ich danke Ihnen, Frau Ministerin. - Die Frage 1306 (Vergabe von ÖPNV-Leistungen) wird von der Abgeordneten Dr. Enkelmann formuliert. Ich erteile ihr das Wort.

Der Europäische Gerichtshof entschied am 17. September 2002, dass künftig bei der Vergabe von Leistungen des Öffentlichen Personennahverkehrs Umweltschutzkriterien, zum Beispiel Emissionsstandards, berücksichtigt werden können. Das stärkt die Verantwortung der Kommunen als Träger des ÖPNV bei der Umsetzung umweltpolitischer Zielstellungen.

Ich frage die Landesregierung: Wie bewertet sie die oben genannte höchstrichterliche Entscheidung?

Herr Minister Meyer, Sie haben das Wort.

Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Frau Dr. Enkelmann, der Europäische Gerichtshof hat in seinem Urteil vom 17. September 2002 in Luxemburg entschieden, dass Kommunen Umweltkriterien zur Bedingung für die Vergabe von öffentlichen Aufträgen machen können. Hintergrund dieses Urteils ist die Ausschreibung des Stadtrates von Helsinki für den Betrieb des städtischen Busverkehrs.

Der Zuschlag sollte unter anderem vom Umweltkonzept der Bewerber abhängig gemacht werden. Der Wirtschaftsausschuss der finnischen Hauptstadt sprach sich für einen Anbieter aus, dessen Fuhrpark aus erdgasbetriebenen Bussen besteht, deren Schadstoffausstoß und Lärmpegel bestimmte Grenzwerte unterschreiten. Dagegen klagte ein Mitbewerber, der diese Auswahl

für unangemessen und diskriminierend hielt. Der Europäische Gerichtshof urteilte jedoch, dass die Stadt Helsinki durchaus berechtigt sei, ökologische Erwägungen in Bezug auf den angebotenen Fuhrpark zu berücksichtigen. Der Grundsatz der Gleichbehandlung werde nicht dadurch verletzt, dass nur eine beschränkte Anzahl von Unternehmen diese Kriterien erfüllen könnte.

Das Urteil ist grundsätzlich zu begrüßen. Es ist wichtig, dass die Vergabekriterien bei ÖPNV-Ausschreibungen auch den Umweltschutz einbeziehen können. Das Urteil betrifft besonders auch die kommunalen Aufgabenträger, die bis auf wenige Ausnahmen bisher noch keine Ausschreibungen durchgeführt haben.

Wir stehen mit den Kreisen und kreisfreien Städten in einem kontinuierlichen Arbeitskontakt zur Vorbereitung auf den zukünftigen Wettbewerbsmarkt. Das Urteil werden wir im Rahmen dieses Austauschs erläutern. Ich möchte aber betonen, dass es vor Ablauf der für den gesamten übrigen ÖPNV erteilten Konzessionen in den Jahren 2007 und 2008 im Ermessen der Kreise und kreisfreien Städte liegt, ob und wenn ja, wann sie erste Teilausschreibungen durchführen und welche Kriterien dabei zur Anwendung kommen. Es steht daher in ihrem Ermessen, die höchstrichterliche Entscheidung bei den zukünftigen ÖPNV-Ausschreibungen dazu zu nutzen, durch geeignete Ausschreibungs- und Vergabekriterien den Markt kurz- und mittelfristig in Richtung eines breiteren Angebots an emissionsarmen Fahrzeugen für den ÖPNV zu bewegen. - Danke schön.

Ich danke Ihnen, Herr Minister Meyer. - Frau Dr. Enkelmann hat noch Fragen angemeldet. Ich erteile Ihnen noch einmal das Wort, Frau Abgeordnete.

Herr Minister, ich habe noch zwei Nachfragen.

Meine erste Frage lautet: Ergeben sich aus Ihrer Sicht aus diesem Urteil Auswirkungen auf die Vergabeentscheidungen für andere öffentliche Leistungen, beispielsweise im Abfallbereich?

Meine zweite Nachfrage: Seit längerem wird in der EU über die Definition öffentlicher Daseinsvorsorge diskutiert. Ist damit möglicherweise ein Schritt getan, um zu einer solchen einheitlichen verbindlichen Definition zu kommen?

Ich kann Ihnen das nicht in Gänze beantworten. Gerade heute wird in den Koalitionsverhandlungen als Ergebnis der Wahlen, die vor 14 Tagen stattgefunden haben, über das Thema Verkehr gesprochen. Gerade in Deutschland werden EU-Richtlinien besonders in dieser Hinsicht von der Koalition als hervorragend bewertet. Wir gehen davon aus, dass beim öffentlichen Verkehr bzw. bei der Abfallentsorgung in Deutschland generell weitere Kriterien zur Anwendung kommen und das sehr restriktiv gehandhabt wird.

Schönen Dank, Herr Minister Meyer. - Meine Damen und Her

ren, wir haben die Redezeit für die Fragestunde aufgebraucht. Ich schließe den Tagesordnungspunkt 1.

Wir kommen zu Tagesordnungspunkt 2:

Aktuelle Stunde

Thema: Brandenburg in der Schuldenfalle - Steuererhöhungen ein Irrweg

Antrag der Fraktion der DVU

Ich eröffne die Aussprache zu diesem Tagesordnungspunkt und erteile der Abgeordneten Hesselbarth das Wort.

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Das Ende der Fahnenstange ist erreicht. Ihr Koalitionsvertrag war von Anfang an nur Makulatur und Sie haben versäumt, was Sie Ihren Kinder wahrscheinlich predigen, nämlich in guten Zeiten zu sparen, um das Ersparte für schlechte Zeiten beiseite zu legen. Sie haben Geschenke gemacht, die Sie sich nicht wirklich leisten konnten.

Eine schmerzliche Erinnerung habe ich an die vergangene Haushaltsdebatte. Wir hatten den von Ihnen beschlossenen Doppelhaushalt treffend als unsolide und unsozial bezeichnet. Die DVU-Fraktion - wohlgemerkt die kleinste Fraktion in diesem Landtag - erarbeitete einen fast komplett neuen Haushaltsplan, um das vorhersehbare Desaster abzuwenden. Unsere Vorschläge wurden abgelehnt, aber nicht deshalb, weil sie nicht durchführbar gewesen wären, sondern deshalb, weil alle Vorschläge der DVU-Fraktion abgelehnt werden. In diesem Landtag laufen die Abgeordneten nämlich mit Scheuklappen durch die Gegend.

(Zuruf von der CDU: Na, na, na!)

Frau Osten, auch ich habe mich damals gefragt: Warum tue ich mir das an? Die Antwort liegt auf der Hand: Als gewählter Volksvertreter wirke ich natürlich zum Wohle der Bürgerinnen und Bürger dieses Landes.

(Beifall bei der DVU)

Auch bei den nächsten Haushaltsberatungen werden wir nicht locker lassen. Wer weiß, vielleicht finden wir ja den einen oder anderen DVU-Antrag mit den Kopfbögen der Koalitionsfraktionen oder auch der PDS wieder.

(Zuruf von der PDS: So weit ist es Gott sei Dank noch nicht!)

Aber nun zum Problem: Kaum war der Doppelhaushalt verabschiedet, mussten Sie, Frau Ministerin Ziegler, bereits mögliche Haushaltsrisiken in Höhe von nahezu 1 Milliarde Euro zugeben. Während Sie im Frühjahr dieses Jahres noch abwimmeln konnten und den ganzen Sommer über bis zur Bundestagswahl politisch buchstäblich den Kopf in den Sand steckten, kam jetzt, direkt nach der Bundestagswahl, das große Erwachen. Um einen Haushaltsnotstand in Brandenburg abzuwenden,

zogen Sie nach der letzten Tagung des Koalitionsausschusses die buchstäblich allerletzte Reißleine.

Seit 30. September gilt eine umfassende Haushaltssperre. Danach dürfen Ausgaben nur getätigt werden, soweit sie zur Erfüllung bestehender rechtlicher, also gesetzlicher und vertraglicher Verpflichtungen erforderlich und fällig sind. Neue rechtliche Verpflichtungen dürfen nicht eingegangen werden. Alle freien und frei werdenden Planstellen und Beschäftigungsverhältnisse sind mit sofortiger Wirkung gesperrt. Von der Haushaltssperre sind darüber hinaus sämtliche Lottomittel betroffen, worüber sich besonders die gemeinnützigen Organisationen des Landes sehr freuen werden.