Protocol of the Session on June 26, 2002

(Beifall bei SPD und CDU)

Ich danke Ihnen, Herr Abgeordneter Dellmann. - Ich gebe das Wort an die Fraktion der PDS. Frau Abgeordnete Dr. Enkelmann, bitte.

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Herr Kollege Dellmann, ich bin gegen den Missbrauch von Umweltverträglichkeitsprüfungen in dem Sinne, wie Sie es gerade vorgeschlagen haben.

In der 1. Lesung haben wir zugesagt, uns sehr gründlich mit dem Gesetzentwurf auseinander zu setzen. Das geschah insbesondere im Ausschuss für Landwirtschaft, Umweltschutz und Raumordnung. Zu diesem Gesetzentwurf gab es auch eine umfangreiche Anhörung.

Dennoch lässt das Ergebnis aus meiner Sicht eine ganze Reihe von Wünschen offen. Zumindest in der 2. Lesung möchte ich die Gelegenheit nutzen, diese Wünsche noch einmal zu nennen. Ich tue dies in der vagen Hoffnung, dass der eine oder andere Wunsch erfüllt wird.

Dabei geht es insbesondere um die wasserrechtlichen Vorschriften. Für uns stellt sich nach wie vor die Frage, weshalb es an dieser Stelle eine solche Regelungswut gegeben hat; denn eine ganze Reihe von Vorschlägen betreffen UVP und IVU in keiner Weise und stehen auch in keinem zwingenden Zusammenhang mit der notwendigen Regelung.

Besonders hervorzuheben ist der Vorstoß der Landesregierung - Herr Kollege Dellmann ist schon darauf eingegangen -, die Wasserwirtschaft zu privatisieren. Insbesondere der Geschäftsführer des Städte- und Gemeindebundes, Herr Böttcher, hat in

der Anhörung mit Nachdruck gefordert, dass die Wasserversorgung pflichtige Selbstverwaltungsaufgabe der Kommunen bleibt. Auch der Landkreistag warnt nach wie vor vor den Folgen für die Kommunen.

Trotz erheblicher Bedenken der kommunalen Spitzenverbände schlagen Sie die Streichung des Passus „pflichtig” vor. Herr Kollege Dellmann, dies ist ein fauler Kompromiss. Sie haben versucht, mich im Ausschuss mit dem Hinweis zu beruhigen, den Koalitionsfraktionen gehe es keinesfalls um die Liberalisierung der Wasserversorgung. Allerdings haben Sie eine Einschränkung vorgenommen. Das betrifft vor allen Dingen die SPD-Fraktion. Mir ist völlig verständlich, dass Sie in diesem Fall für Ihren Koalitionspartner die Hand nicht ins Feuer legen wollen. Damit sind Sie gut beraten.

Der parteilose Bundeswirtschaftsminister Müller - er trägt den gleichen Namen wie unser Landtagskollege Heiko Müller - wollte die Liberalisierung mit einer Gesetzesinitiative durch den Bundestag bringen. Interessanterweise gab es eine Initiative der Fraktionen von SPD, Bündnis 90/Die Grünen und PDS, mit der diesem Vorschlag eine klare Absage erteilt wurde. Zustimmung hat der Bundeswirtschaftsminister nur von CDU und FDP erhalten. Deshalb kann ich mir vorstellen, dass Sie an dieser Stelle vorsichtig sind; denn es ist nicht klar, was von dieser Seite noch kommt.

Frau Abgeordnete Dr. Enkelmann, Sie hätten den Namen „Müller” nicht nennen dürfen, denn Herr Müller hat sofort eine Frage an Sie. Würden Sie die Frage gestatten? - Bitte schön.

Frau Dr. Enkelmann, ist Ihnen bekannt, dass das Wort „pflichtig” vor allem deshalb gestrichen werden musste, weil sonst eine gut funktionierende Struktur wie die OWA, die die Wasserversorgung in Falkensee und Hennigsdorf seit vielen Jahren ordentlich gewährleistet, zerstört würde?

Herr Kollege Müller, Sie hätten vielleicht noch einen Moment warten sollen; ich komme gleich darauf zu sprechen. Zu dieser Frage unterbreiten wir Ihnen auch einen Vorschlag, um ein solches Ergebnis zu vermeiden.

Im Übrigen fürchten auch andere Kommunen zu Recht die mit einer Liberalisierung verbundenen Gefahren in Bezug auf Versorgungssicherheit und sozialverträgliche Kosten für die Bürgerinnen und Bürger. In München wird es unter Verantwortung des dortigen Oberbürgermeisters am 20. Juli einen Aktionstag der Stadt geben, der sich gegen die Umwandlung der Wasserund Abwasserbetriebe in Profitcenter richtet. Daran sollten Sie sich ein Beispiel nehmen. Die PDS-Fraktion fordert Sie nochmals eindringlich auf, die Finger davon zu lassen.

Jetzt komme ich zu dem Antrag, den wir Ihnen vorgelegt haben. Wir schlagen vor, bei der Formulierung „pflichtige Selbstverwaltungsaufgabe” zu bleiben, fügen aber einen Passus hinzu, der die Kommunen in die Lage versetzt, sich zur Erfüllung dieser Aufgabe Dritter zu bedienen. Damit können wir dieses Problem lösen.

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Wir haben mehrfach die Erfahrung machen dürfen, dass die in der Koalitionsvereinbarung festgehaltene besondere Förderung von Kleinkläranlagen nur sehr zögerlich umgesetzt wird. Es ist vor allem dem hartnäckigen Drängen der Bürgerinitiativen, aber auch dem parlamentarischen Wirken der PDS-Fraktion zu verdanken, dass in dieser Legislaturperiode zumindest kleine Schritte gemacht wurden.

(Dellmann [SPD]: Erwähnen Sie bitte auch Herrn Gem- mel!)

Sie können sich denken, dass uns dies noch lange nicht zufrieden stellt. Auch Ihr Änderungsantrag, mit dem Sie § 66 Abs. 3 streichen wollen, zeigt, dass bezüglich der Frage, wann Abwasser wirklich Abwasser wird, Klärungsbedarf besteht. Sie sind jedoch inkonsequent; denn Sie wollen zwar § 66 Abs. 3 streichen, streben jedoch keine grundsätzliche Regelung an.

Unser Vorschlag, den wir nachher auch zur Abstimmung bringen wollen, steht im Raum: Abwasser ist dann Abwasser, wenn sich der Nutzer dem entledigen will. Das bedeutet in der Konsequenz, dass abwasserfreie Grundstücke ermöglicht werden. Ziel unseres Vorschlags ist ein nachhaltiger Umgang mit den Ressourcen.

Ausdrücklich positiv hervorheben möchte ich, dass in das Brandenburger Wassergesetz endlich dezentrale Entwässerungslösungen aufgenommen werden. Allerdings fordern wir nach wie vor, dass die Entscheidung über die Befreiung vom Anschlussund Benutzungszwangs einschließlich eines möglichen Austritts aus dem Zweckverband bei den Gemeinden bleibt und nicht an eine Behörde übertragen wird.

Wir haben uns auch zu der Frage verständigt, welche Lösungen im Hinblick auf die Wartung von Kleinkläranlagen praktikabel sind. Wir befürworten nach wie vor das Prinzip „Schornsteinfeger”. Als Sachverständige sollten die Produzenten von Kleinkläranlagen definiert werden. Nach dem Schornsteinfegerprinzip sollte einmal jährlich eine Wartung erfolgen. Wir legen Ihnen diesen Antrag vor. Springen Sie über Ihren Schatten!

Meine Damen und Herren von der Koalition, auch ich freue mich mit Ihnen auf den Ministerpräsidenten Platzeck; denn endlich bekommt er Gelegenheit zur Wiedergutmachung: durch eine wirkliche Wende in der Abwasserpolitik. - Herzlichen Dank.

(Beifall bei der PDS)

Ich danke Ihnen, Frau Abgeordnete Dr. Enkelmann. - Ich gebe Herrn Abgeordneten Dombrowski für die Fraktion der CDU das Wort.

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Uns liegt die landesrechtliche Umsetzung der UVP-Richtlinie und der IVU-Richtlinie der Europäischen Union vor. Die Europäische Union hatte zuletzt 1996 die Rechtsgrundlagen, die für die Mitgliedsländer

geschaffen worden waren, geändert. Der Bund hat im Juli 2001 den bundesgesetzlichen Rahmen festgelegt. Die Landesregierung hat im April dieses Jahres dem Landtag die Gesetzesvorlage zugeleitet. Der Gesetzentwurf wurde in 1. Lesung behandelt.

Das Parlament hat dann innerhalb von zwei Monaten unter Beteiligung von vier Ausschüssen seine Arbeit gemacht. Nach einem sehr zügigen, aber dennoch ordentlichen Verfahren können wir als Koalitionsfraktionen Ihnen heute empfehlen, dem Gesetzentwurf zuzustimmen.

Die Ausschüsse haben erhebliche Änderungen vorgenommen. Es ist also nicht so, dass hier einfach ein Gesetzentwurf der Landesregierung durchgewinkt wurde.

Ich möchte nur vier Punkte anreißen: die Sachverständigenregelung in § 5, die nach Vorstellung der Landesregierung zum Inhalt hatte, dass die unteren Landesbehörden UVP-Verfahren durchführen sollten. Wenn diese nicht in der Lage sind, weil sie den Sachverstand nicht haben, dann sollte es zulasten des Antragstellers möglich sein, die Durchführung derartiger Verfahren in Auftrag zu geben. Wir sind der Meinung: Wer bestellt, soll bezahlen, also auch die Arbeit machen. Hier haben wir den Paragraphen, der vorgesehen war, gestrichen.

Sehr positiv ist der § 36 a, der sich mit den Stauanlagen beschäftigt - mein Kollege Dellmann hat es schon erwähnt -, weil dies ein Beitrag dazu ist, den Gewässerhaushalt im Land Brandenburg zügig zu verbessern und in Ordnung zu bringen.

Auch die PDS hat zumindest einen Punkt hier sehr gelobt, nämlich den Teil, der die Abwasserbestimmungen betrifft. Wir setzen hier konsequent unseren Weg fort, die dezentralen Abwasserentsorgungslösungen im Land Brandenburg durchzusetzen und zu erleichtern, und zwar dort, wo sie sinnvoll und notwendig sind.

Einen Vorschlag der Landesregierung haben die Ausschüsse nicht annehmen können, nämlich eine Änderung im Straßengesetz, und zwar vor dem Hintergrund, dass man jetzt Straßen abwidmen kann, wenn sich die Verkehrsbelastung auf Dauer verändert. Als neuer Punkt sollte eingefügt werden, dass auch dann, wenn Straßen zu DDR-Zeiten falsch eingestuft wurden, dies im Nachhinein zu einer Umwidmung führen kann. Ich meine, es ist schwer überschaubar, was aus einer solchen Initiative werden kann, insbesondere auch in Zeiten der Gemeindegebietsreform, wo sich viele Kommunen Gedanken machen. Auch bezüglich solcher Dinge könnte hier eine falsche Annahme entstehen, die damit sicherlich auch nicht gemeint war.

Letztens möchte ich Sie auf den Entschließungsantrag der Koalitionsfraktionen aufmerksam machen, der zum Inhalt hat, unsere Landesregierung zu beauftragen und zu bitten, bis Ende November dieses Jahres in Fortsetzung der Umweltpartnerschaft, die die Landesregierung mit den Verbänden der Wirtschaft hat, zu prüfen, wie und unter welchen Bedingungen zusätzliche Vollzugserleichterungen für die Unternehmen, die sich freiwillig nach Umweltkriterien zertifizieren lassen, geschaffen werden können.

Wir meinen mit Vollzugserleichterung als Prüfauftrag nicht nur kostenlose Dinge, denn es gibt in anderen Bundesländern Beispiele dafür, dass vorbildlich arbeitende Wirtschaftsunterneh

men bei öffentlichem Antragsverfahren auch Gebührenvorteile erhalten.

Wir wollen hier nichts festlegen, sondern die Landesregierung bitten, diesen Punkt sehr intensiv zu prüfen und dem Ausschuss für Landwirtschaft, Umweltschutz und Raumordnung bis Ende November zu berichten, denn wir halten sehr viel davon, die Freiwilligkeit im Umweltbereich zu stärken. - Vielen Dank.

(Beifall bei CDU und SPD)

Ich danke dem Abgeordneten Dombrowski und gebe das Wort an die Fraktion der DVU, an den Abgeordneten Claus.

Herr Präsident! Meine Damen! Meine Herren! Die Landesregierung hat mit ihrem Gesetzentwurf diesem Hause ein Konvolut an Änderungen vorgelegt, das wegen der durch das Grundgesetz beschränkten Gesetzgebungskompetenz des Bundes eine Ergänzung sowie eine Fülle von Landesnormen erforderlich macht.

Im Eifer des Gefechts hat die Landesregierung dann dem Landtag ein 46-seitiges Pamphlet in Form eines Artikelgesetzes vorgelegt.

Dabei fällt vor allem auf, dass sich durch die Ratifizierung in den bestehenden Genehmigungsverfahren der Verfahrensaufwand erheblich vergrößert. Das ist vor allem auch mit gesteigerten Kosten für die jeweiligen Trägerverfahren verbunden.

Es hat auch nicht lange gedauert, meine Damen und Herren, bis aus den Reihen sämtlicher Fraktionen dieses Hauses eine Flut von Änderungsanträgen einging, die wir in mehreren Ausschüssen besprochen haben - Herr Dombrowski sagte es bereits -, hauptsächlich im Landwirtschafts- und im Innenausschuss.

Auch eine Reihe wesentlicher Ausschüsse hatte sich mit der Materie befasst und dabei kam eine Fülle von Überflüssigem und teilweise Unprofessionellem bis hin zu rechtlich unsystematischen Umsetzungsfehlern zutage.

Die Streichung des § 59 Abs. 1 Satz 1 des Wassergesetzes ist beispielhaft als eklatanter Eingriff in das kommunale Selbstverwaltungsrecht zu werten. § 3 Abs. 2 der Gemeindeordnung sieht die öffentliche Wasserversorgung als originäre Aufgabe der Gemeinden vor.

Die Folge der Streichung dieser Vorschrift ist voraussichtlich eine erhebliche Regelungslücke bei der Daseinsvorsorge, weil dadurch ein zusätzlicher Privatisierungsdruck für die Kommunen geschaffen wird.

Die Trinkwasserversorgung als pflichtige Selbstverwaltungsaufgabe der Gemeinden ist in den Ländern Mecklenburg-Vorpommern, Hessen, Rheinland-Pfalz, Bayern und Sachsen eingeschränkt im Wassergesetz festgeschrieben.

Bei der Liberalisierung der Trinkwasserversorgung werden zum Beispiel durch den Städte- und Gemeindebund Brandenburg nachstehende Folgen gesehen:

Zum einen fehlen Instrumente, die es den Kommunen ermöglichen, die Aufrechterhaltung der Qualität, der Sicherheit und der Flächendeckung der Versorgung sowie die Erreichung der Umweltschutzziele zu sichern.

Zum anderen würde die freiwillige private Versorgung der ländlichen Gebiete, wozu derzeit die Kommunen verpflichtet sind, nicht mehr sichergestellt, sondern zu erheblichen Preiserhöhungen führen.

Des Weiteren ist bei § 5 des Gesetzes zur Umsetzung der UVPRichtlinie die seitens der Landesregierung intendierte Finanzierung zusätzlicher privater Sachverständiger fragwürdig - Herr Dombrowski sprach dies bereits an -, wodurch dem jeweiligen Vorhabensträger zusätzliche Kosten aufgebürdet würden, ohne dass dieser in irgendeiner Weise bezüglich der Hinzuziehung einbezogen würde. Wir wollten im Prinzip die Streichung des ganzen Satzes; wir haben uns dann im Ausschuss dazu verständigt.

Nun ist wenigstens eine Abstimmung zwischen der zuständigen Behörde und dem Vorhabensträger erforderlich. Das erfordert schon das Rechtsstaatsgebot unter dem Aspekt der Rechtsklarheit und Rechtssicherheit. Schließlich geht es hier um das Geld von Investoren als Vorhabensträger.