Die Verpflichtung zur Tariftreue würde die Beschaffung öffentlicher Auftraggeber verteuern und stünde einer wirtschaftlichen Auftragsvergabe diametral entgegen. Der Bundesverband der Deuschen Industrie hält den Entwurf daher mit Recht für verfassungswidrig und für unvereinbar mit dem Grundsatz der Dienstleistungsfreiheit des EG-Vertrages.
Meine Fraktion ist der Auffassung, dass in einem derartigen Tarifdiktat eine Wettbewerbsverzerrung zulasten der Bauunternehmen in den neuen Ländern zu sehen ist. Diese sind nicht in der Lage, die auf westdeutschen Baustellen einzuhaltenden Löhne zu zahlen. Ein Unternehmer aus Brandenburg, der sich beispielsweise um einen Auftrag in Frankfurt am Main bewirbt, wäre gezwungen, seine Arbeiter zu den dort geltenden, höheren Tarifen zu entlohnen.
Des Weiteren ist zu bedenken, dass das Gesetz öffentliche Bauaufträge um bis zu 5 % verteuern wird. Folge ist, dass die etwa 13 000 Städte und Gemeinden sowie Stadtwerke bei einem jährlichen Bauvolumen von etwa 50 Milliarden Euro mit einem Mehraufwand von etwa 2,5 Milliarden Euro rechnen müssen. Dies ist angesichts der dramatischen Haushaltslage in den Kommunen nicht zu machen.
Auch wenn das mit dem Tariftreuegesetz verfolgte Ziel, Dumpinglöhne zu vermeiden, aus unserer Sicht richtig ist, ist aus diesen Gründen eine Instrumentalisierung des Vergaberechts der definitiv falsche Weg, dem effektiv zu begegnen.
Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Zu fast jeder Landtagssitzung “beglückt” uns die DVU-Fraktion mit Anträgen, die zahlreich auf unseren Tisch flattern. Je nach Charakter des Antrages ärgern oder amüsieren sie uns. Manchmal lachen wir auch herzhaft darüber. Der heute eingebrachte Antrag ist einfach grotesk. Ich werde versuchen, das zu begründen.
Die DVU-Fraktion möchte den Landtag auffordern, der Landesregierung nicht nur eine Empfehlung, sondern eine feste Bindung für das Abstimmungsverhalten im Bundesrat mit auf den Weg zu geben. Wir alle wissen aber, dass nicht die Landesparlamente, sondern die Landesregierungen Mitglieder des Bundesrates sind. Diese stimmen dort entsprechend der zuvor erfolgten Meinungsbildung innerhalb der jeweiligen Landesregierung ab.
Für uns, das Land Brandenburg, gibt es gegenwärtig drei Möglichkeiten: Wenn sich die Koalitionspartner einig sind, erfolgt entweder eine Ablehnung oder eine Zustimmung im Bundesrat. Ist keine Einigkeit innerhalb der Landesregierung zu erzielen, gibt es die Enthaltung. Die DVU möchte, dass die Landesregierung den in Rede stehenden Gesetzentwurf zur Tariftreue ablehnt.
Ich muss Sie auf das Groteske dieser Situation aufmerksam machen. Die Landesregierung wird von der SPD-Fraktion und der CDU-Fraktion getragen. In einer ordentlich funktionierenden Koalition würde doch wohl niemand auf die Idee kommen, dass die Landesregierung gerade die Meinung der Opposition schon gar nicht die Meinung der DVU-Fraktion - wiedergeben könnte. - Ich danke Ihnen, meine Damen und Herren.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Herr Kollege Klein, Sie haben die Situation so geschildert, wie sie tatsächlich ist. Die Landesregierung befindet sich in einer sehr schwierigen Situation. Dennoch empfehlen wir als demokratische Opposition den Vertretern der Landesregierung, bei der morgigen Abstimmung dem Tariftreuegesetz zuzustimmen.
Es gibt ein großes Dilemma - wir haben es überall lesen können -: Die unionsgeführten Länder wurden nämlich aufgefordert, dem Gesetz nicht zuzustimmen. Aber dieses Dilemma muss die Landesregierung mit sich ausmachen. Ich will aber wenigstens einige Argumente nennen, warum wir die Empfehlung zur Zustimmung aussprechen.
Wir sind der Auffassung, dass ein Scheitern dieses Gesetzes im Bundesrat zu einer weiteren Ausbreitung von Dumpinglöhnen mit all ihren negativen wirtschaftlichen Folgen führen würde. Dies gilt vor allem für das Bauwesen bei uns und den ÖPNV; deswegen stehen ja die Gewerkschafterinnen und Gewerkschafter auf der Straße. Die von mir skizzierte Entwicklung trifft mit Recht auf den massiven Widerstand der Gewerkschaften.
Was soll das Tariftreuegesetz? Es soll die Abwärtsspirale bei den Einkommen, die Ausdehnung von Schwarzarbeit und anderen illegalen Beschäftigungsformen sowie von Korruption vermeiden. Meine Partei hat dazu von Anfang an eine klare Position bezogen.
Aber wir sind natürlich auch der festen Überzeugung, dass an dem vom Bundestag beschlossenen Tariftreuegesetz noch Verbesserungen notwendig sind, wenn es die gewünschte Wirksamkeit in der Praxis entfalten soll. Ich bin der festen Überzeugung - ohne Hellseher zu sein -, dass es, wenn das Gesetz den Bundesrat passiert, bald zu einer Novellierung kommen wird.
Der Antrag der DVU-Fraktion geht, wie so oft bei ihren Anträgen, am Leben vorbei. Wir lehnen ihn ab.
Das Wort erhält die Landesregierung. - Sie verzichtet. Dann folgt nun der Debattenbeitrag der DVU. - Bitte sehr.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Herr Klein, hier hätten Sie wirklich einmal die Möglichkeit, etwas Sinnvolles für das Land mit zu bewegen. Aber Sie führen all das heute Morgen in der Aktuellen Stunde Gesagte ad absurdum.
Nachdem die Landesregierung dankenswerterweise die Kleine Anfrage der Abgeordneten Uwe Bartsch, Dr. Christian Ehler und Detlef Karney der CDU-Fraktion exakt in unserem Sinne beantwortet hat, ist es geradezu widersinnig, wenn Sie, werter Kollege Klein, sich jetzt hier hinstellen und mit ideologischen Scheuklappen unseren Antrag ablehnen. Sie wissen selbst, dass das Problem der Kontrolle durch das Tariftreuegesetz nicht gelöst wird, dass dieses Gesetz zu erheblich mehr Bürokratie bei den damit zusätzlich belasteten Kommunen führt. Sie reden von Verwaltungsoptimierung und unterstützen hinter der Hand genau das Gegenteil. Zusätzlich brüskieren Sie die Bandenburger Bauwirtschaft. So sieht dieses Normenelaborat zum Beispiel vor, dass Bauunternehmer künftig schon dann haften sollen, wenn deren Subunternehmen für ihre Arbeiter keine Sozialversicherung zahlen.
Wenn Sie heute unseren Antrag ablehnen, legen Sie der Baubranche eine weitere Schlinge um den Hals. Die Mehrzahl der
Branchen- und Kommunalverbände und die Mehrzahl der Einzelunternehmen in Brandenburg sind auf unserer Seite. Stellen Sie sich nicht zynisch gegen die heimische Wirtschaft. Zeigen Sie Verantwortung und positionieren Sie sich gegen dieses Gesetzesvorhaben im Bundesrat.
Die Menschen in unserem Land werden bei der nachfolgenden Abstimmung sehen, wer ihnen eine ökonomische Perspektive geben will und wer nicht. - Ich bedanke mich für Ihre Aufmerksamkeit.
Bevor wir nun zur Abstimmung kommen, darf ich noch Gäste aus Kleinmachnow herzlich begrüßen. Schön, dass Sie da sind.
Die beantragende Fraktion hat fristgerecht namentliche Abstimmung beantragt. Ich bitte die Schriftführerinnen, mit der Vorbereitung der Namenslisten zu Ende zu kommen, und Sie, meine Damen und Herren Abgeordnete, bitte ich, in unmissverständlicher Weise zu votieren, sodass die Schriftführer Ihr Pro, Ihr Kontra oder Ihre Enthaltung registrieren können.
Ich gebe Ihnen nun das Ergebnis bekannt: Für den Antrag stimmten fünf Abgeordnete, dagegen stimmten 58. Niemand enthielt sich der Stimme. Damit ist der Antrag mehrheitlich abgelehnt.
Des Weiteren liegt Ihnen der Entschließungsantrag der Fraktionen von SPD und CDU in der Drucksache 3/4392 vor.
Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Verfolgt man die Diskussion um die medizinische Versorgung im Osten Deutschlands, dann dürfte eigentlich klar sein, dass gehandelt werden muss. Die Landesregierung hat in der Antwort auf eine Kleine Anfrage mitgeteilt, dass die medizinische Versorgung im Lande grundsätzlich gesichert sei, dass man aber die zunehmenden Schwierigkeiten bei der Nachbesetzung von Praxen und freien Stellen in Krankenhäusern mit Sorge betrachte. Diese Sorge teilt meine Fraktion ausdrücklich, weshalb sie auch den vorliegenden Antrag eingebracht hat.
Ich glaube, das deutsche Gesundheitswesen ist ganz zutreffend beschrieben, wenn man von drei Problemlagen spricht: Unterversorgung, Überversorgung und Fehlversorgung. Auch in Brandenburg gibt es immer größere Schwierigkeiten, die ambulante medizinische Versorgung durch niedergelassene Ärzte sicherzustellen. Das trifft sowohl für Hausärzte als auch für Fachärzte zu. Frei werdende Praxen finden insbesondere in den dünn besiedelten Gebieten des Landes keinen Nachfolger.
Wenn in den ländlichen Regionen wie der Uckermark der Versorgungsgrad bei 83,5 % liegt, ist das zwar formal noch keine Unterversorgung, aber auch nicht zu akzeptieren. 83,5 % in der Uckermark und 117 % in Cottbus sind nicht einfach ein Unterschied von 34 %. In dünn besiedelten Gebieten verstärkt sich das Ganze durch die ohnehin viel weiteren Wege für Patienten und Ärzte. Je weniger Ärztinnen und Ärzte in einer Region tätig sind, umso mehr kommt auf jeden Einzelnen die hohe Belastung durch Nacht- und Wochenenddienste zu. Das wiederum fördert nicht die Bereitschaft, sich in solchen Regionen anzusiedeln. Ohne Gegensteuern wird die Differenz größer werden.
Wo liegen nun die Möglichkeiten für ein solches Gegensteuern? Die Ärzteschaft verweist an erster Stelle auf die Unterbezahlung ostdeutscher Ärztinnen und Ärzte. Dieser Verweis ist auch vollauf berechtigt, liegt doch die Höhe der Vergütungen bei etwa 77 % des Westniveaus. Die Differenz ist damit noch größer als in den meisten anderen Berufsgruppen. Mehr Geld für Vergütungen muss natürlich irgendwoher genommen werden. Entweder bringt man mehr Mittel ins Gesamtsystem Gesundheitswesen oder man verteilt sie zwischen den unterschiedlichen Sektoren anders. Nach meiner Überzeugung ist beides notwendig.
Dass die Mittelverteilung im System nicht stimmt, sollte eigentlich inzwischen Allgemeingut sein. Oder soll es gesundheitspolitisch vernünftig sein, dass wir mehr Geld für Medikamente ausgeben als für die ärztlichen Leistungen? Nennenswerte Umschichtungen kann es nur geben, wenn wir in Deutschland endlich zu einem vernünftigen Preisniveau für Arzneimittel kommen. Was ist stattdessen geschehen? In einer bisher beispiellosen Aktion hat sich die Bundesregierung gesetzliche Regelungen zur Preisbegrenzung von der Pharmaindustrie schlicht und einfach abkaufen lassen.
Meine Damen und Herren, wie bekommen wir mehr Geld ins System? Dreh- und Angelpunkt ist und bleibt die Bekämpfung der Massenarbeitslosigkeit. Darüber dürften wir uns sicher einig sein. Höhere Arbeitslosigkeit und niedrigeres Lohnniveau im Osten verschärfen die Situation hier zusätzlich.
In einem anderen Punkt sind wir uns ganz gewiss nicht einig. Da spreche ich Sie, Herr Kollege Wagner, persönlich an. Ihre Partei - Sie persönlich vertreten das auch ganz vehement - will den Leistungskatalog der GKV eingrenzen. Nicht alles soll mehr von der Solidargemeinschaft getragen werden, sondern der Einzelne soll für die Risiken, die er selbst tragen kann, auch selbst aufkommen. Dabei geht es Ihnen nicht um Luxus oder medizinisch nicht Notwendiges - das wird auch heute schon nicht bezahlt -, sondern darum, dass der Finanztopf des Gesundheitswesens möglichst wächst oder wenigstens gleich bleibt, dass dieses Wachstum aber allein aus den Taschen der Versicherten und nicht der Arbeitgeber bedient wird. Das lehnen wir ab.
Meine Damen und Herren, die Kassenärztliche Vereinigung Brandenburg hat in einem Gespräch mit dem Gesundheitsminister eine Reihe von weiteren Vorschlägen zur Lösung der Versorgungsprobleme unterbreitet. Ich will hier nicht alle aufzählen. Sie reichen von einer so genannten Buschzulage für ländliche Regionen über Zweigarztpraxen, Modifizierung in der innerärztlichen Honorarverteilung bis zu Änderungen in der Organisation des Notfalldienstes. Ich halte solche Vorschläge durchaus für diskussionswürdig. Zu diesen und weiteren muss sich das zuständige Ministerium jetzt umgehend eine Meinung bilden und sie in politisches Handeln umsetzen.