Meine Damen und Herren, die Kassenärztliche Vereinigung Brandenburg hat in einem Gespräch mit dem Gesundheitsminister eine Reihe von weiteren Vorschlägen zur Lösung der Versorgungsprobleme unterbreitet. Ich will hier nicht alle aufzählen. Sie reichen von einer so genannten Buschzulage für ländliche Regionen über Zweigarztpraxen, Modifizierung in der innerärztlichen Honorarverteilung bis zu Änderungen in der Organisation des Notfalldienstes. Ich halte solche Vorschläge durchaus für diskussionswürdig. Zu diesen und weiteren muss sich das zuständige Ministerium jetzt umgehend eine Meinung bilden und sie in politisches Handeln umsetzen.
Lassen Sie mich noch einen weiteren Vorschlag einbringen, den ich schon vor einigen Wochen gemacht habe. Wenn ein junger Arzt oder eine junge Ärztin darüber nachdenkt, ob er oder sie möglicherweise als Landarzt in eine dünn besiedelte Region geht, steht er oder sie vor zwei Hemmschwellen: erstens ein hohes finanzielles Risiko durch den Kauf der Praxis und möglicherweise anstehende Investitionen und zweitens mangelnde Voraussetzungen für die Kooperation mit anderen Ärzten.
Das finanzielle Risiko kann ihm oder ihr durchaus abgenommen werden, wenn man ihm oder ihr die Möglichkeit bietet, im Angestelltenverhältnis tätig zu sein. Die Brandenburger Gesundheitszentren haben mittlerweile nachgewiesen, dass dies eine wirtschaftlich sinnvolle Alternative sein kann. Wenn nun die bisherigen Beschränkungen für die Entwicklung dieser Zentren wegfallen, sollte man auch darüber reden, inwieweit es möglich ist, dass sie auch Praxen in ländlichen Gebieten übernehmen und mit angestellten Ärzten besetzen. Immerhin denkt nun auch die KV über die Anstellung von Ärzten nach. Bisher war ja die freie Niederlassung so etwas wie die heilige Kuh. Jetzt macht die KV den Vorschlag, Landarztpraxen als Einrichtungen der KV mit angestellten Ärzten zu betreiben. Ob nun die KV selbst als Träger dieses Modells fungiert oder ob dies die Gesundheitszentren übernehmen, darüber kann man vielleicht noch diskutieren.
Also, Herr Kollege Wagner, gibt es keinen Grund, deswegen den Untergang des Abendlandes zu beschwören,
Es geht auch nicht darum, dass in Kleinkleckersdorf eine Poliklinik hingesetzt wird, wo ein Geschäftsführer mit dem richtigen Parteibuch eingesetzt wird. Es geht darum, dass ein schon bestehendes Gesundheitszentrum mit einem schon vorhandenen Geschäftsführer eine Einzelpraxis im ländlichen Umfeld mit betreibt.
Wie sieht es in der stationären Versorgung aus? In jüngster Zeit mehren sich auch hier die Versorgungsprobleme. “Wegen Ärztemangels in Cottbus OP verschoben”, titelte Anfang der Woche die “Lausitzer Rundschau”. Auch in diesem Bereich die gleichen Ursachen für die Personalnot: hohe Arbeitsbelastung und schlechte Bezahlung. Für die stationäre Versorgung trägt die Landesregierung, anders als im ambulanten Bereich, unmittelbar Verantwortung. Sie ist für die Krankenhausplanung und für den Einsatz von Investitionsmitteln verantwortlich.
Ich frage mich allerdings, nach welchem Konzept die Landesregierung die aktuelle Fortschreibung bzw. Neufassung des Krankenhausplanes betreibt. Ich habe fast den Eindruck, nach keinem. 1 000 Betten abbauen und Abteilungen schließen ist jedenfalls noch kein Konzept. Von der Schließung des Krankenhauses des Lutherstiftes in Frankfurt hat sich die Landesregierung, wie wir gestern gehört haben, verabschiedet. Sieht man sich die übrigen Ergebnisse an, ergeben sich mehr Fragen als Antworten. In Spremberg lässt man eine gynäkologische Abteilung ohne Geburtshilfe übrig. Wie sollen dort künftig Fachärzte ausgebildet werden? Im St.-Marien-Krankenhaus in Brandenburg an der Havel werden 20 Betten im Bereich der Akutgeriatrie abgebaut, obwohl die Fachleute von einer Zunahme der Bedarfsgruppe für geriatrische Medizin ausgehen.
Das Gleiche gilt für die Krankenhausinvestitionspolitik. Krankenhausträger warten auf Bewilligungen für das laufende Jahr. Wir haben jetzt Ende Mai. Es gibt begonnene Investitionen, die vermutlich gar nicht zu Ende geführt werden können, weil es keine Fördermittel mehr geben wird.
Meine Damen und Herren, auf die Probleme im öffentlichen Gesundheitsdienst kann ich aus Zeitgründen leider nicht ausführlich eingehen. Dazu liegt die Große Anfrage meiner Fraktion vor, sodass wir in absehbarer Zeit darauf zurückkommen werden. Klar ist jedenfalls, dass uns hier erhebliche Nachwuchssorgen drücken. Wenn man sich die Ergebnisse von Gesundheitsberichten ansieht, beispielsweise zur sozialen und gesundheitlichen Lage von Schulanfängern, muss eigentlich klar sein: Wir brauchen eine Stärkung des öffentlichen Gesundheitsdienstes, vor allem seiner sozialkompensatorischen Funktion, und nicht den schleichenden Abbau.
Meine Damen und Herren, die Landesregierung muss jetzt - das gilt für alle angesprochenen Bereiche - aus der Phase des Analysierens und Moderierens heraus und dazu kommen, Handlungskonzepte vorzulegen und umzusetzen. Der Antrag meiner Fraktion soll dem Nachdruck verleihen. - Ich danke Ihnen für die Aufmerksamkeit.
Ich danke Ihnen, Frau Abgeordnete Birkholz, und gebe das Wort der Fraktion der SPD, Herrn Abgeordneten Dr. Kallenbach.
Bevor Herr Dr. Kallenbach am Rednerpult ist, möchte ich Gäste im Landtag begrüßen. Es sind Gäste aus dem Raum Calau und Lübbenau. Herzlich willkommen!
Sehr geehrter Herr Präsident! Meine Damen und Herren! “Die Erhaltung und Wiederherstellung der Gesundheit meiner Patienten soll oberstes Gebot meines Handelns sein.” Dieser Satz, den ich dem Genfer Ärztegelöbnis entnommen habe, ist nicht nur ethischer Bestandteil der ärztlichen Berufspflichten, sondern in seinem Wesensgehalt auch Grundlage sozialdemokratischer Gesundheitspolitik. Das heißt, jeder Patient muss sich einer optimalen Versorgung sicher sein können und jeder Patient muss die Gewissheit haben, dass er die Behandlungskosten seiner Krankheit nicht allein schultern muss. Diesem Prinzip der Solidarität fühlt sich die Fraktion der SPD auch bei der medizinischen Versorgung in unserem Land verpflichtet.
Ihrer künftigen Entwicklung müssen wir schon heute unsere Aufmerksamkeit widmen, da überdurchschnittlich viele gegenwärtig noch praktizierende Ärzte in den nächsten Jahren ausscheiden werden, ohne dass ein in adäquater Größenordnung bereitstehender Nachwuchs vorhanden wäre.
In einigen Regionen Brandenburgs ist die Versorgungssituation vor allem im Bereich der Allgemeinmedizin, aber auch bei einigen Facharztgruppen angespannt und die Nachbesetzung vieler Stellen in brandenburgischen Krankenhäusern gestaltet sich sehr schwierig.
Meine Damen und Herren, um künftige Versorgungsengpässe zu verhindern, müssen wir deshalb die Ursachen betrachten, die eine Nachbesetzung von Arztpraxen und offenen Stellen in unseren Kliniken kompliziert gestalten. An erster Stelle ist die finanzielle Situation der Ärzte in Brandenburg zu nennen. Geringere Verdienstmöglichkeit bei höherer Arbeitsbelastung im ambulanten und stationären Bereich sowie das hohe finanzielle Risiko einer Praxiseröffnung bewegen viele junge Mediziner dazu, in die alten Bundesländer oder ins Ausland abzuwandern. Deshalb möchte ich an dieser Stelle auf zwei gesetzgeberische Maßnahmen der Bundesgesundheitsministerin zur Verbesserung der finanziellen Situation der ostdeutschen Ärzte hinweisen.
Mit der Einführung des Wohnortprinzips und der 6. Gebührenanpassungsverordnung, die das Vergütungsniveau auf 90 % des für Westdeutschland geltenden Tarifs anhebt, wurde ein weiterer Schritt zur Niveauangleichung der Honorare in den alten und in den neuen Bundesländern getan.
Mit der Einführung des Fallpauschalengesetzes werden darüber hinaus den Krankenhäusern über einen Zeitraum von zwei Jahren insgesamt 200 Millionen Euro zur Finanzierung zusätzlicher Stellen zur Verfügung gestellt.
verstärktes Engagement der Landesregierung zur Sicherung der medizinischen Versorgung und erweckt damit den Eindruck, das zuständige Gesundheitsministerium habe seinen Handlungsspielraum in dieser Frage nur unzureichend ausgeschöpft. Dieser Behauptung tritt die SPD-Fraktion entschieden entgegen.
Minister Ziel hat sehr wohl die ihm zur Verfügung stehenden Mittel genutzt, um den Ursachen des Ärztemangels in Brandenburg zu begegnen. Dass diese Möglichkeiten durch das Prinzip der Selbstverwaltung und durch die Gesetzgebungskompetenz des Bundes in Fragen der Gesundheitspolitik begrenzt werden, wissen wir alle hier in diesem Saal. Beispielhaft für dieses Engagement sei das kürzlich von Minister Ziel initiierte Gespräch von Institutions- und Verbandsvertretern des brandenburgischen Gesundheitswesens erwähnt. Dabei wurden alle Möglichkeiten und Gestaltungsspielräume diskutiert, um einem drohenden Ärztemangel im ambulanten und stationären Bereich entgegenzuwirken.
Auf Vorschlag des Ministers konstituierten sich zwei Arbeitsgruppen, die bis nach der Sommerpause Maßnahmen erarbeiten sollen, die der personellen Sicherstellung der medizinischen Versorgung dienen.
Vor diesem Hintergrund haben die Koalitionsfraktionen einen Entschließungsantrag formuliert, der die Landesregierung auffordert, ihre Koordinierungsfunktion mit dem bisherigen Engagement fortzusetzen. Sie wird gebeten, Wege aufzuzeigen und Maßnahmen zu ergreifen, die geeignet sind, die medizinische Versorgung in Brandenburg zu sichern.
Meine Damen und Herren, die Fraktion der SPD stimmt den Kolleginnen und Kollegen der PDS darin zu, dass eine parlamentarische Begleitung dieses Problems notwendig und wichtig ist. Die optimale medizinische Versorgung ist ein essenzielles Bedürfnis der Brandenburgerinnen und Brandenburger. Sie ist von grundlegender politischer Bedeutung und somit auch eine Angelegenheit für das Parlament.
Wir halten es jedoch nicht für zielführend und einer fundierten Diskussion im Ausschuss für abträglich, das Ministerium zu einem Zeitpunkt um Berichterstattung zu bitten, zu dem seriöse Ergebnisse noch gar nicht vorliegen können. Deshalb wird die Landesregierung gebeten, im Januar 2003 einen Zwischenbericht vorzulegen, der bundespolitische Maßnahmen, landeseigene Aktivitäten und die Bemühungen der zur Sicherstellung der ärztlichen Versorgung verpflichteten berufsständischen Vertretung der Ärzteschaft enthält und auf dessen Grundlage eine weitere parlamentarische Befassung vereinbart werden kann. - Ich bedanke mich für Ihre Aufmerksamkeit.
Ich bedanke mich auch, Herr Dr. Kallenbach. - Das Wort geht an die Fraktion der DVU, an Frau Abgeordnete Fechner.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Das Problem der drohenden ärztlichen Unterversorgung im ländlichen Raum ist seit längerem bekannt. Eine öffentliche Anhörung dazu hat es
bereits im vergangenen Jahr gegeben. Die Vertreter der einzelnen Verbände wurden dazu gehört und es wurden auch Lösungsvorschläge unterbreitet. Nachzulesen sind diese im Ausschussprotokoll 3/372.
Auch unsere Landesregierung kann sich gewisse Anreize vorstellen, um die Bereitschaft zur Übernahme von Praxen in unterversorgten Regionen zu erhöhen. Dies war jedenfalls der Antwort auf eine Kleine Anfrage zu entnehmen.
Das Problem ist also der Landesregierung seit langem bekannt und sie wird sich der Problematik hoffentlich bald intensiver annehmen. Doch erzählt wurde in der Vergangenheit viel, gehandelt weniger.
Der Antragsbegründung von Frau Birkholz gibt es von der Sache her nichts Wesentliches mehr hinzuzufügen. Auf einen Aspekt, der heute noch nicht zur Sprache kam, möchte ich jedoch kurz eingehen.
Vorige Woche stand ein Artikel in der “Märkischen Oderzeitung”, der die Überschrift trug: “Wird Ärztemangel durch Polen überwunden?” Es wurde über eine Tagung von Medizinern und Krankenschwestern aus Brandenburg und Polen an der Frankfurter Europa-Universität berichtet. Infolge der geplanten EUOsterweiterung erwarten die Teilnehmer einen härteren Wettbewerb im Gesundheitswesen. Als einen Vorteil der Grenzöffnung erwarten die Fachleute, dass sich der herrschende Ärztemangel in ländlichen Regionen Brandenburgs durch die Ansiedlung polnischer Ärzte überwinden lässt. Auch wurde ein Wettbewerbsvorteil darin gesehen, dass sich Krankenversicherte künftig nach preiswerterer Behandlung im Nachbarland umschauen könnten.
Die Gefahr sinkender Löhne und einer damit verbundenen Abwanderung des hier ansässigen Pflegepersonals in die alten Bundesländer scheint man nicht zu sehen. So bleibt zu hoffen, dass unsere Landesregierung alles dafür unternimmt, dass nicht noch mehr Brandenburger in den Westen abwandern und dass den einheimischen Ärzten Anreize gegeben werden, hier im Land ihre Praxen zu eröffnen bzw. fortzuführen, damit wir in naher Zukunft nicht auf polnische Ärzte angewiesen sind.
Zum Schluss noch ein paar Worte zum Entschließungsantrag der Koalitionsfraktionen. Es gibt einige mehr oder weniger wesentliche Unterschiede zwischen dem Antrag der PDS und diesem nachgeschobenen Entschließungsantrag.
Zweitens: Der PDS-Antrag fordert die Landesregierung auf, sich generell um Lösungen für ein bestehendes Problem zu kümmern. Der Entschließungsantrag geht stärker ins Detail, beschränkt sich aber im Weiteren darauf, die Landesregierung für ihre bisherige Arbeit zu loben.
Drittens: Die PDS fordert bis September 2002 einen Bericht über die zur Problemlösung notwendigen Maßnahmen. Die Koalitionsfraktionen wollen erst im Januar 2003 einen Bericht über die geleistete Arbeit haben.
Viertens: Der Antrag der PDS-Fraktion verpflichtet die Landesregierung, in Übereinstimmung mit dem zuständigen Ministerium eine Lösung des Problems anzustreben. Der Entschließungsantrag der Koalitionsfraktionen verpflichtet die Landesregierung zu gar nichts.
Aus all diesen Gründen werden wir dem Antrag der PDS-Fraktion zustimmen, den der Koalitionsfraktionen ablehnen. - Ich danke.
Ich danke Ihnen, Frau Abgeordnete Fechner. - Nun gebe ich das Wort an die Fraktion der CDU, an den Abgeordneten Dr. Wagner.