Protocol of the Session on May 29, 2002

Aus diesem Grund ist unser Entschließungsantrag, vielleicht nicht vom Inhalt her so sehr abweichend, der zielführende. Erst muss man die Grundlagen schaffen, dann kann man entscheiden.

Was die Schwierigkeiten betrifft, die mit der Funktionalreform verbunden sind, so haben Sie ein paar beschrieben. Da gebe ich Ihnen Recht. Es wird ein schwieriges Unterfangen, wenn wir bestimmte Aufgaben verlagern wollen, und zwar laut Funktionalreform in der Reihenfolge: Aufgaben von der Landesebene auf die Kreisebene und dann da auf die Gemeindeebene, wo es sinnvoll und vernünftig ist.

Der Zusammenhang mit der Verwaltungsmodernisierung und dem Finanzausgleichsgesetz allerdings, der von Ihnen beschrieben worden ist und den alle Gutachten hergeben, wird eines deutlich machen: Wir werden bei der Landesregierung - das haben Sie erwähnt - natürlich Schwierigkeiten insofern bekommen, als Abgabe von Aufgaben auch immer Abgabe von Macht und Einfluss heißt. Das haben wir gemerkt. An der Stelle werden wir kampferprobt sein. Ich kann mir schon vorstellen, dass es, wenn wir zum Beispiel vom Wirtschaftsminister oder auch

vom Landwirtschaftsminister verlangen, einige Aufgaben auf die andere Ebene abzugeben,

(Zuruf von der SPD: Oder vom Bauminister!)

was in den Gutachten durchaus empfohlen wird, Widerstände geben wird. Wir stellen uns darauf ein. Wir sind bereit, bis 2003 diese Widerstände zu überwinden, und dann reden wir weiter. Herzlichen Dank.

(Beifall bei SPD und CDU)

Ich danke dem Abgeordneten Schippel. - Ich gebe das Wort an die Fraktion der DVU, an den Abgeordneten Claus.

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Die Fraktion der PDS will uns heute ihr Konzept zur Funktionalreform unterjubeln. Wir alle wissen, was die PDS damit gestalterisch wirklich erreichen will: Tatsächlich soll der Sozialismus in seiner Reinform zwölf Jahre nach der Wende wieder eingeführt werden.

(Lachen bei der PDS)

Solchen verfassungsfeindlichen Bestrebungen erteilen wir unsere Absage.

(Lachen bei der PDS)

Undurchführbare Konzepte für das Archiv brauchen wir in diesem Hause nicht, meine Damen und Herren von der PDS. Somit ist Ihr Antrag flüssiger als flüssig, nämlich überflüssig. Danke schön.

(Beifall bei der DVU)

Ich danke dem Abgeordneten Claus und gebe der Fraktion der CDU das Wort. - Bitte sehr, Herr Abgeordneter Petke.

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Die Funktionalreform ist ein wichtiges Thema. Die PDS hat es heute auf die Agenda gesetzt. Ich bedanke mich zunächst bei dem Kollegen Domres, der wie ich erst 1999 in den Landtag eingezogen ist, für die geschichtliche Betrachtung darüber, was alles passiert ist und was der damalige Innenminister dazu gesagt hat.

(Zuruf von der PDS: Ein guter Mann!)

Wir wollen die Funktionalreform ebenfalls. - Dass es bei Ihnen so lustig zugeht, hat nicht zuletzt damit zu tun, dass Sie, wie man auch in Ihrem Antrag lesen kann, eben keine Vorschläge machen, sondern in schöner Regelmäßigkeit die Verantwortung auf die Landesregierung delegieren.

(Zuruf von der PDS: Die Regierung sind Sie! - Weitere Zurufe von der PDS)

Wir hingegen machen uns die Gedanken. Der Kollege Schippel hat zu Recht darauf hingewiesen, dass dies kein Schnellschuss werden soll, dass wir das nicht übers Knie brechen werden.

(Lachen bei der PDS sowie Zuruf: Zehn Jahre Schnell- schuss! - Weitere Zurufe von der PDS)

Vielmehr wird sich die Landesregierung bzw. die Regierungskoalition die notwendige Zeit nehmen.

Wenn Sie sagen, seit Jahren werde hierüber diskutiert, so ist dies richtig. Das weiß ich auch. Auf der anderen Seite gibt es die Urteile zur strengen Konnexität durch das Landesverfassungsgericht, es gibt die Probleme, die mit der Gemeindereform zusammenhängen. Dies ist ein wichtiges Reformvorhaben, das nicht zuletzt durch Sie sehr stark bekämpft wird. Ich würde mich freuen, wenn sich die PDS-Fraktion zu diesem wichtigen Reformvorhaben, wie übrigens auch zu anderen Reformvorhaben, wenn neben den innerfraktionellen Streitigkeiten die Zeit bleibt, zu einer einheitlichen Meinung durchringen könnte.

Was das Beispiel der Gemeindereform angeht, so haben wir im Gemeindereformgesetz versucht, die Zuständigkeit für das vorbereitende Baurecht im Flächennutzungsplan auf die Ämter zu übertragen. Das Verfassungsgericht hat uns hier einen Strich durch die Rechnung gemacht. Wir haben dieses Urteil zu respektieren. Aber wenn Sie es ernst meinen mit der Funktionalreform, dann verstehe ich nicht, wie der Kollege Sarrach, Ihr kommunalpolitischer Sprecher, jubelnd durch das Land gehen und sagen kann, dieses Urteil sei sozusagen der erste Nagel im Sarg der Gemeindereform. Das passt nicht zusammen.

Ich fordere Sie auf, zur Funktionalreform eine eigene Meinung zu entwickeln. Ich würde mir wünschen, dass Sie nicht nur die Landesregierung zur Funktionalreform aufforderten. Und, lieber Siegwart, es wird nicht nur von oben nach unten gehen. Natürlich ist es das Ziel, die Aufgaben bürgernah zu delegieren, aber es ist auch das Ziel, sie wirtschaftlich, bezahlbar eben, zu delegieren. Auf der anderen Seite werden wir uns Gedanken darüber machen müssen, wie wir Aufgaben, wenn es sich wirtschaftlich lohnt, sozusagen wieder von unten nach oben umschichten.

Ein Beispiel ist die jetzt in Rede stehende Clearing-Stelle für das Ausländerrecht. Mir will nicht in den Kopf, dass wir 14 Landkreise und vier kreisfreie Städte haben, die sich, wenn es um die Rückführung von Ausländern in die Heimat geht, alle getrennt voneinander bei den Botschaften bemühen, die notwendigen Unterlagen zu bekommen, und die getrennt voneinander mit den Sicherheitsbehörden zusammenarbeiten, um eine rechtlich abgesicherte Rückführung zu ermöglichen. Ich glaube, hier kann es durchaus Synergieeffekte geben. Es besteht eben auch ein Zielkonflikt zwischen dem, was bürgernah, und dem, was bezahlbar ist. Jeder, der kommunalpolitisch aktiv ist, weiß das.

Ich fasse zusammen: Wir stehen zur Funktionalreform. Die CDU-Fraktion hat auch kein Problem damit, sich in eine Auseinandersetzung mit dem einen oder anderen Regierungsmitglied bzw. mit den Häusern in eine Auseinandersetzung darüber zu begeben, wo Aufgaben verlagert werden können. Aber hierfür ist Zeit erforderlich und wir brauchen, bevor wir den nächsten Schritt gehen - der natürlich überfällig ist -, zunächst eine Bestandsaufnahme, um zu sehen, wie weit wir in Brandenburg

sind. Deswegen, Herr Kollege Domres, ist der Entschließungsantrag keine Makulatur. Wir brauchen eben mehr Zeit. Das ist der Grund für den Entschließungsantrag. - Vielen Dank für die Aufmerksamkeit.

(Beifall bei der CDU)

Ich danke dem Abgeordneten Petke und gebe das Wort an die Landesregierung. Herr Minister Schönbohm.

Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Die hier diskutierten Anträge greifen ein wichtiges Thema auf, das ganz dem Anliegen von Landtag und auch Landesregierung entspricht. Denn die Funktionalreform muss als ein, wenn ich so sagen darf, dynamischer Prozess begriffen und angesichts neuer Erkenntnisse und neuer Entwicklungen fortgeführt werden.

Ich freue mich zunächst einmal, als Zwischenergebnis feststellen zu können, dass die PDS in der Zwischenzeit die Gemeindegebietsreform als Voraussetzung anerkennt, um zu einer effizienteren Verwaltung zu kommen. Ich gehe davon aus, dass Sie das, wenn wir das hier im Landtag so erörtern, auch unterstützen werden.

(Frau Kaiser-Nicht [PDS]: Das ist ein Missverständnis!)

- Nein, nein. Ich habe nur den Antrag gelesen. Nach dem Gesetz der Logik sagen Sie: Im Zusammenhang mit der Gemeindegebietsreform und der Verwaltungsoptimierung soll die Funktionalreform fortgeführt werden. Das ist gut so und das machen wir auch so.

In diesem Zusammenhang möchte ich darauf hinweisen, dass die entsprechenden Grundaussagen zur Funktionalreform bereits im Abschlussbericht der Landesregierung zur Umsetzung der Funktionalreform vom Dezember 1996 getroffen wurden. Diese haben hier im Landtag Zustimmung gefunden.

Wie Sie wissen, hat es auch nach der Hauptphase der Funktionalreform im Lande Brandenburg weitere einzelne Aufgabenübertragungen und Prüfaufträge gegeben. Ich möchte an das im Jahre 1997 erlassene Vierte Funktionalreformgesetz erinnern, mit dem neben einer einheitlichen Zuständigkeitsregelung für die drei großen kreisangehörigen Städte auch Zuständigkeiten für Ämter und amtsfreie Gemeinden zum Beispiel bei der Durchsetzung der Zweckentfremdungsverbotsverordnung - so etwas haben wir - geregelt worden sind.

Aktuell betrifft dies auch eine Reihe von Vorschlägen zur Übertragung von Aufgaben auf die unteren Naturschutzbehörden bei den Landkreisen und kreisfreien Städten sowie auf Ämter und amtsfreie Gemeinden.

Meine Damen und Herren, es geht in diesem Zusammenhang immer um die Frage, was zweckmäßig ist. Hier wurde gesagt: Es geht um Macht. Die Macht haben Sie. Sie machen die Gesetze und Sie nehmen die Verwaltung in die Pflicht. Die Verwaltung muss das umsetzen. Verwalten ist nicht immer ein Ver

gnügen. Von daher geht es auch darum, wer Verwaltung nach unten delegieren kann. Hier nach der Macht zu fragen ist eine falsche Betrachtungsweise.

Um einen weiteren Schritt zu gehen, nämlich die bisher von den Landkreisen wahrgenommenen Pflichtaufgaben zur Erfüllung nach Weisung im Interesse der Bürgernähe im größeren Umfang auf die Ämter und amtsfreien Gemeinden zu übertragen, brauchen wir letztendlich eine leistungsstärkere Verwaltungsstruktur auf der kommunalen Ebene. Dies ist der Sinn der Kommunalreform.

Jetzt ist es notwendig, diesen Reformprozess zum Abschluss zu bringen und dann zeitnah auf der Basis solider Erkenntnisse über das tatsächliche Leistungsvermögen der neu geschaffenen Gemeinden die Entscheidung zu treffen, und zwar im Zusammenhang mit der Frage, wie wir die Funktionalreform weiter fortführen. Hierzu müssen Gespräche geführt werden, natürlich mit den Kommunen und den kommunalen Spitzenverbänden.

Darum wollen und müssen wir jetzt unsere Kraft auf die Gemeindegebietsreform konzentrieren. Der Kollege Schippel hat darauf hingewiesen. Das braucht Zeit und auch noch eine kräftige Anstrengung. Gerade in den Monaten Oktober, November und Dezember stehen wir gewissermaßen unter Hochdruck. Dann werden die Anhörungen im Innenausschuss durchgeführt und danach hat der Gesetzgeber das Wort.

Von daher gesehen ist Ihre Terminstellung, meine Damen und Herren von der PDS, einfach unrealistisch. Ich freue mich, dass die Koalitionsfraktionen in ihrem Antrag sagen, sie wollten ein Konzept bis 2003. Das ist realistisch und damit bestätigt sich auch die alte Lebenserfahrung: Wer alles will, macht nichts; wer etwas will, soll es Schritt für Schritt machen. Dabei sind wir, aber konsequent.

Ein Weiteres sage ich zur PDS: Ich würde mich sehr freuen, wenn Sie, wenn wir dann über die Funktionalreform diskutieren, sagten: Ja, wir wollen Funktionalreform, aber keiner darf es merken. - Es gibt viele Forderungen nach Veränderungen, aber keiner darf die Veränderungen merken. Wenn wir das gemeinsam machten, würde mich das freuen. - Herzlichen Dank.

(Beifall bei CDU und SPD)

Wir sind am Ende der Rednerliste angelangt. Ich schließe die Aussprache. Wir kommen zur Abstimmung.

Ich lasse zunächst über den Antrag in der Drucksache 3/4269 abstimmen. Das ist der Antrag der PDS-Fraktion. Wer diesem Antrag zustimmen möchte, möge die Hand aufheben. - Gegenstimmen? - Stimmenthaltungen? - Der Antrag ist mehrheitlich abgelehnt.

Ich lasse abstimmen über den Entschließungsantrag der Koalitionsfraktionen in der Drucksachen 3/4389. Wer diesem Entschließungsantrag zustimmen möchte, möge die Hand aufheben. - Gegenstimmen? - Stimmenthaltungen? - Damit ist der Entschließungsantrag bei einer ganzen Reihe von Stimmenthaltungen einstimmig angenommen.

Ich schließe Tagesordnungspunkt 10 und rufe Tagesordnungspunkt 11 auf:

Maßnahmen zur Reduzierung von Wildschäden

Antrag der Fraktion der PDS