In der ersten Volksinitiative wird, wie gesagt, die Landesregierung aufgefordert, sich für die Aufnahme von Volksinitiativen, Volksbegehren und Volksentscheiden in das Grundgesetz der Bundesrepublik Deutschland einzusetzen.
Die Väter des Grundgesetzes haben sich seinerzeit für eine andere Form der Demokratie, nämlich für die repräsentative Demokratie, entschieden. Ich denke, dass die Bundesrepublik Deutschland damit bisher insgesamt recht gut gefahren ist.
Ich komme zur zweiten Volksinitiative, die überschrieben ist mit „Für faire Abstimmungsrechte in Brandenburg”. Von den
Initiatoren werden mehrere Forderungen aufgestellt. Zumindest auf einige möchte ich jetzt im Einzelnen eingehen.
Nach der ersten Forderung sollen die Quoren, die notwendig sind, herabgesetzt werden. Die Volksinitiative schlägt vor, beispielsweise das Quorum für die Auflösung des Landtages auf 40 000 zu senken; gegenwärtig liegt es bei 200 000. Sie können sich vorstellen, was eine solche Herabsetzung bedeuten würde.
Die zweite Forderung bezieht sich auf die Auswirkungen auf den Haushalt. Die Volksinitiative hat die Absicht, ein Volumen von 2 % des Gesamthaushalts als Grenze festzulegen, bis zu der eine Volksinitiative wirksam werden könnte. Sehen wir uns das im Detail an, dann bedeutet das bezogen auf den gegenwärtigen Haushalt eine Grenze von 200 Millionen Euro. Wir haben noch die Volksinitiative „Für unsere Kinder” vor Augen, als es um einen geringeren Betrag ging. Wenn wir der heute zur Debatte stehenden Volksinitiative stattgeben würden, dann wäre sie rechtmäßig. Die Volksinitiative hätte also bis zu einem Volumen von 200 Millionen Euro einen Einfluss auf den Haushalt. Wir sind uns wohl in diesem Haus alle darüber einig, dass ein solcher Betrag beispielsweise in dem Haushalt von Herrn Reiche niemals aufgebracht werden könnte, sondern es würden immer wieder andere Ressorts herangezogen werden.
Stellen Sie sich weiter vor, es gäbe nicht nur eine Volksinitiative mit 20 000 Unterschriften, die finanzielle Auswirkungen in einer Größenordnung von knapp 200 Millionen Euro hätte, sondern es würde noch eine zweite Volksinitiative laufen. Dann könnte der Landtag als Haushaltsgesetzgeber seine Kompetenzen gleich völlig in die Hände von Volksinitiativen geben. Ich denke, diese Konsequenz ist einleuchtend.
Dritte Forderung: Ein Volksentscheid wird ohne Quorum durchgeführt. Im Extremfall reicht also ein Abstimmungsergebnis von 2 : 1. Ich glaube, diese Forderung kann niemand ernsthaft unterstützen.
Vierte Forderung: Gesetze sollen nach der Beschlussfassung durch den Landtag zum Volksentscheid vorgelegt werden, wenn 100 000 Unterschriftsleistende es verlangen.
Herr Abgeordneter Klein, ich musste mich nur kurz sachkundig machen. Deswegen stelle ich erst an dieser Stelle meine Frage.
auf die Regelung im Grundgesetz bezog. In Artikel 20 Abs. 2 Grundgesetz heißt es, dass alle Staatsgewalt vom Volke ausgeht und vom Volk in Wahlen und Abstimmungen und durch besondere Organe der Gesetzgebung, der vollziehenden Gewalt und der Rechtsprechung ausgeübt wird. Können Sie sich vorstellen, dass die Väter des Grundgesetzes, auf die Sie verwiesen haben, durch die Aufnahme des Wortes „Abstimmungen” auch die Abstimmung der Bürgerinnen und Bürger in Form eines Volksbegehrens, einer Volksinitiative und eines Volksentscheides gemeint haben könnten?
Ich kann mir das durchaus vorstellen. Ich weiß auch - Herr Vietze, Sie wissen es natürlich noch besser -, dass nach der deutschen Vereinigung eine Kommission eingesetzt worden war, die auf Bundesebene arbeitete und versuchte, solche Regelungen in das Grundgesetz einzufügen. Auch Sie wissen, dass diese Bemühungen gescheitert sind. Eine ehrliche Antwort auf diese Frage muss lauten: Auf absehbare Zeit ist an dieser Stelle nichts zu erwarten.
Fünfte Forderung: Auf die Zahl von 100 000 Unterschriftsleistenden, die ausreichen sollen, damit ein vom Landtag beschlossenes Gesetz zum Volksentscheid zugelassen wird, habe ich schon hingewiesen. Wieder wird, ohne ein besonderes Quorum festzulegen, die dann zustande kommende Mehrheit entscheiden können, ob ein solches Gesetz gekippt werden soll. Ich denke, damit gibt der Landesgesetzgeber seine Kompetenzen ab. Das können wir nicht mittragen.
Es gibt noch weitere Änderungswünsche der Initiatoren dieser Volksinitiative, auf die ich nicht weiter eingehen möchte. Ich denke aber, dass ich hinreichend deutlich gemacht habe, dass wir auch diese Volksinitiative ablehnen werden.
Noch ein Wort zu den hier anwesenden Vertretern der Volksinitiative: Wenn Sie Ihre zweite Volksinitiative mit der Überschrift „Für faire Abstimmungsrechte...” versehen, dann impliziert das natürlich auch den Vorwurf, dass die gegenwärtigen Abstimmungsverhältnisse unfair seien.
Ich denke mir, damit tun Sie denjenigen, die im Verfassungsausschuss gesessen haben - einer dieser Vertreter sitzt sogar hier im Saal -, Unrecht und wir würden damit die Arbeit derjenigen, die seinerzeit im Verfassungsausschuss gearbeitet haben, diskreditieren.
Lassen Sie mich mit folgendem Satz schließen: Direkte Demokratie darf nicht gleich direkte Demagogie sein. - Vielen Dank.
Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Demokratie heißt Volkssouveränität. Darum lehnen wir als Fraktion der DVU die Beschlussempfehlung des Hauptausschusses ab. Sehr geehrte Damen und Herren der Koalition, gerade ein Land wie Brandenburg, welches bis zur Wende unter Diktatur und Unterdrückung zu leiden hatte, braucht ein Mehr an direkter Demokratie - und das auf allen Ebenen.
Wir als Fraktion der DVU sind der Ansicht, dass elementare Fragen, die die Rechtssphäre der Bürger unmittelbar betreffen, auch vom Bürger selbst unmittelbar entschieden werden müssen. Der Bürger muss in die Lage versetzt werden, zu Themen wie Währungsunion, Abgabe elementarer Hoheitsrechte eines Nationalstaates usw. selbst zu entscheiden. Es geht hierbei um Fragen, welche die Wesentlichkeitstheorie des Bundesverfassungsgerichts betreffen, das heißt, dass staatliche Gefüge auf der Ebene des jeweiligen Landes wie auf der kommunalen Ebene unmittelbar in die Rechte der Bürger eingreifen.
Selbstverständlich gibt es Bereiche des Rechts, welche von Plebisziten ausgenommen sind. Das sind z. B. der Grundrechtskatalog, die Artikel 1 bis 17 sowie die Artikel 17 a bis 19 des Grundgesetzes, die Prozessgrundrechte, die bundesstaatliche Ordnung und das kommunale Selbstverwaltungsrecht sowie der verfassungsmäßige Bereich der inneren und äußeren Sicherheit der Bundesrepublik Deutschland. Dem wird die Forderung der Volksinitiative „Für Volksentscheide ins Grundgesetz” in ihrer These 1 durchaus gerecht.
Abzulehnen ist lediglich eine obligatorische Bindung von Initiativen an die Zustimmung der Parlamente; denn damit wird ein Plebiszit zum reinen Ritual deklassiert und die politische Tendenz der Entmündigung der Bürger eher verstärkt. Sie sollten dabei bedenken, dass Demokratie bedeutet: Die Staatsgewalt geht vom Volke aus. Repräsentative Demokratie ist nur eine Kompromisslösung, nämlich dort, wo direkte Demokratie faktisch nicht möglich ist.
In sachlicher Hinsicht können Fragen per Plebiszit entschieden werden, die mit einem klaren Ja oder einem klaren Nein zu beantworten sind. Natürlich müssen Detailfragen der Sachkompetenz der Legislative vorbehalten bleiben, damit staatliche Handlungsfähigkeit gewährleistet ist.
Fraglich ist nur, wie Referenden ausgestaltet werden können und sollen. Dies drückt sich in den Fragen aus, ob und wann einfache oder qualifizierte Mehrheiten, ob und wann bzw. in welcher Höhe so genannte Quoren gelten sollen, auf welchen Ebenen welche Mehrheitsregelung Geltung haben soll.
Das Kernproblem ist doch: Ist das Budgetrecht der Parlamente für Plebiszite tabu? Ein frei disponibles Budgetrecht darf nicht aus dem Gleichgewicht geraten. Das Recht des Parlaments zur haushaltsrechtlichen Prioritätensetzung darf nicht direkt einem Plebiszit zugänglich sein.
Dies berücksichtigt die Volksinitiative „Für Volksentscheide ins Grundgesetz” in ihrer These 1 ebenfalls, wenn auch in diskussionswürdiger Weise. Auf der Ebene der Referenden aus der Erfahrung seit der Weimarer Zeit ist zum einen zu bedenken, dass Finanzreferenden nur schwer und unpraktikabel durchzuführen sind. In Anbetracht der Tatsache, dass
sich Finanzreferenden aber auch in Staaten wie der Schweiz bewährt haben, muss einfach einmal darüber diskutiert werden, inwieweit das Budgetrecht grundsätzlich für ein Plebiszit disponibel sein darf.
Eine Einschränkung besteht jedenfalls insoweit, als die Handlungsfähigkeit - Sie sollten vielleicht einmal nachlesen; vielleicht brauchten Sie dann hier nicht dazwischen zu rufen - des Gemeinwesens vollumfänglich erhalten bleiben muss. Sie, meine Damen und Herren von der Koalition, wollen sich mit diesen Fragen aber von vornherein überhaupt nicht beschäftigen.
Mein letzter Satz. -... wenn Sie wieder einmal freiheitlich denkende Bürgerinnen und Bürger als antidemokratisch verunglimpfen wollen. Ein echter Popanz. - Ich bedanke mich für die Aufmerksamkeit.
Herr Präsident! Sehr geehrte Damen und Herren! Schon der Titel der einen hier zur Debatte stehenden Volksinitiative soll uns suggerieren, dass es im Land Brandenburg keine fairen Abstimmungsrechte gebe. Das Gegenteil davon ist der Fall. Unser Bundesland hat eine Verfassung, die sich besonders hinsichtlich der festgelegten Plebiszite auszeichnet.
Basis für unser Handeln ist - wie beim Bund - die repräsentative Demokratie, bei der zugegebenermaßen die Volksvertreter, also wir, zunächst den entscheidenden Einfluss auf die politische Gestaltung des Gemeinwesens nehmen. Wir hoffen selbstverständlich alle, hierbei den politischen Willen der Mehrheit des Volkes zu verwirklichen. Sollte uns dies nicht gelingen, besteht spätestens nach fünf Jahren die Möglichkeit, im Rahmen der Landtagswahlen andere Volksvertreter zu wählen. Wir unterliegen somit bei all unserem Tun dem Souverän, dem Volk. So gesehen spiegelt die repräsentative Demokratie den Willen des Volkes wider.
Dabei ist es selbstverständlich, dass es unterschiedliche Meinungen zu bestimmten Entscheidungen der Landesregierung oder des Landesparlamentes gibt, besonders bei Parteien und diesen nahe stehenden Sympathisanten, denen im Rahmen der
repräsentativen Demokratie die Rolle der Opposition zugeordnet wurde. So kam in der Anhörung zu diesen Volksinitiativen besonders durch Herrn Kuhlemann deutlich zum Ausdruck, dass der Volksentscheid Mittel der Opposition ist, um die Unzufriedenheit mit der Repräsentation durch das Parlament und die Landesregierung zum Ausdruck zu bringen und möglichst Korrekturen am Regierungsprogramm und an Landtagsentscheidungen vorzunehmen. So weit ist nichts einzuwenden. Ich habe, aus Sicht der PDS betrachtet, sogar Verständnis dafür, dass ihre Intention Mittel zum Zweck ist, aus der Opposition heraus mittels der Volksinitiativen gesetzgeberische bzw. finanzpolitische Forderungen zu formulieren und durchzusetzen,
die zurzeit parlamentarisch nicht zu erreichen sind. Es geht hier nicht um die Heilung von Kinderkrankheiten, Frau Stobrawa. Wichtige Fragen können jederzeit durchaus dem Volk zur Entscheidung vorgelegt werden, wie es beispielsweise am 14. Juli 1992 geschah, als unsere Landesverfassung durch Volksentscheid angenommen wurde.