Protocol of the Session on June 21, 2001

Frau Abgeordnete Tack, gestatten Sie eine Zwischenfrage?

Ja, bitte, gern.

Die Frage richtet sich noch einmal auf das erstaunliche turnerische Spagat der PDS. Ich frage ganz klar: Der Abgeordnete Christoffers hat sich in mehreren Äußerungen sehr differenziert geäußert und sagte, er sei für den Flughafen mit Einschränkungen. Heute sehen wir Sie in schimmernder Wehr gegen den Flughafen. Wofür sind Sie nun? Für den Flughafen oder gegen den Flughafen - jetzt ganz klar für die PDS?

Für die PDS vertreten wir seit Jahren hier im Landtag eine Strategie, die übrigens in mindestens neun Broschüren öffentlich dokumentiert ist. Darin ist das alles nachlesbar. Wir sind gegen den Großflughafen in Schönefeld. Das ist aber keine neue Erkenntnis.

(Homeyer [PDS]: Ein kräftiges Sowohl als Auch. Das ist wunderbar.)

- Das kennen Sie schon seit langem.

Die PDS ist gegen den Großflughafen in Schönefeld. Das haben Sie sicherlich zur Kenntnis genommen. Herr Christoffers hat sich gemeinsam mit dem Bürgerverein Berlin-Brandenburg dagegen ausgesprochen, dass der Großflughafen in Schönefeld entsteht.

(Petke [CDU]: Sind Sie sicher?)

Die PDS in Brandenburg und auch in Berlin wäre im Hinblick auf die dramatische Verschuldung...

(Zuruf des Abgeordneten Neumann [CDU])

- ich sage es aber noch einmal, wenn Sie nun zuhören wollen, Herr Neumann: Die PDS in Berlin und in Brandenburg wäre im Hinblick auf die dramatische Verschuldung der BBF bereit, in der Haushalts- und Finanzpolitik einschneidende und unpopuläre Schritte mitzutragen. Ich erinnere an unseren Antrag vor zwei Jahren im Zusammenhang mit dem Scheitern des Privatisierungsverfahrens, als wir gefordert haben, beide Verfahren zu trennen und erst einmal die BBF zu entschulden und dann einen klaren Schnitt zu machen und auf der Grundlage einer realistischen Prognose zu reagieren. Wir sind bereit dazu, wenn die Regierungskoalitionen endlich die Kraft fänden, meine Damen und Herren, Herr Wirtschaftsminister, sich von Ihren unrealistischen Vorstellungen über ein drittes Luftdrehkreuz in Deutschland zu trennen. Die Chancen sind gut.

Vorhin wurde der Konsensbeschluss von 1996 erwähnt. Ich will Ihnen nur sagen: Zwei Partner, die diesen Konsensbeschluss unterschrieben hatten, sind mittlerweile abhanden gekommen, sowohl der Verkehrsminister ade Wissmann wie auch der Regierende Bürgermeister von Berlin, Herr Diepgen. Es gibt alle Chancen, diese Krise in Berlin zu nutzen, um in ein neues Konzept zu gehen, das auf der Grundlage einer realistischen Prognose, auf der Grundlage vorhandener Kapazitäten beruht. Vor allen Dingen, meine Damen und Herren, sollte endlich ein Konzept erarbeitet werden, was ja das Thema und das Anliegen von Herrn Schulze ist. Die Notwendigkeit sowie die Machbarkeit und die Finanzierbarkeit eines Flughafens müssen gegeben sein. Das ist der Dreh- und Angelpunkt.

(Kolbe [SPD]: Weder in Brandenburg noch in Berlin!)

Deshalb unterstützen wir auch den Antrag von Herrn Schulze.

Ich möchte abschließend noch einen Satz sagen: Die Werbekampagne, um die es hier geht, widerspricht den Grundsätzen von Wirtschaftlichkeit und Sparsamkeit im Umgang mit öffentlichen Mitteln. Deshalb bitte ich Sie, dem Antrag von Herrn Schulze zuzustimmen. Ihren Koalitionsantrag - das wird Sie nicht verwundern - werden wir ablehnen.

(Homeyer [CDU]: Das enttäuscht uns aber!)

- Schönen Dank.

(Beifall bei der PDS)

Schönen Dank, Frau Abgeordnete Tack. - Das Wort geht an die Fraktion der CDU, an den Abgeordneten Schrey.

Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Der Großflughafen Berlin Brandenburg International ist die größte Chance für die positive wirtschaftliche Entwicklung der Region Berlin-Brandenburg und damit für die Schaffung neuer Arbeitsund Ausbildungsplätze.

(Zustimmendes Klopfen bei der CDU)

Dass ein Großprojekt nicht nur Befürworter findet, sondern auch Kritiker hat, war immer so und wird mit hoher Wahrscheinlichkeit auch immer so sein, und dass das in jeder Hinsicht ausgenutzt wird, ist auch klar.

Wir stehen aber heute nicht vor der Situation, dass wir uns mit der Kritik einzelner Anwohner oder der Opposition, wie sie im vergangenen Jahr üblich war, auseinander zu setzen haben. Die veränderte politische Konstellation der Berliner Regierung droht eine Gefahr für die erhofften zusätzlichen Arbeitsplätze zu werden.

(Zustimmendes Klopfen bei der CDU)

Meine Damen und Herren! Die Berliner Grünen und die PDS sind seit Samstag regierungstragende Parteien. Bekennende Geg

ner dieses Zukunftsprojektes sind nun Gesellschafter der BBF. Erste Äußerungen zum Flughafenprojekt wurden bereits abgegeben. So erklärte der neue Justizsenator, Herr Wieland, von den Grünen gleich nach seiner Wahl, dass er selbstverständlich das Projekt befürworte, der Flughafen jedoch wesentlich kleiner gebaut werden solle. Die verkehrspolitische Sprecherin der PDS im Berliner Abgeordnetenhaus, Jutta Mattuscheck, sagte, dass das gesamte Projekt noch einmal auf den Prüfstand gestellt wird und damit das ganze Planfeststellungsverfahren zur Disposition steht.

Meine Damen und Herren! Unsere Region braucht die zusätzlichen Arbeitsplätze.

(Zuruf der Abgeordneten Frau Tack [PDS])

Unsere Region braucht das internationale Drehkreuz, damit der Standort Brandenburg für nationale und internationale Investoren attraktiver wird.

Herr Abgeordneter Schrey, gestatten Sie eine Zwischenfrage?

Nein. - Für uns ist klar: Wenn sich der Berliner Senat gegen die bisherigen Planungen für den Bau des BBI stellt, stellt er sich gegen die Interessen unserer Region. Die Koalitionsfraktionen haben einen Entschließungsantrag vorgelegt, in dem sie sehr deutlich machen, dass wir von den Gesellschaftern und damit vom Berliner Senat ein klares Signal für den Großflughafen Berlin Brandenburg International erwarten. Ich bitte daher für breite Zustimmung zu dem Entschließungsantrag unserer Koalitionsfraktionen. - Ich danke für die Aufmerksamkeit.

(Beifall bei CDU und SPD)

Ich danke Ihnen, Herr Abgeordneter Schrey. - Das Wort geht an die Fraktion der DVU, an den Abgeordneten Schuldt.

Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Nach dem Motto „Auffallen um jeden Preis” behandeln wir heute einen Antrag des Kollegen Christoph Schulze. Der von Ihnen angegebene Grund, die Gesellschaft BBF möge sparsam wirtschaften und deshalb teure Werbekampagnen unterlassen, ist offenbar nur vorgeschoben. Es scheint sich um eine Schutzbehauptung zu handeln.

Im Übrigen, Herr Kollege Schulze, wie kommen Sie eigentlich auf die Idee, dass Aufklärungs- und Werbemaßnahmen nicht zum Aufgabengebiet der BBF als Holding gehören? Ist diese etwa nicht ebenso gleich wie die Bürgerinitiative vor Ihrer Haustür? Ist sie nicht auch genau so am Anhörungsverfahren beteiligt? Hat sie nicht ebenso ein Interesse daran, ihren Standpunkt in der Öffentlichkeit zu vertreten? Die Bürgerinitiative macht dies gleichfalls. Es handelt sich hier doch nur um einen öffentlich ausgetragenen Meinungsstreit.

Die eine Seite: Ihre Bürgerinitiative

(Schulze [SPD]: Ich habe keine Steuergelder dafür zur Verfügung!)

- hören Sie auf mit Steuergeldern! - beruft sich auf Nachteile wie Fluglärm, Gefahren durch Gasleitungen, so genannte Altlasten, angebliche Verfahrensfehler und dergleichen mehr.

(Zuruf des Abgeordneten Schulze [SPD])

Die andere Seite, also die BBF als Fürsprecherin des Flughafenprojektes, beruft sich auf Vorteile, etwa auf das Passagieraufkommen, die Bedeutung als Hauptstadtflughafen, die Bedeutung für die wirtschaftliche Entwicklung für die gesamte Region und die Schaffung von Zigtausend Arbeitsplätzen. Wollen Sie das etwa genauso wie die PDS-Genossen unterbinden?

Herr Kollege Schulze, ich kann beim besten Willen nicht feststellen, dass sich die BBF im laufenden Anhörungsverfahren in irgendeiner Art und Weise unsachlich verhält oder verhalten hat. Es war doch gerade Ihre Bürgerinitiative, die dies in schlecht-westdeutscher Manier 68er Altlinker im laufenden Anhörungsverfahren getan hat.

(Beifall bei der DVU - Lachen bei SPD und PDS - Zuruf von der PDS: Witzbold!)

Was haben wir denn den Zeitungen und Nachrichten alles entnehmen müssen? Es wurden dort Trillerpfeifen und Flüstertüten benutzt. Die Veranstaltungsleitung wurde niedergebrüllt, Bürger kamen nicht mehr zu Wort. Man kam sich dort in der Tat vor wie im Jahre 1968 auf einer Veranstaltung an der FU unter Beteiligung des Sozialistischen Deutschen Studentenbundes.

(Zuruf von der PDS: Waren Sie dabei?)

Wer hat dies alles organisiert und gemacht? Etwa die BBF? Nein!

(Prof. Dr. Bisky [PDS]: Doch! Wer denn sonst?)

Die Bürgerinitiative und niemand anders!

Was haben wir gerade in der gestrigen Aktuellen Stunde zum Thema Toleranz gelernt, Herr Abgeordneter Schulze? Mein Fraktionskollege Michael Claus führte aus, zur Toleranz im Sinne der allgemeinen Achtung des anderen gehöre auch, dass man niemanden wegen seiner abweichenden Meinung niederbrüllt, sondern ihn reden lässt.

(Beifall bei der DVU)

Der Antragsteller erwähnte zwar eben die große Bedeutung des Vorhabens für die wirtschaftliche Entwicklung und für den Arbeitsmarkt in der Region und für ganz Brandenburg. Es geht dem Antragsteller aber ausschließlich darum, seinen Wahlkreis zu retten. Dabei ist „retten” natürlich in folgendem Sinne gemeint: Nach mir die Sintflut; Hauptsache, ich werde wieder gewählt. Das machen wir nicht mit. Das können wir nicht mitmachen. Deshalb lehnen wir diesen Antrag ab.