Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Man sollte Toleranz nicht mit Inkonsequenz verwechseln. Staatssekretär Lancelle soll gesagt haben, an der Schraube der Repression könne nicht weiter gedreht werden, wenn man sich nicht in die Gefahr be
geben wolle, den Boden der Rechtsstaatlichkeit zu verlassen. Ich gebe dem Staatssekretär in diesem Punkt ausdrücklich Recht. Die zurzeit vorhandenen rechtlichen Möglichkeiten der Polizei werden in Brandenburg im Kampf gegen Gewalt und Rechtsextremismus mit aller Konsequenz genutzt.
Bereits 1998, noch unter Minister Ziel, wurde das Landeskriminalamt beauftragt, dezentrale Prävention wie auch Repressionsmaßnahmen gegen Fremdenfeindlichkeit und Rechtsextremismus einzuleiten. Hierfür wurden die „Mobilen Einsatztrupps” eingerichtet, die so genannten MEGA. Mögliche Täter sollen unter anderem durch Kontroll- und Observationsmaßnahmen an ihren Treffpunkten wie in Bahnhöfen oder vor anderen öffentlichen Gebäuden und auf Plätzen ausfindig gemacht, ihre Anonymiät soll aufgehoben und so der Druck einer möglichen Verfolgung erhöht werden. Durch diese Maßnahmen werden gleichzeitig bessere Voraussetzungen dafür geschaffen, Straftaten zügiger aufzuklären.
Die SPD unterstützt die durch Innenminister Schönbohm veranlassten Maßnahmen innerhalb der MEGA. Die MEGA sind nun direkt bei den Polizeipräsidien angesiedelt. Des Weiteren werden die einzelnen MEGA an Schwerpunkttagen durch je neun Beamte verstärkt. Das Instrument der MEGA hat sich seit seiner Gründung als äußerst wirksam erwiesen.
Der Innenminister wurde im März 2000 vom Kabinett beauftragt, einen Landespräventionsrat vorzubereiten und die Geschäftsstelle in seinem Haus anzusiedeln. Der Aufgabenbereich des Landespräventionsrates umfasst unter anderem Politik- und Praxisberatung, Information und Publikation und, nicht zu vergessen, Forschung und Weiterbildung.
Dieses Vorhaben wurde ebenfalls von der SPD-Fraktion unterstützt. Schon im Jahre 1997 wurden vom damaligen Innenminister Alwin Ziel Diskussionen innerhalb der Landesregierung über die Bildung eines Landespräventionsrates angeregt. Diese Idee beruht im Übrigen auf einem skandinavischen Modell, ist also nicht neu, auch wenn dieser Eindruck entstehen könnte.
Dass diese Idee erst im Jahr 2000 durch das Kabinett verwirklicht wurde, hat seinen Grund in dem stetigen Anstieg von Gewalt und Rechtsextremismus in dieser Zeit. Jüngste Initiativen des Bundes und einiger Länder zeigen, dass es weitere Überlegungen gibt, zum Beispiel über das Fahrverbot als selbstständige Sanktion. Hierzu werden zurzeit zwei Modelle diskutiert, von denen das eine die schärferen Sanktionsmöglichkeiten mit sich brächte, das andere aber vermutlich eher mehrheitsfähig sein wird. Ich möchte der rechtspolitischen Diskussion nicht vorgreifen, bin aber ziemlich sicher, dass der derzeit enge Anwendungsbereich des Fahrverbotes nach § 44 StGB verändert werden wird.
Die SPD-Fraktion ist kommenden Veränderungen gegenüber offen. Aber, meine Damen und Herren, ich warne vor zur großer und zu früher Euphorie; denn wenn das so genannte scharfe Schwert des Rechtsstaates - wie es Herr Schönbohm gern bezeichnet - auf einen zu groben Schleifstein gelegt wird, dann kann es schartig und stumpf werden. - Danke sehr.
Ich danke dem Abgeordneten Schippel von der Fraktion der SPD und stelle fest, dass wir am Ende der Aussprache zum Tagesordnungspunkt 2 der Aktuellen Stunde angekommen sind.
Ich eröffne die Aussprache zu diesem Tagesordnungspunkt und erteile der Fraktion der PDS, Herrn Abgeordneten Prof. Dr. Bisky, das Wort.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Die PDS-Fraktion stimmt der Beschlussempfehlung des Hauptausschusses zu, auch wenn wir mit dem Ergebnis nicht uneingeschränkt zufrieden sind. Herausgekommen ist ein tragbarer Kompromiss. Letztlich werden das ORB-Gesetz der bundesweit einheitlichen Rechtslage angepasst und die Voraussetzungen dafür geschaffen, digital-terrestrische anstelle von analog-terrestrischen Übertragungsmöglichkeiten zu nutzen.
Wichtig war die Debatte darüber, ob das Prüfungsrecht des Landesrechnungshofes gegenüber dem Ostdeutschen Rundfunk Brandenburg erweitert werden soll. Dieser Wunsch war nicht nur aus Ihren Reihen, meine Damen und Herren Abgeordnete, zu vernehmen, sondern auch vom Landesrechnungshof selbst formuliert worden. Da wurde von Transparenzberichten, Prüfungen der Töchterfirmen, zeitweise gar von Landtagskommissionen gesprochen.
Nach meiner Auffassung widerspricht dies dem Gebot der Staatsferne, das die Bundesrepublik nach Ende des Zweiten Weltkrieges für den öffentlich-rechtlichen Rundfunk in das Grundgesetz geschrieben hat. Dieses Gebot - ich möchte es hier nicht im Einzelnen erläutern - war nicht aus der Luft gegriffen. Es resultierte vielmehr aus den Erfahrungen, wie Medien und insbesondere der Rundfunk politisch missbraucht wurden.
Um solchen Missbrauch unmöglich zu machen, orientierte man sich damals an der BBC. Es sollte ein unabhängiger öffentlichrechtlicher Rundfunk geschaffen werden, der nicht dem Staat, sondern der Gesellschaft gehört. Diese Staatsferne der Öffentlich-Rechtlichen, im Konkreten hier des ORB, gilt es zu erhalten und, meine Damen und Herren, auch zu verteidigen gegenüber einer Reihe von Versuchen, sie aufzuweichen.
Ich beziehe mich im Folgenden auf eine gutachterliche Stellungnahme, die der Hauptausschuss vom Gründungsintendanten des ORB, Prof. Friedrich-Wilhelm Freiherr van Sell, erbeten hat. Diese Stellungnahme kommt zu dem Schluss, dass nach Artikel 5 des Grundgesetzes auch der Staat, in unserem Falle also der Landtag, verpflichtet ist, Zurückhaltung zu üben.
„Der Landesrechnungshof, aber auch die Landesregierung haben in der gesamten causa ORB, also auch für ihre Prüfungsberichte und Beanstandungen, einzig und allein einen Adressaten: die Anstalt selbst. Andere Adressaten gibt es für sie nicht.”
Wir haben uns jetzt auf einen Kompromiss verständigt, der nach meinem Dafürhalten nicht nötig gewesen wäre, aber zumindest ausschließt, dass Landesrechnungshof und Landtag sich allzu sehr in die Belange des ORB einmischen. Denn, um noch einmal Prof. van Sell zu zitieren:
„Die Normierung einer eigenen, neuen Berichtspflicht der Anstalt an den Landtag wäre von vornherein verfassungswidrig. Notabene entfiele auch die für diesen Fall vorgesehene Mitwirkung des Landesrechnungshofes. Nicht anders verhält es sich mit der Initiative, den Landtag und/oder die Landesregierung gesetzlich zu ermächtigen, den Landesrechnungshof zu gutachterlichen Äußerungen über die Wirtschafts- und Finanzlage des ORB heranzuziehen.”
Der Ostdeutsche Rundfunk Brandenburg, meine Damen und Herren, wird bereits beaufsichtigt; es ist die Aufgabe des Rundfunk- und Verwaltungsrates, über die Anstalt zu wachen. Letztlich könnte eine neue Aufsicht durch den Landtag gar zu einer Doppelmandatierung einzelner Abgeordneter und so auch zu Verunsicherung führen.
Ich gebe noch eines zu bedenken: Wenn gefordert wird, dass der Landesrechnungshof die Beteiligungsfirmen des ORB auf ihre Wirtschaftlichkeit prüfen soll, frage ich Sie, liebe Kolleginnen und Kollegen: Ist dies nicht eine Einmischung des Staates in die Belange privatrechtlicher Unternehmen?
Der Ostdeutsche Rundfunk Brandenburg ist 1991 bewusst als schlanke Anstalt gegründet worden. Deshalb bitte ich Sie in unser aller Interesse: Vermeiden wir jegliche, ob wirtschaftliche oder inhaltliche, Einmischung in die Angelegenheiten des ORB. Das gebietet die Staatsferne. - Ich bedanke mich.
Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Für die Novellierung des ORB-Gesetzes gab es insgesamt drei Gründe. Zum Ersten waren nach dem In-Kraft-Treten des 4. Rundfunkänderungsstaatsvertrages die landesrechtlichen Vorschriften zum
Jugendschutz, zur Werbung, zur Eigenwerbung und zum Datenschutz im ORB an die einheitliche bundesdeutsche Rechtslage anzupassen. Zum Zweiten waren Regelungen erforderlich, um dem ORB die Nutzung digital-terrestrischer Übertragungsmöglichkeiten bei gleichzeitigem Verzicht auf analog-terrestrische Übertragungen zu schaffen. Zum Dritten ging es um die Umsetzung eines Landtagsbeschlusses vom 13. Dezember 2000, in dem es um die Änderung von Vorschriften im Finanzwesen des ORB ging.
In den Beratungen der Gesetzesnovelle hielten sich dann die Änderungen, die hier heute durch den Hauptausschuss zur Annahme empfohlen werden, in einem, wie man erwarten konnte, überschaubaren Rahmen. In § 36 wurde ein zusätzlicher Absatz eingefügt, der den Intendanten zu einem jährlichen Bericht verpflichtet, in dem über die Einnahmen und Ausgaben des ORB informiert wird. Das gilt ausdrücklich auch für die Gesellschaften, an denen der ORB mit Mehrheit beteiligt ist.
Außerdem wird sich der ORB mit dem Landesrechnungshof darüber verständigen, nach welchen Grundsätzen die Prüfung gerade von den Gesellschaften, an denen der ORB mehrheitlich beteiligt ist, erfolgen soll. Das ist im § 37 dieser Gesetzesnovelle festgelegt worden. Damit wird der Beschluss 3/2160 des Landtages, den ich vorhin schon erwähnt habe, umgesetzt. - Ich danke Ihnen für Ihre Aufmerksamkeit.
Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Für eine einseitige Berichterstattung auch noch Pflichtbeiträge zahlen? - Nein, danke!
Grund: Die von uns angestrebte grundlegende Reform des öffentlich-rechtlichen Rundfunks durch Teilprivatisierung ist das nicht und die von uns für erforderlich gehaltene Reform wird durch das Gesetzesvorhaben der Landesregierung eher behindert als gefördert. Bestehende Strukturen werden dadurch gefestigt.
Erstens: Wir halten eine grundlegende Reform des gesamten Rundfunk- und Fernsehwesens durch ein für alle gleichermaßen geltendes Gesetz für erforderlich.
Zweitens: Mit dieser Reform geht einher, dass der staatliche Einfluss im Rundfunk und Fernsehen auf ein Mindestmaß beschränkt wird. Erstrebt wird eine Minderheitsbeteiligung der öffentlichen Hand mit einer Sperrminorität zum Zwecke der reinen, tendenzunabhängigen Sicherstellung von Information und einer reinen Missbrauchskontrolle.
Drittens: Die vonseiten der Landesregierung nur für den öffentlich-rechtlichen Bereich vorgeschlagenen Regelungen des Jugendschutzes wollen wir mit der Reform und durch Schaffung eines für alle geltenden Gesetzes für alle Betreiber von Rundfunk und Fernsehen gleichermaßen verbindlich machen.
Viertens: Die gesellschaftlich relevanten Gruppen sollen über den Rundfunkrat - wie bisher - an der Gestaltung der Ausgewogenheit von Programmen beteiligt bleiben, damit insbesondere die Information der Bürgerinnen und Bürger nicht zu kurz kommt. Der Zugriff der Parteien darauf soll beschränkt werden. Den staatlichen Einfluss wollen wir auf die reine Missbrauchskontrolle beschränken. Auf die Besetzung von Rundfunkräten und Intendatenposten sollen die politischen Parteien sowie der politische Bereich keinen Einfluss mehr nehmen.
Fünftens: Mit der Teilprivatisierung kommen wir dann auch zu einem selbst finanzierten Rundfunk und Fernsehen auch im bisherigen öffentlich-rechtlichen Bereich mit der Folge, dass die bisherigen Rundfunk- und Fernsehgebühren entfallen. Das heißt für den Bereich von Rundfunk und Fernsehen im Klartext: Die Bürgerinnen und Bürger zahlen jedenfalls nicht mehr für das, was sie nicht sehen wollen.
Sechstens: Durch die teilweise Privatisierung sind die Betreiber von Rundfunk und Fernsehen zusätzlich gehalten, allein nach wirtschaftlichen Grundsätzen zu verfahren. Überbordende Kostenentwicklungen zulasten der Allgemeinheit sollen gerade hierdurch verhindert werden. Sie können nämlich nicht mehr einfach durch Gebühren auf die Allgemeinheit abgewälzt werden.
Schließlich wird allen politischen Kräften hier im Land der heute überproportionale Einfluss auf die Besetzung von Entscheidungsfunktionen und hierüber auf die inhaltiche Programmgestaltung genommen. Es soll hierdurch im Bereich Rundfunk und Fernsehen lediglich eine Entwicklung zurückgedrängt werden, die vielfach mit den Worten „der Staat als Beute der Parteien” umschrieben wird. Der Vielfalt von Programmen und Meinungen soll und wird dies nicht schaden.