Protocol of the Session on May 17, 2000

Angesichts dieser großen Schwieri gkeiten, die wir auch hier in Brandenburg haben, die Durchschnittswerte in Deutschland zu halten, sind wir aufgrund der Konsolidierungserfordernisse unseres Landeshaushalts mit den Hochschulen darüber im Gespräch, wie wir kurzfristig die zur Verfügung gestellten Mittel so effektiv wie möglich einsetzen können.

Entsprechend sieht die Landesregierung dafür folgende Möglichkeiten:

1. Überprüfung des Lehrangebotes mit dem Ziel, gut nachgefragte und profilbestimmende Studiengänge durch Umschichtung von Ausstattungen aus weniger profilbestimmenden Angeboten zu stärken

2. Die Überprüfung des Verwaltungsaufwandes unserer Hochschulen werden wir vornehmen, weil sich die Landesregierung dessen bewusst ist, dass seit Beginn des Hochschulaufbaus in Brandenburg der Weg gewählt wurde, kleinere - wenn Sie so wollen. auch feinere - Hochschulen zu gründen, sodass der Verwaltungsaufwand höher als in anderen Bereichen ist. Deswegen werden wir durch Verwaltungsoptimierung Synergieeffekte zu erreichen versuchen, die zu einem günstigeren Verhältnis von Lehr- und Forschungsaufwand auf der einen Seite und Verwaltungsaufwand auf der anderen Seite führen.

3. Die Verbesserung der Einnahmesituation der Hochschulen spielt eine Rolle. Dabei ist nicht nur an eine Erhöhung der Drittrnitteleinnahmen für die Forschung zu denken, sondern wir denken auch an eine Einnahmeerhöhun g durch den Ausbau gebührenpflichtiger Weiterbildungsangebote oder daran, durch gebührenpflichti ge Laborleistungen für Dritte weitere Mittel zu erwirtschaften. Aber um der zukünftigen Entwicklung, Herr Kollege, meine sehr verehrten Damen und Herren, Rechnung tragen zu können, wird die Landesregierung mit den Hochschulen und dem Landeshochschulrat in den kommenden Monaten mittelfristige Perspektiven erarbeiten. Damit soll den Hochschulen ermöglicht werden, ihren in den kommenden Jahren durch die zunehmende Zahl der Studierenden in der beruflichen Erstausbildung und im postgradualen Studium durch Weiterbildun g, durch Innovations- und Technologietransfer wachsende Aufgaben und Belastungen mit den dann zur Verfügung stehenden Haushaltsmitteln Rechnung tragen zu können.

Die Mitglieder des Landeshochschulrates sind zu einer engagierten Mitarbeit bereit. Dem stehen übrigens anerkanntermaßen die Bemühungen der Hochschulen gegenüber, sich im Wettbewerb zu profilieren. Aber dafür brauchen sie - mindestens mittelfristige Planungssicherheit.

Der Landesgesetzgeber hat dafür im § 2 Abs. 6 des Brandenburgischen Hochschulgesetzes mit dem Instrument der Zielvereinbarungen einen gangbaren Weg gewiesen, den wir einschlagen wollen, den wir einschlagen möchten.

Herr Minister, es gibt Klärungsbedarf. Herr Dr. Trunschke, bitte sehr!

Erstens: Herr Minister, würden Sie mir zustimmen, dass nicht nur droht, dass die Welt an Deutschland vorbeizieht, sondern dass auch noch Deutschland an Brandenburg vorbeizieht?

Zweitens: Würden Sie mir weiterhin zustimmen, dass der Landeshochschulrat nicht eine effektive Mittelverwaltung eingeklagt hat, sondern eine ausreichende Grundausstattung?

Ich kenne die Position des Landeshochschulrates, weil ich an den Sitzungen des Landeshochschulrates teilgenommen habe und auch in Zukunft daran teilzunehmen gedenke, jedenfalls immer dann, wenn es sich um die grundlegenden Angelegenheiten handelt.

Es ist richtig, dass wir in Brandenburg im Verhältnis zu anderen deutschen Bundesländern nicht an der ersten Stelle stehen, was Grundausstattung und Forschungsmittel betrifft. Wir möchten aber ganz gern - das wird in den nächsten Monaten eine der wichtigsten Aufgaben sein - eine Entwicklung erreichen, die mittel- und langfristig den Hochschul- und Wissenschaftsbereich im Lande Brandenburg sichert.

Bitte, Herr Dr. Trunschke!

Herr Minister, stimmen Sie mir zu, dass die mittelfristige Finanzplanung, die Ihre Regierung vorgelegt hat, genau das Gegenteil aussagt, dass sich die Situation der Hochschulen weiter verschlechtert, weil dort noch einmal erhebliche Mittel herausgestrichen werden?

Wir müssen davon ausgehen, dass wir in absehbarer Zeit - ich glaubte das eben sehr deutlich gesagt zu haben - im Hochschulbereich, im Wissenschaftsbereich mit Strukturveränderungen zu rechnen haben bzw. diese Strukturveränderungen in gemeinsamer Arbeit - Landeshochschulrat, Hochschulen, Universitäten, Ministerium - erreichen wollen. Unter diesem Aspekt hoffe ich doch sehr, dass es uns gelingt, in den nächsten vier bis fiinf Jahren eine Basis zu legen, auf der sich Brandenburg im nationalen wie im internationalen Vergleich sehen lassen kann.

Frau Osten. bitte!

Meine erste Frage: Herr Minister, können Sie sich vorstellen, dass ich das Problem der Effektivität bei den kleinen und feinen Hochschulen durchaus nachvollziehen kann?

Zweitens: Können Sie sich auch vorstellen, dass vielleicht die Strategie verändert wird, dass es durchaus um den Ausbau von

Hochschulen in Brandenburg gehen kann, zumal das Beispiel der Viadrina zeigt, dass die Nachfrage dieser Studienplätze sehr groß ist, was auch fiir die Qualität und das Ansehen dieser Universität spricht?

Ich kann mir das sehr wohl vorstellen. Ich habe nicht gesagt. dass wir auf diesem Wege bleiben. ich habe gesagt, aufgrund des Ansatzes, dass wir kleine Hochschulen haben, ist der Verwaltungsaufwand höher. Diesen Verwaltungsaufwand dadurch zu senken, dass wir den Versuch unternehmen, Verwaltungsoptimierung und damit Synergieeffekte zu erreichen, um ein besseres Verhältnis von Lehr- und Forschungsaufwand und Verwaltungsaufwand zu erreichen. das ist eine der kurzfristigen Aufgaben, die wir sofort angehen, die bereits in Arbeit sind.

Herzlichen Dank. - Der Abgeordnete Christoph Schulze hat Zahnweh, was ihn daran hindert den Mund aufzumachen. Deswegen hat er gebeten, dass Frau Müller die Frage 235 (Schulen in freier Trägerschaft) für ihn stellt. Bitte sehr, Frau Abgeordnete Müller!

Der Anteil der Schulen in freier Trägerschaft ist im Verhältnis zu den Schulen in öffentlicher Trägerschaft relativ gering. Im Interesse der Vielfalt des Bildungswesens und der Wahlmöglichkeiten fiir Eltern bzw. Schülerinnen und Schüler ist es unumgänglich, das Angebot an Schulen in freier Trägerschaft zu erhöhen, wenn die Voraussetzungen nach dem Brandenburgischen Schulgesetz erfüllt sind.

Ich frage daher die Landesregierung: Wie wird die bisherige Entwicklung bei den Schulen in freier Trägerschaft von ihr bewertet?

Herr Minister Reiche, Sie haben das Wort.

Herr Präsident! Sehr geehrte Damen und Herren! Herr Präsident, wenn Sie erlauben, würde ich Herrn Schulze aus diesem Hause die besten Genesungswünsche übermitteln.

Liebe Kollegin, in den letzten Jahren hat es bei der Genehmigung der Ersatzschulen in freier Trägerschaft folgende Entwicklung gegeben:

Bis zum 1. August des Jahres 1997 hatten wir nur 41 Schulen mit insgesamt 6 062 Schülern, das waren 1,3 °/0, zum 1. August des Jahres 1998 hingegen schon 46 Schulen in freier Trägerschaft mit dann immerhin schon 6 725 Schülern, das entsprach 1,5 %. Mit dem Schuljahr 1999/2000, also dem laufenden, hatten wir bereits 51 Schulen mit 7 378 Schülerinnen und Schülern, das entsprach 1,7 %, und mit Beginn des neuen Schuljahres werden wir 63 Schulen in freier Trägerschaft mit 8 200 Schülerinnen und Schülern haben, das entspricht dann - und darauf können wir

stolz sein - 2 %. Im Schuljahr 1990191 umfasste der Anteil der Schüler in Schulen in freier Trägerschaft nur 0,2 % der Gesamtschülerzahl im Land Brandenburg. 1991/92 waren es 0,3 %. Insofern können wir wirklich froh sein, dass es jetzt eine so stattliche Zahl ist.

Die Landesregierung bewertet diese Entwicklun g positiv und weist darauf hin, dass es bisher in fast allen Fällen möglich war, vollständigen Anträgen zu entsprechen. Die genannten Zahlen belegen die kontinuierliche Ausweitung der Schulen in freier Trägerschaft auf diese stattliche Zahl von 2 %. Das ist zumindest im Osten eine sehr gute Zahl, zeigt aber, dass wir auch noch Möglichkeiten haben, in den nächsten Jahren diesen Anteil an der Schülerschaft zu erhöhen. Damit wird sichergestellt, dass das im Brandenburgischen Schulgesetz vorgesehene gleichberechtigte Nebeneinander von Schulen in freier und öffentlicher Träeerschaft schrittweise in die Tat umgesetzt werden konnte.

Es geht mir darum, die Vielfalt der Bildungsgänge in der brandenburgischen Schullandschaft zu garantieren und die Entwicklung der Qualität von Schule auch durch die gegenseitige Befruchtung, aber eben auch durch Konkurrenz zu entwickeln. Denn gibt es mehr Konkurrenz wie in diesem Fall, kann es auch gute lneentivs, gute Anstöße für die Entwicklung von Qualität. geben. Kernpunkt dieser Idee ist. dass die freien Schulträger selbst über die Gestaltung der Schulen entscheiden und die Inhatte und die Methoden des Unterrichts, der Erziehung sowie die pädagogische, reli giöse und weltanschauliche Orientierung ihrer Schulen festlegen.

Es kommt hinzu, dass von den bestehenden Schulen in freier Träeerschaft zwölf Förderschulen erfolgreich tätig sind und im Bereich der Grund-, Gesamt- und Realschulen verschiedene Schulkonzepte zur Anwendung kommen. Im Übrigen sollte die eingeleitete Bildungsoffensive auch die Schulen in freier Trägerschaft mit einbeziehen und ihnen neue Perspektiven der Entwicklung ermöglichen.

Dankbar dürfen wir insbesondere den Kirchen sein, die trotz ihrer sehr angespannten Haushaltssituation gerade auch in Brandenburg mit klaren Zeichen deutlich gemacht haben, dass sie bereit sind, sich um Bildung und Erziehung der Jugend in Brandenburg mit zu bemühen.

Manchmal sind auch Anträge gestellt worden, dass gleich von Beginn an eine staatliche Förderung möglich sein sollte. Diesen Anträgen kann nur in seltenen Fällen entsprochen werden, weil wir in einer Situation, in der Schulstandorte gefährdet sind, das heißt, dass sich die Zahl der Schulstandorte in den nächsten Jahren um 100, vermutlich sogar 150 reduzieren wird, nicht mit öffentlichem Geld den bestehenden Schulen zusätzliche Konkurrenz machen können.

Mein Ministerium hat von Beginn an dem zunehmenden Interesse von Bürgerinnen und Bürgern an der Gründung von Schulen in freier Trägerschaft Rechnung getragen und diese Ansätze nach Kräften unterstützt, sofern die rechtlichen und finanziellen Voraussetzungen gegeben waren und sind. Diesen Weg werden wir im Interesse des Erhalts und des Ausbaus der Vielfalt unserer Bildungseinrichtungen weiter gehen. Ich bin froh, dass der Verband der Privatschulen und der Schulen in freier Trä gerschaft bei seiner Sitzung in Potsdam deutlich gemacht hat, dass

es in Brandenburg ein gutes Klima für Schulen in freier Trägerschaft - wie in nur wenigen Ländern unserer Republik - gibt. Dies wollen wir auch in Zukunft erhalten. - Vielen Dank.

(Beifall bei SPD und CDU)

Der Abgeordnete Detlef Karney erhält das Wort zur Formulierung der Frage 236 (Meisterprüfung).

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Das Bundesverfassungsgericht in Karlsruhe hat durch einen am 04.05.2000 veröffentlichten Beschluss (Aktenzeichen 1 BvR 608/99) dem Inhaber eines Elektroeinzelhandelsgeschäfts erlaubt, nebenbei Elektroreparaturen auch ohne Meisterbrief, quasi als „Minderbetrieb", durchzuführen.

Ich frage die Landesregierung: Welche Auswirkungen erwartet sie aufgrund des Beschlusses des Bundesverfassungsgerichts und der Forderung der Richter nach großzügiger Interpretation der Handwerksordnung für das brandenburgische Handwerk?

Herr Minister Fürniß, Sie haben das Wort.

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Sehr geehrter Herr Karney, nach Prüfung der Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts erwartet die Landesregierung keine Auswirkungen auf die bisher geübte Interpretation der Handwerksordnung für das brandenburgische Handwerk. Nach wie vor ist der von der Handwerksordnung verlan gte so genannte große Befähigungsnachweis für den selbstständigen Betrieb eines Handwerks mit Artikel 12 Abs. I des Grundgesetzes vereinbar. Nach wie vor gilt, dass Gewerbetreibende gemäß § 3 Abs. 1 der Handwerksordnung dann nicht dem Handwerksrecht unterliegen, wenn diese Tätigkeit nur in unerheblichem Umfang ausgeführt wird.

Eine Tätigkeit ist unerheblich. wenn sie während eines Jahres den durchschnittlichen Umsatz und die durchschnittliche Arbeitszeit eines ohne Hilfskräfte arbeitenden Betriebes des betreffenden Handwerkszweiges nicht übersteigt. Die Grenze zur handwerklich relevanten Tätigkeit wird dann überschritten. wenn z. B. Handelsbetriebe einen kompletten Reparaturkundendienst anbieten. Die Handwerksordnung trägt dieser Nahtstelle im Verhältnis zwischen Handwerk und Handel in § 3 Abs. 3 der Handwerksordnung, der so genannten Hilfsbetriebsregelung, Rechnung.

Die Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts macht deutlich, dass diese bisherige handwerksrechtliche Praxis nicht verändert werden soll. Vielmehr begründet das Gericht seine Entscheidung damit, dass das zuständige Amtsgericht nicht ausreichend ermittelt hat. Das Bundesverfassungsgericht begründet seine Entscheidung letztlich damit, dass in dem vorliegenden Fall nicht auszuschließen ist, dass die Gerichte anders entschieden hätten, wenn sie nach einer verfassungskonformen Ausle

gung der Handwerksordnung den Sachverhalt entsprechend ermittelt und die Rechtsanwendung hierauf gestützt hätten. Daher hat das Bundesverfassungsgericht das Verfahren an das zuständige Amtsgericht zurückverwiesen.

Die Landesregierung sieht insofern durch diesen Beschluss des Bundesverfassungs gerichts keine Auswirkungen auf das brandenburgische Handwerk.

Ich möchte hinzufügen: Wir sind nach wie vor davon überzeugt, dass die Meisterprüfung, so wie wir sie bisher verstehen, nicht nur aus sachlichen, sondern auch aus psychologischen Gründen eine wichti ge Grundlage für die Entwicklung des Handwerks ist.

Herzlichen Dank. - Frau Dr. Schröder erhält das Wort zur Formulierung der Frage 237 (Personalstruktur in den Ministerien).

Anfang April richtete ich eine Kleine Anfrage an die Landesregierung, in der ich vor allem danach fragte, wie die Personalstruktur innerhalb der Brandenburger Landesverwaltung, untergliedert nach Bediensteten aus den alten Bundesländern und Bediensteten aus den neuen Bundesländern, aussieht,

(Zuruf von der CDU: Spalterpartei!)

Die Landesregierung antwortet darauf, dass sie den erforderlichen Aufwand für die Beantwortun g dieser parlamentarischen Anfrage nicht für angebracht halte. Und dann wörtlich:

„Im zehnten Jahr der deutschen Einheit sollte die biografische Herkunft der Beschäftigten in den Ministerien keine Rolle mehr spielen."