Uwe Höhn
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Herr Präsident, meine sehr verehrten Damen und Herren, liebe Kolleginnen und Kollegen, ich nehme an, wir alle kennen den Film „Und täglich grüßt das Murmeltier“. Guten Morgen, liebe Kolleginnen und Kollegen der FDP, dass Sie das Thema Innovation nun auch für sich als offenkundiges Wahlkampfthema, anders kann ich mir das nicht erklären, entdeckt haben.
Ich entnehme Ihrem Antrag, ich habe ihn extra noch einmal mitgenommen, dass der Thüringer Landtag bitte schön feststellen möge, dass die bisherige Ausrichtung der Thüringer Wirtschaftspolitik auf die Ansiedlung von Großunternehmen einen falschen Ansatz darstellt usw. usf.
Liebe Kolleginnen und Kollegen, mit Verlaub, ich weiß nicht, wo Sie in den letzten Wochen und Monaten gelebt haben.
Nein, mein Lieber, jetzt noch nicht.
So können wir das machen, ja.
Wenn Sie meinen, die Ausrichtung der Rahmenbedingungen für die Wirtschaftspolitik, die ich nun in den letzten Monaten seit März, ich weiß nicht wie oft schon, sowohl der Öffentlichkeit als auch diesem Hohen Hause dargelegt habe, wäre nur deshalb geschehen, weil die Wirtschaftspolitik der Vergangenheit falsch gewesen sei, da muss ich Ihnen zunächst einmal sagen, dass Sie damit natürlich die Wirtschaftspolitik der Landesregierungen der letzten 15 oder 20 Jahre an dieser Stelle in den Senkel stellen, und das kann man ganz einfach nicht so stehen lassen. Wir haben sicherlich schwierige Zeiten hinter uns bringen müssen, aber die aktuellen Wirtschaftsdaten für unseren Freistaat sprechen da eine ganz andere Sprache. Wenn Sie davon ausgehen, dass wir bei dieser Neuausrichtung darauf reagieren, dass es erstens weniger Geld gibt und zweitens bei dem Weniger an Geld auch andere Rahmenbedingungen von Brüssel gestellt werden, wesentlich stringentere Rahmenbedingungen, und wir deshalb die regionale Innovationsstrategie auf den Weg gebracht haben - übrigens haben wir das getan, ich glaube, Sie waren sogar selbst dabei, im Konsens mit den Wirtschafts- und Sozialpartnern, genauso wie die Neuausrichtung der GRW-Förderung im Konsens mit den Wirtschaftsverbänden, mit den Kammern und auch mit den Gewerkschaften.
Ich darf an dieser Stelle, Herr Kollege Kemmerich, den Hauptgeschäftsführer und den Präsidenten der Industrie- und Handelskammer Südthüringen zitieren, die mehrfach zu öffentlichen Gelegenheiten gesagt haben, dass die jetzt von uns vorgenommene Justierung der Wirtschaftspolitik genau der richtige Weg gewesen ist, dass es nach den Jahren der Massenarbeitslosigkeit, wo es darauf ankam, wirklich Arbeitsplätze zu schaffen, nunmehr unter den neuen Rahmenbedingungen dieser Neujustierung bedarf und dass das von den Kammern ausdrücklich mitgetragen wird.
Und wenn Sie davon sprechen, liebe Kollegen von der FDP,
dass die Wirtschaftspolitik bislang einen falschen Ansatz dargestellt hat, dann will ich Ihnen ein paar Zahlen entgegenhalten, die Sie aber genauso gut hätten selbst recherchieren können, wenn Sie sich ein bisschen mehr Mühe gegeben hätten.
Ein paar Punkte, zum einen ist das in gewisser Weise Bilanz dessen, was passiert ist, aber zum anderen dient es natürlich auch dazu, Ihnen zu sagen, dass Sie mit Ihrer These, die Sie hier in Form Ihres Antrags aufstellen, völlig daneben liegen.
Allein im wichtigsten Investitionsförderprogramm, der Gemeinschaftsaufgabe Verbesserung der regionalen Wirtschaftsstruktur, also der guten alten GRW, haben wir in der vergangenen Förderperiode, also von 2007 bis 2013, insgesamt 1.408 Vorhaben in der GRW gefördert. Davon sind über 1.100 Vorhaben, also über 81 Prozent, auf kleine und mittlere Unternehmen entfallen. Das kann man leicht nachlesen, liebe Kolleginnen und Kollegen.
Das Thüringen-Invest, das ist unser zweitgrößtes Investitionsförderprogramm, ist ausschließlich auf die KMU ausgerichtet. In den Jahren 2009 bis 2013 haben wir hier über 2.000 Projekte gefördert.
Ihr Antrag stellt darauf ab, dass die Technologieförderung so im Argen läge. Da will ich Ihnen auch ein paar Zahlen entgegenhalten. In der Technologieförderung haben wir es genauso mit der ähnlichen Quote zu tun. Über 81 Prozent der im Rahmen der einzelbetrieblichen Technologieförderung geförderten Unternehmen waren KMU. Die haben, weil Sie auf die Fördersumme abstellen, exakt zwei Drittel der Gesamtfördersumme erhalten, 67,6 Prozent der bewilligten Mittel entfielen allein auf die KMU.
Insofern sind Ihre Thesen nicht mehr haltbar.
Das, was Sie fordern, die mittelstandsorientierte Innovations- und Wachstumspolitik, das ist nun wirklich schon längst Maßstab. Das haben meine Vorgänger im Amt,
und da meine ich nicht nur den in dieser Legislaturperiode, auch die anderen Wirtschaftsminister, schon verfolgt und da braucht es nun wirklich nicht Ihre in dem Fall wirklich unqualifizierten Ratschläge.
Ich will ergänzend, meine Damen und Herren, noch ein paar Instrumente und Initiativen anführen, die direkt an den Thüringer Mittelstand gerichtet sind. Zum einen haben wir in der zu Ende gegangenen EU-Förderperiode Innovationsaktivitäten in den Unternehmen zum Beispiel über den weiteren Aufund Ausbau von Infrastruktureinrichtungen oder die Förderung von F&E-Personal direkt mit insgesamt
340 Mio. € flankiert, meine Damen und Herren. In der neuen Förderperiode bis 2020 wollen wir 400 Mio. € in die Entwicklung neuer Produkte, Verfahren und Dienstleistungen stecken
und das damit unterstützen. Wir wissen natürlich, dass die Kleinteiligkeit unserer Wirtschaft insgesamt natürlich auch gewisse Risiken birgt, das ist bekannt - darüber muss man uns nicht belehren. Wir investieren in gut funktionierende Cluster und Netzwerkstrukturen, um genau das fortzuführen, was bisher einer unserer Vorteile war. Thüringen gilt nämlich als das Land, von dem es heißt, hier herrschen kurze Wege zwischen Forschung und Wirtschaft. Wir finanzieren Cluster und Netzwerkstrukturen, damit die KMU einen noch besseren Zugang zu Innovationen und Forschungsergebnissen bekommen. Auch das ist etwas, da brauchen wir keine Belehrungen, meinen Damen und Herren.
Darüber hinaus haben wir mit dem Thüringen-Invest-Darlehen und mit Thüringen-Dynamik zwei revolvierende Fonds aufgelegt, mit denen den Unternehmen in der Tat zinsgünstige Darlehen zur Verfügung gestellt werden. Ich erlebe übrigens oft in Diskussionen mit Unternehmerinnen und Unternehmern, dass ihnen dieses Mittel oftmals lieber ist, als den in der Vergangenheit durchaus aufwendigen verwaltungsmäßigen Weg eines Zuschussprogramms in Anspruch zu nehmen. Aber dazu sage ich noch ein paar Sätze, auch da wird es Veränderungen geben. Wir haben allein aus diesen beiden Fonds - und wie gesagt, die sind nur dem Mittelstand zugutegekommen - 40,8 Mio. € ausgereicht, meine Damen und Herren. Das ist ein Punkt, den hat Frau Kollegin Siegesmund vorhin angesprochen, weil es in der Tat nach unserer Auffassung durchaus Potenzial gibt, unsere Potenziale im Bereich von Existenzgründungen zu bündeln. Das ist erkannt und wir haben uns gemeinsam mit den Kammern auf den Weg gemacht, das Thüringer Zentrum für Existenzgründungen und Unternehmertum, kurz ThEx, als zentrale Anlaufstelle für Gründer zu schaffen. Irgendjemand hat in der Vergangenheit den Begriff des Schweizer Taschenmessers für Existenzgründungen geprägt, soll heißen, dass wir alle Angebote passgenau und bedarfsgerecht für die Gründer bündeln und die teilweise jungen Leute, die sich als Start-up auf den Weg machen, an die Hand genommen werden, um mit ihnen gemeinsam unternehmerischen Erfolg zu garantieren. Auch das wird etwas sein, was in der Zukunft noch stärker im Fokus steht.
Darüber hinaus, meine Damen und Herren, steht mit der Aufbaubank allen Investoren ein einheitlicher Ansprechpartner in Fragen von Inanspruch
nahme von Fördermitteln gegenüber. Ich erlebe es fast täglich, wie von Investoren, die sich in Thüringen niederlassen wollen bzw. schon niedergelassen haben, das Wirken der Thüringer Aufbaubank in den höchsten Tönen gelobt wird, immer im Zusammenhang mit unseren anderen Instrumenten, mit der Landesentwicklungsgesellschaft. Das sind Instrumente, mit denen wir es erreicht haben, dass wir solche guten Quoten in den Wirtschaftsdaten auch erreichen können. Die Landesentwicklungsgesellschaft bietet wirklich eine umfassende Unternehmensbetreuung an, von der Bereitstellung von Gewerbeflächen bis hin zur Vermittlung von Fachkräften. Wie mir die Leute hin und wieder unter der Hand sagen, müssen sie sich manchmal auch darum kümmern, dass die Ehefrauen von Unternehmensgründern hier in Thüringen entsprechend ihre Betätigung finden; auch das gehört zu einem Komplettangebot, die kümmern sich wirklich um alles.
Meine Damen und Herren, gemeinsam - ich habe es angesprochen - mit der Thüringer Wirtschaft und der Wissenschaft haben wir die regionale Innovationsstrategie erweitert, die RIS3-Strategie. Die ist überhaupt die Voraussetzung dafür, dass wir in Zukunft Fördermittel aus Brüssel bekommen. Wenn wir eine solche Strategie nicht nachweisen, gibt es kein Geld. Deswegen sind wir auf einem Weg und ich bin wirklich sehr dankbar, dass wir das im Konsens mit allen Partnern auf den Weg bringen konnten.
Last, but not least, ich habe es angesprochen, in der Vergangenheit ist die Beantragung von Fördermitteln durchaus - das will ich gar nicht in Abrede stellen - mit einem gewissen bürokratischen oder mit einem manchmal auch sehr hohen bürokratischen Aufwand verbunden gewesen. Dadurch leiden natürlich kleine und mittlere Betriebe, das ist uns vollkommen klar. Deshalb haben wir mit einer eigens gegründeten Arbeitsgruppe alle ESF-geförderten Arbeitsprogramme und alle Richtlinien einer Prüfung unterzogen, um bürokratische Belastungen möglichst zu minimieren. Im Übrigen sei noch daran erinnert, ich habe das auch schon mehrfach ausgeführt, in der GRW-Förderung wird durch den Verzicht auf EFRE-Mittel der Bewilligungsvorgang in Zukunft im Vergleich zur Vergangenheit deutlich vereinfacht werden.
Meine Damen und Herren, Sie sehen, die Thüringer Wirtschaftspolitik ist jetzt schon auf den Mittelstand und die Steigerung der Innovationstätigkeit ausgerichtet und wird es natürlich in Zukunft noch stärker sein. Die Schwerpunkte werden erhalten, sie werden ausgebaut. Insoweit, meine Damen und Herren, möchte ich vielleicht - ich weiß nicht, na ja, ich will nicht unbedingt neue Redezeit generieren, ich denke, ich habe die wichtigsten Eckpunkte unserer Strategie dargelegt und bedanke mich trotzdem bei den Kolleginnen und Kollegen des Hohen Hauses für die Diskussion. Herzlichen Dank.
Ja.
Frau Präsidentin, meine sehr verehrten Damen und Herren, ich hatte mir eigentlich vorgenommen, mich bei meinen Ausführungen so kurz zu halten, damit ich die vereinbarte kurze Redezeit nicht unnötig verlängere, obwohl ich es könnte, aber wenn ich mir hier doch die eine oder andere Wortmeldung von diesem Pult aus noch mal zu Gemüte führe, dann bleibe ich trotzdem bei meiner Linie.
Lieber Herr Meyer, ich weiß auch nicht, was mit Ihnen los ist. Ihnen merkt man offenkundig die Frustration darüber an, dass das jetzt offenkundig Ihre letzte Landtagssitzung ist. Es tut mir wirklich leid für Sie, ich hätte Sie gerne länger hier gesehen,
weil ich Sie als kompetenten Kollegen schätzen gelernt habe. Aber Ihre Ausführungen, die Sie nun hier mit einer Vehemenz vorgetragen haben, werden dem Thema, so wie es sich derzeit darstellt, auch Thüringen und der Thüringer Landesregierung darstellt, nun weiß Gott nicht gerecht. Zu Frau König: Ja, natürlich, auch Oppositionen machen gute Vorlagen. Das will ich nicht weiter vertiefen. Das soll tatsächlich vorkommen. Es gibt aber eben auch Zeitabläufe und es gibt Ereignisse, die selbst gute Vorlagen ab einem bestimmten Zeitpunkt zumindest obsolet erscheinen lassen. Das ist ein Punkt, den wir hier erreicht haben.
Es ist schon daran erinnert worden, und im Übrigen, das mache ich nicht aus Gefälligkeit, da bin ich nicht bekannt dafür, aber Herr Kollege Voigt hat die Dinge jedenfalls auch aus meiner Sicht so dargestellt, wie sie tatsächlich sind. Ich darf noch einmal daran erinnern, am 26.06. haben wir hier im Thüringer Landtag mit der Novellierung des Landesmediengesetzes auch eine Regelung zur Netzneutralität beschlossen. Ich will Ihnen mal eine kleine Begebenheit sagen, Herr Kollege Meyer, das ist vor allen Dingen an Sie gerichtet, weil Sie sagen, es wäre ein zahnlose Tiger, was wir da beschlossen hätten. Parallel - also fast parallel, zeitlich an diesem Tag, dafür konnte ich nichts, das waren alte Planungen - fand der sogenannte Breitbandgipfel statt. Ich weiß nicht, ob Sie selbst dort waren, gleichzeitig war ja hier Plenum. Ungefähr zwei Stunden vor der Abstimmung hier über das Landesmediengesetz mit dieser Regelung zur Netzneutralität hat mich der Regionaldirektor oder der Regionalleiter der Telekom angesprochen und war im höchsten Maße aufgeregt, diese Regelung ginge also viel zu weit und würde sie in ihrer unternehmerischen Freiheit - ich überspitze jetzt, um das Problem deutlich zu machen - beschränken. Das zeigt, dass diese Regelung, die wir hier für Thüringen in unserem Mediengesetz gefunden haben, sehr wohl wirkt. Sie wirkt aber so, dass Angebote, so wie sie von Herrn Voigt beschrieben worden sind - es ist nicht nur Entertain, es gibt mittlerweile auch noch andere Angebote auf diesem Sektor, so viel zum Werbeblock -, dass das also auch noch möglich ist. Das zeigt mir, dass wir und die anderen Länder mit dieser gefundenen Regelung durchaus auf dem richtigen Weg sind. Vielleicht ist es auch für den Bund eine kleine Blaupause.
Dann darf ich darauf verweisen, ganz formal, wie hier die Abläufe im Thüringer Landtag sind, meine Damen und Herren, der Ausschuss - das ist von der Berichterstatterin dargelegt worden - hat sich nun, ich habe es nicht mitgezählt, etliche Male da
mit befasst. Nach der erfolgten Entwicklung hat der Ausschuss zwei Forderungen des Antrags nebst Änderungsantrag schon mal für erledigt erklärt, mit einem Teil hätte man sich nicht mehr befassen müssen. Das sind genau die Regelungen oder die Forderungen, dass der Landtag sich für EU-einheitliche Regelungen und für mehr Transparenz bei entsprechenden Internetangeboten einsetzen möge. Erledigt, Haken dran. Die Forderung, wir - also die Landesregierung - sollten im Bundesrat eine Änderung des Telekommunikationsgesetzes initiieren, damit auch dort die Netzneutralität gesetzlich fortgeschrieben wird, hat der Ausschuss abgelehnt. Ich nehme das zur Kenntnis, aber er hat es abgelehnt, meine Damen und Herren. Damit, für mich jedenfalls, erkennt der Ausschuss zumindest die Tatsache an, dass die Bundesnetzagentur den Entwurf einer Transparenzverordnung für Telekommunikationsdienstleistungen vorgelegt hat und die tritt auch in den nächsten Wochen in Kraft. Der Ausschuss hat meiner Ansicht nach mit dieser Ablehnung einer Initiative auch anerkannt, dass das EU-Parlament mittlerweile ein sogenanntes Telekom-Paket, wie sagt man so schön, in der Pipeline hat. Es ist zwar noch nicht in Kraft, das ist wahr, aber das neue Parlament fängt nun hoffentlich auch seine Arbeit an und auch da ist eine Beschlussfassung in Sicht. Dann haben wir bzw. die Bundesrepublik die Aufgabe, das in nationales Recht hier umzusetzen. Deshalb, muss ich sagen, begrüße ich ausdrücklich die Entscheidung des Wirtschaftsausschusses des Thüringer Landtags, wegen der - das kann man nun nicht bestreiten - durchaus grenzüberschreitenden Wirkung des Internets, dass eine europaweite oder europäische Regelung auf diesem Sektor allemal angezeigter ist, als wenn jeder Mitgliedstaat oder vielleicht auch jedes Bundesland oder jede Region seine eigene Regelung macht. In diesem Sinne, denke ich, ist dieses Thema, jedenfalls für die Thüringer Landesregierung, für erledigt zu erklären. Herzlichen Dank.
Frau Präsidentin, meine sehr verehrten Damen und Herren, verehrte Kolleginnen und Kollegen! Lassen Sie mich zunächst im Namen der Landesregierung der Familie und den Angehörigen des in der Grube Sollstedt verunglückten Gutachters unser tiefes Mitgefühl und unsere aufrichtige Anteilnahme an dieser Stelle zum Ausdruck bringen.
Die schriftlichen Antworten der Großen Anfrage und die dazugehörigen Anlagen liegen Ihnen vor. Ich bedanke mich auch für die Debatte, die bislang aus meiner Sicht durchaus dem Anliegen angemessen war. Ich kann mich noch sehr gut an die Unterschrift unter diese Große Anfrage erinnern, weil es am Morgen des 19. Dezember letzten Jahres die erste Unterschrift war, die ich in der neuen Funktion als Minister leisten durfte. Deshalb ist mir das noch durchaus präsent.
Vorab, liebe Kolleginnen und Kollegen, zwei Hinweise, die ich Ihnen an der Stelle geben muss. Zum einen ist es ein Bedauern darüber, dass bei der Beantwortung dieser insgesamt 115 Fragen nicht mehr alle erforderlichen Informationen und Unterlagen verfügbar waren, weil für die meisten Vorgänge nur eine Aufbewahrungsfrist von zehn Jahren galt und eine Vielzahl der damals Zuständigen nicht gefragt werden konnten. Zum Zweiten habe ich die Pflicht, Sie darauf hinzuweisen, dass für eine Weitergabe von Daten insbesondere in Bezug auf die
in den Anlagen genannten Firmen keine Freigabe der beteiligten Unternehmen vorliegt. So weit zu den formalen Dingen.
Meine Damen und Herren, die Geschehnisse, die sich Anfang der 90er-Jahre in Bischofferode ereigneten, sind nicht nur den Menschen dort in der Region, sondern, ich denke, wie auch die Debatte eben gezeigt hat, uns allen noch sehr präsent. Viele Menschen haben damals ihren Arbeitsplatz verloren, eine ganze Branche wurde umstrukturiert, wenn man so will, eine neue Wirtschaftsstruktur musste geschaffen werden. Damit steht zwar Bischofferode nicht allein, sondern ist Teil eines Umstrukturierungsprozesses, den die neuen Länder insgesamt zu bewerkstelligen und zu bewältigen hatten. Wir wissen alle, dass dieser Angleichungsprozess bis heute andauert. Nichtsdestotrotz konnten wir 1993 in Bischofferode beobachten, welche zahlreichen Einzelschicksale diese Anpassungsprozesse gefordert haben. Der Hungerstreik der Kumpel wird uns allen in Erinnerung bleiben und ich habe bis heute allerhöchsten Respekt und allerhöchste Achtung vor der Aktion der Kumpel damals.
Meine Damen und Herren, um den notwendigen Strukturwandel in dieser Region durchzuführen, wurden seitens der Landesregierung - man kann sagen, seitens der Landesregierungen - auch mit Unterstützung des Bundes und der EU zahlreiche Maßnahmen unternommen, Unternehmen anzusiedeln, die Wettbewerbsfähigkeit der regionalen Wirtschaft zu stärken. Es galt, eine Infrastruktur zu etablieren, die den alten Worbiser Kreis nicht von den starken Wirtschaftsregionen in Thüringen, Hessen und Niedersachsen abschneidet. Insgesamt flossen in die Region Mittel aus der GRW in Höhe von mehr als 240 Mio. €, davon mehr als 60 Mio. € für den Aufbau der wirtschaftsnahen Infrastruktur.
Über einen Sonderfonds wurden dem Kreis Worbis in den Jahren 1993 und 1994 im Rahmen des GVFG - wer das nicht mehr weiß, was das ist: Gemeindeverkehrsfinanzierungsgesetz - Mittel in Höhe von mehr als 3 Mio. € zur Verfügung gestellt. Außerdem wurde der Aufbau des regionalen ÖPNV landesseitig gefördert. Es wurden zahlreiche Vereine und Kultureinrichtungen unterstützt sowie die Kinderbetreuung ausgebaut. Das ist nur ein kleiner Abriss dessen, was Landes- und Bundesregierung sowie der Landkreis gemeinsam zur Weiterentwicklung der Region beigetragen haben.
Aus den Eckdaten, die ich Ihnen genannt habe, wird jedoch sehr deutlich, welche Anstrengungen seit den 90er-Jahren unternommen wurden, um die Region wirtschaftlich wieder auf starke Beine zu stellen. Ein Teil davon hat Kollege Primas eben schon hier vorgetragen.
Es ist deutlich sichtbar, mithilfe der damals neu gegründeten Entwicklungsgesellschaft Südharz wurden mehr als 140 Unternehmen in den Landkreisen
der ehemaligen Kalistandorte angesiedelt. Allein auf dem am alten Kalistandort Bischofferode entwickelten Gewerbegebiet Am Ohmberg sind es 25 Unternehmen mit über 300 Beschäftigten. Die Zahl der Unternehmen der Region im verarbeitenden Gewerbe hat sich mehr als verdoppelt, von 50 auf 105. Der Umsatz hat sich mehr als vierfacht, von rund 300 Mio. € auf etwa 1,3 Mrd. €, und die Zahl der Beschäftigten hat sich fast verdoppelt von ca. 4.800 auf 8.800, genau wie die Exportquote, die von 10 auf 24 Prozent gestiegen ist. Gleichwohl, meine Damen und Herren, steckt in der gesamten Region noch enormes Entwicklungspotenzial, vor allem mit dem Südharz, der sich neben Thüringen ebenso auf Sachsen-Anhalt und Niedersachen erstreckt.
Das Wirtschaftsministerium hat in den letzten Jahren klare Trends und Entwicklungen aufgezeigt. Dafür möchte ich exemplarisch den Trendatlas nennen. Weil das vorhin von der Frau Abgeordneten Scheringer-Wright kritisiert worden ist: Es gibt schon eine Landestourismuskonzeption, die seit 2011 und noch bis 2015 gilt, und auch diese Region ist dort enthalten.
Die Infrastrukturentwicklung und -förderung oder die Förderung auch von Unternehmen ist natürlich noch längst nicht abgeschlossen. Ich hatte es erwähnt, wir sind noch mitten im Angleichungsprozess. Wie wir alle wissen, beginnt jetzt in der nächsten Woche am 1. Juli eine neue Förderperiode auch nicht zuletzt in der GRW-Förderung. Auch hier werden wir den besonderen Fokus auf nachhaltige Investitionen und Arbeitsplätze richten. Die Details dazu kann ich mir jetzt an dieser Stelle ersparen, die habe ich in diesem Haus hier bei der
letzten Plenumssitzung dargelegt. Weiterhin wären noch zu nennen, es gibt noch ein paar weitere Instrumente, die die Regionen in der Region stützen. Thüringen International sei da genannt oder das Thüringer ClusterManagement, beides bei der Landesentwicklungsgesellschaft angesiedelt, oder aber das Regionalmanagement. Ich kann nur an dieser Stelle alle Unternehmen und Wirtschaftspartner ermutigen, diese Angebote auch wahrzunehmen. Damit wird auch gewährleistet, dass die Entwicklung dieser, aber eben nicht nur dieser Region im Norden unseres Freistaats auch eine weiterhin erfolgreiche Wirtschaftsentwicklung erfährt.
Das wären die Ausführungen meinerseits zur Beantwortung der Großen Anfrage. Herzlichen Dank.
Meine Damen und Herren, Frau Präsidentin, dann wollen wir mal versuchen, in der Debatte, die ich für sehr notwendig und auch für richtig erachte - das will ich durchaus an der Stelle betonen -, hier eine ehrliche Bestandsaufnahme von dem, was war, und vor allen Dingen von dem, was jetzt ist, vorzunehmen. Ich weiß nicht, vielleicht war es Absicht, vielleicht auch nicht, aber mit dem Titel der Aktuellen Stunde „Gute Löhne auch in Thüringen stärken Schluss mit der Niedriglohnstrategie“ hat die Fraktion DIE LINKE genau die Thüringer Arbeitsmarktpolitik beschrieben, die schon vorher in den letzten viereinhalb Jahren in Thüringen gewesen ist. Ob das ihre Absicht war, ich unterstelle mal ja; das ist in Ordnung. Ich will Ihnen das auch ganz gerne an dieser Stelle begründen. Man muss sich nämlich nicht nur fragen - und da ist insoweit auch einmal ein Stück weit Bilanz gestattet, auch wenn ich weiß, dass das möglicherweise wieder etwas Redezeit für die Fraktionen generiert, aber das nehme ich dankend in Kauf, aber es gibt Dinge, die müssen an dieser Stelle zu diesem Thema ganz einfach gesagt werden. Die Frage, die sich stellt, wenn man heute die Bilanz zieht oder wenn man die Strategie, die Niedriglohnstrategie kritisiert: Wo standen wir vor zehn oder - vielleicht sogar besser - wo standen wir vor 20 Jahren in Sachen Arbeitslosigkeit? Vielleicht doch einmal zur Erinnerung: 1994 190.400 Arbeitslose, das waren 15,6 Prozent. Drei Jahre später waren fast 218.000 Menschen in Thüringen arbeitslos, 17,8 Prozent; wir waren damit ziemlich am Ende der Statistik in der Bundesrepublik angelangt. Es wurden damals wirklich schnell viele Arbeitsplätze benötigt. Das müssen wir uns doch an dieser Stelle eingestehen. Es ging darum, Massenarbeitslosigkeit wirksam einzudämmen und einer ganzen Generation - das klingt etwas pathetisch, ist aber durchaus angebracht - wieder eine Perspektive zu
bieten, und zwar in Arbeit, möglichst jenseits der sozialen Sicherungssysteme. Dass dabei jedes Mittel recht und niedrige Löhne eines davon war, das vermag ich noch nachzuvollziehen, meine sehr geehrten Damen und Herren, aber - und auch das gehört zu einer ehrlichen Bestandsaufnahme dazu viel zu lange hat man das Niedriglohnniveau in Thüringen als Standortvorteil angepriesen. Viel zu lange hat man der Abwanderung von jungen Menschen, von motivierten Arbeitskräften taten- und manchmal auch ideenlos zugeschaut und viel zu lange haben wir uns damit zufriedengegeben, verlängerte Werkbank zu sein. Ich sage es ganz offen, meine Damen und Herren, mit den Spätfolgen dieser Politik haben wir noch heute zu kämpfen und werden auch noch eine Weile zu kämpfen haben. Die Auswirkungen werden die Wirtschafts- und Arbeitsmarktpolitik unseres Freistaats - ob wir das wollen oder ob wir das nicht wollen -, sie werden uns nach wie vor beschäftigen und noch über Jahre bestimmen.
Ich verweise an dieser Stelle auf den wirklich enormen Fachkräftebedarf. Sie wissen, dass ich an dieser Stelle nicht oder ungern von Fachkräftemangel rede. Der enorme Fachkräftebedarf und vor allem die Schließung der doch immer noch sehr relevanten Produktivitätslücke - das wurde übrigens auch gestern bei der Vorstellung der Studie durch Frau Gleicke wieder deutlich - diese beiden Dinge sind nur die Spitze des Eisbergs.
Genau das sind die großen wirtschaftspolitischen Herausforderungen, die es zu lösen gilt. Dass die trotz der letzten fünf Jahre weiter bestehen, dazu komme ich gleich noch. Das hat natürlich auch etwas mit der Politik zu tun, die in den zehn Jahren zuvor gemacht worden ist.
Aber wir haben in dieser Legislatur etwas geschafft - gemeinsam im Übrigen, Herr Kollege Mohring, bevor die Befindlichkeiten zu groß werden -, was bisher so keine Landesregierung geschafft hat.
Nur noch einmal zu einem Stück Bilanz vor 2009: Auf das Jahr gerechnet, erhielten die Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer im Freistaat 40, fast 41 Prozent weniger Geld als die Menschen in Westdeutschland, obwohl sie dafür rund 100 Stunden länger als ihre Kollegen in den alten Bundesländern gearbeitet haben. Dass das Image oder das Bild, das in den Medien über Thüringen gezeichnet worden ist, immer noch vorherrschend ist und sich nur langsam wandelt, wir waren das Billiglohnland in Deutschland, ja, das waren wir, meine Damen und Herren. Wir waren die verlängerte Werkbank westdeutscher Großunternehmen. Da ist ein Image entstanden. Ich habe gestern erst wieder eine Runde in Südthüringen im Kreis von Unternehmern bestritten. Da entsteht ein Image, das Fachkräfte und auch den einen oder anderen innovativen Unternehmer wirklich abgeschreckt hat. Von
denen, die konnten - wer ist denn da gegangen? Es sind die Hochmotivierten gegangen. Es sind die gut Ausgebildeten, es sind die Jungen, die Leistungsfähigen, die Kreativen, die unserem Land damals den Rücken gekehrt haben. Sie zurückzubekommen ist ganz schwer, auch wenn es dafür in Thüringen mittlerweile gute Ansätze gibt.
Heute, meine Damen und Herren, ein Bericht der „Deutschen Welle“ vom vergangenen Jahr, wir werden jetzt mittlerweile als die „Schwaben des Ostens“ bezeichnet - ob das ein Lob ist, das müssen die Schwaben beantworten. Es ist jedenfalls positiv gemeint gewesen von der „Deutschen Welle“, das will ich an dieser Stelle ganz deutlich sagen. Andere schreiben von der „Number One“ der neuen Länder oder vom „ostdeutschen Tigerstaat“. Ich will damit sagen, das Image beginnt sich langsam, aber es beginnt sich zu verändern. Es ist kaum noch die Rede vom Billiglohn oder vom Billiglohnland. Es stehen genau die richtigen Wettbewerbsvorteile im Mittelpunkt. Wie gesagt, nicht mehr billige Arbeitskräfte, die zentrale Lage in der Mitte Europas spielt eine Rolle, kurze Wege, im Übrigen auch, weil das Herr Kemmerich vorhin angesprochen hat, zwischen Forschung und Unternehmen. Die große Wirtschaftskonferenz in der letzten Woche in Weimar hat genau diese kurzen Wege in Thüringen noch einmal deutlich zum Tragen gebracht. Das wird auch auf Bundesebene anerkannt. Ein starker Industriestandort, der wirklich tief verwurzelt ist zwischen Tradition und Moderne, das ist unser Thüringen 2014. Wir sind ein gutes Beispiel dafür, dass Arbeitsmarkt-, und jetzt sage ich es auch selbstbewusst, sozialdemokratische Arbeitsmarktpolitik wirkt. Die Durchsetzung
- da können Sie lachen, Herr Kollege Heym. Ich weiß, wir haben das trotz Ihres Wirkens als wirtschaftspolitischer Sprecher geschafft. Ich sage das ganz deutlich: Der Thüringer Arbeitsmarkt ist robust, weil Unternehmen und Beschäftigte an einem Strang ziehen und die Sozialpartnerschaft ausgebaut wurde. Sie ist noch nicht da, wo wir sie haben wollen, aber sie ist ausgebaut worden. Insofern teile ich die Einschätzung des Kollegen Weber in seinem Redebeitrag. Es war eben nicht selbstverständlich, diesen Imagewandel zu vollziehen. Das haben wir zum einen den gemeinsamen Anstrengungen aller Thüringerinnen und Thüringer zu verdanken, aber es gehört auch dazu, dass wir es geschafft haben, Arbeitgeber und Arbeitnehmer zusammenzubringen und dass wir ein Umdenken generiert haben, meine Damen und Herren, ein Einsehen. Und wir haben die Lohnentwicklung gemeinsam mit Gewerkschaften und den Unternehmen gedacht, denn allen ist doch klar gewesen oder ist mittlerweile klar, sie müssen es wollen. Sie müssen es wollen, ansonsten können wir den Problemen,
die ich beschrieben habe, Stichwort Fachkräfte, eben nicht beikommen. Es gehört wirklich zu den Leistungen dieser Landesregierung, dass wir es wirklich zum ersten Mal geschafft haben, Wirtschafts- und Arbeitsmarktpolitik zusammengebracht und zusammengedacht zu haben. Und es gehört dazu, auch das will ich nicht unter den Tisch kehren, dass wir möglichst jeder und jedem die Chance ermöglichen, am Arbeitsleben teilzuhaben, auch denen, die in früheren Zeiten vielleicht schon abgeschrieben gewesen sind und es kommt auch darauf an, dass man den Menschen eine zweite und, wenn es notwendig ist, auch eine dritte Chance gibt, auf den Arbeitsmarkt zurückzukommen.
Wir haben uns damals - mein Vorgänger im Amt, Matthias Machnig, hat sich und damit die gesamte SPD - dem Vorwurf aussetzen müssen, wir würden eine ideologische Debatte führen, wenn wir sagen, billige Löhne können kein Geschäftsmodell sein. Meine Damen und Herren, das bezweifelt niemand mehr, niemand. Die konzertierte Aktion in Thüringen 2010 war der Startschuss und es war ein Startschuss zum Umdenken. Noch im gleichen Jahr wurde die „Initiative für höhere Tarifbindung und höhere Akzeptanz tariflicher Entlohnung in Thüringen“ verabschiedet. Dabei ging es nicht nur um die Erhöhung der Tarifbindung, sondern vor allem auch darum, betriebliche Mitbestimmung zu erhöhen, denn, meine Damen und Herren, wir alle wissen, Demokratie hört eben nicht am Werkstor auf, auch nicht in Thüringen.
Es gibt ein Gremium, den Wirtschafts- und Innovationsrat, damit haben wir zusätzliche Möglichkeiten geschaffen, dass sich die Sozialpartner regelmäßig zusammenfinden, um gemeinsam Lösungen zu erarbeiten. Wer die letzten beiden Sitzungen dieses Gremiums, die ich leiten durfte, mitgemacht hat, der hat gespürt, dass beide Seiten oder die gesamten Sozialpartner diesen Willen mittlerweile auch leben.
Meine Damen und Herren, wir haben weiterhin so effektiv wie keine andere Landesregierung in Deutschland arbeitsmarktpolitische Instrumente entwickelt und unsere Förderrichtlinien so angepasst, dass gute Arbeit wirklich zum Grundsatz der Wirtschaftsförderung werden konnte. Ich denke zum Beispiel an ein solches Thema, das auch hier dieses Haus damals beschäftigt hat. Das war das Thema der Leiharbeitsquote in der GRW-Förderung. Wird ein bestimmtes Niveau an Leiharbeit überschritten, wird weniger oder gar kein öffentliches Geld zur Verfügung gestellt. Mittlerweile haben die Unternehmer das verinnerlicht. Es gibt niemanden, ich habe das selbst ausgetestet und darüber mit den Kammern und Wirtschaftsverbänden diskutiert, es gibt niemanden mehr, der dieses Prinzip anzweifelt oder infrage stellt. Wir haben mit dem Thüringer Vergabegesetz seit 2011 zum ersten Mal ein Gesetz, das bei der Vergabe von staatlichen Aufträgen die Einhaltung sozialer, ökologischer und
tarifrechtlicher Standards einfordert. Auch die Lohnkostenförderung aus dem Europäischen Sozialfonds wird nur für gute Arbeit vergeben. Gewerbliche Leiharbeit wurde ganz von der Förderung ausgeschlossen. Die Leiharbeit ist sicher ein notwendiges Instrument, um konjunkturelle Schwankungen für die Unternehmen, vor allem, wenn es so kleinteilig ist wie in Thüringen, zu überstehen. Dieses Prinzip bestreitet auch niemand, es soll aber nicht zum Unternehmensmodell oder zum Geschäftsmodell missbraucht, sondern muss auf den ursprünglichen Zweck zurückgeführt werden. Das konnten wir noch nicht ganz, auch das will ich eingestehen, aber zunehmend besser organisieren, als das früher der Fall gewesen ist.
Meine Damen und Herren, das Thema „Mindestlohn“ wurde jetzt schon mehrfach von fast allen Rednern angesprochen. Ich habe den Eindruck, es diskutiert jeder, ich sage es mal so, wie es ihm aus seiner Sicht gerade einfällt. Das will ich gar nicht kritisieren, aber Fakt ist eins, ob das nun jedem gefallen hat oder nicht, dass das Thema Mindestlohn auch seinen Ursprung in Thüringen genommen hat, von mir aus auch durch die Initiative der bündnisgrünen Fraktion, das will ich auch gar nicht bestreiten, aber letztendlich konsequent auf die bundespolitische Bühne gehoben hat es diese Landesregierung. Nicht umsonst ist das, was dem deutschen Bundestag jetzt als Mindestlohn-Gesetzentwurf vorliegt - nicht in allem, aber in wesentlichen Zügen am Thüringer Modell orientiert. Auch das sollten wir, meine Damen und Herren, hier selbstbewusst darlegen und nicht verschämt versuchen, das schlechtzureden. Es ist nach wie vor so, 34 Prozent der Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer im Freistaat, es sind fast 270.000 Personen, verdienen bislang weniger als den Mindestlohn und deshalb wird der Mindestlohn auch für Thüringen eine positive Wirkung haben. Das sei allen Kritikern an dieser Stelle noch einmal gesagt.
Ein weiterer Punkt: Wir haben die Fachkräftesicherung in den Fokus der Thüringer Arbeitsmarktpolitik gerückt. Fast jeder kennt die Zahl, ich habe sie schon oft referiert, den Bedarf bis 2025: Rund 280.000 brauchen wir in Thüringen, nur dann können wir unsere positive und dynamische wirtschaftliche Entwicklung fortsetzen. Dafür haben wir zum Beispiel das Programm „Thüringen braucht dich“ für Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer im Niedriglohnbereich ohne abgeschlossene Berufsausbildung ins Leben gerufen, ein Projekt, das nun mit dem Programm „Zweite Chance“ auf Bundesebene durchaus auch Nachahmer gefunden hat. Ich war dabei, als die Bundesarbeitsministerin gesagt hat, dass sie dieses Programm „Thüringen braucht dich“ aus Bundessicht einer verstärkten, ja positiven Evaluierung unterziehen will und es Überlegungen gibt, das noch weiter auf die Bundesebene zu rücken.
Ein voller Erfolg, meine Damen und Herren, ein wirklich voller Erfolg ist auch unser Landesarbeitsmarktprogramm. Wenn ich daran denke, welche Diskussionen wir in diesem Haus geführt haben, damit dieses Programm überhaupt auf die Tagesordnung genommen wurde. 13.900 Menschen, also fast 14.000 Menschen, die in früheren Zeiten bereits abgeschrieben waren, meine Damen und Herren, wurden und werden betreut. Fast 5.000 von ihnen - 4.700 - konnten bereits in eine Arbeit oder eine Ausbildung vermittelt werden. Das sind Zahlen, die darf man sich ruhig auch einmal zu Gemüte führen, vor allen Dingen bei denjenigen, die immer noch die Absicht haben, dieses Programm in Zukunft nicht mehr weiterzuführen.
Wir haben außerdem, ein weiterer Punkt, die Berufsvorbereitung und Berufsorientierung intensiviert, wir haben die individuelle Förderung und Begleitung für die Jugendlichen verbessert, damit Fehlentscheidungen und Abbrecherquoten minimiert werden. Wir haben mit der Agentur für Fachkräftegewinnung und mit dem Welcome Center eine Servicestelle für ausländische Studenten und Fachkräfte eingerichtet. Und jetzt, meine Damen und Herren, ist es die Aufgabe, die Umsetzung der Mobilisierungsstrategie 55 + weiter voranzubringen, damit auch ältere Beschäftigte länger im Erwerbsleben bleiben können, wenn sie es wollen. Es gilt, meine Damen und Herren, wir müssen alle Thüringerinnen und Thüringer gemäß ihren Fähigkeiten fördern und wir lassen niemanden zurück, der bereit ist, mit anzupacken und unser Land voranzubringen. Dieser Dreiklang aus Ausweitung der Sozialpartnerschaft, neuer Ausrichtung der Förderrichtlinien und Fachkräftesicherung durch Integration und Stärkung der Mitbestimmung zeigt erste Erfolge. Ich nehme an, Sie haben alle registriert, dass das Thüringer Landesamt für Statistik erstmals seit fast 20 Jahren den reinen Wanderungssaldo positiv vermeldet hat. Da lassen wir solche Aspekte wie Geburtenrückgang und den sogenannten Sterbeüberschuss - ein hässlicher Begriff, aber er ist nun einmal so - außen vor, der reine Wanderungssaldo in Thüringen ist positiv, er ist erst leicht positiv. Ich würde mir wünschen, es wären 15.000 im Plus, es sind nur rund 150, aber wichtig ist der Trend und der zeigt in dieser Richtung ganz klar nach oben. Wenn man sich vor Augen hält, 2006 - das ist noch nicht so lange her - haben wir 14.000 Menschen allein als Defizit nur im Wanderungssaldo gehabt. Daran kann man erkennen, dass mittlerweile die Maßnahmen, die wir eingeleitet haben, beginnen zu greifen. Die Arbeitslosenquoten sind hier schon von verschiedenen Rednern referiert worden, der letzte Stand 7,8 Prozent im Mai, das bringt uns an die Spitze der ostdeutschen Länder und in der Gesamtschau in das gute Mittelfeld. Wie gesagt, die Unternehmen suchen nicht nur nach Fach- und Arbeitskräften, sondern sie suchen mittlerweile auch nach Auszubildenden oder nach Auszubildenden
Interessenten. Da hat sich das Verhältnis fast umgekehrt. Wir haben heute etwa 100 Bewerber und dem stehen 120 Ausbildungsplätze gegenüber. Das war vor wenigen Jahren noch deutlich anders.
Meine Damen und Herren, ich wollte noch ein paar Sätze zu der von einigen Vorrednern hier angesprochenen Neuausrichtung der Wirtschaftsförderung sagen. Zum einen bin ich erst einmal dankbar dafür, dass das von zumindest den meisten hier im Hohen Haus positiv gesehen wird; ich nehme da an der Stelle ausdrücklich die FDP-Fraktion aus, aber wundern tut mich das nicht wirklich. Diese Neuausrichtung der Wirtschaftsförderung, die erstens ganz klar, und ich sage Ihnen das, ich weiß nicht zum wievielten Male, dass die Förderrichtlinie, die GRWFörderung in Zukunft ganz klar auf die kleinen und mittelständischen Unternehmen ausgerichtet ist. Da beißt die Maus keinen Faden ab. Da können Sie das auch geringschätzen, wie Sie wollen, das bleibt eine Tatsache. Wir tun zum ersten Mal etwas, was es in vorherigen Förderperioden so nicht gab. Wir fördern die Qualität der Arbeitsplätze; zum einen, wenn es darum geht, neue Arbeitsplätze zu schaffen, die Bruttoentgeltgrenze ist hier schon mehrfach genannt, das ist ein Kriterium, und wir fördern, auch zum ersten Mal übrigens, meine Damen und Herren, bestehende Arbeitsplätze, die sind in Zukunft förderfähig. Das ist etwas, was uns vor allen Dingen von den Kammern und Wirtschaftsverbänden seit Jahren vorgehalten bzw. gewünscht wird, dass wir es schaffen müssen, den Bestand an Unternehmen auch hier zu halten. Dass da eine Lohndynamik nachgewiesen sein muss, auch das geht in Richtung Qualität der Arbeitsplätze, um nicht zuletzt die vorhin schon beschriebene Produktivitätslücke nicht zu schließen, aber zumindest zu verkleinern, meine Damen und Herren. Wissen Sie, was wir geschafft haben, Herr Kemmerich? Wir haben das geschafft, diese Vereinbarung, diese Richtlinien gemeinsam mit Arbeitgeberverbänden, Kammern, Handwerkskammern, Wirtschaftsverbänden und den Gewerkschaften hinzubekommen. Das können Sie zur Kenntnis nehmen oder eben auch nicht. Das bleibt eine Tatsache, weil nämlich beide Seiten eingesehen haben, dass es, ohne in die Qualität der Arbeitsplätze zu investieren, in Thüringen nicht gelingen wird, diese Arbeitsplätze zu sichern. Diese Erkenntnis dürfte Ihnen normalerweise als FDP nicht schwerfallen, aber ich weiß nicht, von welchen wirtschaftspolitischen Linien Sie sich leiten lassen, sie können jedenfalls nichts damit zu tun haben, was in Thüringen gefordert und in Thüringen gebraucht wird. So viel dazu, meine Damen und Herren.
Sie sehen aus all dem, was ich Ihnen vorgetragen habe, es wurde ein mächtiger Stein ins Rollen gebracht. Es ist wichtig, dass wir gemeinsam dafür sorgen, dass er weiter an Fahrt aufnehmen wird. Der Paradigmenwechsel der vergangenen Jahre,
nicht nur in der Wirtschafts- und in der Arbeitsmarktpolitik, sondern vor allem, und da will mich ausdrücklich auch bei den Thüringer Unternehmen bedanken, zeigt erste Erfolge und bringt den Freistaat auf den richtigen Weg, vor allen Dingen bringt er ihn auf einen besseren Weg, als den, den wir vor 10/15 Jahren eingeschlagen haben.
Ganz zum Schluss, meine Damen und Herren, ich habe zur Kenntnis genommen, der eigentliche Anlass der Aktuellen Stunde ist ein wirtschaftspolitisches Papier der CDU. Ich sage Ihnen ganz offen, man muss manche Dinge nicht ernster nehmen, als es unbedingt notwendig ist. Herzlichen Dank.
Vielen Dank, Frau Präsidentin. Meine sehr verehrten Damen und Herren, liebe Kolleginnen und Kollegen, ja, es ist kritisch bemerkt worden, dass ich der Beratung im Ausschuss nicht beigewohnt habe. Sorry, so etwas kommt vor. Aber ich habe mir berichten lassen, dass die Debatte im Ausschuss durchaus harmonisch verlaufen sein soll.
Die im Ausschuss, das ließe die Debatte jetzt hier nicht unbedingt vermuten. Ich würde gerne als Abgeordneter dieses Hauses, der ich nach wie vor auch noch bin, einen Satz zu dem Abstimmungsprozedere im Ausschuss sagen, als Regierungsmitglied tue ich dies respektvoll nicht.
Ich möchte mich auf das konzentrieren, was hier vorliegt, das sind mittlerweile drei Anträge, der Ursprungsantrag von den Kollegen der FDP mit drei inhaltlichen Schwerpunkten: Erhalt Meisterbrief, Einführung Meisterbonus sowie die Thematik Handwerkerbonus. Ich habe das jetzt mal etwas verkürzt auf die drei Kernthemen. Dann der Alternativantrag der Koalitionsfraktionen und last but not least der Entschließungsantrag von BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN.
Zum Thema „Erhalt Meisterbrief“: Da muss ich sagen, ich gehe davon aus, dass die Debatte, jedenfalls habe ich die Abgeordnete Schubert so verstanden, im Ausschuss auch gezeigt hat, dass niemand und mittlerweile auch wirklich niemand mehr seitens der EU die Hand an den Meisterbrief legen will. Die Landesregierung hat es zu keinem Zeitpunkt an einem klaren Standpunkt mangeln lassen, dass wir hinter dem Erhalt des Meisterbriefes stehen, und ich persönlich habe das mehrfach in den letzten Wochen und Monaten auch gegenüber den Vertretern der Handwerkskammern zum Ausdruck gebracht. Ich war, ich weiß es nicht, glaube ich, der einzige Thüringer, jedenfalls aus dem politischen Bereich, der zur Eröffnung der Handwerksmesse in München gewesen ist, und dort hat ein nicht ganz kleiner, aber auch nicht ganz großer, irgendwo dazwischen, hochrangiger Vertreter der Europäischen Union mehrfach auf Nachfrage des gerade neu gewählten ZDH-Präsidenten noch einmal verdeutlicht, dass es seitens der EU diesbezüglich keine Pläne mehr gibt. Also gestatten Sie mir die saloppe Feststellung, man kann es ja immer mal wieder auflegen, ich kann auch die Zeiten verstehen, in denen wir uns im Moment befinden, aber das Thema ist durch.
Zum inhaltlichen Schwerpunkt: Es wurde im Ausschuss gefragt nach der Überprüfung der nationalen Reglementierung von Berufszugängen durch die EU, Stichwort Evaluierung. Die Landesregierung wurde gebeten, im Ausschuss eine Information zur Verfügung zu stellen, das Ganze geht über die Bundesregierung, das muss man an der Stelle feststellen, wir leiten das dann weiter, und nach meiner Kenntnis ist diese schriftliche Information, wie sie der Ausschuss gewünscht hat, auf dem Weg, meine Damen und Herren. In der Mitteilung der Kommission vom letzten Oktober ist in aller Kürze ein Arbeitsplan zur Durchführung dieser Evaluierung festgelegt worden mit den drei Phasen, die dort festgelegt sind. Die erste lief schon im Februar dieses Jahres aus. Da ging es darum, die ganzen Informationen aus den Mitgliedstaaten zusammenzutragen. Die zweite Phase endet jetzt im Mai. Da geht es um eine erste detaillierte Überprüfung von Wirtschaftszweigen. Dann gibt es einen nationalen Aktionsplan, da wird das erste Mal berichtet. In der dritten Phase wird zum zweiten Mal eine Gruppe von Wirtschaftszweigen evaluiert und letztendlich mündet das in einen zweiten nationalen Aktionsplan, der, so die Pläne der Kommission, bis Januar 2016 vorzuliegen hat.
Zum zweiten Schwerpunkt, meine Damen und Herren, Meisterbonus: Ich habe das alles sehr wohl verfolgt. Ich bin auch mit großem Interesse dabei, mir die Dinge, die in Bayern jetzt auf den Weg gebracht worden sind, anzuschauen und zu überprüfen. Insofern bin ich da vollkommen d’accord mit dem Alternativantrag der Koalitionsfraktionen.
Ich will aber eines nicht versäumen, meine Damen und Herren, wenn wir über das Thema Meisterbonus reden, wird möglicherweise gern vergessen oder - wie man so schön salopp sagt - in den Skat gedrückt, dass es durchaus schon einige Möglichkeiten für die Förderung von Meisterschülern auch in Thüringen gibt. Zum Ersten wäre das sogenannte Meister-BAföG zu nennen, das wissen Sie, glaube ich, alle. Es ist ein Rechtsanspruch, also ein gesetzlicher Anspruch, um den es sich dabei handelt. Immerhin kann der Betrag schon knapp über 10.000 € betragen, der da gewährt werden kann. Das ist auch schon ein Beitrag für die Förderung von Meisterschülern. Dann gibt es die Möglichkeit zinsgünstiger Darlehen. Auch das soll nicht unerwähnt bleiben. Bei einem Meister kommt es zum Schluss auf etwas an, was dann körperlich und händisch zu greifen ist, das sogenannte Meisterstück oder das Prüfungsstück. Auch die Kosten für die Erstellung werden bei uns hier in Thüringen gefördert.
Dann zum Thema Bonus, meine Damen und Herren. Ich weiß nicht, ob Sie das wissen, liebe Kollegen von der FDP. Wenn ein geförderter Meisterschüler die Meisterprüfung besteht, wird ihm, wenn er so ein Darlehen in Anspruch genommen hat, ein
Viertel dieses noch nicht fällig gewordenen Darlehens erlassen.
Ja, das wissen Sie, gut. Ich will es zumindest für das Protokoll noch einmal erwähnt haben.
Auch das ist eine Form von Unterstützung. Ja, weil ich es in keinem der Beiträge auch nur in einem Ansatz der Debatte gehört habe. Auch bei der Gründung oder Übernahme eines Unternehmens werden bereits ab der Einstellung und der dauerhaften Beschäftigung eines neuen sozialversicherungspflichtigen Mitarbeiters oder eines Auszubildenden ein Drittel des auf die Lehrgangs- und Prüfungsgebühren entfallenen Darlehens erlassen.
Meine Damen und Herren, ob wir da noch eine Schippe drauflegen, ob wir dem Beispiel des Freistaats Bayern an der Stelle folgen, da bin ich sehr nahe bei den Kollegen von CDU/SPD, ob wir die Erfahrungen aus unserem benachbarten, befreundeten Bundesland in unser Handeln mit einfließen lassen wollen. Dabei sollten wir es zunächst im Moment bewenden lassen, meine Damen und Herren.
Ich habe im Übrigen bei der Debatte mit den Handwerkern hier im Thüringer Landtag vor einigen Wochen den Eindruck gehabt, dass es nicht vordergründig explizit darum geht, einen zusätzlichen Bonus über das hinaus, was es schon gibt, nun unbedingt als „Zwangsmaßnahme“ einzuführen. Man kann darüber reden, ich bin da gern dazu bereit. Wir werden uns aber die Erfahrungen aus den Nachbarländern anschauen.
Dritter inhaltlicher Schwerpunkt, meine Damen und Herren, Handwerkerbonus: Ja, ich kann mir gut vorstellen, welchen Ursprung oder was Sie veranlasst hat, diesen Antrag oder dieses Thema mit in diesen Antrag hineinzupacken. Ja, da gab es einen Kollegen aus der Bundestagsfraktion der SPD, der gemeint hat, das müsse man überprüfen. Im Übrigen, wer es nicht weiß, er hat diese Äußerung getan, ich habe nämlich mit ihm darüber gesprochen. Er hat diese Äußerung getan aufgrund eines Gutachtens, das die Wirkungen des Handwerkerbonus untersucht hat. Ich will an der Stelle das nicht vertiefen. Ich empfehle die Lektüre dieses Gutachtens und vielleicht bekommt die Debatte dann möglicherweise einen etwas sachlicheren Bonus, zumindest was diesen Punkt betrifft.
Ich will nicht unerwähnt lassen, weil das vom Kollegen Kemmerich kritisiert worden ist, die Landesregierung würde sich da nicht positionieren. Vielleicht haben Sie es nicht mitbekommen, Herr Kollege, ist ja nicht so schlimm, aber wenn es um die sogenannte Bagatellgrenze, diese 300 € geht, da gibt es
eine Bundesratsinitiative aller Länder, also auch unter Zutun Thüringens, und es ist bereits im Bundesrat eingebracht. Insofern ist da auch eine Positionierung Thüringens damit verbunden. Was ich ausdrücklich unterstütze, auch aus dem Alternativantrag, ist die Frage des zukünftig vermehrten Augenmerks auf die energetische Gebäudesanierung. Auch das findet meine wohlwollende Unterstützung. Das will ich an dieser Stelle nicht verhehlen.
Meine Damen und Herren, zum Abschluss noch ein Satz zum Entschließungsantrag der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN. Es steht viel Richtiges drin, ist auch gut gemeint und sogar auch in Teilen gut gemacht, gar keine Frage, es gibt aber eine ganze Reihe von Punkten - ich möchte jetzt an der Stelle darauf verzichten, die alle aufzuführen -, die entweder schon im Wirken sind, in der Bearbeitung sind, wo es ohnehin keinen Zweifel gibt, dass das in diese Richtung geht. Insgesamt will ich Ihnen gern zugestehen, ja, das geht in die richtige Richtung, aber es bedürfte jetzt hier keiner expliziten Beschlussfassung durch den Thüringer Landtag, weil die Regierung an dieser Stelle ohnehin tätig geworden ist und tätig werden wird. Insofern vielen Dank für die Aufmerksamkeit.
Vielen Dank, Frau Präsidentin, und auch vielen Dank an die Fraktionen, mir die Möglichkeit zu geben, in dieser Aktuellen Stunde als Erster zu reden. Ich bedanke mich auch bei den regierungstragenden Fraktionen für die Einreichung dieser Aktuellen Stunde. Es gibt ja manchmal ganz passende Zufälle im Leben wie in der Politik. Ein solcher Zufall ist, dass gestern das Bundeskabinett die Vorlage zur Reform des Erneuerbare-Energien-Gesetzes beschlossen hat und heute bereits…
Das lassen wir mal so stehen, Herr Kollege.
Gestern hat das Kabinett die EEG-Reform beschlossen und heute wurden die Umwelt- und Energierichtlinien der Europäischen Union beschlossen, das alles genau in der Woche, in der in Berlin die weltbesten Experten für Klimawandel den neuen Bericht zum Klimaschutz beraten. Das, meine Damen und Herren, soll uns im Übrigen daran erinnern, dass wir nicht aus den Augen verlieren, warum wir die Energiewende überhaupt brauchen, warum wir sie wollen, und ich sage auch ganz deutlich, warum wir sie am Ende bezahlen müssen.
Eben nicht nur wegen Fukushima, meine Damen und Herren, nicht wegen der grünen Jobs - beides natürlich auch -, aber vor allem, weil der zunehmend instabile Zustand der Atmosphäre und die Folgen für die Erde uns schlicht keine andere Wahl lassen. Deswegen ist und bleibt, meine Damen und Herren, die Energiewende das zentrale Anliegen der gegenwärtigen Politik. Sie ist Weichenstellung für die Modernisierung unserer Volkswirtschaft, die Ausgestaltung unserer künftigen Energieversorgung und die Gewährleistung der Versorgungssicherheit zu bezahlbaren Konditionen.
Meine Damen und Herren, liebe Kolleginnen und Kollegen, mit dem gestrigen Gesetzentwurf des novellierten EEG - wie vom Bundeskabinett beschlossen - hat diese Reform einen, wie ich finde, wichtigen Meilenstein erreicht. Der Weg ist frei für das parlamentarische Verfahren und das reformierte Gesetz soll zum 1. August 2014 in Kraft treten.
Worum geht es in dieser Novelle? Meine Damen und Herren, ich glaube, es ist wichtig, das an dieser Stelle noch einmal in Erinnerung zu rufen, weil ich den Eindruck habe, in den letzten Wochen ist immer nur über Veränderungen der Novelle, die sozusagen die Veränderung an sich ist, diskutiert worden und die Grundlagen des EEG blieben außen vor. Bei dieser Novelle geht es insbesondere darum, den weiteren Kostenanstieg spürbar zu bremsen, die Kosten gerechter zu verteilen, den Ausbau der erneuerbaren Energien planvoll zu steuern und die Marktintegration der Erneuerbaren voranzutreiben.
Das EEG, meine Damen und Herren - das sage ich mit aller Deutlichkeit -, muss nicht deshalb reformiert werden, weil es gescheitert wäre, sondern weil es so erfolgreich gewesen ist. Es hat die Grundlage gelegt für den Ausbau der erneuerbaren Energien und sie von einer Nischenexistenz - wie erinnern uns einmal kurz vielleicht 14, 15 Jahre zurück - zu einer der tragenden Säulen der deutschen Stromversorgung mit einem Anteil von ca. 25 Prozent werden lassen. Wer hätte das noch vor wenigen Jahren gedacht?! Für den weiteren Ausbau der erneuerbaren Energien auf einen Anteil von 40 bis 45 Prozent im Jahr 2025 und von 55 bis 60 Prozent
im Jahr 2035 muss nun das EEG überarbeitet werden.
Meine Damen und Herren, die Festlegung verbindlicher Ausbaukorridore ist nach meiner Ansicht unerlässlich für einen geregelten Ausbau und eine Koordination von Zubau mit dem Netzausbau.
Welche Bestandteile hat nun der Kabinettsbeschluss von gestern, meine Damen und Herren? Zum Ersten will ich zwei Überschriften dafür wählen, zum einen „Kostenanstieg bremsen“ und zum anderen „Kosten gerechter verteilen“.
Zum „Kostenanstieg bremsen“: Bestehende Überförderungen bei der Einspeisevergütung sollen abgebaut, Vergütungen abgesenkt und Boni gestrichen werden. Die Höhe der Förderung soll marktgerechter werden und ab 2017 soll die Förderhöhe dann über Ausschreibungen ermittelt werden. Im reformierten EEG werden dazu zunächst die Grundlagen für ein Ausschreibungsmodell für Photovoltaik-Freiflächenanlagen geschaffen.
Zum Kostenverteilungsfaktor: Die Lasten für die Förderung erneuerbarer Energien müssen angemessen und gerechter verteilt werden. Dazu soll die sogenannte besondere Ausgleichsregelung, die stromintensive Unternehmen des verarbeitenden Gewerbes von der Zahlung der EEG-Umlage ganz oder teilweise ausnimmt, anhand objektiver und europarechtskonformer - und genau das betone ich nicht ohne Grund -, Kriterien überprüft werden. Sie soll dabei auf solche Unternehmen beschränkt werden, die aufgrund ihrer Wettbewerbssituation wirklich darauf angewiesen sind. Auch das, glaube ich, bedarf einer besonderen Betonung. Und last, but not least geht es schlicht und ergreifend um die Wettbewerbsfähigkeit der Industrie. Zu diesem Zweck hat die Bundesregierung gestern einen umfassenden Dialog mit der Europäischen Kommission verkündet. Man kann sagen - und ehrlich gesagt, ich hätte das so nicht erwartet -, dass wir davon reden können, dass die Kommission doch einen durchaus respektablen Schritt auf Deutschland zu gemacht hat.
Im Einzelnen: Von der EEG-Umlage können weiterhin viele Unternehmen teilweise befreit werden. Es gibt eine Liste von 65 Branchen, die künftig mit 15 Prozent der regulären Umlage nach EEG belastet werden. Im Übrigen ist da auch - das sage ich nicht ohne Grund - die für Thüringen nicht ganz unwichtige Glasindustrie mit enthalten. Besonders energieintensive Unternehmen werden noch weiter entlastet. Abhängig vom Anteil der Stromkosten an der Bruttowertschöpfung sollen die Ausgaben für die EEG-Umlage im besten Fall auf 0,5 Prozent dieser Bruttowertschöpfung begrenzt werden. Zum Vergleich zur Erinnerung: Die EU hatte da von Deutschland mindestens 2,5 Prozent gefordert. Viele besonders energieintensive Unternehmen werden durch die nun gefundene Regelung in Zukunft
sogar weniger bezahlen als bisher. Auch Unternehmen, die nicht zu den generell privilegierten Branchen gehören, können in den Genuss der Rabatte kommen, wenn sie bestimmte Grenzwerte beim Stromkostenanteil erreichen und ihre Branche im internationalen Wettbewerb steht. Das heißt, jene Unternehmen, die bisher begünstigt waren und die Kriterien künftig nicht mehr erfüllen müssen - laut Bundeswirtschaftsminister Gabriel sind das rund 400 - sollen Bestandsschutz genießen und dauerhaft mit 20 Prozent der EEG-Umlage belastet werden. Ich finde diese Lösung durchaus angemessen.
Ein weiterer Punkt, meine Damen und Herren, ist der Ausbau der erneuerbaren Energien. Dieser Prozess muss fortgesetzt werden und auch gesteuert werden. Für verschiedene Arten der Erneuerbaren sollen jeweils technologiespezifische Ausbaukorridore im Gesetz so festgelegt werden, dass der Ausbau auf die kostengünstigen Technologien konzentriert wird. Ich sage gleich noch einen Satz zum Stichwort „kostengünstig“.
Bei der Solarenergie wird ein jährlicher Zubau von 2.500 Megawatt angestrebt, Wind an Land - also das berühmte Wind onshore - ein jährlicher Zubau von ebenfalls 2.500 Megawatt, Wind auf See - offshore also - sollen 6.500 Megawatt bis 2020 und 15.000 Megawatt bis 2030 installiert werden. Bei Biomasse wird - ich sage das nicht ohne Grund wegen der hohen Kosten ein jährlicher Zubau von ca. 100 Megawatt angestrebt. Wie gesagt, das waren die Ziele, die ursprünglichen Ziele des Gesetzentwurfs. Bei der Geothermie und der Wasserkraft sind aufgrund der Marktentwicklung keine Maßnahmen erforderlich.
Ich habe in dem ganzen Diskussionsprozess im Übrigen auch zur Kenntnis nehmen müssen, dass bei allen Maßnahmen der Veränderungen des Erneuerbare-Energien-Gesetzes das Thema Bioenergie, das uns zu Recht als Thüringen sehr am Herzen liegt und wo wir auch wirklich alle Kräfte von der Ministerpräsidentin über die Staatskanzlei über das Landwirtschaftsministerium und natürlich auch das Wirtschaftsministerium gebündelt haben und unsere Positionen deutlich gemacht haben, ich habe zur Kenntnis nehmen müssen, dass bei der Bioenergie die Energieerzeugungskapazität am geringsten ausfällt - das ist technisch bedingt - aber mit den höchsten Anteil an der Umlage umfasst. Das lässt diese Energieerzeugungsart bei einigen Ländern - ich habe das sozusagen in den entsprechenden Beratungen selbst erlebt - nicht überall in der Weise über die Bioenergie reden, wie wir uns das gern als Thüringen gewünscht hätten. Dennoch und da komme ich zu den Ergebnissen im Konkreten - in Thüringen wird die Energiewende maßgeblich von Bioenergie und der Windkraft getragen. Bei der Bioenergie haben wir zurzeit einen Beitrag von 43 Prozent an den Erneuerbaren, an der Stromproduktion und die Windkraft steht an zweiter Stelle mit
37 Prozent von dem, was wir hier in Thüringen erneuerbar erzeugen.
Aufgrund ihrer Regelbarkeit - das ist bekannt - wird die Bioenergie in Zukunft einen wichtigen Beitrag zur Systemdienlichkeit und Netzstabilität leisten. Das Stichwort „grundlastfähig“ muss ich, glaube ich, an dieser Stelle nicht noch einmal extra erwähnen. Deswegen sagen wir, trotz vergleichsweise hoher Förderkosten ist in Zukunft auch eine ausreichende Förderung gerechtfertigt. Das war jedenfalls unsere Forderung. Wir haben auch deutlich gemacht, dass wir innovative und noch nicht marktreife Technologien, wie zum Beispiel die sogenannte petrothermale Geothermie nicht aus dem Blick verlieren dürfen.
Meine Damen und Herren, was steht denn nun ganz konkret im nach vielen Beratungen und vielen Schritten gestern im Bundeskabinett beschlossenen Gesetzentwurf drin? Da fange ich an: Der Wind an Land interessiert uns schon, Wind offshore interessiert uns weniger, das lasse ich mal außen vor. Die Ausbauobergrenze beim Zubau Wind an Land wird sich künftig am Nettozubau orientieren. Das ergibt ein realistisches Bild des Zubaus anhand der installierten Leistung. Das sogenannte Referenzertragsmodell bei Wind an Land wurde so angepasst, dass es zu einer Besserstellung auch guter Binnenstandorte führt. Das ist genau der Punkt, den wir auch aus Thüringen im ursprünglichen Entwurf kritisiert haben und der dann am Ende auch verändert worden ist, so dass wir sagen können, dieser Passus ist durchaus im Sinne Thüringens verändert worden. Im Bereich Bioenergie wurde den Forderungen unsererseits und einiger anderer Länder insofern nachgegeben, dass der sogenannte Flexibilitätsbonus im Bereich der Biogas-Altanlagen weiterhin wie bisher gilt, also ohne Reduzierung der Stromproduktion. Der sogenannte Formaldehydbonus bleibt erhalten. Bei der Eigenstromerzeugung und das ist an sich der allerwichtigste Punkt - konnte Bestandsschutz für Altanlagen durchgesetzt werden. Natürlich, wenn man den Status quo bei den Altanlagen beibehält, muss man sich Regelungen einfallen lassen, wie man bei den Neuanlagen zumindest eine gewisse Kompensation, die dann auch umlagewirksam ist, erreicht. Für Neuanlagen gilt im Bereich der Eigenstromerzeugung nun, dass sich die EEG-Umlage bei Erneuerbaren und KraftWärme-Kopplungs-Eigenstrom um 50 Prozent und bei Eigenstrom des produzierenden Gewerbes um 85 Prozent reduziert. Das heißt in der Umkehrrechnung, die EE- und KWK-Stromerzeuger zahlen künftig 50 Prozent und Eigenstromerzeuger des produzierenden Gewerbes 15 Prozent der Umlage. Das ist zwar nicht ganz die Forderung, die wir als Thüringen erhoben haben, wir hatten 25 Prozent für alle vorgeschlagen, aber letztendlich ist das aus meiner Sicht dennoch ein tragfähiger Kompromiss.
Meine Damen und Herren, es gibt noch ein paar offene Punkte, für die es lohnt, sich in der nächsten Zeit noch einmal einzusetzen, weil letztendlich noch nicht alles entschieden ist. Ich meine zum Beispiel ganz entscheidend die Anhebung der Bagatellgrenze bei der verpflichtenden Direktvermarktung, da streben wir eine Grenze von 250 Kilowatt an, jetzt liegt sie bei 100 Kilowatt, das halten wir für deutlich zu niedrig -, die Anpassung der Bagatellgrenze auch im Bereich der Eigenstromerzeugung, die Einbeziehung von Anlagen der Eigenstromerzeugung bei Verbrauch in räumlicher Nähe, auch bei Nutzung des öffentlichen Netzes über relativ kurze Strecken.
Da ist ein Punkt, den haben viele bedauert, ich meine von den Ländern, konnten ihn aber am Ende doch nicht ändern, weil sich an dieser Stelle Bundeswirtschaftsminister und Kanzlerin ziemlich einig waren. Ich meine die sogenannte Stichtagsregelung. Dennoch wünschte ich mir an dieser Stelle eine Anpassung. Ja, der Deckel bei der Biomasse, ist zwar de facto in der Weise angehoben, dass jetzt Erweiterung in Altbestandsanlagen nicht auf den derzeitigen Deckel von 100 Kilowatt angerechnet werden. Wie hoch der ausfallen wird, kann deshalb niemand exakt sagen, er ist de facto allerdings höher als 100 Kilowatt. Die ursprünglich angestrebte Erhöhung konnten wir jedenfalls nicht erreichen. Den Technologiebonus bei noch nicht marktreifen Technologien beizubehalten, wäre jedenfalls auch im Sinne Thüringens.
So viel aus der Sicht des Thüringer Wirtschaftsministeriums und der Landesregierung zur gestrigen Verabschiedung der Novelle im Bundeskabinett. Herzlichen Dank.
Frau Präsidentin, meine sehr verehrten Damen und Herren, zunächst einmal haben Sie herzlichen Dank für diese belebende Debatte. Ich sehe das riesengroße Interesse in diesem Hohen Haus. Ich will zunächst erst einmal einen Satz zum Kollegen Hausold sagen, der offenkundig - das ist jetzt nicht wirklich despektierlich gemeint - ein Problem mit der Beschäftigungsstatistik rechnerisch gehabt haben muss. Ich habe auch noch einmal nachschauen müssen bzw. nachschauen lassen. Also die Differenz, die Sie angesprochen haben, von 20.923 Beschäftigten ergibt sich aus der Gesamtzahl minus der sozialversicherungspflichtig Beschäftigten und die Geringfügigen. Dann gibt es Herr Kollege Kemmerich hat eben auf die mitarbeitenden Unternehmer hingewiesen, das sind alle diejenigen Unternehmensinhaber, die sozusagen mit in diese Beschäftigungsstatistik insgesamt mit einfließen. So erklärt sich diese Differenz. Vielleicht das vorab.
Ja, meine Damen und Herren, ich glaube aber, Kollege Heym war das, der am Anfang seines Redebeitrags auf den relativ großen Zeitraum abgestellt hat, der vergangen ist zwischen der Beantwortung der Großen Anfrage der FDP durch die Landesregierung und der heutigen Befassung. Es ist schon ungewöhnlich, dass man ein riesengroßes Interesse an den Problemen des Handwerkers seitens der
FDP-Fraktion vorgibt. Dann braucht man über ein halbes Jahr, um das Thema hier im Landtag zu beantragen. Ich habe ja Verständnis für die eine oder andere parteipolitische Überlebensmaßnahme, vielleicht kann man das darunter subsumieren, aber ich glaube, das Thema Handwerk eignet sich nicht dafür, um Polemik oder Parteipolitik zu betreiben. Die Bedeutung des Handwerks ist eine Befassung im Thüringer Landtag allemal wert. Wie gesagt, die terminliche Dringlichkeit, die sie nun auch noch mit Ihrem Antrag verbunden haben, die wirft eher Fragen auf.
Meine Damen und Herren, es ist schon erwähnt worden, 111 Fragen im Zusammenhang mit dem Thüringer Handwerk sind von der Landesregierung beantwortet worden. Wir haben festgestellt, dass ähnliche Fragen fast zum Teil wortgleich/identisch auf der Bundesebene, eine ähnlich strukturierte Große Anfrage von CDU, CSU und FDP aus dem Mai 2011, auch schon mal in ähnlicher Weise beantwortet wurden, kann man auch in der entsprechenden Drucksache nachlesen.
Ich will mich an dieser Stelle bedanken, denn das Thüringer Wirtschaftsministerium ist natürlich federführend bei der Beantwortung für dieses Thema. Aber da wirken viele mit, die Ressorts insgesamt der Thüringer Landesregierung, das Thüringer Landesamt für Statistik, die Aufbaubank, die GFAW und natürlich auch, das erwähne ich ganz besonders, die Arbeitsgemeinschaften der drei Thüringer Handwerkskammern, die alle dabei mitgewirkt haben, dass dieses Werk vor ziemlich genau sieben Monaten fertiggestellt werden konnte. Hinsichtlich der wirtschaftlichen Daten, die darin enthalten sind, trat etwas erschwerend hinzu oder kam hinzu, dass handwerksspezifische Daten leider nur in relativ großen Zeitabständen erhoben werden, also umfassend in größeren Zeitabständen erhoben werden, deshalb wurde bei der Beantwortung mancher Fragen eben auch auf relativ große Zeiträume abgestellt.
Bei den Förderdaten, die abgefragt wurden, gilt es zu berücksichtigen, dass spezifische Förderangebote für das Handwerk, zum Beispiel die aus dem Haushaltstitel zur Förderung der Leistungssteigerung im Handwerk, praktisch nur einen ganz geringen, dem Handwerk insgesamt zukommenden Anteil in der Förderung ausmachen. Daher ist auch dargestellt, inwieweit das Thüringer Handwerk im Rahmen anderer Förderangebote an der gesamten Förderung partizipiert. Lassen Sie mich zum Beispiel die Beratungsförderung nennen, Aus- und Weiterbildungsförderung, investive Förderung, Mittelstandsförderprogramme und energetische und technologische Förderung.
Auch unsere, und da sage ich jetzt wirklich in dankenswerter Weise, in enger Zusammenarbeit mit den Thüringer Handwerkskammern erstellte „Po
tenzialanalyse Handwerk Thüringen“ liefert im Hinblick auf die meisten Fragen auch die meisten Erkenntnisse. Ich will Ihnen allerdings, liebe Kolleginnen und Kollegen der FDP-Fraktion, die Illusion darüber nehmen, dass Ihre Anfrage die Potenzialanalyse für das Handwerk überhaupt erst ausgelöst hat. Also mit Blick auf die Daten, die zu dieser Erhebung geführt haben, lässt sich schnell feststellen, dass diese Potenzialanalyse deutlich früher als Ihre Große Anfrage eingebracht worden ist, aber das nur nebenbei.
Meine Damen und Herren, Fakt ist - und das ist eine für mich positive Feststellung -, mit dieser Potenzialanalyse liegt zum ersten Mal ein sehr umfangreicher Trendatlas für den Bereich des Thüringer Handwerks vor, der sowohl dem Handwerk als auch den politisch Verantwortlichen im Handwerk eine wichtige Informations-, Orientierungs- und Entscheidungsgrundlage für ihr Handeln bietet. Das haben mir die Vertreter der Kammern, der Handwerkskammern, ob das die Präsidenten sind oder ob das die Geschäftsführer sind, in vielen Gesprächen, auch in meiner vormaligen Funktion hier im Thüringer Landtag, zum Ausdruck gebracht. Diese Potenzialanalyse wird - wie gesagt, sie ist ja gemeinsam mit dem Handwerk erstellt - sehr positiv wahrgenommen. In dem Zusammenhang, Herr Kollege Kemmerich, will ich Ihnen nur sagen, ich kann irgendwo noch verstehen, dass Sie sich immer wieder auch an meinem Vorgänger im Amt abarbeiten müssen. Offenkundig fällt Ihnen nichts anderes oder nichts Besseres dazu ein. Ich kann Ihnen nur sagen, dass meine Gespräche, die ich seit Amtsantritt mit den Vertretern des Thüringer Handwerks im Übrigen auch der Industrie- und Handelskammer, aber das jetzt nur am Rande - führe, in einer sehr konstruktiven und sehr offenen Atmosphäre stattfinden. Es gibt ein sehr ausgeprägtes gegenseitiges offenes Ohr für die Probleme. Wir sind uns nicht immer in allen Punkten, was unsere Auffassungen und Positionen betrifft, einig, aber darauf kommt es auch nicht immer an. Es kommt darauf an, dass man sich wirklich gegenseitig Gehör schenkt. Sie können es als eine Tatsache hier entgegennehmen, sowohl beim Thüringer Wirtschaftsministerium als Institution als auch bei mir als Wirtschaftsminister ist das Handwerk gut aufgehoben, meine Damen und Herren.
Wie gesagt, Anfang März habe ich mich mit dem Präsidenten des Thüringer Handwerkstags, Herrn Lobenstein, zusammengesetzt und wir haben ein paar Dinge miteinander verabredet. Wir werden noch in der ersten Jahreshälfte in regionalen Veranstaltungen den durch die Potenzialanalyse angeregten Dialog mit dem Thüringer Handwerk fortführen. Die Terminabstimmungen dazu laufen. Diese wirklich - und das sage ich mit einem besonderen Respekt - konsensorientierte, das Handwerk aktiv einbeziehende Herangehensweise zeigt das, was
ich eben schon zum Ausdruck gebracht habe. Das bedarf dann nicht möglichst vieler Großer Anfragen der FDP-Fraktion. Wir sind uns dieser Verantwortung dem Handwerk gegenüber in jedem Fall bewusst und werden dem auch gerecht. Ich will es noch einmal erwähnen, die zentrale Arbeitsgrundlage ist die Potenzialanalyse für die Handwerkspolitik, für die Förderung und die weitere Vorgehensweise. Über diese Vorgehensweise wurde übrigens schon im entsprechenden Ausschuss für Wirtschaft, Technologie und Arbeit im Oktober und November letzten Jahres umfassend informiert.
Meine Damen und Herren, abschließend lassen Sie mich noch einen Satz zu dem Thema Meisterbonus sagen, das hat Kollege Kemmerich am Schluss noch einmal gesagt, das war auch ein Thema am Mittwochabend beim parlamentarischen Abend des Handwerkstags hier im Thüringer Landtag. Es wurde ausgeführt, dass der Meisterbonus beispielsweise in Bayern, aber auch in benachbarten Ländern wie Österreich schon eingeführt worden ist und andere Bundesländer zumindest mit dem Gedankengang einhergehen, einen solchen Bonus einzuführen. Wir haben in der Debatte am Mittwoch festgestellt, dass es zwar auf der einen Seite eine gute Sache wäre, aber auf der anderen Seite die Ablegung des Meisterbriefs nicht unbedingt zwingend von einem sogenannten Meisterbonus abhängt. An dieser Stelle will ich dennoch auch von mir aus Offenheit für eine solche Idee zum Ausdruck bringen,
will aber auch anmerken, dass es durchaus jetzt schon vielfältige Möglichkeiten der Förderung von Meisterschülern gibt. Das hat, wenn ich mich recht entsinne, auch am Mittwoch zur Diskussion gestanden, das Meister-BAföG. Das ist etwas, das gibt es tatsächlich nur bei uns in Deutschland. Das ist im Übrigen auch ein gesetzlicher Rechtsanspruch. Ich weiß nicht, ob in den Ländern um uns herum dieser Rechtsanspruch auch existiert. Letztendlich gibt es relativ günstige Darlehenskonditionen für Meisterschüler über die KfW. Ich will damit zum Ausdruck bringen, Meisterbonus ja, da muss man sich nicht zuletzt auch mit dem Finanzminister ins Einvernehmen setzen, aber letztendlich bin ich der Auffassung, dass die Möglichkeiten für junge Menschen, den Meister im Handwerk abzulegen, schon auf sehr vielfältige Weise unterstützt und gefördert werden. Ich sage das auch noch einmal hier an dieser Stelle, der Meisterbrief an sich, das ist noch ein Gegenstand eines anderen Plenarantrags, das wird weder vom Thüringer Wirtschaftsminister noch, soweit ich das in der letzten Woche bei der Eröffnung des Standes Thüringer Handwerkstags in München, an der ich persönlich teilgenommen habe, zur Kenntnis genommen habe, dass auch das Bundeswirtschaftsministerium keinen Zweifel daran lässt, dass der Meisterbrief ein wichtiges Qualitätsmerk
mal für das deutsche Handwerk war, ist und auch bleiben wird.
In dem Zusammenhang möchte ich mich noch einmal bei allen Beteiligten, die bei der Erstellung dieser Großen Anfrage mitgewirkt haben, ganz herzlich bedanken und bedanke mich für die Debatte und die Aufmerksamkeit.
Danke, Frau Präsidentin. Meine sehr verehrten Damen und Herren, lassen Sie mich diesen Tagesordnungspunkt mit einer Feststellung beginnen: Niemand kann sich der Notwendigkeit einer Willkommenskultur und einer konsequenten Zuwanderungspolitik in Thüringen entziehen.
Eine Ausnahme bilden vielleicht einige wenige - ich sage ganz deutlich - Unbelehrbare in diesem Land, die den Freistaat am liebsten von der Außenwelt abschotten würden. Wir - ich sage das mit aller Deutlichkeit namens der Landesregierung - wollen ein weltoffenes, tolerantes, internationales Thüringen, um da keine Missverständnisse aufkommen zu lassen.
Es ist eben schon vom Kollegen Meyer die Problematik des Fachkräftebedarfs in den nächsten Jahren angesprochen worden. Unsere neue Fachkräftestudie - in der Tat, ich habe an dieser Stelle schon mehrfach darauf verweisen dürfen, manchmal auch verweisen müssen - besagt, dass wir bis zum Jahr 2025 etwa 280.000 neue Arbeits- und Fachkräfte in Thüringen benötigen werden. Bezieht man das auf die dann aktuell erwartete Bevölkerungszahl, entspricht das etwa 13 Prozent der Gesamtbevölkerung unseres Freistaats. Eine offene Willkommenskultur zusammen mit einer aktiven Migrationspolitik wird in den kommenden Jahren also nicht nur Normalität, meine Damen und Herren, sondern schlicht zu einer Notwendigkeit. Dabei das will ich ganz ausdrücklich hier noch einmal formulieren - kann überhaupt nicht die Rede davon sein, von einer Zuwanderung in unsere - ich würde das jetzt in Schriftform in Gänsefüßchen setzen Sozialsysteme. Ich muss ehrlich gestehen, ich bin schon von einer gewissen Traurigkeit geprägt, wenn ich sehe, dass der Alternativantrag der FDP genau in diese Richtung der Zuwanderung in die
Sozialsysteme geht. Ich muss wirklich sagen, liebe Kolleginnen und Kollegen der FDP, Sie sollten sich den Begriff Liberalismus in seiner Ursprungsform wieder mal zu Gemüte führen.
Ich glaube, das hat mit dem, was Sie da aufgeschrieben haben, wirklich nicht viel zu tun, gar nichts zu tun. Das ist purer Populismus und der ist durch nichts zu rechtfertigen. Im Gegenteil, es ist nämlich genau so, dass der Anteil sozialversicherungspflichtig Beschäftigter bei allen Zuwanderern im Moment rapide ansteigt, in den letzten fünf Jahren um mehr als 5 Prozent. Das ist die Realität, meine Damen und Herren. Deshalb sollten wir über jeden froh sein, der sich auf der Suche nach einem neuen Beschäftigungsort und einer neuen Heimat für uns, für Thüringen entscheidet.
Wir reden dabei über Zuwanderung von Arbeitern und qualifizierten Fachkräften, weil wir das Niveau halten und möglichst ausbauen wollen. Wir wollen die Leistungsfähigkeit unserer Thüringer Wirtschaft weiterhin gewährleisten. Und - das ist genauso wichtig, wenn nicht gar noch wichtiger - wir reden über Menschen, über Männer und Frauen, die zu Kollegen, die zu Freunden, schlicht zu Neu-Thüringern werden bzw. werden wollen. Wenn ich daran erinnere, Mitte der 60er-Jahre gab es schon mal in den alten Bundesländern eine solche Entwicklung. Der Dichter Max Frisch hat das mit dem Satz formuliert: „Wir riefen Arbeitskräfte und es kamen Menschen“. Und um die müssen wir uns kümmern, meine Damen und Herren, um die müssen wir uns kümmern, gerade auch über den Arbeitsplatz hinaus. Dies noch einmal grundsätzlich vorab, um unmissverständlich meine, unsere Haltung zu diesem Thema zum Ausdruck zu bringen.
Klar ist, meine Damen und Herren, dass sich die Landesregierung der Notwendigkeit einer koordinierten Migrations- und Zuwanderungsstrategie für Thüringen bewusst ist. Insbesondere das Thüringer Wirtschaftsministerium beschäftigt sich schon seit mehreren Jahren intensiv mit diesem Thema.
Ich will im Folgenden konkret auf die Fragestellungen des Antrags von den Kolleginnen und Kollegen von BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN eingehen. Ich will auch nicht versäumen, Ihnen wirklich - erschrecken Sie jetzt nicht - für diesen Antrag danken, den Sie eingebracht haben.
Die erste Frage, stärkere Förderung der Zuwanderung nach Thüringen. Wie machen wir das? Es dürfte, glaube ich, Ihnen nicht verborgen geblieben sein, da ist wirklich schon einiges aufzuzählen. Ich fange mal an, hier in der Stadt, am Willy-BrandtPlatz, das Welcome Center Thuringia, die Zusammenarbeit und Vernetzung der Akteure beim The
ma Zuwanderung über die „Initiative Willkommenskultur“ und den Integrationsbeirat, das ist ein weiterer Punkt. Der Einsatz nicht zuletzt auch auf Bundesebene besteht dafür, dass bestehende und entwickelte Strukturen in der Beratung von Migranten fortgeführt und ausgebaut werden. Dabei denke ich zum Beispiel an das Programm MobiPro-EU oder das IQ-Netzwerk zur Beratung. Ein weiterer Punkt ist die Ausgestaltung der Rahmenbedingungen mit Blick auf das Thüringer Berufsanerkennungsgesetz, natürlich bezogen auf die landesrechtlich geregelten Berufe. Also das ist zur ersten Frage doch einiges auf der Habenseite.
Die zweite Frage stellt darauf ab: Welche weiteren Initiativen sind geplant? Die Umsetzung des Thüringer Anerkennungsgesetzes, das haben wir gerade im Gang; die Ausgestaltung der Förderrichtlinien in der neuen ESF-Förderrichtlinie, also 2014 bis 2020 dahin gehend, dass natürlich auch zuwanderungswillige Menschen an der Förderung partizipieren können. Die weitere Förderung der Agentur für Fachkräftegewinnung und des Welcome Centers in der neuen ESF-Periode ist sichergestellt.
Die dritte Frage: Was sind die Ergebnisse der im Januar 2013 gegründeten „Thüringer Initiative Willkommenskultur“? Die „Thüringer Initiative Willkommenskultur“ ist ein Zusammenschluss verschiedener Akteure aus Politik, Wirtschaft und Gesellschaft, die dieses Thema gemeinsam voranbringen wollen. Es handelt sich dabei um eine durchaus breit aufgestellte Arbeitsgruppe, die seit 2013 bei der Landesentwicklungsgesellschaft angesiedelt ist. Eingebunden sind neben den Ministerien der Landesregierung Wirtschafts- und Sozialpartner, Kammern und Akteure, die im Bereich der Ausländerbetreuung in Thüringen aktiv sind. Dass diese Initiative natürlich eng mit dem Welcome Center zusammenarbeitet, will ich an dieser Stelle nicht nur nebenher erwähnen.
Weitere Aktivitäten umfassen die Durchführung einer breitenwirksamen Veranstaltung zum Thema Integration. Die wird für den Sommer 2014 vorbereitet, die haben wir jetzt erst mal unter dem Arbeitstitel „Willkommenstag“ laufen lassen. Die Erstellung einer datenbankbasierten, interaktiven Landkarte, die wichtige Informationen für Neubürger aus dem In- und Ausland zusammenführt und natürlich soll das Ganze so gestaltet werden, dass es auch einen gewissen Wiedererkennungseffekt im einheitlichen Corporate Design haben wird.
Die vierte Frage: Wie sieht die Bilanz des Welcome Centers seit September aus? An der Stelle hat der Kollege vorhin in der Debatte zum vorherigen Tagesordnungspunkt, Kollege Kemmerich, Kritik geübt. Die will ich an dieser Stelle zurückweisen. Ich denke, diese Institution, diese Einrichtung, die da
geschaffen worden ist, ist wirklich vorbildhaft auch für andere Akteure und andere Länder und es gibt mittlerweile schon Anfragen und Interesse auch außerhalb Thüringens für diese Art von Willkommenskultur für Menschen, die hier eine neue Heimat suchen. Es dient als Anlaufstelle zur Erstberatung für Migranten, die in Thüringen arbeiten bzw. eine Ausbildung oder manchmal auch ein Studium aufnehmen möchten. Gleichzeitig ist das Welcome Center ein Ansprechpartner für Unternehmen, die Menschen aus dem Ausland einstellen möchten. Kurz gesagt, die Einrichtung bringt durchaus Licht in das manchmal etwas behördenrechtliche Dickicht beim Thema Zuwanderung - das will ich gar nicht verhehlen - und wir haben im vergangenen halben Jahr feststellen dürfen, wie wichtig diese Anlaufstelle ist. Wir alle haben noch die wirklich zunächst einmal unrühmliche Geschichte der 128 Menschen aus Spanien im Kopf, die ohne entsprechende Vorbereitung hier nach Thüringen gekommen sind, ohne entsprechendes Willkommen. Ich sage ganz deutlich, wenn dieses Welcome Center nicht gewesen wäre, hätten wir die Situation so, wie sie dann am Ende nach einigen Anlaufschwierigkeiten geregelt worden ist, nicht hinbekommen. An dieser Stelle noch mal einen Dank an alle, die dazu beigetragen haben.
Es erfolgt auch eine enge Zusammenarbeit mit den zentralen Anlaufstellen für ausländische Fach- und Arbeitskräfte. Das sind zum Beispiel die wichtigen Informations- und Beratungsstellen des EU-Netzwerks Thüringen.
Fünftens, Sie fragen nach den Defiziten und dem Verbesserungsbedarf im Umgang mit den Zuwanderern aus dem EU-Ausland. Da sage ich ganz deutlich, wir brauchen verbindliche Standards, damit die Rahmenbedingungen bezüglich der Beschäftigung und der Willkommenskultur weiter deutlich verbessert werden. Solche Verwerfungen, wie wir sie erlebt haben, bei der von mir angesprochenen Anwerbung von spanischen Menschen durch private Arbeitsvermittler dürfen nicht mehr vorkommen. So etwas darf nicht mehr in Thüringen vorkommen. Das war auch der Grund, warum in meinem Haus eine Richtlinie oder eine Erklärung verfasst worden ist, die gemeinsam mit dem spanischen Botschafter am 13. Februar und mir unterschrieben worden ist, in der wir zum ersten Mal Qualitätsstandards für die Anwerbung und Vermittlung von Arbeitskräften und Auszubildenden aus Spanien konkret in dem Fall aus Spanien unterzeichnet haben. Das Thüringer Wirtschaftsministerium hat außerdem eine gemeinsame Erklärung von Wirtschafts- und Sozialpartnern, Kammern und Arbeitsverwaltungen vorbereitet, die wir in Kürze gemeinsam unterzeichnen und der Öffentlichkeit vorstellen werden. Und die konkrete Umsetzung dieser Eckpunkte wird durch eine gemeinsame Arbeitsgruppe, die wir eingerichtet haben, begleitet. Au
ßerdem werden wir einen Leitfaden für Unternehmen entwickeln, die Interesse oder Notwendigkeit an ausländischen Arbeitskräften haben.
Diese Eckpunkte behalten hohe Standards für frühzeitige Vorabinformation, Einbeziehung aller Akteure, schnelle oder eine erste schnelle Kontaktaufnahme bereits im Heimatland, die bessere Unterstützung beim Erwerb von Deutschkenntnissen, Aufzeigen von Fördermöglichkeiten und so viel weiter mehr. Ich will an dieser Stelle durchaus positiv auf die Initiative oder auf das Vorgehen zum Beispiel der Südthüringer Industrie- und Handelskammer abstellen, die sich genau auf diesen Weg schon seit Längerem begeben hat, die entsprechende Leute nach Spanien geschickt und dort vor Ort alle Dinge mit den Menschen vorab geklärt hat, bis hin zu den Deutschlehrgängen und dann erst ist die Übersiedlung nach Deutschland erfolgt. Das ist der Weg, wie wir ihn nun in Zukunft auch weiter wünschen.
Meine Damen und Herren, ich denke, es wird ganz deutlich, dass die Landesregierung vielen der hier im Antrag von BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN gestellten Forderungen bereits gerecht wird. Selbstverständlich dabei ist - das will ich nicht unerwähnt lassen -, dass für alle Arbeitnehmer in Thüringen, inund ausländische ist damit gemeint, die gleichen arbeitsmarktrechtlichen Rechte und Pflichten zu gelten haben und gelten. Die Arbeitsmarktpolitik ist zudem darauf ausgerichtet, allen möglicherweise benachteiligten Zielgruppen faire Chancen und eine echte berufliche Integration zu ermöglichen. Wie gesagt, dazu gehört eben eine echte Willkommenskultur, die keine, aber wirklich auch keine Form der Diskriminierung akzeptiert.
Unter die zahlreichen Beispiele für Maßnahmen der Landesregierung zur Förderung von Integration und Toleranz fallen dabei zum Beispiel das Engagement der Ausländerbeauftragten der Landesregierung, Frau Heß, ich freue mich auch, dass Sie der Debatte hier beiwohnen. Es gehört dazu, dass wir für Integrationsprojekte Zuwendungen gewähren, im Schnitt 30 Projekte pro Jahr. Dort wurde schon insgesamt mehr als eine halbe Million Euro aufgewendet. Bei der Teilnahme am Bundesprojekt „Ausländerbehörden - Willkommensbehörden“ soll die Ausländerbehörde in Weimar in den kommenden zwei Jahren zu einer kunden- und serviceorientierten Willkommensbehörde fortentwickelt werden.
Es gehören die Förderung der sozialen Inklusion und Bekämpfung der Armut und jeglicher Diskriminierung dazu. Es ist eine der drei zentralen Prioritätsachsen in der Förderperiode 2014 bis 2020 des Europäischen Sozialfonds. Natürlich spielen dabei auch die Thüringer Hochschulen eine zentrale Rolle. Die Zahl der ausländischen Studierenden an Thüringer Hochschulen ist, wenn man mal den Zeitraum vom Wintersemester 2007/2008 bis zum Win
tersemester 2012/2013 betrachtet, um 40 Prozent gestiegen. Die neun Thüringer Hochschulen unterhielten im Jahr 2013 1.352 Vereinbarungen bzw. Kontakte zu ausländischen Partnern in 93 Staaten. Wenn es uns gelingen würde, alle diese Menschen nach ihrem Studium, meine Damen und Herren, in den Thüringer Arbeitsmarkt zu integrieren, so könnte der aktuelle Bestand an ausländischen Menschen mit sozialversicherungspflichtiger Beschäftigung um bis zu 40 Prozent gesteigert werden. Das zeigt, welches Potenzial darin zu sehen ist, und das für Menschen ohne eine deutsche Staatbürgerschaft.
Meine Damen und Herren, wie gesagt, ich bin sehr dankbar für die Debatte, die wir zu diesem Thema hier führen. Ich will abschließend feststellen, dass bisher keine Landesregierung in Thüringen so viel wie diese jetzt im Amt befindliche für Zuwanderung und Integration getan und gesorgt hat. Ich wiederhole es gern zum Abschluss: Wir wollen ein weltoffenes, tolerantes und international orientiertes Land sein. Herzlichen Dank für die Aufmerksamkeit.
Frau Präsidentin, meine sehr verehrten Damen und Herren, verehrte Abgeordnete, lassen Sie mich zunächst einmal beginnen mit der Feststellung, was das Thema Arbeitsmarktpolitik an sich betrifft, dass es uns in den letzten vier Jahren gelungen ist, ich formuliere das etwas salopp, einen deutlichen Schub in die Arbeitsmarktpolitik des Freistaats Thüringen zu bringen. Allerdings, und an der Stelle teile ich die Intention des Antrags, der uns hier vorliegt, bleiben das Thema Langzeitarbeitslosigkeit und vor allen Dingen der Bezug darin eine besondere arbeitsmarktpolitische Herausforderung. Deshalb will ich durchaus gern diesem Antrag folgen und hier namens der Landesregierung Bericht erstatten.
Meine Damen und Herren, Sie wissen, das muss ich, glaube ich, hier an dieser Stelle nicht näher erläutern, zu der Struktur, wie die Leistungen des SGB II hier in Thüringen geleistet werden, mit den Jobcentern und den Optionskommunen Bescheid. Die Jobcenter, aber auch, das betone ich nicht ohne Grund, die Optionskommunen selbst haben mit Unterstützung durch die Arbeitsmarkt- und Wirtschaftsförderung des Landes einiges erreicht. An dieser Stelle kann ich uns, ich sage bewusst nicht leider, einen Blick in, sagen wir mal, auszugsweise Statistiken nicht ersparen, um auch das entsprechend zu dokumentieren, was bisher geleistet worden ist. Thüringen hat seit der Einführung des SGB II im Jahr 2005 bis zum Jahr 2012 die sogenannte Armutsgefährdungsquote von knapp 20 Prozent auf eine Quote unter 17 Prozent, genauer gesagt 16,9 Prozent, senken können. Die sogenannte SGB-II-Quote sank im gleichen Zeitraum um etwa 3, ganz genau gesagt 3,1 Prozentpunkte. Das ist der niedrigste Stand aller neuen Bundesländer und der Rückgang ist auch etwas stärker ausgeprägt als im bundesdeutschen Durchschnitt. Dazu korrespondiert auch die Arbeitslosenquote. Hier haben wir im Jahresdurchschnitt seit 2005 mehr als eine Halbierung zu verzeichnen. Im Vergleich lag 2005 die durchschnittliche Jahresarbeitslosenquote bei 17,1 Prozent, das kann man sich heute kaum noch vorstellen, das Jahr 2013 lag im Durchschnitt bei einer Quote von 8,2 Prozent. Besonders herausragend dabei war der Monat Dezember, wo wir mit 7,8 Prozent als Freistaat Thüringen die niedrigste Arbeitslosenquote seit der politischen Wende zu verzeichnen hatten. In konkreten Zahlen ausgedrückt heißt das, 2013 waren im Jahresdurchschnitt knapp 96.000 Personen und damit insgesamt
114.000 Personen weniger als noch 2005 arbeitslos. Trotz dieser durchaus positiven Entwicklung, meine Damen und Herren, die verfestigte strukturelle Arbeitslosigkeit bleibt weiter ein Problem. Das ist unbestritten. Aktuell beziehen knapp 181.000 Personen Leistungen nach dem Sozialgesetzbuch II. Insbesondere Menschen mit sozialen, persönlichen und auch gesundheitlichen Beeinträchtigungen können von der positiven Entwicklung auf dem Arbeitsmarkt nicht im gleichen Maße profitieren. Nach wie vor ist die überwiegende Zahl der Arbeitslosen und Langzeitarbeitslosen dem Rechtskreis des SGB II zuzuordnen.
Auch an dieser Stelle noch eine Bemerkung: Innerhalb dieser Quoten, wenn man sich das detaillierter anschaut, fast die Hälfte, 44 Prozent, dieser rund 61.000 arbeitslosen ALG-II-Bezieher ist langzeitarbeitslos. Aber auch an der Stelle - vorsichtig und mit aller Zurückhaltung - gibt es einen positiven Trend. Bei der Langzeitarbeitslosigkeit ist ein Rückgang um 800 Personen bzw. 2,4 Prozent zu verzeichnen. Wenn man Thüringen mit der Langzeitarbeitslosenquote im Bundesdurchschnitt vergleicht, wie gesagt, sie ist nach wie vor mit 34,3 Prozent hoch. Im Jahresdurchschnitt 2013 liegen wir aber dennoch etwas unter dem Bundesdurchschnitt.
Ich finde, meine Damen und Herren, aussagekräftiger als diese Zahlen, ist eine Bewertung anhand des Langzeitarbeitslosenbezugs. Seit Januar 2010 ist die Zahl der Langzeitleistungsbezieher, das sind jene erwerbsfähigen Personen, die in den letzten 24 Monaten mindestens 21 Monate Leistungen der Grundsicherung für Arbeitsuchende erhielten, um 23.800 Personen oder anders ausgedrückt um 20 Prozent zurückgegangen. Dennoch bleibt festzustellen, Langzeitleistungsbezug ist in Thüringen insbesondere ein Problem älterer Menschen. 67 Prozent der erwerbsfähigen Leistungsberechtigten im Alter von 50 Jahren und älter bezogen schon vier Jahre und länger Leistungen der Grundsicherung. Die Verringerung des Langzeitleistungsbezuges und der Langzeitarbeitslosigkeit wird auch in den kommenden Jahren einen deutlichen Schwerpunkt der Arbeitsmarktpolitik auf Landes- und, wie ich davon ausgehe, auch auf Bundesebene bilden.
Welche Punkte, meine Damen und Herren, sind dabei wichtig? Zum einen ist für eine langfristige Überwindung der Hilfebedürftigkeit des Einzelnen eine dauerhafte Integration in Beschäftigung mit einem - und das betone ich nicht ohne Grund - bedarfsdeckenden Einkommen ausschlaggebend. Arbeit muss sich lohnen. Das gilt allerdings leider noch nicht für alle Thüringer Arbeitsverhältnisse. Im September 2013 gab es rund 47.000 sogenannte Aufstocker. Aufstocker - nur zur Erläuterung auch für unsere Gäste auf der Tribüne - sind Menschen, die einem Vollzeitjob nachgehen und dennoch unterhalb der Grenzen für solche Leistungsbezüge lie
gen und damit noch Leistungen aus dem Sozialgesetzbuch II beanspruchen können.
Die gehören auch dazu, richtig Herr Kollege. Teilzeit- und Vollzeitarbeitsplätze gehören dazu. Das heißt, 34,3 Prozent der erwerbsfähigen Leistungsbezieher - erwerbsfähige Leistungsbezieher sind genau diese Menschen, die in Arbeit sind und dennoch Leistungen nach SGB II beziehen - üben eine Erwerbstätigkeit aus. Das ist eine Quote, die ist mir jedenfalls deutlich zu hoch. Hier zeigen sich auch die Folgen der Lohnpolitik in den letzten Jahren. Man kann sagen, an dieser Stelle hat sich die Billiglohnpolitik für Thüringen, das ist jedenfalls meine persönliche Einschätzung, nicht ausgezahlt.
Menschen, die voll erwerbstätig sind, ich sage das in aller Deutlichkeit, müssen auch ein auskömmliches Einkommen haben. Und nicht zuletzt aus diesem Grund haben wir in den letzten Jahren und auch in den letzten Monaten hart dafür gekämpft, dass in Deutschland wie auch in Thüringen selbstverständlich ein flächendeckender Mindestlohn eingeführt wird.
Und wenn wir die Presseberichte der letzten Tage, vielleicht sogar der letzten Stunden zur Grundlage nehmen, dann ist in Berlin an dieser Stelle im Moment sehr viel in Bewegung.
Ein weiterer Aspekt, meine Damen und Herren, im Bereich der Langzeitarbeitslosen: Wir schätzen ein, das ist keine sogenannte homogene Gruppe, keine einheitliche Gruppe, es sind sehr unterschiedliche Problemlagen, mit denen wir es hier zu tun haben. Die Instrumente dafür, für die Überwindung dieses Zustands, müssen daher auch entsprechend vielfältig, entsprechend flexibel sein. Und da Arbeitslosigkeit mit zunehmender Dauer verschiedenste soziale und persönliche Folgen haben kann, bedürfen diese Menschen der Zuwendung vor Ort und individuell geeigneter Hilfestellungen.
Es muss eben nicht nur einfach ein passender Arbeitsplatz vermittelt werden. Im Regelfall können die Schwierigkeiten vieler Langzeitarbeitsloser nur im Rahmen einer langfristigen Eingliederungsstrategie und intensiver Betreuung überwunden werden. Der Bund-Länder-Ausschuss SGB II hat im Jahr 2013 eine Sammlung ausgewählter Konzepte zur Verringerung von Langzeitarbeitslosenbezug zusammengestellt, die steht allen Jobcentern bundesweit zur Verfügung. Die letzten Instrumentenreformen zum SGB III und II haben die Arbeit der Jobcenter im Hinblick auf längerfristige Eingliede
rungsstrategien allerdings nicht gerade erleichtert. Die Instrumente setzen nun auf kurzfristige, übergangsweise Hilfen. Umso wichtiger ist das strategische Vorgehen im Rahmen lokaler Arbeitsmarktprogramme. Die Mittel für die Eingliederungsleistungen werden über den Bundeshaushalt zur Verfügung gestellt. Das dürfte bekannt sein. Allerdings haben wir es da seit 2005 mit erheblichen Reduzierungen zu tun, ich sage da ausdrücklich auch, zu kämpfen. 2005 standen noch ca. 243 Mio. € für Eingliederungsleistungen zur Verfügung. Der Ansatz ist im Jahr 2013 auf 106 Mio. € gesunken und für dieses Jahr wird es etwa in dieser Höhe wieder erwartet. Die 90. Arbeits- und Sozialministerkonferenz hat gefordert, den Jobcentern ausreichende Haushaltsansätze bei den Eingliederungsmitteln zur Verfügung zu stellen. Und gerade vor diesem Hintergrund hat in Thüringen der Einsatz der Eingliederungsmittel und der Fördermittel des Landes bzw. des Europäischen Sozialfonds wesentlich dazu beigetragen, dass eine deutliche Verringerung der Anzahl der Arbeitslosen sowie ein Rückgang der Hilfebedürftigen erreicht werden konnte. Der Rückgang unserer Arbeitslosenquote ist eben nicht nur allein auf den sogenannten demografischen Faktor zurückzuführen. Durch das TMWAT wurden die Integration von Langzeitarbeitslosen in den Jahren 2010 bis 2013 - auch die Zahl dürfte von Interesse sein - mit 52 Mio. € an Landesmitteln und insgesamt 158 Mio. € aus den Europäischen-Sozialfonds-Mitteln gefördert. Und darüber hinaus, meine Damen und Herren, brauchen wir für eine gezielte und wirksame Arbeitsmarktpolitik auch eine leistungsfähige Trägerstruktur. Es gibt leider keine Statistik, aus der man entnehmen kann, ob und wie sich der Rückgang bei den Eingliederungsmitteln in den letzten Jahren auf die Trägerlandschaft ausgewirkt hat. Fakt ist aber, die Spielräume sind enger geworden und die Anforderungen an die Träger eher gestiegen.
Meine Damen und Herren, wir alle wissen, die Leistungen der Grundsicherung sind steuerfinanziert. Daher - und das ist immer eine Diskussion, die auch von einem gewissen öffentlichen Interesse ist - werden von den Jobcentern auch Pflichtverletzungen der Leistungsbezieher geprüft. Es gibt Fälle, da werden auch Sanktionen ausgesprochen. Nach der aktuell vorliegenden Statistik der Bundesagentur für Arbeit waren 3,5 Prozent aller erwerbsfähigen Leistungsberechtigten in Thüringen im Oktober 2013 von Sanktionen betroffen. Da es bei der Grundsicherung um die Sicherung des Existenzminimums geht, ist die Rechtmäßigkeit der Leistungserbringung durch die Jobcenter besonders wichtig. Wir haben im Moment in den Jobcentern ganz genau 10.333 Widersprüche vorliegen. Das ist etwa eine Quote von 10 Prozent, also ein Widerspruch je 10 Bedarfsgemeinschaften. Es sind insgesamt 13.573 Klagen anhängig. Generell zeigt sich aber, dass seit 2011 die Zahl der Klageeingänge deutlich
zurückgegangen ist, damals war noch eine Zwei vor dieser Zahl.
Meine Damen und Herren, zum zweiten Abschnitt des Antrags der Fraktion DIE LINKE: In diesem Abschnitt wird die Landesregierung gebeten, ihre Position zu den zu erwartenden Entscheidungen hinsichtlich der Novellierung des SGB II darzulegen, zum Beispiel auch zu den von Frau Kollegin Leukefeld eben angesprochenen geplanten Rechtsvereinfachungen im SGB II. Derzeit befasst sich eine Bund-Länder-Arbeitsgruppe damit, Lösungsmöglichkeiten - und wie immer natürlich im Konsens zur Vereinfachung von Leistungsrecht und Verfahrensregelungen der Grundsicherung für Arbeitsuchende zu identifizieren. Unser Ministerium beteiligt sich an dieser Arbeitsgruppe, um auch die dort stattfindende fachliche Vorsondierung für mögliche Rechtsänderungen zu unterstützen. Genau in dieser Phase befinden wir uns, fachliche Vorsondierung. Die von Ihnen vorhin angesprochenen und befürchteten Absenkungen zum Beispiel von Datenschutzrechten spielen auf einige Vorschläge der Bundesagentur an, die auch wir nicht gutheißen, um das an dieser Stelle klar zu formulieren. Ich kann Ihnen allerdings, Frau Kollegin, den Wunsch jetzt an dieser Stelle jedenfalls möglicherweise nicht so erfüllen, wie Sie sich das vorstellen, die Positionen der Landesregierung zu Entscheidungen und Entwürfen des SGB II darzulegen, denn dazu müsste es diesen Entwurf erst einmal geben und der liegt in dieser Form noch nicht vor. Eine abschließende Bewertung von geplanten Rechtsänderungen durch die Landesregierung bleibt wie immer einem entsprechenden Gesetzgebungsverfahren vorbehalten.
Zum dritten Abschnitt, den Sie in Ihrem Antrag formuliert haben, wo es um das Thema öffentlich geförderter Beschäftigung und, wenn man so will, einen sozialen Arbeitsmarkt geht, jedenfalls verstehe ich das so: Aus Sicht der Landesregierung muss - und ich glaube, da sind wir uns in der Einschätzung durchaus einig - arbeitsmarktpolitische Förderung vorrangig auf den ersten Arbeitsmarkt ausgelegt sein, um den Menschen zunächst einmal eine nachhaltige Perspektive für Beschäftigung zu eröffnen. Allerdings ist auch eine öffentlich geförderte Beschäftigung für diejenigen Arbeitslosen notwendig, die auf längere Zeit keine Perspektive der Integration in reguläre Beschäftigung haben. Das war unter anderem, wenn ich mich noch richtig erinnere, ein Diskussionspunkt auf der kürzlich stattgefundenen Arbeitsmarktkonferenz des Thüringer Wirtschaftsministeriums. Da sage ich ganz deutlich, auch wenn ich natürlich die Signale vernehme, dass die Länder bzw. das Land dann stärker in der Verantwortung sei, je mehr sich der Bund an dieser Stelle zurückzieht, den Bund will ich an dieser Stelle nicht aus der Verantwortung entlassen. Zum Abbau der Langzeitarbeitslosigkeit ist aus unserer
Sicht eine gezielte Integrationsbegleitung für Langzeitarbeitslose nach der Vermittlung auf einen Arbeitsplatz in einem Unternehmen sinnvoll. Es müssen auch wieder länger andauernde Maßnahmen vor allem mit Betreuung und Qualifizierung gefördert werden. In der von mir vorhin angesprochenen Arbeits- und Sozialministerkonferenz haben die Länder verdeutlicht, dass der Bund an dieser Stelle nachbessern muss. Er muss die Fördermöglichkeiten wieder ausweiten. Auch bei einem anderen Thema hatte ich Gelegenheit, mit der zuständigen Bundesministerin im Rahmen eines Treffens der Länderkollegen zu diskutieren. Wenn es um das Thema Bürgerarbeit geht, auch hier sehen wir nach wie vor den Bund in der Pflicht, eine Anschlussperspektive für die Beschäftigungsprojekte, die bislang unter dem Label Bürgerarbeit firmierten, zu schaffen, und zwar als reguläre gesetzliche Förderleistungen. Ich möchte insgesamt noch mal deutlich betonen, dass die Integration langzeitarbeitsloser Menschen ein Schwerpunkt in der Landesarbeitsmarktpolitik bzw. der Ausrichtung des europäischen Sozialfonds in Thüringen war und auch in Zukunft bleiben wird. Einen öffentlichen Beschäftigungssektor aus Landesmitteln oder ESF-Mitteln zu installieren, ist im Moment finanzpolitisch, finanztechnisch nicht realisierbar. Deshalb müssten wir an dieser Stelle mit der entsprechenden Vorsicht agieren. In der neuen ESF-Förderperiode sollen ab kommendem Jahr immerhin noch 36 Prozent der Mittel für den Abbau der Langzeitarbeitslosigkeit, die Bekämpfung von Armut und die soziale bzw. die berufliche Inklusion und Integration eingesetzt werden. Auf ein Programm oder eine Maßnahme möchte ich nicht ohne den entsprechenden Stolz auf dieses Projekt und dieses Programm verweisen, weil ich mich auch in früheren Funktionen in den Reihen der Abgeordneten sehr stark dafür engagiert habe. Ich meine unser Landesarbeitsmarktprogramm, das seit Mai 2010 als eigenständiges Programm wirkt, in dem die begleitende Evaluierung wirklich sehr gute Integrationserfolge bei hoher Effizienz bescheinigt hat, entgegen anders lautenden Befürchtungen. Zum Stand Dezember 2013 wurden hier fast 14.000 Arbeitslose individuell begleitet, mehr als 4.700 von ihnen schafften bisher den Sprung in Arbeit oder Ausbildung, davon mehr als 3.300 sogar in den ersten Arbeitsmarkt und ca. 1.800 Personen erhielten über Lohnkostenförderung einen geförderten Arbeitsplatz. Ich denke, dieses Programm wird auch in der Zukunft notwendig sein.
Das Landesarbeitsmarktprogramm ist Teil eines aufeinander abgestimmten Landes- und ESF-finanzierten Förderinstrumentariums. Ich verweise hier auf die sogenannten Th.INKA-Projekte, die in sozialen Brennpunkten an der Verbesserung der sozialen Infrastruktur arbeiten. Insgesamt 23 TIZIANProjekte konzentrieren sich auf die soziale Stabilisierung und Herstellung von Beschäftigungsfähig
keit von Langzeitarbeitslosen, auch mit Elternverantwortung. Wir fördern berufliche Qualifizierung von Arbeitslosen, Modell- und Netzwerkprojekte. Diese erfolgreichen Ansätze haben in der kommenden Förderperiode des ESF in Thüringen eine solide Finanzierungsgrundlage. Abschließend, meine sehr verehrten Damen und Herren, wie Sie sicherlich wissen, gibt es eine intensive Zusammenarbeit zur Abstimmung arbeitsmarktpolitischer Fragen in den Regionalbeiräten und im Landesbeirat für Arbeitsmarktpolitik. Die Landesregierung steht für gute Arbeit sowohl hinsichtlich der Arbeitsbedingungen einzelner Menschen als auch hinsichtlich der Integration aller in Beschäftigung. Herzlichen Dank für die Aufmerksamkeit.
Herr Präsident, ich beantworte die Mündliche Anfrage der Abgeordneten Sparmberg für die Thüringer Landesregierung wie folgt:
Gestatten Sie mir, die Fragen 1 bis 4 in Gesamtheit zu beantworten. Zu diesen aufgeworfenen Fragen 1 bis 4 liegen der Landesregierung keine konkreten Erkenntnisse vor. Bezüglich der jährlichen Belastung Thüringer KMU durch die Regelung der vorfristigen Fälligkeit der Sozialversicherungsbeiträge, des damit verbundenen Korrekturaufwands und der spezifischen Betroffenheit kleiner Unternehmen sind der Landesregierung keine konkreten Erhebungen bzw. Untersuchungen bekannt. Die Thüringer Landesregierung weist jedoch auf ihre bereits im Zusammenhang mit der Beantwortung der Mündlichen Anfrage in Drucksache 5/6220 mitgeteilten Auffassung hin, dass durch die mit dem Ersten Mittelstandsentlastungsgesetz herbeigeführten Verfahrenserleichterungen die durch die Vorverlagerung des Fälligkeitstermins bedingten bürokratischen Mehrbelastungen zwar nicht vollständig zurückgenommen, aber im Ergebnis doch ganz wesentlich abgesenkt und auf ein niedrigeres Niveau reduziert werden konnten. Ergänzend wurde seitens des für die Sozialkassen zuständigen Ressorts mit Bezug auf die zu dem Antrag in Drucksache 5/5960 geführte Debatte nochmals auf die Kostenbelastungen der Sozialversicherungsträger sowie auf weitere Kostenbelastung der Sozialkassen durch die vom Bundesgesetzgeber geplanten und bereits zum Teil im Gesetzgebungsverfahren befindlichen Vorhaben hingewiesen. Dazu gehören Leistungsverbesserung in der Rente, Pflegereform, Kürzung des Bundeszuschusses in der GKV sowie Finanzierungsreform in der GKV.
Da das Erste Mittelstandsentlastungsgesetz ein Bundesgesetz ist, ist dieser Hinweis insofern relevant, dass die Kostenbelastungen sehr wohl erkannt und durch dieses Gesetz reduziert worden sind. In Thüringen liegen, anders als in Sachsen, wo durch eine private Firma oder durch ein privates Institut Erhebungen durchgeführt worden sind, solche in dieser Weise nicht vor.
Bislang ist es mir nicht bekannt.
Kann ich mir vorstellen, Herr Abgeordneter.
Vielen Dank, Frau Präsidentin, soviel Freude im Vorfeld hätte ich gar nicht erwartet, ich hoffe nur, dass ich den Erwartungen auch gerecht werden kann, ich werde mich jedenfalls bemühen.
Sie haben recht, Frau Kollegin Siegesmund, Ihr Antrag ist in der Tat sehr differenziert, sehr ausführlich und ich versuche, auf die einzelnen Aspekte an dieser Stelle einzugehen. Ich hoffe Sie teilen mit mir, verehrte Kolleginnen und Kollegen, die Einschätzung, Thüringen ist ein Industrieland und es ist ein Industrieland, dass von seinen Innovationen lebt. Und auch an dieser Stelle muss ich Sie leider mit Zahlen vom Statistischen Landesamt etwas traktieren, denn es wird Folgendes deutlich, meine Damen und Herren, die Industrie und das ist, für unseren Freistaat nicht verwunderlich, die Industrie war auch 2013 der Jobmotor in Thüringen. Ende Dezember gab es in den 864 größeren Betrieben 138.000 Beschäftigte, etwa 1.100 mehr als im Jahr zuvor und damit konnte die Branche ihren Beschäftigungsrekord wieder erreichen. Der Umsatz dabei blieb mit etwa 28 Mrd. € relativ stabil, es wurden etwa 15 Mio. € mehr als im Vorjahr umgesetzt. Vergleicht man das mit den anderen Bundesländern, das wird immer an dieser Stelle ganz gern gemacht, um zu sehen wo steht man, im bundesweiten Ländervergleich was die Umsatzentwicklung betrifft, belegen wir den 6. Platz. Es ist Luft nach oben, ja, aber könnte schlechter sein oder sollte besser nicht schlechter sein. Die Industrie, das ist die Einschätzung im Freistaat, ist somit der Treiber von Wachstum und Beschäftigung und, lassen Sie mich das ganz deutlich herausstellen, sie ist bereits hochinnovativ und international wettbewerbsfähig. Dabei sind es vor allem die kleinen und mittleren Unternehmen mit bis zu 50 Beschäftigten und die bis zu einer Jahresumsatzgrenze von etwa 20 Mio. €, diejenigen, die dabei die bemerkenswerteste Rolle spielen. Allein im wichtigsten Investitionsförderprogramm, der Gemeinschaftsaufgabe Verbesserung der regionalen Wirtschaftsstruktur, also unsere gute alte GRW, entfielen in der vergangenen Förderperiode 81 Prozent der geförderten Projekte auf kleine und mittlere Unternehmen. Dabei ist zu erwähnen, dass Thüringen-Invest - das zweitgrößte Investitionsförderprogramm ausschließlich auf die Förderung von KMU ausgerichtet
ist und in den Jahren zwischen 2009 und 2013 über 2.000 Projekte gefördert wurden. In der Technologieförderung dominieren ebenfalls ganz klar die KMU gegenüber Großunternehmen. Über 80 Prozent der im Rahmen der einzelbetrieblichen Technologieförderung geförderten Unternehmen waren demnach in der vergangenen Förderperiode KMU, zwei Drittel, ziemlich genau zwei Drittel der bewilligten Mittel entfielen auf diese. Und gerade für KMU ist es aufgrund ihrer geringen Größe ein entscheidender Ansatz, wie gut sie in Cluster- und Netzwerkstrukturen eingebunden sind, um ihre Größennachteile etwas zu mindern. Seit Herbst 2012 unterstützt das Thüringer Clustermanagement die Netzwerke vor allem in den Wachstumsfeldern bei der Strategieentwicklung und -umsetzung. Die Landesregierung hat darüber hinaus bereits in der vergangen Förderperiode mit dem Thüringen-InvestDarlehen und Thüringen-Dynamik zwei revolvierende Fonds aufgelegt, mit denen Unternehmen zinsgünstige Darlehen zur Verfügung gestellt werden. Allein im letzten Jahr wurden aus beiden Fonds Darlehen in Höhe von über 40 Mio. € ausgereicht. In der neuen Förderperiode werden beide Fonds insgesamt mit - die genaue Zahl kann ich noch nicht sagen - 150 Mio. € aufgestockt.
Im letzten Jahr haben wir gemeinsam mit den Kammern das Thüringer Zentrum für Existenzgründungen und Unternehmertum - Abkürzung ThEX - als zentrale Anlaufstelle für Gründer geschaffen, die die spezifischen Beratungsangebote des Landes bündelt, vernetzt und weiterentwickelt. Darüber hinaus steht mit der Thüringer Aufbaubank allen Investoren ein einheitlicher Ansprechpartner in allen Fragen der Inanspruchnahme von Fördermitteln zur Verfügung. Schließlich und endlich bieten die Landesentwicklungsgesellschaften eine umfassende Unternehmensbetreuung, die beginnend von der Bereitstellung von Gewerbeflächen bis hin zur Vermittlung von Fachkräften reicht. Eine mittelstandsorientierte Innovations- und Wachstumspolitik ist also - das kann man an dieser Stelle konstatieren längst zentraler Pfeiler Thüringer Wirtschaftspolitik. Gerade bei den KMU in Thüringen haben wir bereits viele Spitzenreiter, die sogenannten Global Leaders. Davon haben wir in Thüringen 33, also von den kleinen Unternehmen 33, die in ihrer Branche Weltmarktführer sind. Dazu kommen ungefähr 60 Firmen, die zwar nicht weltweit, aber zumindest in Europa technologische Spitzenreiter sind. Dieses Potenzial, meine Damen und Herren, gilt es nicht nur zu nutzen, sondern auch auszubauen. Dafür muss Wirtschaftspolitik entsprechende Unterstützung anbieten, denn ein Weltmarktführer kommt nicht von ungefähr und der läuft auch nicht auf Knopfdruck los. Es ist eine Generationenaufgabe. Das ist auch der Grund, warum wir in Thüringen noch nicht so viele größere Unternehmen haben wie beispielsweise in den westdeutschen Bundesländern.
0,3 Prozent aller Thüringer Unternehmen haben mehr als 250 Beschäftigte. Das ist auf der einen Seite für die Fragen von Eigenkapitalausstattung für die Unternehmen nicht immer ein Vorteil. Es hat aber zum Beispiel auch in Krisenzeiten gezeigt, dass die kleineren Unternehmen besser in der Lage sind, auf solche konjunkturellen Schwankungen zu reagieren und entsprechenden Ausgleich vorzunehmen.
Noch ein Beispiel: Wir wissen alle, dass die großen Konzernzentralen und die großen Forschungs- und Entwicklungseinrichtungen in Thüringen eher fehlen. Das ist, glaube ich, bekannt. Um das zu ändern, wurden einige Maßnahmen in den letzten Jahren auf den Weg gebracht. Zum Beispiel mit der Initiative „Thüringen 2020“, eine derartig umfassende Analyse der Thüringer Wirtschaft und dessen Potenziale hatte es bis dahin noch nicht gegeben. Ein Ergebnis dieser Analysen war an sich eine gute Nachricht: Wir fangen nicht bei null an. Es ist reichlich Potenzial vorhanden, es muss allerdings konsequent erkannt, entwickelt und genutzt werden. Es geht um eine integrative Innovationspolitik, die alle Ressourcen des Landes, der Unternehmen, der Hochschulen, der Menschen auf die Zukunftstrends ausrichtet. Handlungsempfehlungen des Trendatlas, die zum Beispiel uns als Wirtschaftsministerium betreffen, haben wir aufgenommen und in Regierungshandeln übersetzt.
Zur Förderung von Innovation gehört es aber auch, bestehende und eingeleitete Prozesse zu evaluieren, um sie weiterentwickeln zu können. Wir fragen uns deshalb stets: Bringt unsere Innovationsförderung die gewünschten Ergebnisse hervor? Welche internen und externen Hemmnisse gibt es bei der Erhöhung von Innovationskraft? Und mit Blick auf die neue EU-Förderperiode: Wie können die vorhandenen Innovationspotenziale bei den veränderten Rahmenbedingungen weiter ausgebaut werden? Das ist keine leichte Aufgabe und aus diesem Grund hat das Thüringer Wirtschaftsministerium am Ende der EU-Strukturfondsperiode 2007 bis 2013 eine Evaluierung der FuE-Förderrichtlinien durchführen zu lassen. Es sollte festgestellt werden, wie effektiv sie sind und welche Empfehlungen für die Neugestaltung der FuE-Förderrichtlinien in der neuen EU-Strukturfondsperiode enthalten sein müssen. Der Bericht hat gezeigt, wir sind da durchaus auf dem richtigen Weg, denn die Empfehlung, die uns diese Erhebung gab, lautete zusammengefasst: Die Struktur der Förderung von Forschung und Technologien im Freistaat soll vom Grundsatz so beibehalten werden, was nicht heißt, dass an manchen Stellen auch nachjustiert werden muss. Zum Beispiel mit Blick auf die zukünftigen finanziellen Rahmenbedingungen sollte über den Wegfall beispielsweise von wenig genutzten Fördertatbeständen nachgedacht werden. Diese Empfehlungen werden bei der Neugestaltung der FuE-Förderrichtlinien einfließen.
Meine Damen und Herren, um den Umfang unserer Innovationsförderung zu verdeutlichen, möchte ich an dieser Stelle kurz ein paar Zahlen nennen. Im Rahmen der FuE-Förderrichtlinien Einzelbetriebliche Technologieförderung sowie Verbundförderung, Netzwerke und Cluster wurden in der laufenden Strukturperiode für FuE-Vorhaben 300 Mio. € EFRE- und Landesmittel an Thüringer Antragsteller bewilligt. Darüber hinaus wurden ca. 40 Mio. € ESF- und Landesmittel zur Finanzierung von FuEPersonal in Thüringen bereitgestellt. Im Ergebnis können wir sagen, bei dem von der EU für 79 europäische Regionen und Länder veröffentlichten Innovationsindex belegte Thüringen den 11. Rang im deutschlandweiten Vergleich und einen beachtlichen 24. Rang - wobei da auch sicher Luft nach oben ist - im EU-weiten Bereich. Thüringen ist - das begegnet mir leider öfter - nach Sachsen in dem Fall das am zweitbesten bewertete ostdeutsche Bundesland. Irgendwie habe ich das Gefühl, das müssen wir ändern, aber es scheint hier wenig Interesse zu finden.
Bezüglich der Patentanmeldungen pro 100.000 Einwohner - auch das ist ein Index für Innovation - liegen wir in etwa gleich auf mit Sachsen an der Spitze der ostdeutschen Bundesländer. Wir erleichtern außerdem durch Beteiligungsfonds die Gründungsund Wachstumsphasen innovativer Firmen. Wir haben zahlreiche neue Beratungsangebote und Kompetenzzentren geschaffen und verfügen über das Thüringer Netzwerk für Innovative Gründungen, ThürInG, und das Netzwerk PRO GRÜNDEN. Wir haben einen Innovationspreis ins Leben gerufen, im Übrigen den am höchsten dotierten in Deutschland. Das alles, meine Damen und Herren, sorgt im Segment der innovativen Gründungen für gute Ergebnisse. Im Bereich der forschungsintensiven Industrie gab es zuletzt einen Zuwachs von über 10 Prozent.
Noch besser sieht die Entwicklung im Teilbereich der Spitzentechnologie aus. Hier hat sich die Zahl der Gründungen zuletzt sogar von 2011 auf 2012 verdoppelt. Man kann daran erkennen, meine Damen und Herren, der Innovationsmotor läuft. Es ist klar, das darf und kann noch nicht alles sein. Wie es immer so schön heißt: Wir wollen mehr und wir können mehr. Deshalb arbeiten wir mit Nachdruck an der weiteren Optimierung.
Derzeit, meine Damen und Herren, werden die Weichen für die Ausgestaltung der nächsten EUStrukturfondsperiode 2014 bis 2020 in Thüringen gestellt. In diesem Zusammenhang wird das sogenannte RIS3-Konzept für Thüringen entwickelt, eine uns mit Sicherheit in den nächsten Jahren öfter begegnende Konzeption. Es geht dabei um die Entwicklung einer regionalen Forschungs- und Innovationsstrategie für intelligente Spezialisierung für Thüringen.
Warum tut man das? Zum einen werden die Mittel knapper und wir haben die Aufgabe, die Strukturfonds effizienter einzusetzen. Zum anderen haben wir es mit spezialisierten Standortprofilen zu tun, die in den jeweiligen Regionen der EU entwickelt werden. Unter Beteiligung aller Akteure stellen wir die Alleinstellungsmerkmale Thüringens heraus, nutzen sie zur Profilbildung. Für Thüringen bedeuten die Vorgaben der EU, die jetzt sozusagen auch auf die Regionen überschwappen, eine Bestätigung unserer bisherigen Innovations- und Wachstumspolitik. Die EU erwartet zwar nicht, dass nun mit RIS3 alles neu und anders gemacht wird, aber sie erwartet, dass diese bisherigen regionalen Strategien weiterentwickelt werden, und sie erwartet auch, dass ein breiter Innovationsbegriff angelegt wird, der neben primär technischer Innovation auch Prozessinnovation, Dienstleistungsinnovation und innovative Geschäftsmodelle berücksichtigt.
Meine Damen und Herren, die begrenzte Anzahl von Spezialisierungsfeldern muss deshalb auf den Kompetenzen Thüringens fußen und die Vision beinhalten, auf diesen Feldern international das Profil zu schärfen. Ich darf Sie heute schon einladen, denn die Ergebnisse der RIS3-Strategie werden Hauptthema des 5. Weimarer Wirtschaftsforums 2014 werden. Das findet am 16. Juni unter dem Motto „Innovation 2020“ statt. Sie sind dazu, wie gesagt, herzlich eingeladen.
Meine Damen und Herren, abschließend, ich bin der Überzeugung, dass ich Ihnen damit aufzeigen konnte, welch umfassende Aktivitäten bereits unternommen worden sind, um die Innovationskraft im Freistaat zu stärken. Ich bin offen für eine weitergehende Diskussion über die konzeptionellen Leitlinien der Innovationspolitik und es erscheint mir zudem sachgerecht. Das ist aber wirklich nur eine ministerielle Empfehlung an die Abgeordneten des Hohen Hauses, wenn diese Diskussion nicht nur im Plenum, sondern auch im Wirtschaftsausschuss des Thüringer Landtags erfolgt. Im Übrigen bedanke ich mich für die durchaus beschränkte Aufmerksamkeit.
Herr Präsident, meine sehr geehrten Damen und Herren Abgeordneten, ich muss zugeben, die Debatte entbehrt nicht eines gewissen Unterhaltungswertes. Das hätte ich bei diesem Thema gar nicht vermutet, aber sei es drum. Alle meine Vorredner, bis auf einen, Herrn Kemmerich, haben auf ein eher unerfreuliches Ereignis abgestellt, nämlich auf die Katastrophe von Fukushima. Es ist tatsächlich durchaus angebracht, die Frage zu stellen, was kommt danach bzw. was tun wir. Dass wir den Atomausstieg wollen, meine Damen und Herren, und ihn - ehrlich gesagt - auch längst haben - weitgehend haben, ich sage gleich etwas dazu, Frau Kollegin -, das ist zumindest weitgehend gesellschaftlicher Konsens. Derzeit sind 8 von 17 deutschen Atomkraftwerken abgeschaltet; das nächste wird zum Jahresende abgeschaltet. Da bin ich sehr nah beim Kollegen Hellmann. Im Übrigen ist mir beim Inhalt seiner Rede aufgefallen, dass ich meine Rede vielleicht gar nicht mehr halten müsste. Wir sind uns in wesentlichen Punkten sogar einig. Woran das liegt, vermag ich jetzt nicht festzustellen. Ich nehme es erst mal positiv zur Kenntnis, Herr Kollege. Sie haben festgestellt, dass die fossilen Brennstoffe - und zwar alle, nicht nur das Öl endlich sind und irgendwann aufgebraucht sind. Es gibt zwar sehr hartgesottene Klimaskeptiker, aber selbst diese können nicht leugnen, dass das so ist. Aber liebe Kolleginnen und Kollegen der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, wenn wir jedes Mal eine Aktuelle Stunde beantragen würden, wenn wir eine Studie fertig haben, zumindest was das Thüringer Wirtschaftsministerium beträfe, müssten wir uns wahrscheinlich wöchentlich hier in diesem Kreis treffen.
Aber insofern will ich das nur als Vorbemerkung äußern. Sie hatten das als Antrag auf die Tagesordnung gesetzt, das ist in Ordnung,
das zusätzlich noch einmal als Aktuelle Stunde nun gut, es ist Ihnen unbenommen. Nun will ich auch die Gelegenheit nutzen, Sie an dieser Stelle über den Stand der Umsetzung zum Beispiel der
Energiewende in Thüringen zu unterrichten. Ich bin der Auffassung, darüber kann man nicht genug reden und nicht genug berichten.
Das Thema Peak Oil zeigt uns sehr genau, meine Damen und Herren, dass wir in Thüringen mit unserem eingeschlagenen Weg, über die Erneuerbaren die Energiewende zu schaffen, genau auf dem richtigen Weg sind. Es ist in der Tat eine Herausforderung, es ist aber auch eine Chance für unser Land. Wie Sie schon in Ihrer Studie festgestellt haben, ist Thüringen in der Tat kein OPEC-Land, also kein Erdöl förderndes Land, völlig richtig. Deswegen wundert es mich persönlich jedenfalls nicht, dass im Landesentwicklungsprogramm das Erdöl als nicht zu ersetzender Fossilträger nicht auftaucht, mich wundert das nicht. Wir fördern kein Erdöl, es wurde irgendwann versucht, aber wir fördern keins. Aber dennoch verbrauchen wir es, und zwar momentan zugegebenermaßen nicht zu knapp. Das ist völlig klar. Wenn man den Bundestrend betrachtet, ist er rückläufig. Wenn wir uns das anschauen, ich könnte das aus eigenem Erleben schildern, hatten wir zwischen 1990 und 1995 einen rasanten Anstieg. Der Verbrauch ist - das ist nicht verwunderlich, in DDR-Zeiten war Erdölverbrauch im privaten Sektor so gut wie ausgeschlossen oder er war ausgeschlossen, kann man sagen -, in dieser Zeit um rund 87 Prozent gestiegen, um seit 1995, zwar langsam, aber dennoch kontinuierlich, wieder zurückzugehen. Deshalb wäre im Falle einer in Ihrer Studie beschriebenen Ölkrise - das ist zwar jetzt an dieser Stelle nicht Optimismus pur - Thüringen nicht stärker, sondern eher schwächer von einer solchen Krise als andere Bundesländer betroffen. Was passiert jetzt, mal von den weitreichenden Folgen abgesehen? Unmittelbar hängen wir natürlich am sogenannten Erdölbevorratungsverband. Somit ist kurzfristig die Versorgung in einem solchen Krisenfall zunächst einmal gesichert. Es gibt auch in Thüringen Notreserven als Tanklager.
Viel wichtiger ist aber, meine Damen und Herren, dass wir uns mit dieser Frage in Thüringen eigentlich gar nicht erst beschäftigen müssen. Seit Jahren, und da komme ich zum Thema, verfolgen wir mit der Umsetzung der Erneuerbare-Energien-Gesetz-Reform in Thüringen das Ziel, die Abhängigkeit vom Erdöl und allen
fossilen Energiereserven zu verringern - wenn weniger Verkehr ist, verbrauchen wir auch weniger fossile Energiereserven, Herr Kollege - und regionalwirtschaftliche Strukturen zu stärken. Der Begriff ist Ihnen, glaube ich, auch geläufig. Jedenfalls dürfte Ihnen geläufig sein, dass wir Thüringen als grü
nen Motor stärken wollen und dafür sorgen, dass die Energiekosten für die Verbraucher, aber auch für die Industrie, stabil bleiben und möglichst sinken, jedenfalls nicht stärker steigen.
Meine Damen und Herren, wir haben im Bereich der Stromerzeugung aus den Erneuerbaren Kennziffern. Innerhalb der letzten Jahre von 2006 bis 2012 hat sich die Stromerzeugung aus Erneuerbaren in Thüringen um mehr als die Hälfte erhöht. Ich kann Ihnen die Zahlen in etwa genau sagen: von 1.770 Gigawattstunden 2006 auf in etwa 3.770 Gigawattstunden in 2012. Dass es mittlerweile zahlreiche Initiativen vonseiten der Landesregierung, speziell auch vom Thüringer Wirtschaftsministerium, im Bereich der erneuerbaren Energien gibt, das dürfte durchaus bekannt werden. Wir fördern nicht nur den Ausbau der Erneuerbaren in Thüringen, wir fördern zum Beispiel auch mit der Thüringer Energieund GreenTech-Agentur die Forschung im Bereich der grünen Technologie. Gleichzeitig fördern wir Energie- und Wärmeeinsparung und Effizienzsteigerung. Ausweis dafür ist die Thüringer Energieeffizienzoffensive, auch unter dem Kürzel ThEO bekannt. Sie unterstützt mittelständische Unternehmen bei der Energieeinsparung und Kostensenkung. Voraussetzung für eine erfolgreiche Energiewende ist natürlich auch der Aufbau der notwendigen Infrastrukturen bei Energieerzeugung, aber - und das merken wir immer stärker - auch bei den Speicherkapazitäten. Es ist bekannt, dass in den letzten Jahren in Thüringen auf Initiative meines Vorgängers ein Pumpspeicherkataster entstanden ist, das in der Form so ziemlich einmalig angelegt ist, mit dem potenzielle Standorte für solche Speicherkraftwerke in Thüringen zunächst einmal lokalisiert wurden. Derzeit werden drei Projekte zur Errichtung von solchen Speichern begleitet. Ich sage auch an dieser Stelle, dass wir das Thema Geothermie weiterhin im Blick haben.
In Bezug auf das Thema Peak Oil, meine Damen und Herren, ist auch ganz klar, das wurde schon von meinem Kollegen Weber angesprochen, ich will an der Stelle auch dem Kollegen Kemmerich ganz dezidiert widersprechen, wenn es darum geht - und das ist an sich der wichtigste Bereich, nämlich im Bereich des Wärmeverbrauchs, letztendlich auch des Benzinverbrauchs. Im Bereich der Wärme: Mehr als die Hälfte der verbrauchten Energie wird für Wärmeerzeugung benötigt. An dieser Stelle initiativ zu werden, liebe Kollegen von der FDP, ist, glaube ich, zunächst einmal vom Ansatz her - jedenfalls lasse ich da keine Zweifel zu - der richtige Weg. Inwieweit wir im Detail dazu kommen, diese Wärmeeffizienzziele zu erreichen - da bin ich gern zu Diskussionen bereit. Die von Ihnen angesprochenen Zwangsmaßnahmen sind in meinem Haus längst kein Thema mehr, das Erneuerbare-Energien-Wärmegesetz ist es aber sehr wohl. Wir werden es brauchen. Das haben mir in vielen Zuschrif
ten die verschiedensten Fachverbände und Interessengruppen auch mitgeteilt. Über den Weg werden wir nach wie vor in der Diskussion sein. Ich habe allerdings leider - da sage ich wirklich leider - nicht mehr die Hoffnung, dass das in dieser Legislatur gelingen möge. Zwangsmaßnahmen jedenfalls sind nicht der Weg, den ich persönlich für den richtigen halte. Aber, wie gesagt, das Ziel an sich bleibt.
Ich habe es gesagt, die Wärme ist an sich der Ausgabeposten für die Thüringer Privathaushalte, der am meisten in den Geldbeutel schlägt. Wir würden dieses Gesetz gern auf den Weg bringen. Wir unterstützen aber auch den Ausbau und die Forschung im Bereich der Elektromobilität. Dazu haben wir das gemeinsam mit den Kollegen vom Ministerium für Bau, Landesplanung, Verkehr initiierte Thüringer Innovationszentrum Mobilität, auch bekannt unter dem Kürzel ThIMo, ins Leben gerufen.
Liebe Kolleginnen und Kollegen, das alles zeigt, dass der Freistaat mit ziemlich großen Schritten in Richtung Unabhängigkeit - ich sage jetzt mal - von fossilen Brennträgern geht. Unabhängigkeit im Bereich der Erneuerbaren haben wir noch längst nicht erreicht. Bei allen erfolgreichen Initiativen sind wir natürlich auch abhängig von Rahmenbedingungen, die der Bund, aber auch die europäische Ebene, uns vorgeben. Auch da muss ich Ihnen widersprechen, Herr Kemmerich, dass EEG ist nach wie vor, jedenfalls für mich und für uns, ein Beispiel dafür, wie ein solches Gesetz dafür sorgen kann, dass Technologien regelrechte Innovationsschübe vollzogen haben.