Ruth Leppla
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Herr Präsident, meine Damen und Herren, liebe Kolleginnen und Kollegen! Wir besprechen heute zum zweiten Mal den vorliegenden Antrag der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN. Das erste Mal haben wir ihn am 15. September 2005 im Plenum besprochen. Das war zwei
Tage vor der Bundestagswahl. Heute sind es 37 Tage vor der Landtagswahl. Ich weiß nicht, ob das von Ihnen beabsichtigt war, aber das bietet mir jetzt die Möglichkeit, über die erfolgreiche Arbeit zur Vereinbarkeit von Familie und Beruf zu berichten. Vielen Dank dafür.
Wir werden Ihren Antrag übrigens wie im Sozialpolitischen Ausschuss heute ablehnen. Er war und ist überflüssig, weil die Realität schon längst viel weiter ist.
Meine Damen und Herren, die Vereinbarkeit von Familie und Beruf ist eine der grundlegenden Bedingungen für eine zukunftsgerichtete Gesellschaft. Viele Studien belegen mittlerweile eindeutig das konsumtive Verhältnis zwischen Erwerbs- und Familienarbeit. Betriebswirtschaftliche Effekte und familienfreundliche Maßnahmen rechnen sich für Unternehmen; denn Überbrückungs-, Fluktuations- und Wiedereingliederungskosten werden vermieden sowie eine höhere Motivation der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter erreicht.
Meine Damen und Herren, Familienfreundlichkeit kann man aber nicht verordnen. Wir können nur Prozesse zur Verstärkung der Familienfreundlichkeit anstoßen.
In der Arbeitswelt tragen überwiegend Private und Tarifpartner die Verantwortung. Politik kann den Dialog suchen, gute Argumente kommunizieren und dabei mehr für Familien und ihre Bedürfnisse werben sowie ein gesellschaftliches Umdenken in Gang setzen.
In Rheinland-Pfalz gehen wir diesen Weg. Heute sind schon zwei Drittel aller Betriebe davon überzeugt, dass sich Familienfreundlichkeit auszahlt und eine gesteigerte Unternehmensbindung meistens auch eine höhere Produktivität zur Folge hat.
Das von Ihnen geforderte Maßnahmenbündel, das ich aufzählen wollte, ist wegen der Reduzierung der Redezeit jetzt etwas kürzer geworden. Sie alle kennen aber das Programm „Viva Familia“, das mit einer Vielzahl von Projekten, unter anderem mit den Arbeitsfeldern „familienfreundliche Arbeitszeiten“ und „neue Arbeitszeitformen“, zur Verbesserung der Rahmenbedingungen für Familien beiträgt.
Im Mai 2005 wurde vom Ministerium für Bildung, Frauen und Jugend eine Informationsstelle „Innovative Arbeitszeitmodelle“ eingerichtet. Auch dies hilft. Das Ministerium für Arbeit, Soziales, Familie und Gesundheit fördert das Audit „Beruf und Familie“, dessen Ziel es ist, in einem auf das teilnehmende Unternehmen zugeschnittenen Prozess familiengerechte Lösungen zu finden und umzusetzen.
Im engen Zusammenhang damit stehen auch zum Beispiel die Unterstützung der lokalen Bündnisse für Familie und die dazugehörende Servicestelle, arbeitsmarktpolitische Programme zur Wiedereingliederung von
Frauen in das Erwerbsleben, die Beratungsstellen “Frauen und Beruf“ oder das Projekt „Führen in Teilzeit“.
Auch bei der Einführung von Studienkonten für ein gebührenfreies Erststudium ist darauf geachtet worden, dass die Notwendigkeit der Vereinbarkeit von Studium und Familie nicht zu kurz kommt. Es gibt einen Anspruch auf Verwendung des Studienkontorestguthabens unabhängig von Studiengang und Studiendauer für diejenigen, die minderjährige Kinder erziehen.
Meine Damen und Herren, wir wollen Rheinland-Pfalz zu einem besonders familienfreundlichen Land machen. Deshalb ist ein Schwerpunkt unserer Politik, ressortübergreifend Familien Hilfestellungen in allen Lebenslagen zu geben. Wir wollen, dass in Rheinland-Pfalz die Kinder glücklich aufwachsen und sich mehr junge Männer und Frauen für Kinder entscheiden.
Dazu brauchen wir diese guten Rahmenbedingungen.
Dies bieten wir auch mit unserem Landesprogramm „Zukunftschance für Kinder – Bildung von Anfang an“ an. Wir haben über 300 neue Ganztagsschulen im Land und werden wegen der enormen Nachfrage zum Schuljahresbeginn 2006 weitere einrichten.
Der Rechtsanspruch des Kindes auf einen Kindergartenplatz ab drei Jahre ist gesichert. Das wissen wir alle. Die Träger können heute schon jüngere Kinder in ihre Einrichtungen aufnehmen. Wir fördern auch die Tagespflege.
Wir werden als erstes westdeutsches Bundesland ab dem 1. August 2010 auch einen Rechtsanspruch auf einen Kindergartenplatz für zweijährige Kinder haben, wenn Eltern dies wollen. Eine finanzielle Entlastung für alle Eltern ist seit 1. Januar 2006 die Kostenübernahme des Beitrags für das letzte Kindergartenjahr vor der Einschulung. Wir, die SPD, planen bis 2010 unter anderem auch die stufenweise Einführung des kostenlosen Kindergartens generell.
Meine Damen und Herren, alle diese Maßnahmen sind solide finanziert.
Wir werden Rheinland-Pfalz noch familienfreundlicher gestalten, die Familien stärken und Menschen Lust auf Familie machen. Deshalb setzen wir uns zusammen mit der Landesregierung auch in Zukunft weiterhin für ein Bündnis aller politischen und gesellschaftlichen Kräfte ein, – –
Ich bin am letzten Satz. – – und zwar mit den Ländern, den Kommunen, den freien Trägern, den Kirchen, den Gewerkschaften, den Arbeitgeberinnen und Arbeitgebern und nicht zuletzt den Familien selbst und deren vielfältigen Organisationen und Initiativen.
Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit.
Frau Präsidentin, meine Damen und Herren! Durch Beschluss des Landtags vom 1. Dezember 2005 ist der vorliegende Gesetzentwurf zur Beratung federführend an den Ausschuss für Wissenschaft, Weiterbildung, Forschung und Kultur und an den Rechtsausschuss überwiesen worden.
Gemäß Artikel 1 des Vertrags zwischen dem Land Rheinland-Pfalz und dem Landesverband der Jüdischen Gemeinden von 1999 beteiligt sich das Land an den laufenden Ausgaben der Jüdischen Gemeinden für religiöse und kulturelle Bedürfnisse, zur Erhaltung und Pflege des gemeinsamen jüdisch-deutschen Kulturerbes und zur Aufrechterhaltung jüdischen Gemeindelebens. Die vorgeschlagene Anpassung der vertraglich zugesicherten Leistung an die veränderten Verhältnisse ist auch deshalb notwendig, da sich die Zahl der jüdischen Mitbürgerinnen und Mitbürger seit 1999 nahezu verdoppelt hat.
Mit der heutigen Gesetzesänderung beschließen wir eine jährliche Staatsleistung ab dem Haushaltsjahr 2006 von 275.000 Euro. Das ist eine Steigerung um 20.000 Euro pro Jahr und entspricht damit einer Steigerung von ungefähr 8 %.
Die Ergänzung zu Artikel 4 des Schlussprotokolls zum Vertrag dient lediglich der Klarstellung und gibt den vertragschließenden Parteien insoweit Rechtssicherheit für künftige Neubaumaßnahmen von Synagogen und Gemeindezentren.
Der Ausschuss für Wissenschaft, Weiterbildung, Forschung und Kultur hat am 26. Januar 2006 und der Rechtsausschuss am 14. Februar 2006 den Gesetzentwurf beraten. Beide haben die Beschlussempfehlung ausgesprochen, den Gesetzentwurf anzunehmen.
Herr Präsident, meine Damen und Herren! Der Ausschuss für Wissenschaft, Weiterbildung, Forschung und Kultur hat den Gesetzentwurf der Landesregierung in seiner 32. Sitzung am 29. September 2005 beraten. Die Änderung des Verwaltungshochschulgesetzes ist in der von der Landesregierung entworfenen Form notwendig, um eine wesentliche Grundlage für die Förderung des Forschungsinstituts für öffentliche Verwaltung bei der Deutschen Hochschule für Verwaltungswissenschaft in Speyer auch für die Zukunft sicherzustellen.
Das Forschungsinstitut für öffentliche Verwaltung an der Hochschule für Verwaltungswissenschaften in Speyer ist Bestandteil der Wissenschaftsgemeinschaft Gottfried Wilhelm Leibniz. Im Rahmen einer turnusmäßig stattfindenden Evaluation ihrer Forschungseinrichtungen hat der Senat der Wissenschaftsgemeinschaft Gottfried Wilhelm Leibniz im Jahr 2002/2003 dem Bund und den Ländern empfohlen, eine zukünftige Förderung des Forschungsinstituts an die Umsetzung bestimmter Auflagen zu binden, die der Senat formuliert hat.
Der zuständige Ausschuss Forschungsförderung der Bund-Länder-Kommission für Bildungsplanung und Forschungsförderung hat diesen Förderungsempfehlungen zugestimmt und eine Überprüfung der Umsetzung der entsprechenden Auflagen für das Jahr 2007 festgelegt. Die Auflagen sehen neben weiteren Punkten – vergleiche Seite 5 der Drucksache – vor allem die Weiterentwicklung des Forschungsinstituts zu einer rechtlich selbstständigen Einheit vor.
Um dies zu erfüllen, ist eine Gesetzesänderung notwendig, da das Institut bislang die Rechtsform einer nicht rechtsfähigen Anstalt des öffentlichen Rechts hat. Diese Änderung ist in Artikel 1 Nr. 2 des vorliegenden Gesetzentwurfs geregelt. Das Forschungsinstitut ist danach künftig eine rechtsfähige Anstalt des öffentlichen Rechts. Dies stärkt die Freiheit der Forschung bzw. die Autono
mie dieser Forschungseinrichtung, dient aber auch der Verwaltungsvereinfachung, insofern die Funktionen der Aufsichtsbehörde, in diesem Fall der Staatskanzlei, beschränkt werden.
Darüber hinaus wird eine Namensergänzung geregelt, die unterstreicht, dass das Forschungsinstitut das nationale Verwaltungsforschungsinstitut ist und deshalb in Zukunft Deutsches Forschungsinstitut für öffentliche Verwaltung heißen wird.
Der Gesetzentwurf enthält über diese Regelung hinaus in Nummer 2 eine weitere Neuregelung, die ebenfalls dem Grundgedanken der Forschungsfreiheit und Hochschulautonomie entspricht, nämlich ein eigenes Satzungsrecht.
Weiterhin regelt Nummer 3, dem gleichen Grundmotiv folgend, dass Berufungen an das Institut in Zukunft nicht mehr durch die Aufsichtsbehörde widersprochen werden kann, sondern sie dieser nunmehr anzuzeigen sind.
Schließlich ist in Nummer 1 des Gesetzentwurfs eine umfassende Zuständigkeit des Forschungsinstituts für Fragen im Zusammenhang mit der Erteilung von Lehraufträgen geregelt. Damit wird in erweiterter Form eine Anregung des Landesrechnungshofs aufgegriffen, der eine solche Zuständigkeit in Vergütungsfragen der Lehraufträge angeregt hatte.
Die nunmehr umfassende Zuständigkeit soll das Forschungsinstitut im Einvernehmen mit der Staatskanzlei und dem für das Finanz- sowie für das Hochschulrecht zuständige Ministerium ausüben.
Der Ausschuss für Wissenschaft, Weiterbildung, Forschung und Kultur ist in seinen Beratungen zu dem Ergebnis gelangt, dass die vorgeschlagenen Änderungen des Verwaltungshochschulgesetzes nicht nur den äußeren Erfordernissen nachkommen, sondern hochschul- und forschungspolitisch sinnvoll sind. Das zukünftige Deutsche Forschungsinstitut für Verwaltung ist ein wichtiger Bestandteil der Hochschul- und Forschungslandschaft in Rheinland-Pfalz.
Der Ausschuss für Wissenschaft, Weiterbildung, Forschung und Kultur empfiehlt dem Landtag die Annahme des von der Landesergierung vorgelegten Gesetzentwurfs zur Änderung des Verwaltungshochschulgesetzes.
Frau Präsidentin, meine Damen und Herren, liebe Kolleginnen und Kollegen! Wir wollen Rheinland-Pfalz zu einem besonders familienfreundlichen Land machen.
Darum ist ein Schwerpunkt unserer Politik die Familienhilfestellung in allen Lebensbereichen, also auch die Vereinbarkeit von Familie und Beruf.
Schon in der Großen Anfrage der SPD-Fraktion zur Familienpolitik im Februar 2004 und in der Aussprache im darauf folgenden September nahm das Thema „Leben mit Kindern und Erwerbstätigkeit vereinbaren“ einen breiten Raum ein. Vieles, was Herr Kollege Marz angesprochen und gefordert hat, ist schon in der Umsetzung. Deshalb möchte ich heute nur beispielhaft aufzählen, was wir im Land schon alles in die Wege geleitet haben.
Gestern beispielsweise ist das Landesgesetz zum Ausbau der Frühförderung in der ersten Lesung beraten worden. Ich denke, es erübrigt sich, heute den Inhalt zu wiederholen. Es muss aber dennoch gesagt werden, welch bundesweit vorbildlichen Regelungen mit diesem Gesetz für die Kinder und Eltern im Land RheinlandPfalz geschaffen werden.
In Rheinland-Pfalz gibt es übrigens – viele wissen das gar nicht – Betriebskindertagesstätten. 17 der vorhandenen 22 Betriebskindergärten sind in die örtlichen Bedarfspläne aufgenommen worden. Die Finanzierung von Betriebskindertagesstätten ist in § 10 Abs. 3 des Kindertagesstättengesetzes geregelt.
Nebenbei bemerkt – auch das wissen viele nicht – können sich Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer die Kindergartenkosten steuerfrei von ihren Arbeitgebern bezahlen lassen oder der Arbeitgeber kann eine Tagesmutter steuergünstig sponsern.
Eine weitere wichtige Entscheidung in der Landespolitik zur Vereinbarung von Familie und Beruf war und ist unser erfolgreiches Ganztagsschulprogramm. Auch bei der Einführung von Studienkonten für ein gebührenfreies Erststudium ist darauf geachtet worden, dass die Notwendigkeit der Vereinbarkeit von Studium und Familie oder von Beruf und Familie nicht eingeschränkt wird. Ich erinnere hier an den Anspruch auf Verwendung des Studienkontorestguthabens, das unabhängig vom Stu
diengang und der Studiendauer genutzt werden kann von denen, die minderjährige Kinder erziehen oder pflegen.
Meine Damen und Herren, Familienfreundlichkeit kann man nicht verordnen, aber Sie stimmen sicherlich mit mir überein, dass wir schon vieles im Land getan haben, um die Lust auf Familie zu wecken.
Herr Marz hat das sehr erfolgreiche Programm „Viva Familia“ des MASFG angesprochen. In diesem Programm werden die Arbeitsfelder zur Verbesserung der Rahmenbedingungen für Familien aufgeführt. Ein Kapitel davon befasst sich mit der familienbewussten Arbeitswelt. Dies war übrigens eines der ersten Themen, mit dem sich der im Jahr 2003 gegründete Landesbeirat für Familienpolitik befasst hat. Gemeinsam mit dem Ministerium wurde dann die Studie „Familienfreundliche Gestaltung der Erwerbstätigkeit in Rheinland-Pfalz in Gegenwart und Zukunft“ in Auftrag gegeben. Das Ergebnis der Studie wurde im Juni vorgestellt. Die Studie belegt, dass positive Prozesse in Gang gesetzt wurden, in manchen Unternehmen ein Umdenken stattgefunden hat, wir aber immer noch am Beginn einer notwendigen Entwicklung stehen.
Hier setzt unser Dialog mit Arbeitgeberinnen und Arbeitgebern ein. Es geht um die Bewusstseinsbildung im Hinblick darauf, dass Investitionen in Familienfreundlichkeit in unser aller Interesse liegen und sie sich für die Betriebe auszahlen.
Die vom Bundesministerium in Auftrag gegebene und schon erwähnte Prognos-Studie „Betriebswirtschaftliche Effekte, familienfreundliche Maßnahmen und KostenNutzen-Analyse“ zeigt auf, wie sich die Einführung familienbewusster Maßnahmen für Unternehmen rechnet. Überbrückungs-, Fluktuations- und Wiedereingliederungskosten werden vermieden sowie eine höhere Motivation der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter erreicht.
Im Wissen, dass eine gute familienbewusste Personal- und Unternehmenspolitik ein harter Wirtschafts- und Standortfaktor ist, fördert das Ministerium für Arbeit, Soziales, Familie und Gesundheit mit dem Instrument „Audit Beruf und Familie“ die Umsetzung einer familienbewussten Personalpolitik in rheinland-pfälzischen Unternehmen. Ziel ist es, durch das Audit „Beruf und Familie“ in einem auf das Unternehmen zugeschnittenen Prozess familiengerechte Lösungen in dem Betrieb zu finden.
Im Rahmen der Auditierung wird zunächst mit unterstützender und moderierender Beratung der Status quo ermittelt und überprüft sowie ein Grundzertifikat erteilt. Auf dieser Basis werden betriebsbezogene konkrete Ziele und Maßnahmen zur Verbesserung einer familienbewussten Personalpolitik in den Betrieben für eine dreijährige Umsetzungsphase vereinbart. Ist diese erfolgreich, erhält der Betrieb ein weiteres Zertifikat. Das ist übrigens ein europaweit geschütztes Markenzeichen, das sich meiner Meinung nach in der Zukunft auch gut für Werbung und dergleichen einsetzen lässt.
Rheinland-Pfalz unterstützt als einziges Bundesland dieses von Renate Schmidt und der Hertie-Stiftung bun
desweit initiierte Audit finanziell. Bei Kleinbetrieben werden die Kosten sogar ganz übernommen.
Es ist aber nicht nur das zu erwähnen, sondern das Land geht auch beispielhaft voran. Sowohl das Familienministerium als auch das Umweltministerium beteiligen sich an dieser Auditierung und haben beide in der vergangenen Woche in Berlin das Grundzertifikat überreicht bekommen.
Fazit zu unserer Arbeit zur Vereinbarung von Familie und Beruf: Wir sagen ja dazu, den von den GRÜNEN gestellten Antrag an den Ausschuss zu überweisen; denn wir setzen uns zusammen mit der Landesregierung für ein Bündnis aller politischen und gesellschaftlichen Kräfte ein – Länder, Kommunen, freie Träger, Kirchen, Gewerkschaften, Arbeitgeberinnen und Arbeitgeber, nicht zuletzt mit den Familien selbst und deren vielfältigen Organisationen und Initiativen –, um RheinlandPfalz zu einem besonders familienfreundlichen Land zu machen.
Frau Präsidentin, meine Damen und Herren! Im Gegensatz zu Herrn Marz sehe ich das Glas als halb voll an; denn der rheinland-pfälzische Landtag hat in seiner Sitzung am 2. Dezember 2002 als erstes Bundesland ein Landesgesetz zur Herstellung gleichwertiger Lebensbedingungen für Menschen mit Behinderungen beschlossen. Insofern sind wir doch nicht so rückständig, wie Sie das meinen.
Das darauf folgende Jahr wurde damals vom Rat der Europäischen Union zum „Europäischen Jahr für Menschen mit Behinderungen“ erklärt. Das Motto „Nichts über uns ohne uns“ und die Leitsätze „Teilhabe verwirklichen“, „Gleichstellung durchsetzen“, „Selbstbestimmung ermöglichen“ passten genau zu dem Paradigmenwechsel in unserer Politik, den wir mit dieser Gesetzgebung unterstützen wollten.
Wir haben zu dem Gesetz einen Bericht gefordert, der alle zwei Jahre erscheinen soll. Diesen Bericht bespre
chen wir heute. In ihm steht, dass viele Aktivitäten zu diesem Thema stattfanden. Es gab Regionalkonferenzen in Mainz, Koblenz, Trier und Kaiserslautern mit der Frau Ministerin. Der Ministerpräsident verlieh erstmals einen Preis für die Umsetzung, Teilhabe, Gleichstellung und Selbstbestimmung behinderter Menschen.
Das Jahr der Menschen mit Behinderungen endete mit einem Fest in Mainz, dessen Motto „Gleich weiter“ zum Ausdruck brachte, dass der begonnene Umsetzungsprozess zur Herstellung gleichwertiger Lebensbedingungen für behinderte Menschen kontinuierlich fortgesetzt wird.
Einige der Ziele, die dieses Landesgesetz verfolgt, sind ähnlich der der Psychiatriereform. Hilfe und Umsetzung für die Behinderten dort zu erbringen, wo sie leben, Dezentralisierung, ambulant vor stationär. In RheinlandPfalz beteiligen sich alle Ministerien, nicht nur das MASFG, an der Bewältigung dieser großen gesellschaftlichen Aufgabe.
Ich darf Ihnen nun einige Beispiele nennen. Fangen wir mit den Kleinsten an. In Rheinland-Pfalz besteht ein dichtes Netz an therapeutischer und diagnostischer Infrastruktur für Kinder. Mit der Vernetzung dieses Angebots nimmt Rheinland-Pfalz bundesweit eine Sonderstellung ein.
Es gibt sozialpädiatrische Zentren mit angegliederten Frühförderstellen. Bekannt sind uns allen die Angebote in Frankenthal, Neuwied und Trier für die Frühförderung von gehörlosen und schwerhörigen und auch sehbehinderten Kindern.
In den Bildungs- und Erziehungsempfehlungen für Kitas verpflichten sich alle Träger zur Zusammenarbeit mit allen Fachdiensten, und zwar auch mit denen im gesundheitlichen Bereich.
So besuchen heute etwa 1.900 Kinder mit Handicap einen Regelkindergarten.
Das Landesgleichstellungsgesetz unterstützt auch das Schulgesetz dahin gehend, dass der Unterricht von behinderten Kindern keine Entscheidung, sondern eine Verpflichtung der Schulen ist.
Auch bei den Prüfungsordnungen aller Ausbildungsbereiche wurden Regelungen getroffen, die behindertengerechte Ausgleiche ermöglichen; denn auch für behinderte Menschen gilt: Je besser die Ausbildung, desto größer die Chancen auf dem Arbeitsmarkt. – Auch hier ist das Ziel für uns, Arbeitsplätze zu erhalten und zu schaffen.
Das Land hat deshalb seit 1990 mit rund 26 Millionen Euro Landessonderprogramme zur Förderung der Beschäftigung behinderter Menschen zur Verfügung gestellt. Die flächendeckende Einrichtung der Integrati
onsfachdienste im Jahr 1999 hat wesentlich dazu beigetragen, dass die Anzahl arbeitsloser schwerbehinderter Menschen nachhaltig gesenkt wurde. Das war in dem Bericht nachzulesen.
Bundesweit liegen wir damit zusammen mit dem Saarland an der Spitze. Unstrittig ist, dass auch dies noch verbesserungswürdig ist. Wegen des Erfolgs dieser Einrichtung haben wir diese bestehenden Kooperations- und Finanzstrukturen auch 2005 nicht verändert.
Die drei überregional eingerichteten Berufsbildungswerke bieten Möglichkeiten der qualifizierten Erstausbildung. Bauliche Veränderungen mit finanzieller Unterstützung des Landes gab es in den drei Berufsförderwerken in Mainz, Trier und Vallendar, Einrichtungen zur beruflichen Qualifizierung erwachsener behinderter Menschen.
Eine weitere Möglichkeit, um den behinderten Menschen den Einstieg und auch den Wiedereinstieg in den beruflichen Alltag zu ermöglichen, ist die Arbeit in einem Integrationsbetrieb. Diese betriebliche Sonderform wird dem ersten Arbeitsmarkt zugerechnet, obwohl sie eine finanzielle Förderung erhält. Das ist eine Förderung, die jedem anderen Betrieb auch zusteht, der behinderte Menschen beschäftigt.
Die SPD-Landtagsfraktion hatte im Juli 2004 eine Anhörung „Aufgabe und Zukunft der Integrationsbetriebe“ durchgeführt mit dem Ergebnis, dass es unser Ziel ist, langfristig die Zahl der Betriebe und der Arbeitsplätze in diesen Betrieben deutlich zu steigern und Beschäftigten in den Werkstätten einen Wechsel in den ersten Arbeitsmarkt zu ermöglichen.
Mehr als 12.000 Menschen mit besonders schwerer Behinderung erhalten Beschäftigung und Betreuung in den Werkstätten. Jeder von uns weiß von diesem gut ausgebauten Netz an Werkstätten. Nun sollen verstärkt Bereiche in den Werkstätten unterstützt werden, die einen Übergang zum Integrationsbetrieb vollziehen können.
Ein weiterer Schwerpunkt der rheinland-pfälzischen Behindertenpolitik ist, „Hilfe vor Ort“ zu geben, das heißt, die vorhandenen individuellen Bedarfsangebote auf- und auszubauen. Dazu gibt es seit 1994 verbindliche Hilfeplanverfahren und -konferenzen in allen 36 kommunalen Gebietskörperschaften in Rheinland-Pfalz. Dies ist bundesweit einmalig.
So gibt es seit 1998 das „Persönliche Budget“, das seit 2004 flächendeckend in Rheinland-Pfalz eingeführt wurde. Auch dies ist bundesweit einmalig. Es wurde als Modell in das SGB IX trägerübergreifend aufgenommen. Das „Persönliche Budget“ ermöglicht erstmals Heimplatzberechtigten ein eigenständiges Wohnen. Das Land beteiligt sich an den Kosten der ambulanten Eingliederungshilfe. Wie bei allen Reformen im Gesundheitsbereich gilt es, ambulant vor stationär umzusetzen.
In Rheinland-Pfalz leben mehr als 10.000 Menschen in stationären Einrichtungen. Mit dem „Persönlichen Budget“ können wir den Menschen in diesen Einrichtungen etwas helfen.
Deshalb haben die Kommunen, die Liga der freien Wohlfahrtsverbände und die Selbsthilfeorganisationen eine Zielvereinbarung getroffen, die den Aufbau von ambulanten Strukturen festlegt. Für uns ist es eine Selbstverständlichkeit, dass hierbei die vielfältige Arbeit der ehrenamtlichen Tätigkeit vonseiten des Landes unterstützt wird.
Bereits vor der Verabschiedung unseres Landesgesetzes hat der Ministerrat Ende 2002 die Einrichtung von ressortübergreifenden Projektgruppen beschlossen, deren Aufgabe die Umsetzung des Gesetzes ist. Diese Arbeitsgemeinschaften erarbeiten Verbesserungen für behinderte Menschen in den Bereichen Verwaltung, Mobilität, Bauen, integrative Erziehung und Kultur.
Ich habe bereits einige Beispiele genannt. Ein ganz aktuelles Beispiel ist die Einrichtung eines Notfall-Faxes, das der Öffentlichkeit am 29. Juni 2005 vorgestellt wurde. In Zusammenarbeit mit dem Landesverband der Gehörlosen und dem Deutschen Schwerhörigenbund wurde für die Menschen die Möglichkeit geschaffen, im Notfall einen Notruf abzusenden.
Die deutsche Gebärdensprache ist durch das Landesgesetz gesetzlich anerkannt. Auch das Integrationsamt hat weitere Voraussetzungen geschaffen, dass Hörbehinderte barrierefrei Kontakt aufnehmen können.
Im Bereich der touristischen Entwicklung gibt es Modelle, wie zum Beispiel „Reisen ohne Grenzen“ in Rheinhessen.
Barrierefreiheit zu schaffen, ist eine große Herausforderung, aber nicht nur im Baubereich. Im LBB-Haushalt stehen für den barrierefreien Ausbau in den Jahren 2005 und 2006 jeweils 700.000 Euro zur Verfügung. In Zusammenarbeit mit 18 Behindertenbeauftragten, zehn Behindertenbeiräten und den vielen Selbsthilfegruppen im Land werden Spielplätze, Sportstätten, Freizeitanlagen, Arbeits-, Ausbildungs- und Wohnbereiche, aber auch die Verkehrssituation sach- und fachgerecht gestaltet.
Hier zeigt sich, wie wichtig die Vernetzung der verschiedenen Interessengruppen ist.
Ich denke, ich habe aufgezeigt, wie viel seit der Einführung des Gesetzes bereits geschehen ist. Ich freue mich auf den nächsten Bericht in 2006, der uns über die Umsetzung unserer Forderungen unterrichten wird, wie
den Aufbau weiterer Integrationsbetriebe verbunden mit der Weiterentwicklung der Werkstätten, – der Umsetzung des Mainzer Bündnisses für ein selbstbestimmtes Leben, – über ein erfolgreiches, trägerübergreifendes „Persönliches Budget“, – die Umsetzung der Zielvereinbarung „Wohnen“, – den Abschluss weiterer Zielvereinbarungen zwischen Wirtschaftsunternehmen und Behindertenverbänden, – die Unterstützung der Behindertenbeauftragten und Behindertenbeiräte,
die Ergebnisse des Modellprojekts des Amts für soziale Angelegenheiten in weiteren Verwaltungsbereichen, – den Aufbau eines Kompetenzzentrums für Barrierefreiheit im Internet und – den Aufbau einer Arbeitsgruppe, die sich um die Barrierefreiheit im Schienen-Personen-Nahverkehr kümmert.
Es ist alles im Gang. Es handelt sich um eine fortwährende und fortlaufende Arbeit. Parallel dazu wird die verstärkte Öffentlichkeitsarbeit einhergehen, damit der Paradigmenwechsel in der Politik für behinderte Menschen in Rheinland-Pfalz noch stärker bekannt wird und die Behinderten sagen können: In Rheinland-Pfalz kann ich trotz meiner Einschränkungen ein selbstbestimmtes Leben führen.
Vielen Dank.
Frau Ministerin, Sie sprachen eben davon, dass das MASFG sich beteiligt hat. Welche Ergebnisse hat diese Auditierung für das MASFG gehabt?
Herr Präsident, meine Damen und Herren! Herr Dr. Altherr, Sie wohnen zwar in der Westpfalz, aber irgendwie scheint das, was die Landesregierung Positives gemacht hat, völlig an Ihnen vorbeizugehen.
Nicht nur in Kaiserslautern haben alle aufgeatmet, dass der Standort Opel erhalten blieb. In einer strukturschwachen Region wie der Westpfalz ist der Erhalt der Arbeitsplätze bitter notwendig. Das wissen wir alle. Deshalb ist zum Beispiel auch mit dem Konversionsprogramm der Landesregierung schon vieles abgefedert worden. So sind zum Beispiel im PRE-Park Kaiserslautern etwa 2.300 neue Beschäftigungsverhältnisse entstanden.
Opel ist seit 1966 einet der großen Arbeitgeber in der Region und hat schon mehrere Standortkrisen überstanden, auch mithilfe des Landes. Dieses Mal war es wohl die schwierigste, die es zu meistern galt.
Mit dem jetzt ausgehandelten Vertrag wurden nicht nur 2.300 Arbeitsplätze in der Region, sondern auch der gesamte Opel-Standort, das Komponentenwerk, das Gelenkwellenwerk GKN und Powertrain bis 2010 ges ichert.
Wie wichtig diese Standortsicherung ist, zeigt sich nicht nur in den Solidaritätsbekundungen der Bevölkerung, sondern auch an der Tatsache, dass die Arbeitnehm erinnen und Arbeitnehmer ab April auf 6,5 % ihres Lohns verzichten, und zwar auf allen Führungsebenen. Es gibt keine betriebsbedingten Kündigungen. Dies war das Ziel des Betriebsrats. Auch dies wurde mit diesem Vertrag bis 2010 erreicht. Die früher ausgehandelten Rückkehrgarantien für die Mitarbeiter von GKN wurden nicht angetastet. Auch die Betriebsvereinbarungen für Powertrain sind nun Bestandteil des Vertrags.
Ein nicht zu unterschätzender Verhandlungserfolg in der heutigen Zeit war die Zusicherung von jährlich 34 Ausbildungsplätzen, die ab 2008 auch wieder tarifvertragliche Übernahmeregelungen haben. Die von der Muttergesellschaft getroffene Entscheidung, den Einkauf und die Serviceverträge nicht mehr weltweit zu vergeben, sondern für die drei Werke in Bochum, Rüsselsheim und Kaiserslautern und die Ausschreibung für diese Leistungen wieder in Deutschland zu ermöglichen, bietet Chancen.
So können sowohl regionale als auch innerdeutsche und europäische Zuliefererbetriebe wieder ihre Arbeitsplätze sichern.
Meine Damen und Herren, es muss hier gesagt werden, dass diese erfolgreichen Verhandlungen vielen Beteiligten zu verdanken sind. An erster Stelle möchte ich hier die Arbeit der Betriebsräte der drei Opel-Werke erwähnen. Ihr Einsatz, ihr solidarisches Verhalten war schon beeindruckend.
Es gelang ihnen, die Balance zwischen den Wünschen der Arbeitgeber und denen der Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer zu halten. Die Nutzung der Möglichkeiten des Betriebsverfassungsgesetzes wurde zur Erreichung dieses positiven Ergebnisses genutzt. Die Problematik des Opel-Standorts Kaiserslautern wurde durch das
Verhandlungsgeschick des Betriebsrats Kaiserslautern – darauf hat Herr Kollege Kuhn schon hingewiesen – berücksichtigt und, wie ich denke, gut gelöst. Das verdient größte Anerkennung. Die Unterstützung der Gewerkschaft war dabei selbs tverständlich.
Dass die Politiker aus Land und Bund den Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern wirksame Schützenhilfe gaben, zeigen die vielen Vor-Ort-Termine und Informationsgespräche. Unsere Kollegin Margit Mohr und der Bundestagsabgeordnete Gustav Herzog und auch ich waren damit immer auf dem Laufenden.
Meine Damen und Herren, aber auch die Geschäftsführung – das muss hier gesagt werden – führte einen sehr offenen Dialog, nicht nur mit den Opel-Beschäftigten. Das besondere Engagement der Landesregierung, insbesondere die konstruktiven Gespräche, die unser Ministerpräsident mit dem Vizechef von General Motors, Karl Peter Forster, und dem Verantwortlichen für GM Deutschland, Herrn Demant, führte, brachten endlich den Erfolg.
Die Sicherung des Standorts in Kaiserslautern ist ein wichtiger Schritt für die Stadt, für die Region und für unser Land.
Die Solidarität der Betroffenen und die intensiven Bem ühungen aller angesprochenen Arbeitnehmervertreterinnen und -vertreter sowie der genannten öffentlichen Funktionsvertreterinnen und -vertreter zur Arbeitsplatzs icherung in der Region haben zu diesem positiven Ergebnis beigetragen.
Wir hoffen, dass dies beispielgebend für andere ist. Wir hoffen aber auch, dass dies für mögliche Investoren ein Signal ist. Kaiserslautern, die Region und RheinlandPfalz sind eine gute Adresse für nationale und internationale Unternehmen.
Vielen Dank.
Herr Präsident, meine sehr geehrten Damen und Herren! Herr Kollege Altherr, dass Sie Opel kennen, weil Sie vor Jahrzehnten einmal dort gearbeitet haben, besagt eigentlich gar nichts. Aber offensichtlich kennen Sie den Zukunftsvertrag 2010 nicht; denn sonst würden Sie nicht so über das Komponentenwerk und die Sicherung nach 2010 sprechen. Dass Verträge gewöhnlich eine bestimmte Laufzeit haben, das dürfte Ihnen doch als alter Parlamentarier bekannt sein.
Ich habe vorhin in meiner Rede schon betont, welche positiven Auswirkungen dies hat und dass es Signale gibt. Es gibt eigentlich nichts weiter hinzuzufügen. Es sind Lichtblicke in der Region, ob sie jetzt nun direkt von Opel ausgehen oder nicht. Es ist aber eine Signalwirkung. Wir sind auch in Kaiserslautern und in der Region froh, dass KeiperRecaro nicht 600, sondern nur 250 Arbeitsplätze abbaut. Das muss man einfach sagen.
Man muss einfach sagen, das hat auch etwas mit der Signalwirkung und Standortsicherung Opel zu tun. Das muss einfach gesagt werden.
Ich denke, ansonsten sollten wir sachlich diskutieren. Ob Ihnen die Rede unseres Wirtschaftsministers gefällt oder nicht, interessiert uns nicht.
Vielen Dank.
Frau Präsidentin, meine Damen und Herren! Es gibt Themen, die sind zurzeit in aller Munde. Dazu gehört der demographische Wandel in unserer Republik, der Geburtenrückgang und damit zusammenhängend die Familienpolitik. Das ist der Grund, weshalb wir die Große Anfrage gestartet haben.
In ganz Europa werden immer weniger Kinder geboren. Deutschland nimmt dabei eine Spitzenreiterrolle ein.
Ja, das ist negativ.
Die Sorge, familiäre Anforderungen nicht mit beruflichen Notwendigkeiten in Einklang zu bringen, die Sicherheit des Arbeitsplatzes und des Einkommens, aber auch ein generelles kinderentwöhntes Klima sind zu nennen. Solange es noch Spielplätze gibt, an denen draufsteht, das Spielen ist von 13:00 Uhr bis 15:00 Uhr für Kinder verboten, ist noch vieles zu tun, obwohl Rheinland-Pfalz kinderfreundlich ist. Zum Geburtenrückgang tragen auch die verbesserten Ausbildungs- und Arbeitsmöglichkeiten für Mädchen und junge Frauen bei.
40 % der akademisch gebildeten Frauen haben heutzutage keine Kinder. 2002 fiel die Geburtenrate in Rheinland-Pfalz auf 1,3 zurück. Parallel dazu haben sich vielfältige Formen des Zusammenlebens entwickelt. Ich verweise auf die Verdopplung der Zahl der allein erziehenden Menschen und die Zahl der kinderlosen Ehepaare. Diese stieg in diesem Zeitraum um etwa 43 %.
Wir sind gefordert, Rahmenbedingungen zu schaffen, die gesellschaftliche Veränderungen mit sich bringen und es ermöglichen, familiäre Verantwortung wahrzunehmen und dabei wenn gewünscht oder notwendig Beruf und Familie zu vereinbaren. Das sollen Rahmenbedingungen sein, die sowohl Kinder als auch Eltern die Möglichkeiten bieten, ihre eigenen Lebensvorstellungen zu verwirklichen.
Für unsere Arbeit haben wir Familie wie folgt definiert: Familie ist da, wo in verbindlichen Personalbeziehungen Kinder betreut und erzogen werden oder andere Aufgaben wie Verantwortung für kranke, behinderte oder pflegebedürftige Familienangehörige geleistet werden. Diese Personengruppe erwartet und erhält von uns Hilfestellungen bei der Bewältigung ihrer Alltagsprobleme. Deshalb liegt ein Schwerpunkt der Familienpolitik in Rheinland-Pfalz bei der Förderung von Beratungs- und Bildungsangeboten für Familien.
Flächendeckend gibt es mittlerweile 43 Erziehungsberatungsstellen, Einrichtungen von Elterntelefon, Bera
tungsstellen für Alleinerziehende, Schwangeren- und Schuldnerberatung, Selbsthilfegruppen und Angehörigenbetreuung. 18 Familienbildungsstätten und sechs Familienzentren geben Familien und Familiennetzwerken Hilfe und Unterstützung.
Zu einer guten Familienpolitik, wie wir sie in RheinlandPfalz leisten, gehört auch so etwas wie das Neugestalten von Geburtshilfeabteilungen in den Krankenhäusern, so wie es jetzt im Westpfalzklinikum geschehen ist. Mit Finanzzuschüssen für Familien mit niedrigen Einkommen ermöglichen wir gemeinsamen Urlaub nicht nur in den barrierefreien Familienfreizeitstätten, sondern auch mit anderen Trägern zusammen wie beispielsweise mit dem Jugendherbergswerk. Darüber haben wir im Sommer viel in der Presse lesen können.
Das differenzierte Förderangebot für Familien mit behinderten Kindern, das 1971 begonnen wurde, ist kontinuierlich fortgesetzt worden. Eine Imagekampagne für Pflegefamilien war sehr erfolgreich. Dort haben wir die finanziellen Zuwendungen für diese Familien erhöht. 2003 haben wir eine gemeinsame Adoptionsstelle Hessen und Rheinland-Pfalz eingerichtet.
Da, wo es in Familien nicht so gut läuft bei Trennung und Scheidung, unterstützen wir das Cochemer Modell, das in einzelnen Jugendamtsbezirken jugendamtsübergreifend arbeitet und insbesondere zum Wohl des Kindes Kindschaftsrechtsreform vorbildlich umgesetzt wird.
Eine Erziehungshilfeoffensive wurde gestartet, die den Dialog zwischen Heimträgern und Jugendämtern fördert. Wegen steigender Fallzahlen und den damit verbundenen Kostensteigerungen bei der Hilfe zur Erziehung wurde 2003 ein zweijähriges Projekt zum Aufbau einer landesweiten qualifizierten Datenbank in Auftrag gegeben.
Eine Arbeitsgruppe des 2003 gegründeten Landesbeirats für Familienpolitik hat dieses Thema „Eltern und Familienbildung“ aufgegriffen und wird uns Lösungswege aufzeigen, wie das bestehende Bildungsangebot für Familien in und an Orten, wo Familien sich schon im Alltag bewegen, erweitert werden kann.
Meine Damen und Herren, wie für einheimische Familien gilt es auch für Migrantenfamilien, dass Bildung und Ausbildung deutsche Sprachkenntnisse und die Integration in den Arbeitsmarkt von entscheidender Bedeutung sind. Für diese Familien bedarf es besonderer Anstrengungen; denn hier ist die Gefahr, in die Familienarmut abzudriften, besonders groß.
Deshalb steht hier die Vermittlung in ein geregeltes Arbeitsverhältnis für diese Menschen im Vordergrund. Durch Qualifizierungsmaßnahmen und durch Ausbildung der Betroffenen soll dieses Armutsrisiko minimiert werden. 10 % Prozent der arbeitsmarktpolitischen Mittel des Landes sind für Modellprojekte zur Erleichterung der Vereinbarkeit von Familie und Beruf reserviert. Das sind immerhin vier Millionen Euro jährlich. In Beschäftigungsprojekten werden Männer und Frauen auf dem zweiten Arbeitsmarkt zur Vermittlung in den ersten qualifiziert.
Vielen Frauen wird die Teilnahme an Maßnahmen erst dadurch ermöglicht, dass diese in Teilzeitform stattfinden und die Frauen einen Kinderbetreuungszuschuss erhalten. Dieses Angebot gilt allerdings auch für Männer.
Meine Damen und Herren, als einer der Hauptgründe, warum Menschen sich gegen Familiengründung aussprechen, ist die Sorge um die Vereinbarkeit von Familie und Beruf zu nennen. Um diese Bedenken auszuräumen, ist in Rheinland-Pfalz schon viel passiert. Ich erinnere nur an das Recht des Kindes auf einen Kindergartenplatz. Auch die Anzahl der Plätze für Kinder unter drei Jahren steigt auch durch die Kita-Gesetzesänderung. Aber wir alle wissen, dass jedes Jugendamt im Land verpflichtet ist und auch gern behilflich ist, wenn ein Arbeitsverhältnis wegen fehlender Kinderbetreuung nicht zustande kommen sollte. Bis 2006 haben wir in Rheinland-Pfalz 300 neue Ganztagsschulen eingerichtet. Diese sind Hilfestellung nicht nur für die arbeitenden Eltern, sondern auch Hilfestellung für die Kinder.
Die familienfördernde Politik, wie ich sie eben beschrieben habe, ist aber nur ein Teil dessen, was nötig ist, um ein familienfreundliches Land zu sein. Zur atmosphärischen Verbesserung muss auch die Wirtschaft ihren Teil dazu beitragen. Familienfreundliche Arbeitsbedingungen sind gefragt, neue Arbeitszeitmodelle für qualifizierte und engagierte Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter.
Noch in diesem Jahr wird deshalb eine Kompetenzstelle „Innovative Arbeitszeitmodelle“ beim Ministerium für Arbeit, Soziales, Familie und Gesundheit ausgeschrieben. Dort werden dann kleine und mittlere Unternehmen beraten, inwieweit bei ihnen flexible Arbeitszeitmodelle möglich sind.
Auch eine Arbeitsgruppe des Landesbeirats für Familienpolitik befasst sich mit dem Thema. Wir sollten überlegen, ob wir nicht eine Kampagne „Beruf und Familie“ in den rheinland-pfälzischen Betrieben starten.
Meine Damen und Herren, Familienpolitik ist ein höchst interessantes Querschnittsthema, da es alle Altersgruppen, Lebensbereiche und Politikbereiche betrifft. So wird zum Beispiel dieses Jahr der Schwerpunkt der Pflegeoffensive auf der Förderung und Qualifizierung der Pflege durch und mit Familienangehörigen liegen; denn 70 % der Pflegebedürftigen werden in Rheinland-Pfalz zuhause betreut.
Als großes Bekenntnis zur Familie sehe ich die Entscheidung des rheinland-pfälzischen Ministerrats, die im April 2004 getroffen wurde, bei geplanten Rechtsvorschriften die Auswirkungen auf die Lebenssituation von Familien und Kindern zu überprüfen.
Meine Damen und Herren, uns ist allen bewusst, dass die Entscheidung für ein Kind eine rein private Angelegenheit für die Frau und den Mann ist. Wir versuchen mit unserer Politik, Ängste und Sorgen zu nehmen, indem wir die Rahmenbedingungen für Familien sowohl für jene, die ihre Entscheidung schon getroffen haben, als auch für jene jungen Menschen, bei denen es noch bevorsteht, verbessern. Das Programm „Kinderfreundliches Rheinland-Pfalz“ ist um das Programm „Familienfreundlichkeit“ erweitert worden. Wir stehen dafür ein, dass Familien und Kinder in Rheinland-Pfalz weiterhin diesen hohen Stellenwert haben, auch finanziell.
Vielen Dank.
Frau Thelen, ich möchte nur noch eine Anmerkung zu dem machen, was Sie gesagt haben und was uns unterscheidet. Wir sind für familienoffenere Strukturen. Wenn wir heute mehr als 80 % Steigerung bei den Alleinerziehenden haben, können wir nicht mehr davon ausgehen, dass der Mann der Ernährer der Familie ist. Auch wenn Sie es nicht interessiert, sage ich es trotzdem. Wir geben Kinder, die in sozial schwache Familien hineingeboren wurden, nicht auf, sondern kämpfen und setzen uns
für sie ein, damit sie eine Chance in ihrem Leben erhalten.
Vielen Dank.
Herr Präsident, meine Damen und Herren! Die ersten sechs Lebensjahre im Leben eines Menschen sind unverkennbar eine Phase intensiven Lernens. Deshalb ist Bildung und Erziehung in der frühen Kindheit ein Thema erster Ordnung für uns, die rheinland-pfälzische SPD.
Daran arbeiten wir nicht erst seit gestern.
Lange vor anderen Bundesländern haben wir mit dem Ausbau der Kindertagesstätten begonnen. Heute haben wir eine 100%ige Versorgung für die Kinder unter drei Jahren in unserem Land.
Leitziel der Weiterentwicklung der Kindertagesstätten ist es, diese quantitativ bedarfsgerecht auszubauen und zu hochwertigen Bildungseinrichtungen auszugestalten. So verstehen wir die Kindertageseinrichtung.
Deshalb haben wir zum Beispiel den Personalschlüssel unverändert bei 1,75 Erziehungskräften pro Gruppe belassen und die Regelgruppengröße auch nicht geändert.
Wir haben den Eltern ein größeres Mitspracherecht eingeräumt. Ganz aktuell sind die Bildungs- und Erziehungsempfehlungen, die zurzeit in der Beratung sind.
Die Reform der Erzieher- und Erzieherinnenausbildung beweist, dass wir uns der Verantwortung, pädagogische Qualität festzulegen, bewusst sind und auch nicht entziehen.
Meine Damen und Herren, wir haben im Wissen um die unterschiedlichen Bedürfnisse und Interessenlagen von Familien zur Hilfestellung bei der Vereinbarkeit von Familie und Beruf das Kindertagesstättengesetz 2002 geändert. Ziel war dabei unter anderem der weitere Ausbau von Ganztagesplätzen im vorschulischen Bereich, der Ausbau der Über-Mittag-Betreuung und insbesondere die Ausweitung der Krippenplätze, also der Plätze für die Kinder unter drei Jahren.
Im Hinblick auf die demographische Entwicklung im Land ist und war die Neuordnung der Finanzierung ein Angebot zur Planungssicherheit für die freien Träger, aber auch insgesamt eine finanzielle Entlastung aller Träger. Zugleich sollte sie ein Anreiz sein, frei werdende Kapazitäten in den Einrichtungen nicht abzubauen,
sondern bedarfsgerecht in Hort- oder Krippenplätze umzuwandeln.
Leider kann ich Ihnen bis zum heutigen Tag keine genauen Daten über die Auswirkung des Gesetzes auf das Angebot für Kinder unter drei Jahren machen. Die Auswertung der aktuell erhobenen Daten ist noch nicht abgeschlossen.
Die amtliche Statistik zum 31. Dezember 2002 zeigt allerdings, dass von 1998 bis 2002 die Zahl der verfügbaren Plätze für Kinder im Krippenalter gestiegen ist, wobei auch gleichzeitig die Zahl der Kinder unter drei Jahren um 10,5 % sank.
Beginnend auf einem niedrigen Niveau, das geben wir auch zu. Aber irgendwo muss man beginnen.
Die neuen Krippenplätze sind überwiegend durch den Abbau von Kindergartenplätzen entstanden, wobei die altersgemischte Gruppe, also sieben Krippenkinder und acht Kindergartenkinder, die beliebteste Form bei den Trägern war.
Seit 2002 liegt unser Land mit einer Versorgungsquote von 2,7 über dem Bundesdurchschnitt der alten Bundesländer.
Meine Damen und Herren, wir wissen, dass sich seit der Gesetzesänderung etwas bewegt hat. So beweisen die bekannten Zahlen von den Jugendämtern aus Mainz und Kaiserslautern, dass Umstrukturierungen stattgefunden haben.
In Mainz werden 2004 etwa 25 neue Kinderkrippenplätze entstehen, und auch in Kaiserslautern sind durch den Rückgang der Kindergartenkinder Krippenplätze entstanden. Waren 2002 75 Plätze im Angebot, so stehen 2004 100 Plätze für Kinder unter drei Jahren bereit.
Aber nicht nur in Kaiserslautern und Mainz tut sich etwas, viele Kommunen berichten, dass sie Ausweitungen der Krippenplätze vornehmen.
Die Kleinkinderbetreuung, aber nicht nur diese, ist dabei, in unserer heutigen Zeit einen gesellschaftlich anderen Stellenwert zu bekommen.
Wurde früher von den Kindertageseinrichtungen von Aufbewahrungsorten gesprochen, so erwartet man heute von diesen Einrichtungen Erziehung und Bildung. Dass wir diesen Ansprüchen Rechnung tragen, darauf habe ich vorhin kurz hingewiesen.
Ich komme zum Schluss.
Hierbei müssen die Ansprüche des Kindes vorrangig sein. Ebenso ist es wichtig, dass unsere Angebote mithelfen, Familie und Beruf der Eltern zu vereinbaren. Qualität und Bildung sind wichtige Voraussetzungen für eine optimale Förderung unserer Kinder, aber das sagte ich schon zu Beginn.
Wenn es nun in Zusammenarbeit mit der Bundesregierung und den Trägern gelingt, eine Finanzierung sicherzustellen, dann kann ich sagen, dass wir in RheinlandPfalz schon auf dem richtigen Weg sind, dass wir aber dann das Tempo beschleunigen können.
Herr Präsident, meine Damen und Herren! Lieber Herr Kollege Wiechmann, wir reden nicht schlecht. Sie haben es auch von der Frau Ministerin gehört. Wir haben bezüglich Kindertagesbetreuung in Rheinland-Pfalz ein Konzept. Wir haben ein qualitativ hochwertiges Konzept.
Wir haben sehr früh angefangen, den Bedarf an Krippenplätzen zu decken, sonst hätten wir die Steigerung nicht. Vorhin sagte ich, lange Zeit gab es nichts. Wir haben angefangen und sind heute die Besten unter den acht Flächenländern der alten Bundesländer.
Wir begrüßen die Initiative in Berlin. Wir können sicher sein, dass wir die Umsetzung unserer Vorhaben beschleunigen können, wenn zusätzliche Gelder fließen. Wir werden uns weiterhin in diese Diskussion einklinken.
Vielen Dank.
Frau Präsidentin, meine Damen und Herren, liebe Kolleginnen und Kollegen! Als wir im April die Große Anfrage zum Thema „Erziehungshilfe“ stellten, war das ein bis dahin in der Öffentlichkeit wenig beachteter Bereich der Jugendhilfe. Heute ist die Situation eine andere. In fast jedem Pressespiegel findet sich ein Bericht zu diesem Thema. In Anbetracht der knappen Mittel in den öffentlichen Haushalten wird immer wieder die Frage nach Effizienz und Effektivität der Hilfen zur Erziehung gestellt.
Was sind die Hilfen zur Erziehung? Hilfen zur Erziehung sind ein Leistungsbereich des Kinder- und Jugendhilfegesetzes im Sozialgesetzbuch VIII. Personensorgeberechtigte erhalten dann Hilfe und Unterstützung, wenn eine dem Wohl des Kindes oder Jugendlichen entsprechende Erziehung nicht gewährleistet ist. Die Hilfen werden immer in Absprache aller Beteiligten, also Jugendamt, Erziehungsberechtigte und den betroffenen Kindern und Jugendlichen gewährt, in Not- und Konfliktsituationen auch ohne das Einverständnis der Eltern.
Hilfen zur Erziehung können in Form von ambulanten, teilstationären und stationären Angeboten erbracht werden, wobei es keine Rangordnung zwischen den einzelnen Hilfen gibt.
Meine Damen und Herren, neue fachliche Anforderungen und rechtliche Vorgaben forderten ein Umdenken Mitte der 90er-Jahre. Das Land startete deshalb eine Erziehungshilfeoffensive. Ziel dieser Offensive ist die qualifizierte Weiterentwicklung der Hilfen zur Erziehung. Ein weiteres Ziel ist aber auch, die Kosten zu stabilisieren. Mit ausschlaggebend dafür waren die um 35 % gestiegenen Fallzahlen damals im Bereich der Heimerziehung, was zur Folge hatte, dass die Kosten zum Teil um über 70 % anstiegen und somit die öffentlichen Haushalte stark belasteten.
Im Rahmen der Erziehungshilfeoffensive wurde nun eine Reihe von Projekten in Kooperation mit öffentlichen und freien Trägern, dem Landesjugendamt und den Forschungsinstituten initiiert. So haben sich nun erfreulicherweise fast die Hälfte aller rheinland-pfälzischen Jugendämter an dem Projekt „Qualitätsentwicklung in den Jugendämtern“ beteiligt. Etwa 200 Fachkräfte aus den Jugendämtern nahmen an Fortbildungsmaßnahmen teil. Etwa 12.000 Fälle der Erziehungshilfe wurden im Jahr 2000 vom allgemeinen Dienst im Jugendamt beraten, entschieden und auch evaluiert. Das sozialpädagogische Fortbildungszentrum – das muss hier auch einmal erwähnt werden – ist hier auch ein wichtiger Kooperationspartner.
Meine Damen und Herren, die Erfolge dieser Erziehungshilfeoffensive können sich sehen lassen. Landkreise und Städte haben gut auf diese sich entwickelnde Situation reagiert und unter dem Schlagwort „ambulant vor stationär“ die ambulanten Hilfen ausgebaut. Gab es 1989 im Land zehn Tagesgruppen mit 200 Plätzen, so stehen im Jahr 2000 126 Tagesgruppen mit 1.156 Plätzen für Jugendliche und Familien zur Verfügung. Öffentliche und freie Träger werden übrigens beim Ausbau dieser ambulanten bedarfsgerechten Hilfen besonders
gefördert. Die Anzahl der Heime hat sich zwar gegenüber 1989 mehr als verdoppelt, aber die Anzahl der Plätze hat sich nur um ein Drittel erhöht. Hier gilt Qualität statt Quantität, wobei der Anteil der rheinlandpfälzischen Kinder und Jugendlichen in den Heimen unverändert etwa bei 75 % liegt, sodass die vielfach in der Presse doch sehr hochgespielte stärkere Belastung der Heime und die Einweisung in die Heime sich so nicht in den Zahlen widerspiegelt.
Die fachlichen Innovationen zeigen hier insbesondere im Heimbereich ökonomische Effekte. Der Kostenanteil konnte reduziert werden, minimal zwar, und ist im Gegensatz zu dem Durchschnitt in den alten Bundesländern in Rheinland-Pfalz nicht angestiegen.
Eine wirklich überaus positive Entwicklung ist, dass Kinder und Jugendliche und ihre Familien zunehmend Hilfen nach Maß erhalten. Hier möchte ich stellvertretend für viele Projekte nur das vor kurzem in der Presse vielfach dargestellte Projekt der stationären Familienbetreuung in Worms erwähnen. Hier wurde eine Mutter mit ihren vier Kindern zwei Jahre lang ganztägig von Fachkräften betreut. Die Heimeinweisung wurde vermieden, das soziale Umfeld erhalten und der Familie die Fähigkeit vermittelt, künftig ihre Probleme selbst zu meistern.
Meine Damen und Herren, der Aufbau einer qualifizierten Daten- und Informationsgrundlage auf kommunaler Ebene zur Planung der Hilfen zur Erziehung auf der einen Seite geschieht aus der gleichen Notwendigkeit wie die Erforschung der Zusammenhänge zwischen soziostrukturellen Entwicklungen, der Qualität der sozialen Infrastruktur sowie der Qualität und Ausstattung der Jugendämter auf der anderen Seite. Diese drei Punkte sind neben der demographischen Entwicklung die zentralen Einflussgrößen bei der Nachfrage zur Hilfe zur Erziehung und der Bedarfsentwicklung. So wurde nun im Rahmen eines Modellprojekts dazu ein Controlling- und Steuerungssystem aufgebaut, dass dann in die Fläche gehen soll. Alle, die an diesem Projekt beteiligt sind, die mit der Hilfe zur Erziehung zu tun haben, sind eingebunden: das Ministerium, das Landesjugendamt, die kommunalen Spitzenverbände, AG Jugendämter Nord und Süd, die Liga und die öffentlichen Träger. – Die Einbindung der freien Träger in ein solches Projekt geschieht übrigens bundesweit zum ersten Mal.
Die Zusammenarbeit beweist, wie wichtig uns die bisher geleistete Arbeit ist, dass es aber bei der Fall- und Kostenentwicklung notwendig ist, unter ökonomisch eingeschränkten Bedingungen qualifizierte Bedarfsvorausschätzungen zum Ziel zu haben.
Zum Schluss möchte ich einen Dank an alle richten, deren Arbeitsbereich die Hilfe zur Erziehung ist; denn sie leisten einen wesentlichen Beitrag zur Förderung von Kindern und Jugendlichen und ihren Familien in Krisensituationen und bei gravierenden Erziehungsproblemen.
„Die Hilfen zur Erziehung leisten“ – ich zitiere nun aus der von uns allen gelesenen Großen Anfrage – „gerade auch durch ihre Möglichkeiten der schulischen und ausbildungsbezogenen Förderung einen wesentlichen Beitrag zur gesellschaftlichen Integration und zur Gestaltung einer kinderfreundlichen Umwelt.“
Vielen Dank.
Herr Präsident, meine Damen und Herren! Die optimale Förderung der rheinland-pfälzischen Bildungspolitik ist und bleibt die Förderung jeder Schülerpersönlichkeit. Dies ist der Auftrag jeder Schule in Rheinland-Pfalz. Um sowohl die intellektuell-kognitiven als auch die mus ischen, die sportlichen, die praktischen und die sozialen Begabungen unserer Schülerinnen und Schüler in Rheinland-Pfalz zu fördern, gibt es mittlerweile vielfältige Möglichkeiten im schulischen Bereich.
Abgerundet wird das Angebot der Begabtenförderung in Rheinland-Pfalz durch die Einrichtung von vier Hochbegabtenschulen. An der ersten Hochbegabtenschule am Standort Kaiserslautern hat man bereits mit dem Unterricht mit 22 Schülerinnen und Schülern begonnen. Durch das pädagogische Konzept dieser neuen Schulform soll Schülerinnen und Schülern die Chance eingeräumt werden, sowohl in ihrer Begabung gefördert zu werden als auch mit dieser Hochbegabung die Chance zu erhalten, eine normale Kindheit und Jugendzeit unter ihresgleichen zu erleben.
Im Koalitionsvertrag ist festgelegt, dass an den Universitätsstandorten Kaiserslautern, Mainz und Trier ein System der Hochbegabtenförderung geschaffen werden soll. Diese Entscheidung wurde vor Bekanntgabe der Ergebnisse der PISA-Studie getroffen. Darauf muss einmal hingewiesen werden.
Im Bildungsbereich haben wir mittlerweile eine neue Zeitrechnung, nämlich die Zeit vor und nach PISA. Deshalb ist es erfreulich, dass durch die PISA-Studie die differenzierte Förderung zu einem Hauptthema wurde. Deshalb hat der vierte Standort in Koblenz eine so große Resonanz gefunden.
Meine Damen und Herren, Begabungen sind heterogen. Deshalb gibt es in allen Schularten begabte Schülerinnen und Schüler, die unabhängig von sozialem Hintergrund und Geschlecht gefördert werden müssen. Mit der vorzeitigen Einschulung oder dem Überspringen von Klassenstufen wird schon im Grundschulbereich den begabten Schülerinnen und Schülern Rechnung getragen. An allen weiterführenden Schulen erhalten Schülerinnen und Schüler die Chance, in Arbeitsgemeinschaften oder als Einzelpersonen an verschiedenen Wettbewerben teilzunehmen. In diesem Zusammenhang verweise ich auf „Schüler experimentieren“, „Jugend
forscht“ sowie Bundesbewerbe im musischen Bereich, in alten und neuen Sprachen und im naturwissenschaftlichen Bereich. Es gibt viele AG-Angebote in allen Schulbereichen. An fast allen Gymnasien und Hochschulstandorten arbeiten diese Schulen zusammen mit den Hochschulen vor Ort.
An vielen Gymnasien findet bilingualer Unterricht entweder in Englisch oder Französisch statt. An vier Gymnas ien in Rheinland-Pfalz wird sowohl die deutsche Hochschulreife als auch das französische Baccalaureat angeboten.
Seit dem Schuljahr 1997/98 können alle Gymnasien mit der Einrichtung von so genannten Projektklassen nach dem BEGYS-Modell beginnen. Dreizehn Gymnasien haben davon Gebrauch gemacht. BEGYS bedeutet Begabtenförderung am Gymnasium mit Verkürzung der Schulzeit. Zur Erläuterung: Ab der Klassenstufe 7 können besonders motivierte, leistungsbereite und leistungsbefähigte Jugendliche die Mittelstufe um ein Jahr verkürzt durchlaufen. Die 9. Klasse wird übersprungen. Die Lehrpläne wurden dabei nicht verändert. Am Ende der 10. Klasse werden die Projektklassen aufgelöst und die Schülerinnen und Schüler nehmen am ganz normalen Schulalltag der MSS teil.
Die bundesweite erste Junior-Akademie ist eine gelungene Ergänzung der Begabtenförderung. Vierzehn Tage lang hatten dieses Jahr Siebt- und Achtklässler aus Rheinland-Pfalz am Eifelgymnasium Neuerburg das Vergnügen, neben dem normalen Ferienprogramm je nach Interessenlage mit qualifizierten Experten und Lehrkräften arbeiten zu können.
In Kaiserslautern hat nun zu Beginn des neuen Schuljahrs der Unterricht für die 1. Klasse an der Hochbegabtenschule begonnen. 22 Kinder – 18 Jungen und 4 Mädchen – sollen in dieser Schule eine ganzheitliche Förderung ihrer Persönlichkeit und ihrer kognitiven und emotionalen Entwicklung, der Entfaltung ihrer Kreativität, der Herausbildung ihres Begabten- und Leistungsprofils erfahren. Ein weiter Schwerpunkt wird und muss aber auch die Erziehung zur sozialen Verantwortung sein.
Meine Damen und Herren, diese Schule wurde als erster Standort ausgewählt, weil es sich um ein Sportgymnas ium handelt und es deshalb schon Erfahrungen mit besonders begabten Kindern – in diesem Fall im sportlichen Bereich – hat. Hier gibt es schon Konzepte zur individuellen Förderung und auch ein Internatsangebot mit zweieinhalb Erzieherstellen, das von ungefähr der Hälfte der neuen Schülerinnen und Schüler in Anspruch genommen wird. Dieses Angebot ist wichtig und an allen weiteren Hochbegabtenschulen notwendig; denn jede Schule hat einen überregionalen Auftrag.
Die Zeit vergeht. Ich gehe jetzt nicht weiter auf das schulische Angebot ein, weil das über die vielen Veröffentlichungen bekannt ist.
Ich erwähne noch die Umstrukturierung des schulps ychologischen Dienstes, der den Beratungsbedarf von
Hochbegabten in Kaiserslautern entsprechend berücksichtigen wird.
Mit der Einrichtung der Hochbegabtenschule in Kaiserslautern und an drei weiteren Standorten wird in Rheinland-Pfalz der eingeschlagene Weg der individuellen Förderung der verschiedenen Begabungen konsequent fortgesetzt. Das Finden von Begabungen muss aber – Frau Morsblech hat auch darauf hingewiesen – verstärkt zur Normalität werden.
An dieser Stelle muss auch gesagt werden: Es ist schon ein bisschen erstaunlich, dass Mädchen oftmals die qualifizierteren Schulabschlüsse haben, aber sich bei der Bildung der ersten Klasse der Hochbegabtenschule nur sechs Schülerinnen beworben haben. Davon sind letztlich vier Schülerinnen genommen worden, die jetzt diese außergewöhnliche Chance der Förderung erhalten haben.
Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit.
Herr Präsident, meine Damen und Herren! Ich würde Herrn Keller empfehlen, die Schule zu besuchen und ein Gespräch mit Herrn Becker zu führen. Das, was in der „Rheinpfalz“ vom 30. August steht, sollte man einmal hinterfragen. Ich selbst habe mir die Mühe gemacht und war am Montag in dieser Schule. Ich kann sagen, dass Herr Becker ein gutes Konzept unter dem Zeitdruck erarbeitet hat. Dies hat auch Frau Ministerin Ahnen ausgeführt. Es geht nicht an, dass man jemanden in eine Ecke stellt, der dies so nicht verdient hat.
Ich möchte nur erwähnen, womit er zufrieden ist, weil sie das so negativ dargestellt haben. Er ist zufrieden, dass diese Schule zusätzliche Lehrerwochenstunden bekommt, pauschal 60 Stunden für die ersten beiden Jahre. Es gibt eine eigene Koordinationsstelle für schulfachliche Aufgaben. Die neuen Lehrerstellen werden schulscharf ausgeschrieben. Das IFB hat ein Fortbildungsprogramm exakt für diese Lehrerinnen und Lehrer an dieser Schule entwickelt. Es gibt auch jetzt die Lehreinrichtung in Trier. Der Schulleiter, die Schülerinnen und Schüler sind zufrieden, und auch die Eltern sind zufrieden, ihre Kinder in eine so gute Schule abgegeben zu haben.