Harald Schartau

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Last Statements

Herr Linssen, es fand vor einiger Zeit eine Anhörung im Landtag zum Sparkassengesetz statt. Meine Frage ist: Welche Bedeutung hat eine solche Anhörung für Sie? Kennen Sie aus der Anhörung irgendeine Äußerung, die dieses Gesetz, das Sie vorgelegt haben, in Verbindung damit bringt, das Sparkassenwesen zu stabilisieren?
Oder darüber hinaus gefragt: Darüber hinaus gefragt: Glauben Sie nicht, dass die aktuelle Situation Sie zum grundsätzlichen Überdenken von Plänen
bringen sollte, die das gesamte Sparkassenwesen im Augenblick in größte Unruhe versetzt haben?
Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Unsere Partnerprovinz Sichuan wurde am 12. Mai vom schwersten Erdbeben in der Geschichte Chinas erschüttert. In neun weiteren angrenzenden Provinzen wirkte sich das Beben mit seinen Nachbeben katastrophal aus:
Fast 70.000 Tote sind zu beklagen. Über 370.000 Menschen wurden verletzt. Mehr als 17.000 Menschen werden noch vermisst.
Das Ausmaß der Zerstörung ist unfassbar. 5 Millionen Obdachlose mussten mit Zelten versorgt werden. 7.000 Schulgebäude wurden zerstört.
Und das spielt sich in einer Region ab, die in China alleine 20 Millionen Wanderarbeiter stellt, die zumeist ihre Kinder bei den Großeltern zurücklassen. In vielen Fällen besteht jetzt große Unsicherheit, was mit Eltern und Kindern ist.
China praktiziert seit einiger Zeit im familienpolitischen Bereich zur Begrenzung des Bevölkerungswachstums die Ein-Kind-Politik. Viele Familien sind davon betroffen, dass genau dieses eine Kind, ihr ganzer Stolz, bei dem Erdbeben sein Leben verloren hat.
Von Anfang an bekam die Weltöffentlichkeit die Auswirkungen des Bebens, die eingeleiteten Rettungs- und Hilfsmaßnahmen sowie das gesamte Ausmaß an Unterstützung mit. Bundes- und Landesregierung haben schnell erste Hilfsmaßnahmen auf den Weg gebracht.
Das Deutsche Rote Kreuz hat ein mobiles Krankenhaus aufgebaut. Das Technische Hilfswerk hat Trinkwasseraufbereitungsanlagen installiert. Die in Sichuan tätigen deutschen Unternehmen haben Sach- und Geldspenden in Höhe von 9 Millionen € aufgebracht. Allein die Metro und ihre Tochter Real haben 1.900 Zelte zur Verfügung gestellt.
Die Landesregierung hat 750 dringend benötigte Zelte bereitgestellt.
Die Partnerschaft zwischen Sichuan und Nordrhein-Westfalen währt nun 20 Jahre. Viele aus dem Parlament sind in dieser Zeit in Sichuan gewesen. Das Land hat ein Stipendiatenprogramm aufgelegt, an dem junge Chinesen im Umweltbereich partizipieren können.
Während dieser Zeit sind viele Kontakte mit dieser Provinz mit 90 Millionen Einwohnern, die, von der Fläche her gesehen, fast so groß ist wie Spanien, vertieft worden. Diese agrarisch geprägte Provinz ist allein sechsmal auf der UNESCO-Liste des Weltkulturerbes vertreten. Der symbolträchtige Pandabär hat in Sichuan sein Zuhause.
Neben der Landespartnerschaft mit der Provinz gibt es Städtepartnerschaften zwischen Bonn und der Provinzhauptstadt Chengdu, zwischen Düsseldorf und der regierungsunmittelbaren, früher zu Sichuan gehörenden Stadt Chungking, der größten Stadt der Welt, sowie zwischen dem Kreis Siegen-Wittgenstein und der Stadt Deyang, die fast unmittelbar im Epizentrum des Erdbebens lag. Alle drei Kommunen haben schnell und unbürokratisch Unterstützungsmaßnahmen eingeleitet.
Auch in diesem Jahr waren bereits Mitglieder des Landtags zu politischen Gesprächen in Chengdu, der Hauptstadt Sichuans. Zuletzt, zwei Wochen vor dem Erdbeben, war die Deutsch-Chinesische Parlamentariergruppe dort.
Die persönlichen Kontakte; das Wissen um eine chinesische Provinz, deren Bevölkerung in Gänze um Teilhabe am chinesischen Aufschwung bemüht ist und aus der, wie gesagt, 20 Millionen Wanderarbeiter stammen, die ihre Kinder zumeist bei den Großeltern zurücklassen: All das macht neben der ökonomischen Bedeutung der Provinz das Anliegen unseres gemeinsamen Antrags aus.
Es geht darum, beim Wiederaufbau einen aktiven Beitrag zu leisten. Die Bundesregierung hat angekündigt, acht Schulen bauen zu lassen. Es wäre gut, wenn das Land Nordrhein-Westfalen den Bau oder die Ausstattung einer Schule in einem besonders betroffenen Gebiet Sichuans schultern könnte.
Ich bin der Landesregierung sehr dankbar, dass sie jetzt unmittelbar ein Spendenkonto eingerichtet hat, das es allen Sponsoren und denen, die sich aktiv beteiligen wollen, ermöglicht, einen finanziellen Beitrag zu leisten.
Liebe Kolleginnen und Kollegen, meine sehr geehrten Damen und Herren, Bertolt Brecht ließ drei Götter nach Sichuan kommen, um den guten
Menschen zu finden. Lassen Sie uns mit dem gemeinsamen Beschluss zusätzliche Hoffnung nach Sichuan bringen, um gerade den Kindern Mut für das Leben nach der Katastrophe zu geben. – Herzlichen Dank.
Ich habe eine kurze Frage. Schließt der Auftrag an die Citigroup aus, dass die Citigroup mit einer Lösung kommt, die heißt, dass das Land den Anteil an der WestLB behalten kann?
Herr Wolf, während der Anhörung zum Landespersonalvertretungsgesetz habe ich alle anwesenden Gewerkschafter und Personalratsvertreter explizit gefragt, ob zu irgendeinem Zeitpunkt die Landesregierung mit dem Ansinnen auf sie zugekommen sei, über die Veränderungspläne beim Personalvertretungsgesetz mit ihnen zu reden. Sie haben unisono Nein gesagt.
Meine Frage ist, wieso Sie das heute anders darstellen.
Frau Kollegin Walsken, teilen Sie meine Einschätzung, dass der Herr Finanzminister ein deutsches Sprichwort missverstanden hat, und zwar das Sprichwort, dass man dann, wenn die Sonne scheint, das Dach decken soll, und er es umgewandelt hat in „Wenn die Sonne scheint, muss man kleinere Löcher ins Dach reißen“?
Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Herr Weisbrich, Sie haben gerade ein hervorragendes Beispiel dafür gegeben, dass Anhörung nicht immer Zuhören heißt; denn wenn Sie nicht die ganze Zeit über weggehört hätten, wären Sie nicht zu diesem Fazit der Anhörung gekommen.
Ich darf noch einmal zu ein paar Punkten kommen, die von der ersten Lesung an eine Rolle gespielt haben. Einer der wichtigsten dieser Punkte war sicherlich die Sachverständigenanhörung.
Erstens. Aus Berlin wurde berichtet, dass die im dortigen Zentralen Personalüberhangmanagement gesammelten Beschäftigten zu 73 % weiblich waren. 61 % von ihnen waren älter als 49 Jahre. Bei 30 % handelte es sich um Beamte, obwohl 60 % aller Beschäftigten Beamte sind. Außerdem fanden sich dort 18 % Schwerbehin
derte – bei einem Schnitt von 6 % in den Landesbehörden des Landes Berlin. Das deutet schon sehr darauf hin, dass eine solche gesonderte Behörde genau in eine solche Richtung führt.
Zweitens. Für uns ist von großer Bedeutung, dass Sie vorhaben, vor dem PEM-Einsatz kw-Stellen zu identifizieren, also Beschäftigte aus dem Landesdienst zu identifizieren. Dies wird auf jeden Fall zu Stigmatisierungen unter den Beschäftigten der Landesbetriebe und der Landesministerien führen. Das wird sich gar nicht vermeiden lassen.
Drittens. Wir kritisieren ganz besonders, dass Sie eine Landesoberbehörde aufbauen, um diesen Prozess durchzuführen. Sie sind doch in der glücklichen Situation, dass Sie mit entsprechendem Mitteleinsatz eine natürliche Fluktuation beschleunigen können. Bei einem beschleunigten kw-Abbau müssen Sie unseres Erachtens von vornherein die interessante Frage stellen: Welche Instrumente haben Sie zur Verfügung? – Das ist die Kernfrage.
Die Instrumente sind eigentlich eindeutig. Es sind die Altersteilzeit, der vorzeitige Ruhestand, Abfindungsangebote und das Versüßen der Annahme von Stellen außerhalb der Landesverwaltung. Aufgrund dieser ganzen Instrumente fragt sich jeder, warum Sie jetzt eine Landesoberbehörde brauchen.
Die Antwort auf diese Frage ist auch nach der Anhörung vollkommen unklar geblieben. Es gibt keinerlei Hinweise darauf, warum eine solche Behörde aufgebaut wird – es sei denn, dass man den Stellen, die dann diese Instrumente zur Verfügung hätten, nicht zutraut, in ihren eigenen Bereichen einen sinnvollen Beschleunigungsprozess in Bezug auf die kw-Vermerke hinzubekommen.
Deshalb halte ich es für dringend angesagt, den Prozess in dieser Beziehung noch einmal zu überdenken. Ansonsten werden Sie nämlich mit allen Ausnahmemöglichkeiten konfrontiert werden, die das PEM-Gesetz vorsieht; denn die Behörden werden natürlich darauf achten, dass sie die Leistungsträger behalten, und keine gleichmäßige Abgabe an das PEM vornehmen.
Darüber hinaus werden Sie eine eigene Behörde mit 180 Beschäftigten haben. Das muss man sich einmal vorstellen. Über eine solche Personalabteilung verfügt noch nicht einmal ein großer Konzern.
Ferner stellt sich die Frage – und an dieser Stelle wird man natürlich nach wie vor besonders misstrauisch –, warum Sie eine solche Maßnahme brauchen, wenn die vorhandenen Instrumente
den Beschäftigten an sich sympathisch sind, sodass viele von ihnen sicherlich zugreifen werden. Gestern konnten Sie der Öffentlichkeit ja schon melden, dass diese Instrumente ein richtiger Renner sind. Jeder fragt sich, warum Sie dann noch ein Beschneiden der Mitbestimmungsrechte brauchen. Ist das Prinzip? Ist es Ideologie? Machen Sie das einfach im Vorübergehen? Oder war das Ganze gar nicht gut durchdacht?
Ich kann in diesem Zusammenhang nur noch einmal Folgendes sagen: Mit der Einrichtung einer gesonderten Landesoberbehörde PEM werden Sie einen Betrieb bekommen, in dem sich die Leistungsschwächeren wiederfinden.
Dieser Betrieb ist auch überflüssig; denn aufgrund des jetzt vorhandenen Angebotes an Instrumenten sind die Ausnutzung natürlicher Fluktuation und die Beschleunigung durchaus möglich – allerdings bei dezentraler Verantwortung.
Außerdem sind wir der Auffassung, dass Sie zu einer großen Beunruhigung beitragen werden, wenn Sie vorab – also vor Realisierung des Abbaus der kw-Vermerke – zu einer Identifizierung kommen. Dieses Wort geht sicherlich schon jetzt wie ein Schreckgespenst durch die Landesbehörden.
Lassen Sie mich kurz zusammenfassen. Wenn die Anhörung Sinn machen soll, muss man nach dieser Anhörung den Gesetzentwurf auf Eis legen und zu vernünftigen Personalangeboten an die Beschäftigten kommen, die dann auch im Einklang mit der natürlichen Fluktuation zu realisieren sind. Dieser Betrieb ist überflüssig wie ein Kropf.
Die Rede ist jetzt schon ein bisschen weitergegangen. Ich hatte eigentlich nur eine Frage bezogen auf die Amtszeit Ihres Vorgängers. Gab es während der Amtszeit Ihres Vorgängers Anträge von Tarifvertragsparteien auf Erklärung von Allgemeinverbindlichkeit, die Ihr Vorgänger abgelehnt oder nicht aufgegriffen hat?
Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Die Diskussion zur Reform ist im Landtag schon intensiv im Gange. In dem zuständigen Fachausschuss sind wesentliche Kernthemen bereits angepackt worden. Ich glaube, dass das Angebot im Antrag der Grünen, die Problematik in aller Breite zu diskutieren, zwar interessant ist, dass wir aber vom Endergebnis her darauf achten müssen, dass wir uns in der weiteren Diskussion – vor allen Dingen, wenn
sie auf einen Erfolg zugehen soll – auf die Kernthemen konzentrieren, weil wir sonst keine Chance haben werden, das insgesamt hinzukriegen.
Ich halte es trotzdem für richtig, über den Investitionsbegriff zu diskutieren, weil das, was einmal richtig war, nicht immer noch richtig sein muss. Ich halte es auch für richtig, einmal etwas ausführlicher über das Thema „Generationengerechtigkeit“ – einen Punkt, der teilweise als Vorwurf formuliert wird – zu reden. Denn nicht jede Maßnahme, die in der Vergangenheit über Schulden finanziert wurde, war generationenungerecht. Häufig werden die Effekte solcher Investitionen gerade den zukünftigen Generationen zugute kommen. Insofern ist deren Beteiligung daran genauso wie an den Kosten der deutschen Einheit gerechtfertigt. Deshalb muss bei solchen Begriffen etwas mehr Bodenständigkeit erzielt werden.
Bei dem Thema „Schulden, Schuldenbegrenzung, Schuldenrückführung“ warne ich davor – obwohl uns allen das Suchen nach einem guten und richtigen Weg auferlegt ist –, die Lösungen nur den Leuten am grünen Tisch oder an der Tafel mit einem Stück Kreide in der Hand zu überlassen. Man darf den Blick aus dem Fenster, auf das, was passiert, auf die volkswirtschaftlichen Gegebenheiten und die Rahmenbedingungen nicht vergessen.
Nehmen Sie alleine das schöne Modell der Schweizer Schuldenbremse. Vom Wort her hört sich das schon sehr sympathisch an. Jeder nimmt es auch gerne in den Mund. Trotzdem wage ich zu bezweifeln, dass es uns gelingen wird, Konjunkturverläufe vorauszusagen, das über teilweise sehr komplizierte Formeln mit Ausgleichsbeträgen hinzukriegen. Es deutet mehr darauf hin, dass das der Anhaltspunkt für eine Überlegung ist, die im Grunde genommen nichts anderes heißt als: Wenn die Konjunktur nach oben geht, baust du deine Schulden ab, und wenn die Konjunktur nach unten geht und du die Ausgaben nicht schnell genug bremsen kannst, musst du die dabei aufgebauten Schulden später abbauen. – Das ist das allgemeine Prinzip, das in den letzten Jahrzehnten aus unterschiedlichsten Gründen nicht eingehalten wurde.
Ich bin der Auffassung, dass Sie beim Thema Neuverschuldung jetzt eine große Chance haben, Herr Finanzminister. Sie sind in einer Situation, in der Sie mit wirklich deutlich zunehmenden Steuereinnahmen jedem vormachen können, wie man das macht. Anhand dieser Geschichte wird man sehr schnell erkennen, ob es nicht andere politi
sche Notwendigkeiten gab, die Sie dazu veranlasst haben, es doch nicht einzuhalten.
Im Allgemeinen würde ich Ihnen dringend empfehlen, in den Ausschussberatungen einen Konsens anzustreben, wenn es denn zu einer bundesweit erfolgreichen Initiative aus NordrheinWestfalen kommen soll. Damit wären vielleicht größere Chancen verbunden, als sie den von Ihnen bis dato unterbreiteten steuerpolitischen Vorschlägen beschieden waren, die zu keinen großen Erfolgen geführt haben.
In den Diskussionen wird es sicherlich auch um das Thema „Solidarität der Länder untereinander“ gehen. Es gab bereits Debatten darüber, dass es keine Unterstützung nach Himmelsrichtung und Ähnliches mehr geben darf.
Es muss insbesondere Anliegen von NordrheinWestfalen sein – ich lasse einmal dahingestellt, ob im Rahmen des Solidarpakts I und II; das wird meines Erachtens so weiterlaufen –, sich dafür einzusetzen, dass bei zukünftigen Finanzbeziehungen – das liegt nicht nur in unserem Interesse – darauf geachtet wird, dass es auch außerhalb der fünf neuen Bundesländer Regionen in Deutschland gibt, die ebenso einen Anspruch auf zusätzliche Hilfestellung im Rahmen der Solidargemeinschaft haben. Das heißt: Hilfsbedürftigkeit, aktuelle Notlagen und dergleichen mehr müssen zukünftig Bedingung sein.
Kurzum und zusammengefasst: Es ist eine interessante Anregung für den Ausschuss in aller Breite. Ich plädiere trotzdem dafür, den Versuch zu unternehmen, auf dieser Basis schnell zu einer Übereinstimmung in den wesentlichen Kernpunkten zu kommen, denn für alles andere ist das Ziel zu ambitioniert und spannend. – Vielen Dank.
Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Herr Linssen, der ehrbare Kaufmann hätte sich wahrscheinlich als Allererstes in aller Ausdrücklichkeit entschuldigt.
Der hätte hier wahrscheinlich mit roten Ohren gestanden, wenn ein Verfassungsgericht seinen Haushalt für nichtig erklärt hätte. Und was machen Sie? Sie treten hier unisono mit Ihren Fraktionen auf und meinen, diese Tatbestände mit Angriffen überdecken zu können.
Herr Weisbrich, das wird für Sie jetzt eine Lehrstunde. Passen Sie gut auf! – Blicken wir doch einmal zurück. Am 26. Oktober 2005 wurde hier im Saal Parlamentsgeschichte geschrieben. Es wurde nämlich dieses Denkmal enthüllt.
Der im Vorfeld als „eiserner Helmut“ gefeierte Finanzminister wurde nun endgültig auf den Sockel des ehrbaren Kaufmanns gehoben. Bei der Einbringung des zweiten Nachtragshaushaltes wurde seitens der Regierungsfraktionen in höchsten Tönen vom Finanzminister gesprochen. Beispielsweise Herr Stahl kommentierte Ihre Rede wie folgt:
„Das war die Rede nicht nur eines vorsichtigen, sondern auch eines ehrbaren Kaufmanns.“
Noch besser war Herr Papke. Er sagte nämlich:
„Es ist erkennbar, dass sich hier ein Kulturwechsel in der Haushalts- und Finanzpolitik anbahnt.“
Aber dem nicht genug: Der Finanzminister selbst kam mit einem großen Sack von Epauletten hier hin und heftete sie sich ans Revers, indem er mit Begriffen hantierte wie: Grundsätze ordnungsgemäßer Buchführung, klare und übersichtliche Bilanz, Offenheit und Transparenz.
Und dann kam Münster. Mit einem einzigen, einem vollkommen nüchternen, emotionslosen Satz wurde dieses Denkmal abgeräumt: Art. 1 Nr. 2 des Nachtragshaushaltes 2005 verstößt gegen die Verfassung Nordrhein-Westfalens und ist nichtig. – Peng!
Es handelte sich also wohl weniger um Ehre als vielmehr um Chuzpe. Muss nicht die Vermutung aufkommen – auch nachdem Sie diesen Stil meinen jetzt fortsetzen zu können, Herr Linssen –, dass wir es bei diesem Finanzminister mit einem erstklassigen Schönwettersegler zu tun haben,
der mit dem starken Rückenwind von zusätzlichen Steuereinnahmen brilliert und auf dem Baldeneysee seine Kurven segelt, bei dem man aber schon jetzt, vor allem nach dieser Art und Weise der
Haushaltsführung, Angst haben muss, dass Gegenwind aufkommt, dass Wolken kommen und der lang erwartete Regen fällt? Was machen Sie denn dann?
Die damaligen Erwartungen an den zweiten Nachtragshaushalt waren immens, denn alle warteten darauf: die Presse, die Öffentlichkeit. Über Wochen und Monate war die Stange, wie Sie jetzt Haushaltspolitik machen, immer höher gelegt worden. Jeder erwartete nun: Die werden sich anstrengen und in dem zugegebenermaßen schwierigen Dreieck von vorgefundenen fixen Kosten, variablen Kosten – die einerseits politischen Gestaltungswillen nach sich ziehen, andererseits aber auch politische Sensibilitäten verbergen – und Einnahmen endlich einmal zeigen, wie man das macht. – Hinterher guckt man sich um, wie der Sprung war, und stellt fest: Da ist gar keiner angelaufen. Sie sind ganz bequem unter der Stange durchgelaufen, haben sich umgedreht und gesagt: Das habe ich aber toll gemacht. – Das kann jeder, Herr Linssen, das kann wirklich jeder.
In diesem Zusammenhang entsteht auch Misstrauen. Alle Ihre Worte, die vor diesem Urteil den edlen Kaufmann charakterisiert haben, können jetzt zur Karikatur werden, Herr Linssen – Vorsicht an der Bahnsteigkante! –,
vor allen Dingen, wenn jetzt von Ihrer Warte über Verschuldungsgrenzen, Verschuldungsverboten und dergleichen mehr gesprochen wird.
Ich sage Ihnen eines: Die haushaltspolitische Realität ist manchmal nicht mit dem zu vergleichen, was man auf Pressekonferenzen von sich gibt oder womit man auf Parteitagen glänzen will. Denn sinnvolle Einsparungen zu machen, es in den Koalitionen durchzusetzen und sich mit den Koalitionsfraktionen anzulegen, das ist mehr, als bei zunehmenden Steuereinnahmen die Nettoneuverschuldung sukzessive etwas zurückzuführen.
Das ist etwas vollkommen anderes.
Ich kann Ihnen in aller Freundschaft und aller Kollegialität nur eines raten: Ein bisschen kleiner, ein bisschen bescheidener, ein bisschen durchdachter
zu sein. Versuchen Sie einmal, ein bisschen Gegendruck auszuhalten, dann kommen Sie vielleicht zu einer Haushaltspolitik, die den Namen Solidität auch verdient. – Vielen Dank.
Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Frau Thoben, ehrlich gesagt: Bei Ihrer Art, sich zu freuen, möchte ich nicht wissen, wie Sie sind, wenn Sie sich ärgern.
Ich hätte gern von Ihnen die ganze Rechnung gehört. Wenn 60 % der Wirtschaft Psychologie sind, dann vermute ich nach Ihren Ausführungen, dass 40 % der Landesregierung anzurechnen sind und für die Wirtschaft und die Bürger selbst nichts übrig bleibt.
Ich glaube auch nach Ihren jetzigen Ausführungen, dass Sie – das leitet mich gleich dann zu meinem eigentlichen Thema über – doch ein bisschen den Hang haben, die Politik für omnipotent zu erklären, wenn man sich selbst ein bisschen beweihräuchern will. Nehmen Sie sich an dieser Stelle lieber etwas zurück.
Meine sehr geehrten Damen und Herren, diese vorweihnachtliche Stunde eignet sich nicht so sehr, ins Detail zu gehen, sondern sie eignet sich vielmehr dazu, mehr im großen Rahmen auf die Finanzpolitik der letzten Monate zu schauen.
Dabei kann ich feststellen – wenn ich das einmal auf eine Kette aufreihe –, dass Sie sich zunächst mit Ihren ersten haushaltspolitischen Entscheidungen ziemlich frech über die verfassungsmäßigen Bestimmungen zum Aufstellen eines Haushalts hinweggesetzt haben. Das war Ihre große Leistung. Sie sagten: Wir kriegen eben keinen verfassungsgemäßen Haushalt hin, dann geht es eben nicht. – Das war schon ein sehr guter Einstand.
Dann haben Sie sich vor dem Hintergrund steigender Steuern erst einmal ein Bild von sich selbst gemalt, nämlich: Wir sind vorsichtige Kaufleute.
Als Sie dann schließlich merkten, dass das mit den steigenden Steuern wohl doch länger anhalten wird, sind Sie zu Ihrer zwischenzeitlichen Höchstform aufgelaufen, nämlich: Attacke auf Art. 109 und Art. 115 des Grundgesetzes! Weg mit diesen Verschuldungsprinzipien! Möglichst gar keine Regeln! Nebenbei haben Sie dem Land Berlin noch die Leviten gelesen, was denen denn wohl einfällt.
Dazu spreche ich eine dringende Warnung aus. Es gibt ja immer wieder Leute, die bei lang anhal
tendem Sonnenschein beschließen, die Winterbekleidung abzuschaffen. Ich rate Ihnen: Halten Sie sich noch einen Mantel im Schrank! Denn der hier gestern von Herrn Orth zum „eisernen Helmut“ ernannte Finanzminister wird seine äußerliche Erscheinungsform bei Regenwetter ziemlich schnell verändern. Rost glitzert dann nicht mehr so.
Aber eigentlich wollte ich doch zu ein paar Punkten etwas sagen, die mir zum Stil der Finanzpolitik aufgefallen sind.
Erstens. Dass Sie bei Ihren Sanierungs- und Sparbemühungen die Kommunen als Steinbruch nutzen, halte ich angesichts der Situation der Kommunen in diesem Land schon für ein tolles Stück.
Zweitens. Sie spielen – das kommt beim Stil hinzu – bei unangenehmen Entscheidungen über Vorbande. Davon haben wir einen leichten Vorgeschmack bekommen, als Sie das Thema Studiengebühren hier gefahren haben. Dafür haben nicht Sie selbst hinterher den Kopf hingehalten, sondern Sie haben das großzügig an die Unis delegiert, damit die den Ärger jetzt aushalten müssen.
Das nenne ich Politik über die Vorbande.
Drittens haben Sie bei der Kürzung der Gelder für die Kindergärten auch wieder nicht selbst den Kopf hingehalten, sondern in jeder einzelnen Kommune muss der Rat jetzt die Entscheidung treffen und den Kopf für das hinhalten, was Sie hier angerichtet haben.
Jetzt komme ich zu einem der tollsten Stücke, und damit komme ich nur einmal auf ein Detail aus dem Einzelplan 20 zurück. Richtig wäre es gewesen, wenn Sie wenigstens bei den Mehreinnahmen aus der Umsatzsteuer dick und fett in den Haushaltsplan hineingeschrieben hätten, dass Sie sie ungern und widerwillig angenommen haben. Nach dem Theater, das Sie hier vorher zur Mehrwertsteuererhöhung abgezogen haben, hätte das mindestens außergewöhnlich einmal in den Haushaltsplan reingemusst. Nein, das wurde wie selbstverständlich vereinnahmt.
Vorher haben Sie den Bürgern und der Wirtschaft ja gesagt, wie schlimm das ist, wenn man diesen
Teil jetzt hier einbezieht. Statt diesen Teil direkt an die Leute wieder zurückzuführen
und für Investitionen zu nutzen, für gezielte Investitionen in diesen Bereichen, oder diese Kürzungen im Kindergartenbereich als Erstes wieder zurückzunehmen, wird das natürlich einkassiert.
Jetzt komme ich zu Ihrem schönen Argument: Wir setzen jeden Cent für Entschuldung ein. Wissen Sie, was das ist? – Das ist das kollektive Angebot, sich zu exkulpieren, wenn man in fachlichen Diskussionen nicht mehr weiterkommt.
Dann haben Sie ein Band um alle geschlungen, an der Spitze Herr Klein, der es allen immer wieder eintrichtert, nachdem er sich dankend gegenüber Herrn Linssen geäußert hat.
Dann kann jeder einzelne Abgeordnete in irgendeinem Fachausschuss irgendwann, wenn er nicht mehr weiter weiß, sagen: Ja, wir müssen sparen. – Sie müssen das Maß finden zwischen Sparen und vernünftiger Sachpolitik,
und das haben Sie bisher nicht gefunden. – Schöne Weihnachten!
Da die Frau Ministerin ihren Beitrag nicht unterbrechen lassen wollte, frage ich Sie am Ende, nur um meine Vorstellungen vom Makaberen noch einmal zu überprüfen: Hätten Sie es nicht für besser empfunden, wenn Sie auch gegenüber dem Haus insgesamt zu dem unvorstellbaren Vorgang in Siegburg eine erste Stellungnahme abgegeben hätten?
Herr Wittke, da Sie Ihre Zitatenfestigkeit im Augenblick beweisen: Könnten Sie vielleicht auch kurz aus dem Kabinettsprotokoll zitieren, in dem steht, dass das Kabinett den Käuferpreis auf öffentlich-rechtliche Interessenten festgelegt hat?
Sehen Sie als wohnungspolitischer Fachmann der SPD-Fraktion auch einen Widerspruch in den Aussagen der Koalitionsfraktion von gestern, in denen dem Land Berlin empfohlen wurde, seine Wohnungen aus haushaltspolitischen Gründen zu verkaufen, und den heutigen Aussagen des zuständigen Ministers hier, wonach der Wohnungsverkauf eher eine Wohltat für die Mieter selbst ist?
Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Herr Minister Wittke, Sie haben mit Verweis auf 30 Jahre vertraulich zu behandelnde Kabinettsprotokolle meiner Aussage widersprochen, dass das vormalige Kabinett den Käuferkreis auf öffentlich-rechtliche Unternehmen begrenzt hat. Nun beziehe ich auch den Herrn Finanzminister mit seinem Beitrag von eben ein.
Ich betone deshalb noch einmal in meinem Namen, im Namen von Frau Kraft, Herrn Dieckmann, Herrn Behrens und Herrn Kuschke, dass es im Kabinett Übereinstimmung gab, und zwar zu jedem Zeitpunkt, dass nur an öffentlich-rechtliche Interessenten verkauft werden darf.
Das hatte zwei Gründe: erstens wegen des Mieterschutzes und zweitens, weil es in den Koalitionsfraktionen ansonsten keine einzige Zustimmungshand gegeben hätte. – Danke.
Sehr geehrte Frau Präsidentin! Meine lieben Kolleginnen und Kollegen! Mit allem hätten wir heute als Anlass für eine Aktuelle Stunde gerechnet, zum Beispiel mit Siemens in Kamp-Lintfort und in Bocholt oder
mit Allianz in Köln und in Dortmund. Es wäre sicherlich auch ziemlich aktuell gewesen, zu hören, was bei Bayer in Leverkusen und in Dormagen los ist.
Die Geschäftsführer sollten sich darüber noch einmal Gedanken machen. Meines Wissens gab es ja Verabredungen.
Oder wir hätten uns heute Morgen damit befassen können, was denn eigentlich den 100.000 Mietern in LEG-Wohnungen im Augenblick durch den Kopf geht,
wenn Sie der Bevölkerung klarmachen wollen, dass Sie einen internationalen Investor suchen, der die Form von Sankt Martin hat, der nämlich nach dem Kauf den Mantel mit den Mietern teilen will.
Aber es geht hier um das Bundesverfassungsgerichtsurteil und um einen bekannten Beitrag aus Ihrer Serie „Am schönsten ist das Eigenlob“.
Zunächst zum Bundesverfassungsgerichtsurteil: Das Urteil hat in mehrfacher Hinsicht in der Tat positive Elemente – insbesondere auch für die landespolitische Autonomie, für die Verantwortung des Landes für seine Politik und für die daraus resultierenden Folgen für den Landeshaushalt. Es ermutigt die Länder auch, im Rahmen der Föderalismusreform II von dieser Position ausgehend vernünftige Lösungen zu finden.
Auch die Feststellung des Bundesverfassungsgerichts, dass die Situation in Berlin keine extreme Haushaltslage in dem Sinne darstellt, dass eine Bundesergänzungszuweisung notwendig wäre, ist sicherlich markant und bemerkenswert.
Aber ich glaube, wir sollten uns näher anschauen, was für Folgen aus diesem Urteil resultieren – sicherlich nicht die, dass Empfehlungen insbesondere von Nordrhein-Westfalen und gerade auch von Ihnen nach Berlin gesandt werden. Wenn die Länder untereinander mit dem Bund ein neues Finanzgeflecht hinbekommen wollen, ist es meines Erachtens keine vertrauensbildende Maßnahme zwischen den Ländern, wenn wir uns mit erhobener Nase hinstellen und den Berlinern sagen, was sie zu machen und was sie zu lassen haben.
Die Empfehlungen aus Nordrhein-Westfalen lauteten: Dann sollen die Berliner doch Studiengebühren erheben! Dann sollen die Berliner doch ihre Wohnungen verkaufen! Wie können die Berliner dazu kommen, Kindergartengebühren zu übernehmen? – Vielleicht würde ein genaueres Be
trachten der Berliner Situation dazu führen, dass man weiß, warum die eine oder andere politische Initiative in Berlin notwendig ist.
Hier im Haus ist niemand, der beim Finanzausgleich die Haltung hat: Die anderen sollen bestellen und wir bezahlen. – Eine solche Position gibt es hier nicht. Aber: Wir in Nordrhein-Westfalen würden uns auch verwahren, wenn uns irgendein anderes Bundesland für inhaltliche Entscheidungen, die wir in Nordrhein-Westfalen für richtig halten, Noten erteilen wollte. Das ist auch richtig so.
Meine sehr geehrten Damen und Herren, die Föderalismusreform II – sicherlich ganz gewichtig für die Zukunft des Föderalismus – wird eine Reihe von Fragen zu klären haben: Wie wird in Zukunft mit Neuverschuldung umgegangen? Wie wird in Zukunft mit den bestehenden Schulden der Länder umgegangen? Wie wird für den Aufbau von Verschuldung ein Frühwarnsystem zu installieren sein? Wollen wir zukünftig zu Sanktionen schreiten, wenn sich Länder daran nicht halten? Und wer soll sie durchsetzen? Wie können Hilfestellungen für Länder aussehen, die in extreme oder in schwierige Notlagen kommen? In welchem institutionellen Rahmen wollen wir ein solches System implantieren? Wie wird die politische Autonomie der Länder, auf die wir größten Wert legen, am Schluss realisiert werden? – Das sind Fragen, die ich für außerordentlich wichtig halte.
In diesem Zusammenhang wäre für uns heute Morgen interessant gewesen, wenn Sie Ihre Initiative zu Art. 115 und Art. 109, die einige Wochen zurückliegt, konkret präsentiert hätten oder wenn der Ministerpräsident seine Initiative für einen nationalen Stabilitätspakt nach Maastrichtkriterien dem Parlament zumindest grob erläutert hätte, damit man darüber hätte diskutieren können, mit welcher Position Nordrhein-Westfalen in diese Verhandlungen hineingeht. Das bleiben Sie heute Morgen schuldig. Umso mehr fragt sich jeder, was dann diese Aktuelle Stunde soll.
Herr Rüttgers hat dann im „Focus“ erneut die ganze Diskussion wiederum auf Keynes reduziert und gesagt:
„Die Theorien von Keynes sind passé – einer Politik des ‚deficit spending’ … wird ein Riegel vorgeschoben.“
Da lobe ich mir die Differenziertheit des Urteils des Bundesverfassungsgerichts, das mit solchen Themen wesentlich sensibler umgeht. Dieses Urteil hat Martin Walser in seinem Roman „Angstblüte“ sicher nicht gemeint, als er schrieb – ich zitiere –:
„… zum Beispiel Keynes, …, von dem hierzulande im Populistengewäsch nur noch das Schlagwort „defizit spending“ übriggeblieben ist.“
Auf dieser Basis sollten wir hier nicht diskutieren. – Vielen Dank.
Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Herr Linssen, das war ja eine gekonnte Oppositionsrede, aber als Mitglied der Landesregierung hätte ich heute Morgen von Ihnen erwartet, da Ihre Fraktionen Sie drauf verpflichten wollen, eine Bundesratsinitiative, die genau umrissen ist, zu ergreifen, hier zu erläutern, wie Sie sich diese Bundesratsinitiative vorstellen. Das heißt nicht mehr und nicht weniger als Streichung Art. 115 Abs. 1 Satz 2 Halbsatz 2, Anpassung des Art. 109, Veränderung des Stabilitäts- und Wachstumsgesetzes und im Nachgang dann Änderung der Landesverfassung.
Ich finde, dieses Thema ist zu ernst, um es auf ein Motto zu bringen, das heißt: Ihr wart die Schlechten, und wir sind die Guten. Das passt wirklich nicht mehr.
Herr Stahl, ich finde es gut, dass Sie Ihre Studienzeit im Plenum aufarbeiten. Hier ist dafür ein schönes Podium, vor allem im Anschluss an eine hochschulpolitische Debatte. Aber die einzige Bewegung, die Sie mit Ihrem Antrag erreichen werden, ist, dass Plisch und Plum sich im Grab umdrehen werden, wenn sie Ihre Argumente hören. Einer Politik, die auch die Haushaltspolitik an der Erreichung von gesamtwirtschaftlichen Zielen ausrichtet, sprechen Sie die Legitimität ab. Den ganzen Bundeswirtschaftsministern der FDP, den ganzen Bundesfinanzministern der CDU, die über lange Zeit und unter der Maßgabe dieser Artikel und Gesetze gearbeitet haben, treten Sie posthum in den Allerwertesten.
Die Argumente, die Sie heute bringen, führen nur zu einem: dass Plisch und Plum noch einmal beerdigt werden und Platt und Plump erwachen. Das ist heute passiert.
Ich muss Kollegin Freimuth Recht geben, man muss sich nicht zum Keynesianer machen. Aber da Sie Keynes heute für alle Zeiten – auch schon für vergangene – beerdigen, kann ich Ihnen nur Folgendes sagen: Keynes erlebt seit den 90erJahren eine wirtschaftspolitische Renaissance – auch international. Sowohl die Finanz- und Geldpolitik der USA als auch die Großbritanniens entsprechen einem keynesianischen Politikmix. Die Fed und die Bank of England haben im Gegen
satz zur EZB ein Wachstums- und Beschäftigungsziel.
Welche Ausrichtung wollen Sie der Haushaltspolitik zukünftig geben? An was soll sie sich orientieren? Wenn Sie zukünftig sagen „Wir brauchen diese Verfassungsänderung nicht, sondern wir haben ein ganz einfaches Motto: Wat nicht geht, dat geht nicht“, ist mir das Ringen um die haushaltspolitische Ausrichtung an gesamtwirtschaftlich zu erreichenden Zielen wesentlich lieber als ein solches Motto, das zwar in einer Kneipe sympathisch ist, aber in der Politik nichts zu suchen haben sollte.
Stellen Sie sich einmal vor, Sie hätten mit Ihrer Bundesratsinitiative innerhalb kürzester Zeit Erfolg! Man muss auch einmal das Unmögliche denken. Was wird dann in Nordrhein-Westfalen passieren? Welche Probleme werden sich dann stellen? Oder haben Sie bereits für sich entschieden: Uns interessiert gar nicht, an welchen Zielen wir den Haushalt ausrichten. Wenn wir das nicht hinkriegen, machen wir es einfach so, wie es uns passt. Wenn die Landesverfassung nicht passt, haben wir unsere Grundsätze und sagen der Bevölkerung einfach: Ja, das geht nicht. – Aber im Prinzip heißt es ja: Wir können nicht, oder wir wollen nicht. Das steckt dahinter.
Insofern ist das heute ein ganz entscheidender Punkt. Wenn sich die Ausschüsse des Landtags mit einem Antrag befassen, der eine Bundesratsinitiative zur Folge hat, müssen Sie sich noch entscheiden: Wollen Sie Spaß, oder wollen Sie Ernst?
Nehmen Sie Ihr eigenes Anliegen ernst und bringen Sie es in einer Form ein, in der man unter Umständen über die Ausrichtung des Stabilitätsgesetzes diskutieren kann: Was hat sich verändert? Passt das in einen europäischen Rahmen? Reichen die europäischen Instrumente aus, um dagegenzuhalten? Diese Diskussion kann man ernst nehmen.
Aber so, wie Sie es heute vorgetragen haben, bleibt mir abschließend nur, festzustellen: Das ist für Schiller und Strauß eine bodenlose Niederlage – posthum. Ich halte das Niveau der Diskussion, wenn es um Bundesratsinitiativen geht, beileibe nicht für angemessen. – Vielen Dank.
Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Zunächst ein paar Feststellungen dazu, wo ich Übereinstimmungen sehe:
In einer Situation, in der die Langzeitarbeitslosigkeit zunimmt – auch in Nordrhein-Westfalen nimmt die Arbeitslosigkeit nicht besonders ab –, ist es ein Unding, dass die Bundesagentur für Arbeit sich Überschüssen rühmt. Überschüsse müssen eingesetzt werden, damit Leute in Arbeit kommen.
Der zweite Punkt, der vollkommen richtig ist: Wenn über Ideen gesprochen wird, wie man Langzeitarbeitslose, also Menschen, die besonders hohe Barrieren auf dem Arbeitsmarkt haben, wieder in den Arbeitsmarkt bringt, dann sind neue Wege gefragt. Die muss man sich ansehen. Niemand hat die Weisheit mit Löffeln geschluckt. Wenn eine gute Idee da ist, wird sie im Allgemeinen fraktionsübergreifend nach normalem Geplänkel auch anerkannt. Das ist auch in Ordnung.
Dann kommt der dritte Punkt, bei dem ich den Arbeitsminister des Landes Nordrhein-Westfalen in Schutz nehmen muss. Ich komme zu der PfeilGeschichte, bei der unten ganz süffisant drunter stand: 10.000 in vier Jahren, das sei ja nicht viel. Selbst wenn es 5.000 wären, wäre es gut, wunderbar. Wenn es 5.000 weniger sind, kann man das nicht hoch genug anerkennen.
So weit die wichtigen Sachen. Das musste ich einmal sagen.
Man muss aber auch über andere Fragestellungen reden. Jetzt wird langsam die Politik deutlich. Da stürzt sich der Ministerpräsident dieses Landes wie Siegfried auf den Drachen Müntefering, um ihn zu erledigen, hat aber vergessen – dem
Siegfried ging es damals auch nicht anders –: Er hat im Rücken eine verwundbare Stelle.
Wenn ich den Ministerpräsidenten dieses Landes, der einflussreicher CDU-Politiker auf Bundesebene ist, sehe, dann möchte ich von ihm zwei Dinge wissen. Die Koalition hat sich vorgenommen, eines der schwierigsten Probleme zu lösen, nämlich Dumping-Löhne zu verhindern – Löhne, von denen Menschen nicht leben können –, Thema Mindestlohn, auf der anderen Seite will sie Kombilöhne einführen. Es geht um die Frage, wo kann der Staat staatliches Geld zu Löhnen dazugeben, von denen die Leute selbst nicht leben könnten? Wie kann der Staat diese Kombination sinnvoll machen?
Natürlich nimmt der Arbeitsmarkt Geld, das ihm geboten wird. Ob aber die gewünschten Effekte damit erreicht werden, ist eine andere Frage. Niemand kann sich hinstellen und mit aufgeblähter Brust sagen: Ich gebe doch Geld zur Reduzierung der Arbeitslosigkeit aus, wenn jeder weiß, dass dieses Geld zwar genommen wird, sich aber an der Arbeitslosigkeit überhaupt nichts ändert.
Modelle, wie man für besonders Betroffene auf dem Arbeitsmarkt durch einen finanziellen Anreiz vielleicht eine Chance in den Betrieben bekommt, gehören zur Arbeitsmarktpolitik immer dazu. Das ist richtig. Es werden auch neue Modelle hinzukommen. Das wird in Richtung schwer Vermittelbare gehen, in Richtung von Menschen, die lange arbeitslos sind, junge Menschen und andere werden zukünftig dazu gehören.
Wie schafft man das in dieser Republik generell? Frau Merkel sagte, wenn man über Kombilohn rede, müsse man auch über Mindestlohn reden. Das ist ein Gedanke, den ich so nicht teile.
Wenn wir über Kombilohn reden, was meinen wir damit? Ein Kombilohn, der überall gleich dazu gezahlt wird, wenn ein Lohn eine bestimmte Schwelle unterschreitet? Davon halte ich überhaupt nichts. Reden wir über einen Kombilohn für bestimmte Betroffene, weil wir uns davon erhoffen, dass sich die Betriebe erweichen lassen, die Leute einzustellen? Darüber kann man hier und da nachdenken. Über einen Kombilohn für Beschäftigungsbereiche, die auf dem Markt keine höheren Löhne hergeben, kann man auch nachdenken.
Jetzt komme ich zu zwei Sachverhalten, zu denen ich die beiden Spitzenvertreter der CDU in diesem Parlament fragen möchte. Jeder weiß, Herr Pofalla und Herr Söder werden im Juni die Überlegungen der CDU zum Kombilohn der Öffentlichkeit
vorstellen. Sie wollen bis zum Herbst zusammen mit der SPD zu einem generellen Kombilohnmodell für Deutschland kommen.
Wenn Sie die Ideen, die Herr Laumann zu Papier gebracht hat, in die Öffentlichkeit gebracht hätten, wenn Sie diese Ideen in Ihren innerparteilichen Diskussionsprozess eingebracht hätten, dann wäre alles in Ordnung. Was machen Sie? Sie machen eine Kabinettsitzung. Der Ministerpräsident stellt die Windmaschine an. Es wird anständig aufgewirbelt, und wir hören plötzlich von einem NRW-Kombilohnmodell, bei dem alle wach werden.
Da ist doch nichts Neues passiert. Ich halte es für richtig, dass die Argen darüber nachdenken. Ich halte es für richtig, dass die Optionskommunen darüber nachdenken, aber bitte schön: Macht nicht einen solchen Wind! Das ist zum Teil auch alter Wein in neuen Schläuchen.
Eine letzter Punkt, eine Bitte an beide: Es geht, dass ein Erstklässler, ein Juso, ein Mitglied der Jungen Union oder sonst jemand, dass die von Generalrevision bei Hartz IV, von Dingen, die gescheitert sind, reden. Das gilt aber nicht für Sie. Von Ihnen erwarte ich, dass Sie sagen, was Sie jetzt machen wollen – nach dem Motto: Die IchAG war Mist. Was machen wir jetzt?
Die Optionskommunen und die Argen sind noch zu weit auseinander. Was machen wir jetzt? Geld fließt zurück: Was machen wir jetzt? Was ist Ihre Alternative, die erkennen lässt, dass sich diese Reform entweder vernünftig weiterentwickelt oder dass sie revidiert wird. Draufhauen, sich einen schlanken Fuß machen, Applaus einheimsen und an der Arbeitslosigkeit verändert sich nichts – das geht nicht!
Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Netto gesehen geht es heute Morgen um eine ganz einfache Frage, nämlich: Was sagen wir den 1.600 Leuten, denen im Augenblick der Allerwerteste auf Grundeis geht, die keine Perspektive haben und die darauf warten, dass sie – gleich von wem – Unterstützung erhalten, damit sie wieder eine Perspektive bekommen?
Dass Menschen in diesem Land, die sich existenziell bedroht fühlen, vor den Landtag ziehen, sehe
ich nicht als einen Nachteil, als eine Provokation der Politik, sondern als eine herausragende Gelegenheit für die Politik an, um zu zeigen, dass sie nicht nach dem Motto arbeitet „Wasch mir den Pelz, aber mach mich nicht nass“, sondern nach dem Motto: Wir nehmen eure Sorgen ernst, und wir kümmern uns darum.
Deshalb kann ich gerade Ihnen als Sprecher der CDU zu diesem Bereich nur eines sagen: Es nützt nichts, in einer solchen Situation der eigenen Fraktion einen Vortrag zu halten, der das Motto hat: Damit haben wir nichts zu tun. – Doch! Sie haben etwas damit zu tun! Dort stehen 1.600 Leute, die Angst haben und die etwas wissen wollen.
Es reicht auch nicht aus, von Pontius nach Pilatus Gründe dafür zu suchen, warum man sich dieser Sache nicht annehmen muss.
Es gibt einen ganz wichtigen Grund, und es ist immer wieder der gleiche, nämlich die Nöte der Leute, die dort draußen stehen.
Mit welchen Botschaften sollen die denn nach Hause fahren? Wir waren da, und das Einzige, was die Kälte draußen noch überboten hat, war die Kälte, die drinnen im Plenarsaal geherrscht hat, als Sie geredet haben.
Im Gegensatz zu vielen anderen Bergbauzulieferbetrieben – insbesondere auch im Bergwerksmaschinenbereich –, die in den letzten Jahren mit der Anpassung so umgegangen sind, dass sie sich entweder internationalisiert oder diversifiziert haben, können sich die Bergbauspezialgesellschaften, die im Prinzip Betriebsabteilungen des Monopolisten auf dem Markt sind, in dieser Form nicht anpassen.
Das heißt: Wer jetzt versucht, die Bergleute, die quasi den untertägigen Bau machen, von denen zu separieren, die die Kohle fördern, der versucht, zwei Leute, die aus dem Förderkorb herauskommen und von Kohlestaub schwarz sind, in der Tat noch nach Geruch zu differenzieren. Es gibt keine Bergleute erster und zweiter Klasse!
Dass Sie sich dazu entschlossen haben, an dieses wirtschaftliche Geflecht massiv und aus meiner Sicht auch mit der Axt heranzugehen, wird auf dem Rücken der Leute ausgetragen. Sie sind die ersten, die ins Bergfreie fallen.
Deshalb ist bei allen Problemen, die sonst noch bestehen, die erste und wichtigste Frage an die Politik: Was macht die Politik, um das Leid der Leute zu mindern und zu einer Lösung beizutragen, die am Ende auch sozialverträglich genannt werden kann? Diese Frage steht jetzt im Mittelpunkt. Da steht nicht, wer schuld ist und dergleichen mehr. Das können wir in den Seminaren nachholen.
Die Politik steht in der Verantwortung. In der Vergangenheit ist keine Entscheidung für Subventionen getroffen worden, damit es einem Unternehmen besonders gut ging, sondern es sind klare energiepolitische Grundsätze verfolgt worden, die diese Konsequenzen hatten. Selbst wenn sich nach einem Regierungswechsel eine Regierung für etwas anderes entscheidet, ist sie im Interesse der Leute nach wie vor in der Verantwortung, dies sozialverträglich zu machen. Dieser Verantwortung kann sich niemand entziehen.
Dieser Verantwortung kann sich auch unser ehemaliger Koalitionspartner nicht entziehen, um das genauso klar zu sagen.
Meine Damen und Herren, ich glaube, dass der Sinn einer solchen Aktuellen Stunde nicht der ist, den politischen Vorteil zu suchen. Vielmehr kann der Sinn einer solchen Aktuellen Stunde nur der sein, dass am Ende die Frage steht: Gelingt es, die Anbieter auf einem Monopolmarkt zu einer gemeinsamen Lösung zu bewegen? Gelingt es, mit denen, die diesen Monopolmarkt beherrschen, eine Lösung zu finden, bei der natürlich weiter untertägig Bauarbeiten anfallen und bei der für die Leute, für die der Markt keine Arbeit mehr hergibt, eine sozialverträgliche Lösung gefunden werden kann? Gelingt es, diese Lösung in einer angemessenen Zeit zu finden, damit sich die Leute draußen keine Sorgen mehr machen?
Gestern hatten die Leute noch Angst, überhaupt ihren Lohn überwiesen zu bekommen. Das wurde quasi gestern noch entschieden. Jetzt wird die Frage sein: Wie wird es mit Blick auf eine mögliche Insolvenz weitergehen, und welche Perspektiven kommen danach?
Ich kann Ihnen eines sagen: Die Leute sind zum Arbeitsamt Dortmund gegangen, nicht weil sie
gedacht haben, sie könnten sich damit an einem schönen verregneten Donnerstagmorgen die Zeit vertreiben, sondern weil sie jetzt die Arbeitslosigkeit als Perspektive vor Augen haben.
Abschließend kann ich nur noch den Appell an Sie richten: Unter keinen Umständen darf man beim Thema „Bedrohung von Arbeitslosigkeit“ das Elend des einen mit dem Elend des anderen aufwiegen. Das verbietet die Political Correctness.
Deshalb kann ich in diesem Parlament nur sagen: Mit der Demonstration vor dem Landtag besteht heute die einzigartige Gelegenheit, zu zeigen, dass Politik Antworten sucht, auch wenn sie sie im Augenblick noch nicht hat, und dass sie sich darum bemüht, dass die Menschen draußen wieder eine Perspektive bekommen. – Vielen Dank.
Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Herr Wolf, das „Düsseldorfer Signal“ wurde von Ihnen zügig abgelöst durch die „Wacht am Rhein“. Es brauste gleich zu Beginn „ein Ruf wie Donnerhall, wie Schwertgeklirr und Wogenprall“ mit Ihren starken Parolen „Freiheit statt Gleichheit“, „Privat vor Staat“, Erarbeiten vor Verteilen“, „Verlässlichkeit statt Beliebigkeit“ durch das Land. Da war Ihnen als FDP schon ein Clou gelungen, da hatten Sie der CDU schon Ihre Leitmotive aufs Auge gedrückt. Sie werden in Kauf nehmen müssen, dass wir Sie an jedem einzelnen dieser Sprüche messen. Jetzt sehen wir einmal hin.
„Privat vor Staat“ ist ein Motto, bei dem es sich schon lohnt, genau hinzusehen. „Privat vor Staat“ – was soll das heißen? Der Staat als Restgröße? Privat ist immer besser? Der Staat muss sich quasi entschuldigen, wenn er im Auftrag der Bürger Aufgaben übernimmt, die dann nicht privat gemacht werden? – Ich meine, dass sich die CDU keinen Gefallen getan hat, diesen westerwellschen Leitspruch ungefiltert auf ihre Fahne zu schreiben,
denn ich glaube nicht, dass das ihrer Einstellung entspricht.
Warum wir so genau hinsehen, kann ich Ihnen sagen: Wir haben schon Erfahrungen mit einigen Ihrer Überschriften gesammelt. „Erarbeiten statt Verteilen“ – beim ersten Nachtragshaushalt brummte es gleich in diese Richtung: da wurde gleich richtig zugelangt.
Deshalb sind wir gespannt, wie Sie das bei der Parole „Privat vor Staat“ machen wollen. Ich will Ihnen eines sagen: Dahinter stehen Beschäftigte. Wenn Sie nicht langsam mal Butter bei die Fische bringen und erklären, was Sie damit meinen, dann erreichen Sie nur eines, nämlich dass die Beschäftigten des öffentlichen Dienstes landauf, landab denken, sie müssten sich quasi dafür entschuldigen, dass sie den Privaten Arbeit wegnehmen, die das besser machen könnten. So geht das doch nicht.
Dann zum Konkreten: Die Ausschüsse des Landtages arbeiten ja sehr genau. Im Unterausschuss
„Personal“ spielte eine ganz lapidare Frage eine gewichtige Rolle, nämlich: Wie wollen Sie es eigentlich schaffen, den Abbau von kw-Vermerken mit neuen personalpolitischen Instrumenten zu beschleunigen? Da macht der interessierte Laie natürlich große Ohren. Wollen Sie die Leute jetzt rauswerfen? Was wollen Sie mit den Bediensteten machen? Soll die Privatisierung nicht, selbst wenn Sie einen Sammelbetrieb auf Landesebene einrichten, auch im Haushalt durch weniger Belastung nachzulesen sein? Wollen Sie Personal abbauen? Und wie? Sagen Sie uns das doch einmal! Erklären Sie uns die neuen Instrumente, mit denen Sie Ihre starken liberalen Sprüche, die Sprüche einer liberalen Partei, die allerdings restlos entsozialliberalisiert ist, in diesem Land umsetzen wollen!
Sie haben außer dem Einverständnis keine neuen personalpolitischen Instrumente zum Personalübergang auf Private.
Private sind übrigens – Herr Wolf, wenn ich Ihnen das sagen darf – im Wesentlichen an vermarktbaren Leistungen interessiert. Sie werden wenig Private finden, die an der Übernahme von Aufgaben interessiert sind, die der Staat im Interesse der Bürger in der Fläche und in der Struktur durchführt. Sie können die Aufgaben vielleicht einstellen; das Personal werden Sie aber weiter beschäftigen müssen, oder Sie müssen es rauswerfen.
Deshalb glaube ich, dass eine Regierung selbstverständlich permanent überprüfen muss, ob die Wahrnehmung öffentlicher Aufgaben im bestehenden Umfang und in gleicher Art und Weise notwendig ist. So hat es auch die alte Landesregierung gemacht: Sie hat unter anderem die Versorgungskurklinik in Aachen privatisiert, als klar war, dass dort zu wenig Kriegsversehrte behandelt wurden. Das war eine gelungene Privatisierung.
Das Materialprüfungsamt taucht in Ihrer Vorlage gar nicht mehr auf. Ich kann mir auch gut vorstellen, warum. Es ist nämlich nicht so einfach, Private dafür zu finden, Aufgaben zu übernehmen, die zum Teil hoheitlich sind oder staatlich durchgeführt werden müssen.
Aber Sie haben jetzt einen großen Teil qualifizierter Beamter wieder in Unruhe versetzt. Deshalb meine Bitte an Sie, insbesondere an die in der CDU, die soziale Verantwortung mittragen: Bevor Sie nicht ein personalpolitisches Konzept haben, bevor Sie den Beschäftigten des öffentlichen
Dienstes nicht sagen können, was mit ihnen passieren soll, bevor Sie nicht mit dem pauschalen Vorwurf aufhören, dass sie es per se schlechter machten als die Privaten, unterlassen Sie Kabinettsvorlagen, in denen Wischiwaschi steht, und hören Sie mit Ihren starken Sprüchen auf. Die Zeit des Pragmatismus wird auch Sie einholen. – Vielen Dank.