Amei Wiegel
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Frau Ministerin, haben Sie einen Überblick über die Anzahl von Beschäftigungsverhältnissen, die die Organisation der Betreuung in den Verlässlichen Grundschulen hervorgerufen hat, bzw. wie viele zusätzliche Beschäftigungsmöglichkeiten sind dadurch entstanden, dass in den Verlässlichen Grundschulen Betreuung angegeben wird?
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Der Antrag der Fraktion der Grünen betreffend Verlässliche Grundschule befindet sich schon eine ganze Weile in der Beratung. Er ist genau 17 Monate alt. Deshalb ist meiner Meinung nach die Zeit ganz schön über diesen Antrag hinweggegangen. Kollegin Litfin, in unserer Debatte heute Vormittag über die Umfrage des Landeselternrates zur VGS ist Ihnen und uns bestätigt worden, dass eine ganze Menge von dem, was Sie fordern, heute schon Wirklichkeit ist. So haben Sie in Ihrem Antrag die Chancen aufgezeichnet, die in dem Modell z. B. in Bezug auf die Aufhebung des 45-MinutenTaktes stecken. Das kann schon heute jede Schule machen. Das wissen Sie auch.
Sie haben eine gute Zusammenarbeit zwischen den Betreuungs- und den Lehrkräften gewünscht. Die Umfrage bestätigt, dass das praktizierter Alltag ist. Sie formulieren auch Erwartungen an die Strukturierung des Förderunterrichts. Auch diesbezüglich befindet sich weit mehr als die Hälfte der Grundschulen auf diesem Weg. Das hat seine Gründe. Die Verlässliche Grundschule bietet eine deutlich verbesserte Atmosphäre. Die festgelegte Rahmenzeit hat in diese Schule deutlich mehr Ruhe hineingebracht, Ruhe für alle Beteiligten. So kann z. B. erfreulicherweise festgestellt werden, dass der Krankenstand der Lehrkräfte in der Verlässlichen Grundschule deutlich niedriger ist als der in vergleichbaren anderen Grundschulen. In einer solch offensichtlich verbesserten Arbeitsatmosphäre lassen sich auch Forderung und Förderung gut organisieren.
Die Verlässliche Grundschule ist keine Schulform, in der Förderunterricht erschwert oder unmöglich gemacht wird, auch wenn uns die Kritiker dies immer wieder sagen wollen. Er muss nur neu strukturiert und neu organisiert werden. Diese Entwicklung hat die Mehrzahl der Schulen längst schon geschafft; siehe Elternumfrage. Andere sind noch bei der Arbeit. Je mehr wir die besonders erfolgreichen schon laufenden Modelle von Förder- und Forderkonzepten in Umlauf bringen, desto schneller - davon bin ich überzeugt - werden sie auch umgesetzt werden können.
Also, liebe Kolleginnen und Kollegen von den Grünen: Ihr Antrag ist so gut wie abgearbeitet. Geben Sie mir deshalb bitte die Gelegenheit, mich zum Thema Verlässliche Grundschule noch einmal in Gänze an Sie und auch an die Schulpolitiker der
CDU-Fraktion zu wenden. Ich appelliere an Sie alle, die Debatte über die Verlässliche Grundschule endlich einmal auf die Füße zu stellen.
Fakt ist, dass sich Ihre Kritik an der Einführung der Verlässliche Grundschule vor drei, vier Jahren nicht bewahrheitet hat. Diese Schulform ist zum Erfolgsmodell geworden. Während in unserem Lande zu 80 % diese Schulform in Grundschulen ausdrücklich gewünscht und beantragt wird, hocken Sie immer noch in der Schmollecke und kritteln an Einzelheiten herum. Eltern wollen diese Schule und auch Schulträger, und zwar Schulträger, die unserer Landesregierung und unserer Schulpolitik keineswegs sehr nahe stehen. So darf ich dem schulpolitischen Profilträger der CDUFraktion, Herrn Busemann,
daran erinnern, dass in seiner Region die Verlässliche Grundschule flächendeckend eingeführt ist. Sie arbeitet dort, und es gibt kein Problem, ausreichend Vertretungslehrerinnen und Vertretungslehrer zu finden. Im Gegenteil, Herr Busemann: In vielen Schulen Ihres Landkreises übernehmen die Lehrkräfte die Betreuung sogar gewollt. Gehen Sie denn nicht in Ihre Schulen, Herr Busemann?
Wissen Sie das nicht?
Wenn Sie so etwas wissen, warum verdrängen Sie das dann in unseren Debatten in diesem Haus? Dass Sie nicht in den Kultusausschuss kommen, wissen wir ja. Aber dass Sie wenigstens in Ihre Schulen gehen, hatte ich eigentlich erwartet.
Meine Damen und Herren, darum sollten wir angesichts der klaren Fakten einmal feststellen: Die Verlässliche Grundschule ist die angemessene Schulform für die Anforderungen unserer Zeit. Diese Schule garantiert Unterricht, sie bietet Betreuung an, sie hat den Englischunterricht eingeführt, und sie kann das Fördern und Fordern in den Schulvormittag intergrieren.
Die VGS ist eine Innovation im Schulbereich. Sie ist in der Bevölkerung auf breite Akzeptanz gestoßen und wird bald selbstverständlicher Alltag in unseren Grundschulen sein. Die VGS ist ein Modell, das draußen nachgefragt wird, Herr Busemann und Frau Litfin. Aber hier im Parlament wird das von Ihnen nicht zur Kenntnis genommen. Sie schwingen weiter die ideologischen Keulen.
In den Schulen wird nach Lösungen für Probleme gesucht, die natürlich auch in dieser erfolgreichen Schulreform auftreten können. Aber die Lösungen für diese Probleme werden gefunden. Sie, hier im Parlament, haben nicht das Kreuz, dieser Entwicklung Rechnung zu tragen. Irgenwann einmal müssen Sie den Mut aufbringen und zugeben, dass die VGS eine gute Schule ist, dass sie erfolgreich ist und dass diese Schulform gewünscht wird.
Sie entfernen sich immer mehr von der Wirklichkeit, meine Damen und Herren von der Opposition, wenn Sie wirklich nicht akzeptieren, dass es eine Schulform gibt, die jetzt schon von 80 % aller Eltern und Schulträger akzeptiert wird.
Ich möchte wirklich, dass dies einmal die gemeinsame Grundlage der Diskussion wird. Wir haben hier eine hervorragende Schulform geschaffen, an der es einiges zu verbessern gibt; aber die Grundlage stimmt. Wenn Sie sich einmal trauen würden, das mit uns gemeinsam zu formulieren, dann, meine ich, könnten Sie auch wieder Glaubwürdigkeit in der politischen Auseinandersetzung gewinnen. Auch wenn man in der Opposition ist, muss es möglich sein, etwas zu loben, wenn es nun einmal gut und sinnvoll ist.
Ihre pauschale Ablehnung ist nicht hilfreich für Sie; aber das ist Ihr Problem.
Ich will Ihnen nicht das Recht absprechen, die Landesregierung zu kritisieren - darum geht es nicht. Das ist nicht nur Ihr Recht, das ist Ihre Pflicht. Aber in diesem Fall betreiben Sie Fundamentalopposition
und haben sich von den Realitäten draußen im Lande weit entfernt.
Vor allen Dingen bleiben Sie, meine Damen und Herren, die Alternativen schuldig, und das schon seit vielen Jahren - seitdem es die Verlässliche Grundschule gibt.
Was wollen Sie denn? Wollen Sie die Verlässliche Grundschule abschaffen? Wollen Sie die Entwicklung zurückdrehen? - Bitte stellen Sie sich einmal hier hin, und sagen Sie uns ehrlich, wohin Ihr Weg für die Verlässliche Grundschule eigentlich gehen soll.
Das ist meine letzte Bitte: Wenn Sie es sagen, sagen Sie es verlässlich! – Danke.
Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Wir haben es gehört: Jugendschutz ist eine Sache, die uns alle angeht und eine gesamtgesellschaftliche Aufgabe ist. Es tut uns sicherlich gut, in regelmäßigen Abständen darüber zu sprechen und darüber nachzudenken, wie wir unsere Kinder und Heranwachsenden schützen und abschirmen können vor volksverhetzenden Parolen, vor pornografischen Inhalten und vor gewaltverherrlichenden Angeboten.
Jugendschutz ist aber auch eine staatliche Aufgabe. Bei diesem Thema müssen wir den Jugendschutz immer wieder überprüfen und sehen, ob er funktioniert. Die staatliche Aufgabe des Jugendschutzes ist in sehr viele Zuständigkeiten gesplittet. Manche sagen, es seien zu viele. Das besonders angesichts der Tatsache, dass die Medien in den letzten Jahren rasant zusammengewachsen sind. Die Konvergenz der Medien Internet und Hörfunk schreitet rasant voran. Deshalb wird der Ruf nach Einheitlichkeit der Kontrolle, nach einer Aufsicht aus einem Guss immer lauter.
Der Staatsvertrag über den Schutz der Menschenwürde und den Jugendschutz in Rundfunk und Telemedien - das ist der vollständige Titel - ist ein erster Schritt in diese Richtung. Er bündelt die Kompetenzen und strukturiert die Aufsicht neu mit dem Ziel einer effizienteren Kontrolle.
Bei diesem Staatsvertrag ist ein Gedanke ganz besonders deutlich gestärkt worden, nämlich der Gedanke der Freiwilligen Selbstkontrolle. Die Anbieter selbst, die Produzenten müssen für ihre Produkte verantwortlich sein und bleiben. Damit gehen wir ein bisschen weg von dem reglementierenden Auge des Staates hin zu mehr Eigenverantwortung. Das heißt, jeder Hörfunk- oder Fernsehsender ist verpflichtet, Jugendschutzbeauftragte zu benennen bzw., wenn er das nicht tut, sich von einer Einrichtung der Freiwilligen Selbstkontrolle kontrollieren zu lassen. In beiden Fällen, sowohl bei dem Jugendschutzbeauftragten als auch bei den Einrichtungen der Freiwilligen Selbstkontrolle, muss eine gewisse Qualifizierung vorgewiesen werden und besteht Berichtspflicht. Über diese Einrichtungen wacht dann die neu gegründete Kommission für Jugendmedienschutz. Mein Vorredner, Herr Pörtner, hat es bereits genau erklärt. In diese neue Kommission haben Bund, Länder und Landesmedienanstalten Kompetenzen hineingegeben. Mit dem Ziel einer effizienteren Aufsicht
haben sie an sie einige ihrer bisherigen Aufgaben abgegeben. Ich freue mich - das darf ich vielleicht in einem Nebensatz sagen -, dass in dieser Kommission der Direktor der Niedersächsischen Landesmedienanstalt vertreten sein wird.
Die KJM wird nur von Amts wegen tätig; wir haben es gehört. Sie reagiert also nur auf Anzeigen der Landesmedienanstalten und kontrolliert die Selbstkontrolleinrichtungen. Die Verantwortung liegt in erster Linie und schwerpunktmäßig bei den Anbietern und den von ihnen benannten Jugendschutzbeauftragten und Selbstkontrolleinrichtungen.
Neben diesem neu geschaffenen Kontrollgremium werden weiterhin die Bundesprüfstelle für jugendgefährdende Medien und die Einrichtung jugendschutznet.de, eine gemeinsame Behörde der Länder zur Jugendschutzkontrolle im Internet, existieren. Daneben werden weiterhin - das war heftig in der Kritik - die Regelungen der öffentlichrechtlichen Rundfunkanstalten bestehen bleiben. Aber alle Institutionen, die hier beteiligt sind, sind zu gegenseitiger Information und zu regelmäßigem Erfahrungsaustausch verpflichtet. Außerdem werden alle diese Regelungen - auch das hat der Staatsvertrag festgelegt - in drei Jahren wieder auf den Prüfstand gestellt.
Liebe Kolleginnen und Kollegen, das ist der erste Schritt, und ich meine - ich habe es bereits gesagt -, es ist ein Schritt in die richtige Richtung. Wir haben die Beratung dieses Staatsvertrages mit vielen Auseinandersetzungen, viel Streit und auch weitergehenden Forderungen begleitet. Es gibt berechtigte Zweifel hinsichtlich der Wirksamkeit, vor allem wenn wir an das große Problem der Kontrolle des Internets denken.
Hier ist sicherlich noch viel zu tun. Wir müssen vielleicht auch, was die Kontrolle des Internets angeht, in Zukunft an internationale Vereinbarungen denken und über den nationalen Horizont hinaus noch weiter denken.
Das wird ein langer und sehr mühsamer Weg werden. Doch dazu möchte ich gern die ALM, die Vertretung aller Landesmedienanstalten in der Bundesrepublik, zitieren: Diese unbestreitbaren Schwierigkeiten der Kontrolle des Internets dürfen nicht dazu führen, dass gar nichts geschieht. Große
Probleme brauchen auch große Lösungen und nicht die Kapitulation vor dieser Größe.
Deshalb, meine Damen und Herren, bitte ich Sie um Zustimmung zu diesem Staatsvertrag und um Zustimmung zu der entsprechenden Angleichung der betroffenen Regelungen in unserem Niedersächsischen Mediengesetz. - Ich danke Ihnen.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Heute liegt wieder einmal ein Rundfunkänderungsstaats
vertrag vor uns. Es ist der sechste in seiner Reihe. Wenn ich ihn mir so ansehe, dann fällt mir das Bild vom kreißenden Berg ein, der am Ende eine Maus gebar. Ich könnte auch sagen: Es ist der kleinste gemeinsame Nenner, auf den sich die Ministerpräsidenten aller Bundesländer geeinigt haben, ein Minimalwerk. Nun, es ist ja nicht ungewöhnlich, dass viele Kompromisse geschlossen werden müssen, wenn 16 Köche den Brei rühren. Meiner Meinung nach ist das aber diesmal besonders augenscheinlich, denn wir hören allenthalben von so großem Regelungsbedarf in der Rundfunklandschaft und in unserer Kommunikationsgesellschaft. Wir werden darauf hingewiesen, in welchem rasanten Tempo die verschiedenen Medien zusammenwachsen und es zu völlig neuen Konstellationen kommt.
Immer wieder ist der Ruf nach einer neuen Medienordnung zu hören. Auch dieser Landtag hat dazu seine Forderungen und Erwartungen formuliert. In diesem Sechsten Änderungsstaatsvertrag ist davon nur wenig wieder zu erkennen. Er wickelt die technischen und redaktionellen Anforderungen ab, die sich seit dem letzten, dem Fünften Änderungsstaatsvertrag, ergeben haben - Anforderungen, die in Brüssel und in Berlin festgelegt wurden.
Die Antworten auf Fragen, die als die drängenden definiert wurden, finden wir in diesem Werk nicht. Zwei der unerledigten Themenkomplexe, meine Kolleginnen und Kollegen, möchte ich gerne nennen. Da ist zum einen die Erwartung einer gemeinsamen Jugendschutzeinrichtung aller Medien und zum anderen eine neue Gebührenstruktur für unseren öffentlich-rechtlichen Rundfunk. Diese beiden, so scheint es mir, wurden bewogen und für zu schwer befunden. Die Suche nach einer neuen Gebührenstruktur, die dem Zusammenwachsen aller Medien gerechter wird als die heutige, wurde in einen Arbeitskreis gesteckt. Da wird gebrütet. Da sind noch manche Fragen offen. Das ist der aktuelle Stand. Die Ausgestaltung eines Jugendschutzgremiums ist auch in Arbeit - immerhin -, konnte aber nicht termingerecht fertig gestellt werden. Also ist uns alsbald ein Siebten Rundfunkänderungsstaatsvertrag gewiss.
Nun aber zum vorliegenden Siebten Rundfunkänderungsstaatsvertrag. In ihm werden Änderungen vorgenommen, die den Rundfunkstaatsvertrag, den Rundfunkfinanzierungsstaatsvertrag und vor allem den Mediendienstestaatsvertrag berühren. Ich habe es schon angesprochen: In die Verträge werden die
Festlegungen auf der europäischen Ebene - das sind die EU-Fernsehrichtlinie und die Vereinbarungen zum E-Commerce - und auf der nationalen Ebene - das ist das neue Teledienste-Datenschutzgesetz - übernommen.
Analog zu diesen Änderungen wurde auch das Niedersächsische Mediengesetz angepasst. Dort, im Landesmediengesetz, ist eine Umstiegsermächtigung der öffentlich-rechtlichen und der privatrechtlichen Veranstalter vom analogen zum digitalen Sendebetrieb geschaffen worden. Die Digitalisierung ist ja schließlich beschlossene Sache.
Deshalb müssen noch die Übergangsbestimmungen geschaffen werden. Wir haben das endgültige Umschalten auf Digitalbetrieb nun auf das Jahr 2010 festgelegt. Damit wissen die Veranstalter jetzt, welchen zeitlichen Spielraum sie haben. Ihnen wird ermöglicht, nach Vorankündigung den Analogbetrieb abzuschalten, um danach für höchstens ein Jahr den sehr teuren Simulcastbetrieb, d. h., das Senden in beiden Systemen, fahren zu müssen. Diese Festlegungen waren von den Betroffenen gewünscht worden.
Im neuen Rundfunkstaatsvertrag gibt es eine nennenswerte Änderung. Sie betrifft die privaten Fernsehveranstalter. Die Verpflichtung der Sender, ab einer bestimmten Größe Sendezeiten für unabhängige Dritte im eigenen Programm einzuräumen, ist neu zugeschnitten worden. So werden alle Programme eines Unternehmens zusammen betrachtet und ihr Zuschaueranteil bewertet. Außerdem wird das Engagement von Veranstaltern in Regionalprogrammen positiv angerechnet.
In den Rundfunkfinanzierungsstaatsvertrag - das ist der zweite Staatsvertrag, der geändert wird - ist eine Regelung neu aufgenommen worden, die uns als Länderparlamentarier zufrieden stellen kann. ARD, ZDF und Deutschlandradio werden künftig gegenüber den Landtagen eine eigene Stellungnahme zu ihrer wirtschaftlichen und finanziellen Lage abgeben. Bisher wurde nur der Bericht der Kommission zur Ermittlung des Finanzbedarfs der öffentlich-rechtlichen Rundfunkanstalten, der KEF, vorgelegt.
Im dritten Vertrag, dem Mediendienstestaatsvertrag, werden Aussagen zum so genannten Herkunftslandprinzip konkretisiert, die Verantwortlichkeit der Diensteanbieter für die ermittelten Inhalte festgelegt, die Durchleitung von Informati
onen definiert, die Informationspflicht überarbeitet und Aussagen zu einem Datenschutzaudit gemacht.
Und noch eine Änderung im Landesmediengesetz: Bei den Zulassungsvoraussetzungen für Bürgerrundfunk wurden die Beteiligungsverhältnisse so geändert, dass die Beteiligung von Kommunen und Kirchen oder Religionsgemeinschaften zusammen nicht über 50 % gehen darf.
Das sind die Regelungen, über die wir heute abstimmen. Es gab bei den Beratungen keinen Dissens zwischen den Fraktionen.
Es muss aber noch ein Wort zu dem gesagt werden, was noch nicht geregelt wurde, meine Damen und Herren. Das sind die Schulaufgaben, die noch zu machen sind. Ich meine hier besonders die Neuregelungen zum Jugendschutz.
Der Neuzuschnitt von Kompetenzen ist immer eine schwierige Sache, ganz besonders dann, wenn sich zwei Ebenen zusammenraufen müssen, wie hier die Bundes- und die Länderebene. Während bisher der Bund für den Jugendschutz in den Telemedien und die Länder bei Hörfunk und Fernsehen verantwortlich waren, soll nun die gemeinsame Kommission Jugendschutz in den Medien, die KJM, darüber wachen. Selbstverständlich sind in dieser Kommission die bisher Zuständigen vertreten: die Landesmedienanstalten mit sechs Vertretern aus der Mitte der Direktoren und vier aus den Landesbehörden, und der Bund mit zwei Vertretern der Bundesprüfstelle. Auf der Strecke bleibt, Kolleginnen und Kollegen, bei diesem Entwurf, den die Ministerpräsidenten im Mai vorgelegt haben, eindeutig die Bürgerbeteiligung. Über die Landesmedienanstalten und die Rundfunkräte bei ARD und ZDF, in denen Vertreter der gesellschaftlich relevanten Gruppen vertreten sind, wurde bisher der Jugendschutz mitgetragen. Jetzt sind es ausschließlich Fachleute aus Behörden und die Direktoren der Landesmedienanstalten. Das ist eine Schwachstelle dieses Entwurfs. Sie ist nach unserer Meinung sehr kritisch zu sehen.
Ein zweiter Vorschlag des Entwurfes ist noch viel mehr zu kritisieren und sollte grundsätzlich diskutiert werden. Da wird festgelegt, dass die KJM in Entscheidungen der Selbstkontrolleinrichtungen so gut wie nicht mehr eingreifen kann. Sie darf nur selbst aktiv werden, wenn der rechtliche Bewertungsspielraum überschritten wird. Das heißt auf Deutsch: Nur bei gröbsten Verstößen darf die KJM eingreifen. Wohlgemerkt, die Selbstkontrollein
richtungen werden von den Veranstaltern selbst eingesetzt. Hiermit ist meiner Meinung nach der hoheitliche Anspruch des Jugendschutzes zu weit in die Hände nichtstaatlicher Gremien gelegt. Jugendschutz ist aber - so sehe ich das - eine ureigenste staatliche Aufgabe. Hier zieht sich nach dem Entwurf der Staat zu sehr aus dem Jugendschutz zurück.
Meine Kolleginnen und Kollegen, in der nächsten Woche werden die Ministerpräsidenten zu diesem Thema wieder tagen. Ich hoffe, die kritischen Worte, die nicht nur hier von mir formuliert wurden, sondern auch von der Landesmedienanstalt und anderen Gremien, erreichen die Ministerpräsidenten, und wir werden im Siebenten Rundfunkänderungsstaatsvertrag hoffentlich eine verbesserte Version zur Beschlussfassung vorliegen haben. Für heute danke ich Ihnen für Ihre Geduld.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Wenn ich diesen Antrag von Ihnen, Herr Busemann, lese, dann frage ich mich, welches Ziel Sie in der Sache wirklich verfolgen. Mir sind da drei Möglichkeiten eingefallen. Zum ersten kann es sein, dass es Ihnen wirklich richtig um die Sache geht, wie Sie es in der Überschrift Ihres Antrages formuliert haben,
nämlich darum, dass wir in diesem Land schon vor geraumer Zeit die Möglichkeit eröffnet haben, ein Systems von Prämien und Zulagen für Beamtinnen und Beamte zu schaffen, es aber bisher in keinem Fall realisiert haben. Wir haben sogar ursprünglich in den mittelfristigen Finanzplan 2001 bis 2005 Gelder eingestellt,
um solche Prämien zu zahlen. Aber dann haben wir sie wieder gestrichen und haben damit bis zum Jahr 2005 die Aussicht, diese Möglichkeit der Prämierung einzuführen, sozusagen in den Hintergrund gestellt. Es gibt keine Möglichkeit dazu.
Warum wir das so gemacht haben, warum die Landesregierung das so vertritt, haben wir Ihnen mit klaren Worten vor einem Monat deutlich gemacht. Sie haben nämlich in derselben Sache im letzten Plenarsitzungsabschnitt, im Januar, dazu eine Anfrage gestellt, und diese Anfrage wurde beantwortet. Die Antwort lautete, dass auch die Landesregierung die Möglichkeit, Prämien und Zulagen an Beamtinnen und Beamte mit besonderen Leistungen zu zahlen, für sinnvoll hält. Deshalb - das haben Sie schon zitiert - wurde die rechtliche Grundlage dafür geschaffen.
Aber die Landesregierung hat auch klar und unmissverständlich in ihrer Antwort auf Ihre Anfrage gesagt: Wir können das nicht, weil dafür kein Geld da ist. Das ist im Sinne der Sache keine erfreuliche Antwort, da sind wir uns einig. Aber die Antwort, finde ich, ist eigentlich wenig interpretierbar.
Geldmangel ist Geldmangel oder, wie mancher schon einmal gesagt hat, „Weges Geld ist weges Geld“.
Warum also stellen Sie eine Anfrage, auf die Sie im Januar eine eindeutige Antwort erhalten haben, im Februar noch einmal und diesmal im Kleid eines Antrages? Erwarten Sie allen Ernstes diesmal eine irgendwie andersgeartete Antwort auf diesen Antrag? Nein, Sie wollen durch diesen erneuten Vorstoß in derselben Sache erreichen, dass sich nun doch etwas bewegt und dass wir Geld lockermachen für Prämien und Zulagen.
- Nein. - Ihr Antrag, Herr Busemann, wäre aber erheblich glaubwürdiger, wenn Sie zu diesem Antrag und zu dieser Forderung auch sagen würden, wie das seriös finanziert werden kann. Es tut mir Leid, das haben Sie nicht.
Ihr Hinweis, die Beamtinnen und Beamten hätten diese Gelder bereits erwirtschaftet, ist nicht brauchbar, der ist Lyrik. Denn Sie wissen genauso wie ich, liebe Kolleginnen und Kollegen von der CDU, was wir mit den durch die Opfer der Beamtinnen und Beamten eingesparten Mitteln getan haben.
- Wir haben damit nicht Haushaltslöcher gestopft, wie Sie das formulieren, sondern wir haben damit Bewegungsfreiheit gewonnen und haben die Mittel gezielt eingesetzt, und zwar genau in dem Sektor, für den Sie jetzt Prämien und Zulagen fordern, nämlich für den Schulsektor.
Ich nenne Ihnen gern noch einmal Zahlen, obwohl Sie diese eigentlich parat haben müssten. Wir haben im Jahr 2000 Geld für 1 000 zusätzliche Stellen im Lehrerbereich für die Verlässliche Grundschule geschaffen; wir haben 500 Stellen für die allgemeine Unterrichtsversorgung zur Verfügung gestellt - das kostet Geld -: im Jahr 2001 600 Stellen zur Verbesserung der allgemeinen Unterrichtsversorgung und im Jahr 2002 500 Stellen Verbesserung der zur allgemeinen Unterrichtsversorgung, dazu Geld für zusätzlichen naturwissenschaftlichen Unterricht plus Geld für mehr Förderstunden in der
5. und 6. Klasse plus Geld für eine verbesserte Hochbegabtenförderung plus Geld für Lehrerstunden und damit 120 neue Ganztagsschulen eingerichtet werden können plus Geld für Sozialpädagogenstellen in Hauptschulen. Das macht 310 Millionen DM für die Jahre 2000 bis 2003. 310 Millionen DM sind, wenn ich richtig rechne, mehr als die von Ihnen genannten eingesparten 200 Millionen DM, die durch die veränderte Besoldungsstruktur aufgrund des Bundesgesetzes von Ihnen und vom Beamtenbund errechnet wurden.
Wir haben also das Geld nicht einfach eingestrichen, wir haben damit konzentriert genau in diesen Bereich investiert, in dem Sie jetzt noch einmal mit Ihrer Initiative, wenn Sie Bayern als Beispiel nehmen, um etwa 7 Millionen DM aufstocken wollen. 310 Millionen DM sind hineingeflossen, für 7 Millionen machen Sie sich stark. Herr Busemann, bei aller Einigkeit darüber, dass der Gedanke von Prämien und Zulagen gut ist und dass er genutzt werden sollte, ist es aber gerade der Schulsektor, der jetzt schon von uns massiv durch die von mir genannten Maßnahmen gestützt und gestärkt wird. Meinen Sie nicht, dass auch das - und nicht nur eine einmalig gezahlte Prämie oder eine vielleicht für ein Jahr hingelegte Zulage - eine Stärkung der Motivation der Lehrkräfte ist?
Bei aller Einigkeit, dass unsere Lehrkräfte gestärkt, unterstützt und motiviert werden sollten, frage ich mich, ob es dann nicht sinnvoll ist, dass wir, wenn wir an Prämien und Zulagen denken, an die Beamtinnen und Beamten in den Sektoren der Landesverwaltung denken sollten, die nur abliefert haben, die nur Einschränkungen erlebt haben und deren Etats - auch zu Gunsten von Bildung und innerer Sicherheit - zusammengestrichen worden sind, die besondere Leistungen erbringen? Ich denke, diese Frage ist zulässig.
Bei der festgestellten Einigkeit über das Ziel, dass Prämien ein gutes Mittel zur Motivation sind, finde ich den zweiten Grund, aus dem Sie diesen Antrag gestellt haben, nämlich eine Aussage unseres Ministerpräsidenten dazu in einem Zeitungsinterview. Er hat übrigens nicht gefordert, dass Prämien gezahlt werden, sondern er hat gesagt, dass er das System, die Idee, Prämien zu zahlen, gut findet.
Also, unser Ministerpräsident ist derselben Meinung wie wir, wenn es um Leistungsprämien geht.
Sie wollen natürlich gern die Landesregierung festzurren, dass es zu Prämien kommt. Aber da fällt mir die gestrige Debatte zu Gorleben ein, meine Damen und Herren. Da wurde auch gesagt: Ja - wir, die Niedersachsen-CDU, und alle in Niedersachsen sind sich einig, dass wir erst einmal eine Überprüfung des Standortes brauchen. Währenddessen geht der frisch gebackene CDUKanzlerkandidat hin und sagt: Ich weiß schon, wohin es kommt, nämlich nach Gorleben. - Das ist keine Gradlinigkeit, das ist keine Ehrlichkeit. Da bin ich mehr für die Ehrlichkeit, die Sie bezüglich Ihrer Anfrage im letzten Plenum erfahren haben, indem wir gesagt haben: Wir finden das gut, aber wir schaffen es nicht; wir haben dafür kein Geld. Punkt. Das gefällt mir besser als dieses Geeiere, das ich auch bei anderen Themen von Ihnen höre.
Der dritte Grund, den ich für Ihren Antrag ausfindig gemacht habe: Sie wollten hier gern noch einmal das Stichwort „Nachtragshaushalt“ diskutieren.
Denn Sie sagen, die etwa fünf, sieben oder wie viele Millionen, die Sie für diese Prämienzahlungen ausgeben wollen, sollten in einen sowieso notwendigen Nachtragshaushalt eingebracht werden.
Nein, ich möchte gerne zu Ende sprechen. - Ich bin keine Haushaltsfachfrau. Aber nach meinem Verständnis braucht man einen Nachtragshaushalt dann, wenn man draufzulegen in der Lage ist, wenn man noch mehr machen will, als man bisher beschlossen hat. Das heißt, man hat zusätzliches Geld und kann es ausgeben. Das wollen Sie. Wir wollen das nicht. Unser Haushaltsplan ist zwei Monate alt. Er steht.
Wir haben ihn nur deswegen beschließen können, weil wir zum Teil schmerzliche Eingriffe in den bisherigen Haushalt gemacht haben. Wir mussten Abstriche machen. Aber Aufstocken, das ist nun wirklich nicht drin.
Also kein Nachtrag, meine Damen und Herren. Entsprechend die Absage an Ihren Vorstoß, derzeit das Prämien- und Zulagensystem mit Geld zu unterfüttern. - Danke schön.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Der Ausschuss hat mehrheitlich beschlossen, den Antrag abzulehnen. Ich möchte den Bericht im Übrigen zu Protokoll geben.
Mit seiner Beschlussempfehlung in der Drucksache 3014 empfiehlt Ihnen der Kultusausschuss mit den Stimmen der Vertreterinnen und Vertreter der Fraktion der SPD, den Antrag abzulehnen. Die Ausschussmitglieder der CDU-Fraktion stimmten gegen diese Empfehlung. Das Ausschussmitglied der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen enthielt sich der Stimme.
Das Land Niedersachsen ist Träger der Förderschule für jugendliche Aussiedlerinnen und Aussiedler in Celle. Im Verbundsystem mit dem CJD Jugenddorf Celle bietet diese Schule Kindern von Spätaussiedlern aus dem russisch- und polnischsprachigen Raum eine intensive sprachliche Schulung an.
Im Zuge der Beratungen wurde im federführenden Kultusausschuss durch ein Mitglied der antragstellenden Fraktion eingeräumt, dass der Erhalt der Förderschule in ihrer derzeitigen Form gewährleistet sei. Jedoch müsse weiterhin das Internat des CJD Jugenddorfes Celle aufgrund rückläufiger Schülerzahlen in seinem Bestand als gefährdet bezeichnet werden.
Hierzu legten Vertreter der Landesregierung dar, dass die Kriterien für die Aufnahme an der Schule nicht geändert worden seien. Das Internat des CJD
sei gleichwohl in immer geringerem Umfange ausgelastet. Es habe aber bisher nicht schließen müssen, da der Bund auf entsprechende Anträge hin immer wieder einen höheren Tagessatz als in anderen Bundesländern sonst üblich gewährt habe. Im Jahr 2001 habe der Bund erstmals einen solchen Antrag abgelehnt mit der Folge, dass dem CJD nur noch ein Tagessatz von 50 DM pro Tag und Schüler gezahlt wurde. Mit einem solchen Tagessatz seien die laufenden Kosten aber bei weitem nicht zu decken. In einem gemeinsamen Gespräch aller Beteiligten sei daraufhin der Beschluss gefasst worden, das Internat zum 31. Juli 2002 zu schließen.
Ein Ausschussmitglied der SPD-Fraktion trug vor, dass sich der Ministerpräsident persönlich bei der Bundesfamilienministerin dafür eingesetzt habe, dass seitens des Bundes im Haushaltsjahr 2001 noch einmal die erhöhten Tagessätze gezahlt würden. Das Bundesfamilienministerium habe diesem Anliegen allerdings nicht entsprochen. Wenn das Internat geschlossen werde, so das Ausschussmitglied, werde die Kompetenz des Jugenddorfes jedoch nicht verloren gehen. Vielmehr solle nur die Struktur der Förderung und der Integrationsarbeit im Jugenddorf geändert werden.
Das Ausschussmitglied der Fraktion der Grünen vertrat den Standpunkt, dass auch die Förderschule selbst in absehbarer Zeit schließen müsse. Es solle geprüft werden, ob die Kompetenz der Lehrerinnen und Lehrer sowie der Sozialpädagoginnen und Sozialpädagogen der Förderschule nicht zur Betreuung von straffällig gewordenen jugendlichen Migranten genutzt werden könne. Diese Jugendlichen sollten dann nicht in Haftanstalten untergebracht werden, sondern im Jugenddorf. Die erforderlichen Gebäude und das personelle Know-how stünden zur Verfügung.
Die mitberatenden Ausschüsse für innere Verwaltung sowie für Bundes- und Europaangelegenheiten schlossen sich dem Votum des federführenden Kultusausschusses bei gleichem Abstimmungsverhalten an.
Der Kultusausschuss bittet Sie, der Beschlussempfehlung in der Drucksache 3014 zuzustimmen.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Ich möchte in Erinnerung rufen: Die Förderschule des Landes Niedersachsen für spätausgesiedelte Kinder und Jugendliche - so ist der offizielle Name - ist ein Kind ihrer Zeit. Sie wurde im Jahr 1958 gegründet und in Gang gesetzt, weil damals Aussiedlerinnen und Aussiedler nur in sehr geringer Zahl durch den Eisernen Vorhang bei uns angekommen sind. Damals machte es Sinn, für alle Kinder von Aussiedlern und Aussiedlerinnen, die gekommen sind, eine Internatsbeschulung anzubieten. Damals war auch Platz für alle diese Kinder.
Heute haben wir mehr als 20 000 Kinder von spätausgesiedelten Deutschen, die in Niedersachsen leben. Das passt nicht in eine Förderschule in der Form, wie sie im Jahr 1958 angedacht war.
Das passt auch nicht mehr in unser Verständnis, das wir von Integration und Förderung haben. Heute gibt es eigentlich einheitlich in der gesamten Bundesrepublik - das wurde schon gesagt - die Vorstellung: Integration und Förderung, auch sprachliche Förderung, muss in aller erster Linie vor Ort, wohnortnah und dezentral passieren. Das wird in den anderen Bundesländern so gesehen, das wird auch in dem neu gefassten Integrationskonzept der Bundesregierung noch einmal unterstrichen.
Wir sind uns einig in der Einschätzung, dass diese Sprachförderung so, wie sie heute z. B. in Niedersachsen an den allgemein bildenden Schulen läuft - ich darf erwähnen: es stehen 90 Millionen DM für zusätzliche Förderstunden, für Sprachförderung an den allgemein bildenden Schulen in unserem Etat; das entspricht einer Zahl von 1 000 Lehrerinnen- und Lehrerstellen -, nicht alle Schülerinnen und Schüler erreicht.
Deshalb hat sich z. B. auch das Profil der Förderschule völlig verändert. Während früher die Förderschule mit Schülerinnen und Schülern im Alter von zehn Jahren anfing, also in der Orientierungsstufe, sind heute wirklich nur die Jugendlichen dort, die wir die sprachlichen und gesellschaftlichen Seiteneinsteiger nennen. Das heißt, das Durchschnittsalter dieser Jugendlichen liegt bereits bei 16 Jahren. 16-jährige Schülerinnen und Schüler mit sprachlichen Schwierigkeiten brauchen nicht nur die sprachliche Förderung. Sie brauchen vor allem gleichzeitig eine berufliche Qualifizierung oder zumindest eine berufliche Orientierung, wenn denn der Schulabschluss schwer zu erreichen ist.
Darauf hat das Christliche Jugenddorf, in dem die Förderschule installiert ist, reagiert. Das Jugenddorf bietet in qualifizierter Form Berufsqualifizierung und -orientierung an. Dort gibt es die Fachklasse für Altenpflege, dort gibt es Fachklassen bzw. Berufsorientierungsprojekte für Gartenbaugestaltung, dort gibt es PC-Angebote, Computerschulungen und eine sehr gute Zusammenarbeit mit den örtlichen Berufsschulen, um Berufsvorbereitungsjahre und Berufsqualifizierungsinitiativen durchzuführen. Da ist der Schwerpunkt. Zusätzlich kommt die Sprachförderung der Förderschule hinzu. So ist die Zukunft eigentlich auch nur zu definieren.
Das Jugenddorf - das ist gesagt worden - sieht sich nicht mehr in der Lage, das Internat für diese Förderschule vorzuhalten. Dann kann die Landesregie
rung nicht anders reagieren, als diese Förderschule in Frage zu stellen.
Ich glaube auch, dass es, um die Probleme zu lösen, die wir alle miteinander sehen und auch angepackt wissen wollen, nicht der einzige Weg ist, diese Förderschule zu erhalten. Das, was wir erhalten müssen, sind die Förderung und Qualifizierung, so wie sie das Jugenddorf anbietet, mit sprachlicher Förderung. Ich bin davon überzeugt - auch wenn ich zurzeit keine andere Lösung sehe, als diese Förderschule ebenso zu schließen wie das Internat -, dass im Jugenddorf die Ansätze und die Kompetenzen dazu vorhanden sind, hier Jugendlichen mit diesen Problemen eine Qualifizierung und Förderung anzubieten, wie wir sie brauchen und wie wir sie noch in vielen anderen Regionen und Kommunen unseres Landes verbessern müssen. Es gibt sie auch. Es gibt übrigens auch die Internatsunterbringung für Spätaussiedlerkinder mit Sprachförderung. Wir haben das ja von der Ministerin gehört. Es gibt eine andere Einrichtung, die zu denselben Konditionen, zu denen sich das Jugenddorf im Moment nicht in der Lage sieht, das Internat weiterzuführen, ein Internatsangebot für die übrig bleibenden 18 Schülerinnen und Schüler anbietet.
Ich plädiere dafür - auch wenn die Förderschule in ihrer Existenz gefährdet ist und dem Ende zugeht -, im Jugenddorf mit Hilfe der Landesregierung ein Kompetenzzentrum zu entwickeln. Ich weiß, man könnte jetzt zynisch sagen: Die Förderschule ist als staatliche Schule am Ende. Andere freie Träger, die in diesem Bereich Qualifizierung und Integrationsbemühungen betreiben, bieten das in freier Trägerschaft an, auch die sprachliche Schulung. Es wäre theoretisch möglich, dass die Förderschule auch von dem Jugenddorf übernommen werden könnte, um hier das Kompaktpaket anzubieten. Das ist nicht der einzige Weg, hier zu einem Angebot für jugendliche Seiteneinsteiger ohne Schulabschluss und ohne Berufsorientierung zu kommen.
Herr Dr. Stumpf, Sie haben es selbst gesagt: Ein Abschluss in der Förderschule des Landes ist eine Seltenheit.
Das haben Sie gerade gesagt. Das heißt, auch die Förderschule hat große Probleme, Kinder, die so spät zu ihr kommen, Jugendliche, die so spät in
diese Schule kommen, in einen Schulabschluss zu führen. Wir müssen uns also alle gemeinsam überlegen, dass hier Verbesserungen eingebracht werden, dass wir hier zu besseren Abschlüssen und zu noch besserer Qualifizierung kommen.
Ich plädiere dafür: Auch wenn die Förderschule in ihrer Existenz gefährdet ist, lassen Sie uns gemeinsam in diesem Jugenddorf ein Projekt und eine Qualifizierung hinkriegen, die unseren Jugendlichen mit sprachlichen Problemen weiterhilft!
Ich habe große Erwartungen an die interministerielle Arbeitsgruppe, die zum Thema Integration insgesamt arbeitet. Dann kommen wir vielleicht auch zu dem, Frau Litfin, was Sie sich wünschen, dass es hier nicht nur segmental für die Aussiedlerkinder zu Angeboten kommt, sondern für alle Kinder mit sprachlichen Schwierigkeiten.
Meine Damen und Herren, wir sehen in dem Antrag der CDU-Fraktion und den nachgereichten Informationen von Herrn Stumpf eigentlich nicht die Grundlage, auf diesem Gebiet weiterzuarbeiten. Ich denke, wir können das auch ohne diesen Antrag. Deswegen werden wir diesen Antrag ablehnen.
Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! In der Drucksache 2765 empfiehlt Ihnen der federführende Ausschuss für Verwaltungsreform und öffentliches Dienstrecht mit den Stimmen der Ausschussmitglieder der Fraktionen der SPD und der CDU, den Gesetzentwurf der Landesregierung mit den aus der Beschlussempfehlung ersichtlichen Änderungen anzunehmen. Das Ausschussmitglied der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen hat sich in der Schlussabstimmung der Stimme enthalten. Die mitberatenden Ausschüsse haben im Wesentlichen wie der federführende Ausschuss gestimmt.
Die Ausschussberatungen betrafen vor allem zwei Änderungsanträge der SPD-Fraktion. Ich möchte Ihnen die Schwerpunkte dieser Änderungen und den Inhalt der Beratungen dazu zusammenfassend darstellen. Für die weiteren Einzelheiten erlaube ich mir, Sie auf den bereits vorliegenden schriftlichen Bericht zu verweisen.
Der erste Schwerpunkt der Änderungsempfehlungen betrifft die Besoldungsgruppen. Neben Änderungen in den Funktionszusätzen der Ämter der Seminarkonrektoren und Seminarrektoren in der Besoldungsgruppe A 14 erfährt vor allem die Niedersächsische Besoldungsordnung B wesentliche Änderungen. Sie finden diese in Artikel 1 § 1 Nr. 3 Buchst. d. Nachdem im Gesetzentwurf nur eine Höherstufung der Ämter „Kanzlerin, Kanzler“ und „Präsidentin, Präsident“ einer Hochschule vorgesehen war, wird nunmehr eine umfangreiche Umstufung bzw. Einstufung von Leitungsämtern von Landesbehörden der Mittelinstanz oder von Landesbetrieben empfohlen. Die einzelnen Emp
fehlungen gehen auf eine Neubewertung der betroffenen Ämter zurück, der sich der Ausschuss angeschlossen hat.
Die Herabstufungen im Rahmen der B-Besoldung machen es aus Gründen des Vertrauensschutzes notwendig, die im Gesetzentwurf vorgesehene Überleitungsvorschrift des Artikel 1 § 2 zu ergänzen. In einem neuen Absatz 2 ist daher die Zahlung einer ruhegehaltfähigen Überleitungszulage für herabgestufte Ämter vorgesehen. Die betroffene Beamtin oder der betroffene Beamte wird mit der empfohlenen Änderung im Ergebnis so stehen, wie es ohne die Herabstufung des Amtes der Fall wäre. Eine Abweichung ist allerdings für die auf Zeit übertragenen Ämter vorgesehen. In dem neuen Satz 5 soll nämlich geregelt werden, dass in den Ämtern, die auf Zeit übertragen wurden, die Überleitungszulage nur bis zum Ende der laufenden Amtszeit gezahlt wird. An dieser in den Beratungen nicht unumstrittenen Empfehlung hielt der Ausschuss auch nach erneuter Aufnahme der Beratung fest.
Lassen Sie mich nun zu dem zweiten Schwerpunkt der Änderungsempfehlungen kommen. Mit der Einfügung des Artikels 5/2 soll Altersteilzeit nunmehr auch für teilzeitbeschäftigte Richterinnen und Richter in Niedersachsen ermöglicht werden. Ich will mich an dieser Stelle auf die Schilderung eines Beratungsschwerpunktes beschränken.
Der Gesetzgebungs- und Beratungsdienst wies zu Absatz 1 Satz 1 der empfohlenen Regelung auf rechtliche Bedenken hin, weil der vorgeschlagene Referenzzeitraum für die Berechnung des maßgeblichen Dienstumfanges während der Altersteilzeit von der Berechnungsvorgabe im Rahmenrecht abweiche. Der Ausschuss griff diese Bedenken im Ergebnis nicht auf, zumal auch der GBD darauf hinwies, dass der Bund seinerseits die Regelungskompetenz für eine so in Einzelheiten gehende rahmenrechtliche Vorgabe überschritten haben könnte.
Meine Damen und Herren, ich möchte mich auf diese Zusammenfassung beschränken und meinen Bericht schließen. Ich bitte Sie im Namen des Ausschusses für Verwaltungsreform und öffentliches Dienstrecht, den vorliegenden Gesetzentwurf mit den Änderungsempfehlungen zu beschließen.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Der Antrag, über den wir hier debattieren, macht auf eine Institution aufmerksam, die im Lande Niedersachsen praktisch einmalig ist. In Celle gibt es eine Schule mit einem besonderen Auftrag und mit einer ganz eigenen Geschichte. Deshalb ist diese Schule auch nicht, wie üblich, in der Trägerschaft einer Kommune oder eines Landkreises, sondern das Land selbst ist Träger der Förderschule für jugendliche Aussiedlerinnen und Aussiedler. Seit 43 Jahren - Frau Ministerin Jürgens-Pieper hat es schon gesagt - bietet diese Schule Kindern von Spätaussiedlern aus dem russisch- und polnischsprachigen Raum eine intensive sprachliche Schulung, und zwar im Internatsbereich. Das Internat betreibt das Christliche Jugenddorf CJD, in das die Förderschule integriert ist. Neben dem schulischen Betrieb der Förderschule bietet das CJD den Schülerinnen und Schülern in seinem Internat verschiedene Angebote, Sozialtraining, IT-Schulung und berufsvorbereitende Maßnahmen.
Ich nehme diesen Antrag gern zum Anlass, um allen an dieser Einrichtung Beteiligten meine Anerkennung auszusprechen für ihre in diesen Jahren geleistete engagierte Arbeit, den Lehrerinnen und Lehrern für ihren Einsatz in der Förderschule und den Fachkräften des Christlichen Jugenddorfes für ihre Arbeit mit den Kindern und Jugendlichen nach dem Unterricht. Schließlich haben die jungen Menschen nach ihrer Ankunft im oftmals unbekannten Deutschland mit einem ganzen Strauß von Schwierigkeiten zu kämpfen. Nicht nur die Sprache bildet eine Hürde, sondern auch oft die andere Kultur und oft genug auch die nicht gerade rosigen Aussichten dafür, Ausbildung und Beruf auf eine Reihe zu bringen.
Vor 40 Jahren kamen nur einige wenige Spätaussiedler durch den Eisernen Vorhang zu uns, und davon nutzten verhältnismäßig viele das Angebot der Förderschule. Heute kommen jährlich tausende von Aussiedlerinnen und Aussiedlern, aber die Schülerzahl in der Förderschule ist in den letzten Jahren kontinuierlich gesunken. Aktuell sind es, wie wir schon gehört haben, 140 Schülerinnen und Schüler.
Was ist da passiert? - Wenn man den Antrag der CDU-Fraktion dazu durchliest, kann man den Eindruck gewinnen, dass die sinkenden Schülerzahlen allein an einer Blockadehaltung der zuweisenden Institutionen liegen. Das können Sie im Ernst nicht gemeint haben, Kollege Dr. Stumpf. Denn damit blenden Sie die enormen Anstrengungen des Landes in Sachen Sprachförderung und Integration aus, die in den letzten Jahren dort unternommen wurden, wo sich die spät ausgesiedelten Familien niedergelassen haben, in den Berufsschulen, in den Schulen vor Ort, in den Beratungsstellen, in den Netzwerken, in den Vereinen und den Gemeinschaften, in den Kommunen, die sich der Integration verschrieben haben. Frau Ministerin Jürgens-Pieper hat dazu die Zahlen genannt, und ich kann Ihnen, Kollege Stumpf, das Ausblenden dieser Fakten eigentlich nur nachsehen, wenn ich davon ausgehe, dass es Ihnen bei diesem Antrag zur Integration ausschließlich um die Förderschule in Celle und ihre weitere Zukunft geht. Dann allerdings finde ich die Überschrift, die Sie gewählt haben, etwas irreführend.
Aber nun zur Förderschule. Die Sprachförderung mit Internatsunterbringung ist also in den letzten Jahren für die ankommenden Familien aus Russland und Polen offensichtlich nicht mehr so attraktiv. Sie nutzen zunehmend die - wie ich es einmal
nenne - ambulanten Angebote vor Ort, u. a. auch deshalb, weil ihnen der Familienzusammenhalt oftmals sehr wichtig ist. Die Jugendlichen wollen nach der Einreise in das fremde Deutschland nicht auch noch von ihren Eltern und Geschwistern getrennt werden, wie immer man das auch beurteilt, ob positiv oder negativ. Darum ist es falsch und verzerrend, wenn in dem Antrag behauptet wird, vor allem die restriktiven Zuweisungsverfahren seien Ursache für die sinkenden Schülerzahlen.
Sie fordern weiterhin den Erhalt der Förderschule. Da haben Sie mich mit im Boot, und das schon so lange, wie ich Mitglied im Niedersächsischen Landtag und im Kultusausschuss bin; das sind genau elf Jahre. Einen wichtigen Schritt zur Sicherung der Förderschule hat die Landesregierung vor gut einem Jahr getan. In einem Kabinettsbeschluss hat sie den Fortbestand bestätigt, und sie hat in all den Jahren das geleistet, was sie als Schulträger zu leisten hatte: Sie hat immer für die nötige Ausstattung dieser Förderschule in Celle mit Lehrerinnen und Lehrern gesorgt.
Was dem CJD, ganz aktuell, das Leben schwer macht, sind Leistungen, die die Einrichtung für die Internatsunterbringung der Schülerinnen und Schüler erhält. Diese Leistungen kommen aus dem Garantiefonds des Bundesfamilienministeriums, sind also keine Landesmittel, sondern Bundeszahlungen. Diese Zahlungen - ein Tagessatz von 50 DM - sind in den vergangenen Jahren kontinuierlich abgesenkt worden. Das CJD hat über geraume Zeit per Ausnahmeregelung noch höhere Tagessätze erhalten; für dieses Jahr ist keine Ausnahmeregelung mehr in Aussicht gestellt worden, weil u. a. der Bundesrechnungshof auf gleichen Tagessätzen für alle diese Einrichtungen in der gesamten Bundesrepublik bestanden hat. Diese Veränderung ist dem Jugenddorf wiederholt und rechtzeitig mitgeteilt worden. Hier entsteht dem Jugenddorf eine Finanzierungslücke - das ist unbestritten -, wenn auch der Internatsbetrieb nicht die einzige Finanzierungsquelle des CJD ist, sondern etwa ein Viertel des Kostenrahmens der gesamten Einrichtung ausmacht.
Diese Mindereinnahmen können nicht dem Land angelastet werden und schon gar nicht über einen Entschließungsantrag geheilt werden. Das Jugenddorf muss die veränderten Realitäten anerkennen und sich darauf einstellen. Vergleichbare Einrichtungen in anderen Bundesländern haben keine besseren Arbeits- und Finanzierungsbedingungen.
Gleichwohl ist es der Anstrengung aller Engagierten wert, die Arbeit der Förderschule und vor allem auch des CJD in Sachen Integration den veränderten Gegebenheiten anzupassen und ein zeitgemäßes Profil für Schule und CJD zu erarbeiten. Hier sind schließlich Kompetenzen konzentriert, die uns weiterhelfen können bei unserer immer umfangreicher werdenden Aufgabe zur Integration. Wir sollten diese Kompetenzen nicht ungenutzt lassen. Doch dazu müssen wir uns alle gemeinsam um ein Konzept bemühen.
Zwei weitere Voraussetzungen müssen auch noch mit einbezogen werden. Zum einen wird derzeit in Berlin die Sprachförderung von Migrantinnen und Migranten neu konzipiert, und es wird auf neue Förderrichtlinien gesetzt. Was ich mir in den letzten Tagen dazu habe berichten lassen, stimmt mich für den Betrieb des CJD optimistisch. Die Internatsbeschulung wird wohl weiterhin so finanziert wie bisher. Zum Zweiten erwarten wir einen Bericht der schon zitierten Lenkungsgruppe, ein umfassendes Konzept zur künftigen Integrationsarbeit des Landes. Es ist auch vom Ministerpräsidenten dem Leiter des Jugenddorfes in einem Gespräch in dieser Woche zugesagt worden, dass wir noch in diesem Jahr zu einem umfassenden Konzept kommen wollen. Dieser Bericht der Lenkungsgruppe ich sagte es schon - soll schon im Herbst vorliegen. Darin erwarten wir eine klare Aussage zum künftigen Stellenwert des Christlichen Jugenddorfes in Celle in Bezug auf sein Integrations- und Qualifizierungsangebot und seine Zusammenarbeit mit der Förderschule.
Integrationsarbeit ist eine wichtige Aufgabe der kommenden Jahre. Sie ist eine Herausforderung an unsere Gesellschaft und dringend nötig, um den sozialen Frieden in unserer Gesellschaft zu erreichen und zu sichern. Wir sollten alle Kompetenzen in unserem Land sinnvoll zusammenbinden und effizient einsetzen. Darum nutzen wir die kommenden Wochen, um auf der Grundlage der genannten veränderten Konditionen gemeinsam herauszufinden, in welchem Umfang und mit welchen Angeboten Christliches Jugenddorf und Förderschule in Celle ein Baustein in dieser unserer notwendigen Integrationsarbeit sein werden. - Ich danke Ihnen.
Frau Präsidentin, ich möchte beantragen, dass die Federführung geändert wird. Hier wurde gesagt, der Ausschuss für Bundes- und Europaangelegen
heiten solle die Federführung haben. Ich beantrage, dass die Federführung beim Kultusausschuss liegt.
Frau Präsidentin! Meine lieben anwesenden Kolleginnen und Kollegen!
Das Thema Gebührenbefreiung für Zweitgeräte oder überhaupt für Geräte in den Schulen ist in letzter Zeit aus zwei Richtungen auf uns zugekommen. Zum einen war im Januar letzten Jahres eine ganz lapidare Nachricht im Schulverwaltungsblatt zu lesen, in der noch einmal darauf hingewiesen wurde, dass die Rundfunkgeräte und Fernsehempfänger in den Schulen anzumelden sind und dass für jedes Gerät an die GEZ zu zahlen ist, also für das erste, für das zweite, für das dritte und für alle weiteren Geräte. Das heißt, für jedes Gerät fallen 10,40 DM Grundgebühr und 21,18 DM Fernsehgebühr an. Das macht zusammen 31,58 DM.
Diese Meldung beinhaltete also nichts Neues, aber wir hatten den Eindruck, dass das für manche Schulen doch neu war. Das hat für ein bisschen Aufregung gesorgt.
Die Schulen sind nur an einer Stelle gebührenbefreit. Sie müssen zwar für alle Geräte bezahlen, aber für drei Monate des Jahres sind sie von der Gebühr befreit.
Diese Tatsache wurde im Schulverwaltungsblatt gemeldet.
Diese Regelung besteht seit neun Jahren. Damals hat die Landesregierung eine entsprechende Verordnung formuliert und sich dabei am Rundfunkänderungsstaatsvertrag orientiert.
Der zweite Anlass dafür, dass dies plötzlich wieder zum Thema geworden ist, war, dass entdeckt wurde, dass im vergangenen Jahr zwei Länder, die den NDR - so wie Niedersachsen - mittragen, eine Befreiung für Zweitgeräte in den Schulen verordnet haben. Das heißt, für jede Schule werden ein Gerät angemeldet und für ein Gerät die Grundgebühr und die Fernsehgebühr bezahlt, und alle weiteren Geräte sind freigestellt, zusätzlich zu der dreimonatigen Freistellung, die es ohnehin gibt.
Nun gut, das liegt durchaus im Ermessen der einzelnen Länder. Aber eigentlich war abgemacht, dass sich die Länder untereinander informieren, wenn sie ihre Verordnungen ändern. Das ist jedoch nicht passiert. Nun stand Niedersachsen da und hat nicht so reagiert, während Hamburg und Schleswig-Holstein diese Befreiung für die Zweitgeräte per Verordnung längst in Kraft gesetzt haben.
Wir finden, dass hier eine Ungleichheit herrscht, die wir auszugleichen haben. Deswegen sprechen wir uns in unserem Antrag für die Befreiung von den Gebühren für die Zweitgeräte aus und machen es insofern z. B. Bayern nach, wo das schon seit zwanzig Jahren so gehandhabt wird.
Ich denke, das ist keiner großen Rede, sondern nur des Handelns wert. Ich glaube auch nicht, dass das in den Fraktionen strittig gesehen wird. Deswegen haben wir verabredet, dass hierüber sofort abgestimmt wird.
Das lässt auf eine ziemlich schnelle Ausführung und darauf hoffen, dass das recht bald auch bei den Schulträgern ankommt.
Ich möchte nur noch einen Vorbehalt nennen. Zurzeit finden die Verhandlungen über die Novellierung des Rundfunkänderungsstaatsvertrags statt. Darin haben die Länder vereinbart, sich in Arbeitsgruppen z. B. auch über eine künftige Neustrukturierung der Gebühren zu unterhalten.
Es kann sein, dass es zu neuen Gebührenstrukturen kommen wird, und dann kann es auch sein, dass wir über die Befreiung für die Zweitgeräte noch einmal reden werden. Dies wäre der Vorbehalt. Aber ich meine, dass wir nicht so lange warten und schon jetzt beschließen sollten, dass wir in die Richtung der Befreiung im Sinne unserer Nachbarn
Hamburg und Schleswig-Holstein gehen. Wenn es so weit ist, dass in den Arbeitsgruppen völlig neue Gebührenstrukturen bundesweit vereinbart werden, können wir darauf noch reagieren. Ich bitte also um Ihr Einverständnis. Dann werden wir das Vorhaben schnell auf den Weg gebracht haben, sodass vielleicht noch in diesem Jahr die Verordnung bei den Schulen in Mark und Pfennig ankommt. - Ich danke Ihnen.
Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Herr Pörtner, ich habe in Ihrer Rede mächtig viele Textbausteine aus Ihrer ersten Rede entdeckt.
Herr Pörtner hat Recht, und ich kann das nur wiederholen: Das Thema Deutsche Welle beschäftigt dieses Parlament jetzt schon seit eineinviertel Jahren. Was den Zeitraum angeht, stimmen wir also überein.
Anstoß war der Antrag der CDU-Fraktion aus dem September 1999. In diesem Antrag hat sich die CDU - das wurde gerade wiederholt - über die damals erstmals genannten Etatkürzungen beschwert. Aus Sicht der CDU-Fraktion waren damals Kürzungen von knapp 90 Millionen DM bis 2003 vorgesehen. Die CDU-Fraktion hat sich in ihrem Antrag ferner über den anstehenden Stellenabbau beschwert und dabei die Zahl von 470 Mitarbeitern plus 200 Mitarbeiter über den Vorruhestand genannt.
Sie haben sich in Ihrem Antrag immer auf die Aussagen der Geschäftsführung berufen. „Geschäftsführung“ hieß hier: Herr Weirich, Intendant der Deutschen Welle. Wer es noch nicht weiß: Herr Weirich war, bevor er Intendant der Deutschen Welle wurde, medienpolitischer Sprecher der CDU/CSU-Bundestagsfraktion.
Über Ihren Antrag, Herr Pörtner, ist meiner Meinung nach die Zeit hinweggegangen. Inzwischen hat sich einiges verändert. Das zeigt sich zunächst beim Abgleich der von Ihnen genannten Zahlen mit den Fakten, die jetzt genannt werden. Der Etat wird nicht mehr um 90 Millionen DM gekürzt, sondern um 60 Millionen DM, und das in den vier Jahren bis 2003. In diesem Zusammenhang muss man auch einmal die Gesamthöhe nennen: Wir reden hier von einem Etat, der von 606 Millionen DM auf 546 Millionen DM gekürzt wird.
Zu dem damals befürchteten Stellenabbau ist heute zu sagen: Es geht nicht um 470 Stellen und um 200 Stellen über den Vorruhestand, sondern in 2000 sind 19 betriebsbedingte Kündigungen aus
gesprochen und 82 Stellen mit einem kw-Vermerk für die Jahre 2002 und 2003 versehen worden. Das sind insgesamt 100 Stellen. Etwa 295 Stellen sollen über den Vorruhestand abgebaut werden. - Das war der Stand im November 2000.
Herr Kollege Pförtner, seit Ihrem Antrag aus dem September 1999 ist aber auch noch etwas anderes passiert. Der Bund hat nämlich inzwischen ein Konzept vorgelegt, wie es mit der Deutschen Welle weitergehen soll. Dieses Konzept stellt in meinen Augen ganz besonders dar, dass hier ein Modernisierungsbedarf besteht, und umreißt sehr genau die Zielgruppen, die die Deutsche Welle erreichen soll; darüber sind wir ja auch mehrfach informiert worden. Das ist eine sehr unterschiedliche Klientel. Die Deutsche Welle muss neben ihrer Aufgabe, in Krisengebieten Interventions- und Informationsradio zu sein, auch noch ganz verschiedene Zielgruppen erreichen, z. B. an Deutschland interessierte Ausländer, die man vielleicht über englischsprachige Programme erreicht, sowie Deutsche, die aus Deutschland ausgewandert sind, aber im Ausland weiter Kontakt halten wollen.
Vielen Dank, Frau Präsidentin. - In dem Konzept der Bundesregierung für die Neuausrichtung der Deutschen Welle sind die Aufgaben sehr gut dargestellt. Vor allen Dingen ist auch dargestellt worden, dass es in Zukunft eine sehr differenzierte Präsentation mit sehr unterschiedlichen Arbeitsfeldern geben muss. Nicht zuletzt über die Präsentation im Internet - das ist klar geworden - bietet sich für den deutschen Auslandsrundfunk eine Präsen
tationsmöglichkeit, die einmal bis ins Letzte ausgereizt und ausgeforscht werden muss.
Aufgrund dieses Konzepts, meine Damen und Herren, hat die SPD-Fraktion ein Jahr später, im September 2000, ihren Antrag vorgelegt. Darin bezeichnet sie dieses Konzept als eine vernünftige Handlungsgrundlage. Dazu haben wir uns auch den genannten Herrn Hanten in den Fachausschuss eingeladen und uns darüber informieren lassen.
Der Antrag der CDU-Fraktion hat sich in unseren Augen überlebt. Darum schlage ich vor, dass wir ihn gemeinsam ablehnen, bevor er endgültig Schimmel ansetzt.
Der SPD-Antrag nennt nicht die goldene Lösung, sondern sagt lediglich: Hier geht der Bund den richtigen Weg, und wir unterstützen diese Modernisierungsanstöße. - Damit, meine Damen und Herren, findet die medienpolitische Verantwortung aus unserer Sicht auch ihr Ende; denn - ich wiederhole mich - die Deutsche Welle ist eine steuerfinanzierte, also nicht aus Gebühren finanzierte Veranstaltung des Bundes und keine Veranstaltung des Landes Niedersachsen.
Dass der Bund bei seinen riesigen Einsparverpflichtungen auch in den Etat der Deutschen Welle eingegriffen hat, kann der Oppositionspartei im Bundestag natürlich nicht schmecken, vor allem dann nicht, wenn der Intendant der Deutschen Welle, dessen parteipolitische Ausrichtung ich vorhin nannte, diese Entscheidung zum Anlass für einen sehr persönlichen und polemisch gefärbten Streit genommen hat.
Dass diese Einsparungen auch Stellenabbau bedeuten, ist zwar nicht erfreulich, aber, so meine ich, nachvollziehbar;
denn wir dürfen dabei nicht vergessen, dass 1992/93 zu dem Mitarbeiterbestand der Deutschen Welle die Mitarbeiter des RIAS hinzugekommen sind.
Aber, wie gesagt, der Stellenabbau bedeutet in unseren Augen nicht die Zerschlagung der Deutschen Welle und ist kein politisch motivierter Racheakt. Mit dem vorliegenden Konzept hat die Deutsche Welle eine gute Chance, sich neu zu strukturieren, und das auch mit reduzierter Mannschaft.
Nun zu der angeblich fehlenden Unabhängigkeit, weil hier Leitlinien ausgegeben worden sind. Herr Pörtner, ich weiß nicht: Auch in den früheren Konzepten oder Papieren sind Leitlinien für die Deutsche Welle formuliert worden. Jeder, der schon einmal im journalistischen Bereich tätig war, kennt das, dass in Verträgen, Papieren oder Leitlinien die Ausrichtung auf das demokratische Grundprinzip deutlich gemacht wird.
- Solche Formulierungen sind mir sehr bekannt. Ich kenne Verträge für Journalisten, die z. B. in der Springer-Presse angestellt wurden: Darin sind Richtlinien genannt worden, die meinem journalistischen Wertegefühl sehr entgegenstehen. Die Formulierung für die Deutsche Welle sehe ich als etwas an, wonach nun wirklich auch gearbeitet werden kann.
Also, meine Damen und Herren: Der Bund muss in die Hufe kommen! Die Ministerpräsidenten der Länder haben ihre Bereitschaft erklärt, eine Zusammenarbeit zwischen Deutscher Welle und den gebührenfinanzierten Länderanstalten zu vereinbaren. Dazu arbeitet, wie wir gehört haben, zwar auch schon eine Arbeitsgruppe. Aber diese Arbeitsgruppe hat leider bisher keine Ergebnisse vorgelegt.
Lassen Sie uns deshalb unseren Antrag verabschieden und ihn als erneutes Signal verstehen, dass sich nun doch endlich etwas zur Weiterentwicklung und zur Modernisierung unseres deutschen Auslandsrundfunks tut. – Ich danke Ihnen.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Sehr geehrter Kollege Stumpf, ich meine, diese Art der Wahlkampfarbeit im Parlament ist nicht ganz angemessen. Ich habe das Gefühl, Herr Kollege, Sie haben im letzten Plenum gefehlt.
Wir haben im letzten Plenum eine Große Anfrage Ihrer Fraktion zur Hochbegabtenförderung besprochen. In diesem Zusammenhang sind die Antworten gegeben worden, die Sie jetzt anmahnen. Dass Ihnen diese Antworten vielleicht zum Teil nicht gefallen, kann ich verstehen. Aber ich weise den Vorwurf zurück, dass dazu nicht gearbeitet und dazu nichts gesagt worden ist.
Wir haben vielfältige Instrumente der Hochbegabungs- und der Hochbegabtenförderung besprochen. Wir haben auch gesagt, dass wir uns da, wo wir Schwächen sehen, auf den Weg machen.
Aber nun noch einmal - weil es durch die Aussage eines Vaters aus dem Wahlkreis genehm ist
eine Diskussion anzufangen, die wir bereits im letzten Plenum geführt haben, halte ich wirklich für daneben.
Ich bleibe dabei: Die Hochbegabtenförderung ist ein Arbeitsbereich, den wir auch weiterhin zu bearbeiten haben. Hier sind Erfolge zu verzeichnen. Es ist keine einfache Aufgabe. Aber so, wie Sie es hier darstellen, ist es wirklich daneben.
Wie gesagt, wir brauchen auch kein Material zur Berücksichtigung. Diese Sachen sind bereits in Arbeit.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Lassen Sie mich mit einem Zitat anfangen:
„Weil ich so oft die Schule geschwänzt habe, habe ich meist keine Noten im Zeugnis bekommen, sondern nur Striche.“
So erinnert sich ein heute 36 Jahre alter Mann, den wir als Analphabeten bezeichnen würden, an seine Jugend. „Niemanden hat das wirklich interessiert,“ erzählt er. „Ich habe mich oft gefühlt wie ein Wilder, der im Busch lebt.“ Wie gesagt, das sind die Worte eines heute 36-jährigen funktionalen Analphabeten, wie wir das nennen. Er verdient sein Geld als Lkw-Fahrer. Die Führerscheinprüfung kann man auch mündlich machen. Er ist seit drei Jahren Mitglied einer Lesegruppe der Volkshochschule. Das ist eine der ganz typischen Karrieren eines Analphabeten. Ich meine, darüber sprechen wir heute.
Solche Karrieren fangen meist an mit Misserfolgserlebnissen oder Schwierigkeiten in der Schule. Das hat manchmal auch etwas mit Sprach- oder Hörstörungen zu tun, mit Legasthenie, mit Dyskalkulie, hat auch etwas mit Schulschwänzen oder mit häufigem Schulwechsel zu tun. Es ist auch, so sagt uns die Forschung, ein Fall der sozialen Umgebung. Oftmals kommen solche Personen aus sozial sehr schwachen Milieus, aus Familien, in denen es überhaupt keine große Rolle spielt und es nicht wichtig ist, Lese- und Schreiberfahrung zu haben und zu verwerten. Da sind dann oftmals auch Schicksale mit Heimunterbringung zu finden und wieder der häufige Ortswechsel. So wachsen diese Jugendlichen auf. Sie haben vielleicht mal das Lesen und Schreiben gelernt. So habe ich es auch von meinen Vorrednerinnen gehört. Aber sie haben es auch wieder verlernt.
Diese Erwachsenen versuchen nun, ihre Schwäche zu verstecken und zu vertuschen. Analphabeten sind nicht behindert. Sie haben zum Teil eine Lebensleistung vorzuweisen, auf die sie auch stolz sein können. Aber sie müssen ihre Schwäche, ihren Analphabetismus verstecken, weil sie sich schämen. Sie entwickeln allerdings erhebliche Fähigkeiten, um dies zu verstecken, und kompensieren damit ihre Schwächen. Sie suchen sich oftmals für die ganz unumgänglichen Schreib- und Lesevorgänge Vertrauenspersonen. Aber sonst versuchen sie, das wirklich zu verstecken.
Nur eine geringe Anzahl oder nur ein gewisser Prozentsatz dieser Analphabeten traut sich in einen Alphabetisierungskurs. Sie gehen in Lesekurse oder in entsprechende Angebote der Erwachsenenbildung. Diese Anzahl steigt allerdings, weil die Anforderungen und der Druck der Öffentlichkeit
im Beruf z. B. erheblich gestiegen sind. Es gibt auch durchaus diejenigen, die sicherer werden wollen und sich deswegen trauen, Kurse mitzumachen; oder sie wollen den Führerschein auf die ganz normale Art machen, oder der Grund ist, dass es in der Öffentlichkeit inzwischen deutlich mehr zum Thema geworden ist, dass es auch Hilfe für Erwachsene gibt, die weit über das Schulalter hinausgewachsen sind.
Trotzdem ist die Angst vor der Entdeckung groß. Diese Erwachsene haben auch Angst, in den Alphabetisierungskursen ebenfalls wieder zu versagen, wie sie in der Schule versagt haben, oder zumindest Misserfolge zu erleben. Sie haben - was bei Erwachsenen durchaus auch in anderen Bereichen zu erkennen ist - eine gewisse Scheu vor der Lernanstrengung.
In diesen Kursen sind übrigens 60 % Männer. Das liegt vielleicht auch daran, dass Männer den höheren Anteil von Hauptschul- und Sonderschulabgängern stellen, sodass also der Nachholbedarf dort vielleicht auch höher ist. Bei den Alphabetisierungskursen für Ausländer sieht das anders aus. Da gibt es einen ganz deutlichen Anteil der Frauen. Aber das nur am Rande.
Der Blick ist bei diesem Thema sehr stark auf das Problem bei den Erwachsenen zu richten. Sie haben in Ihrer Anfrage allerdings sehr stark auf Kindergarten und Schule hingewiesen.
Ich möchte das ergänzen, was von den Vorrednerinnen auch angeführt worden ist. Von der deutschen UNESCO-Kommission gibt es nur sehr schwammige Prognosen über Analphabetismus. Sie haben gesagt, Frau Mundlos, auf 0,75 % bis 3 % schätzt man den Anteil der Analphabeten. Das liegt daran, dass man erst einmal definieren muss, was man darunter versteht. Sie haben schon gesagt: Analphabeten sind diejenigen, die keine Buchstaben kennen. Ihr Anteil ist von der UNESCOKommission auf weniger als 1 % geschätzt worden. Aber dann geht es um die schon oft zitierten funktionalen Analphabeten. Da liegt die Schätzung bei etwa 2 bis 7 %. Was heißt das? Das sind Leute, die ein wenig lesen und schreiben können. Sie können auch ihre Unterschrift geben. Aber ihre gesamte Lese- und Schreibfähigkeit liegt unter dem Abschlussniveau der Hauptschule. Wir sprechen auch von Illiteraten. Das heißt, sie können lesen, aber nicht flüssig. Sie können mühsam Gebrauchstexte lesen, aber, wie gesagt, nicht so, dass sie zufrieden stellend am Leben teilnehmen
können. Da spricht man von einer Quote von 10 bis 15 % der Bevölkerung.
Schließlich können wir dann auch noch die Aliteraten dazu nehmen. Das sind diejenigen, die lesen können, aber es so gut wie nicht nutzen. Sie lesen Gebrauchstexte da, wo es sein muss. Sie nehmen aber in ihrem Leben kein Buch in die Hand. Ihr Anteil - das sollte uns alle neben dem Thema ein wenig erschrecken - wird auf 25 % der Bevölkerung geschätzt. Insgesamt - so sagen ernst zu nehmende Forschungen und Untersuchungen - liest ein Drittel unserer Bevölkerung kein Buch.
Wir haben gesagt, dass die Ursachen dafür nicht so einfach zu benennen sind. Sie sind vielschichtig. Sie liegen in den persönlichen Veranlagungen. Aber Forschungen und Erkenntnisse hierüber sind sehr wenig vorhanden. Ich habe es gesagt: Es liegt an Lese- und Sprachstörungen, an Legasthenie, es liegt aber auch am Umfeld.
Aber nun zu Ihrer Anfrage. Sie haben sich auf den Schul- und Kindergartenbereich bezogen. Ich meine, dass die Landesregierung hierzu eine umfangreiche Auskunft gegeben hat. Ich empfinde die Auskunft keineswegs als Armutszeugnis, sondern als eine Bilanzlegung, die sich sehen lassen kann.
Wenn Sie diese Anfrage aus Schleswig-Holstein bemühen, dann müssen Sie natürlich auch damit rechnen, dass Sie mit Niedersachsen und Schleswig-Holstein ausgerechnet die Spitzenreiter in der Bekämpfung des Analphabetismus als Vorbilder herangezogen haben.
- Ich meine, dass wir den Kita-Bereich nicht mit Anforderungen überfordern dürfen. Diagnose- und Spezialförderung kann dort ohnehin nur in einem gewissen Umfang betrieben werden.
Ich habe großes Vertrauen in die Grundfähigkeit und die Kompetenzen von Erzieherinnen, die sehr wohl die gesamte Persönlichkeit und die Schwächen eines Vier- bis Fünfjährigen - -
(Das Licht im Plenarsaal geht aus - Zurufe: Oh! - Wer war das? - Hier vorn gibt es keinen Druckknopf, um solche Effekte auszulösen. Ich kenne ihn nicht. Ich meine, dass im Kindertagesstättenbereich sehr wohl die Fähigkeit vorhanden ist, Persönlichkeiten von 4- bis 5-jährigen Kindern zu erkennen, und die Einsicht in ihr soziales Umfeld, um entsprechende Reaktionen auszulösen oder Anstöße für Förde- rung bzw. begleitende Jugendhilfe zu geben. (Frau Mundlos [CDU]: Die Fähigkeit habe ich doch gar nicht abgestritten!)
Ich freue mich, dass Niedersachsen im Rahmen der PISA-Untersuchung mit 83 Schulen dabei ist, Lesefähigkeiten abzufragen und nach meinem Dafürhalten auch zu stärken. Ich teile die Auffassung der Ministerin in Bezug auf die positiven Auswirkungen, die die Verlässliche Grundschule mit sich bringen wird. Ich finde auch das lobenswert, was insbesondere für die schwächeren Jugendlichen im Berufsausbildungsbereich an Ausbildungsstärkung und Ausbildungsfähigkeit in Jugendwerkstätten und in den Projekten, die die Ministerin genannt hat, zu sehen ist. Das ist also eine Bilanz, die sich sehen lassen kann.
Ich komme zurück auf den Punkt, der meines Erachtens der Schwerpunkt ist. Das ist der Bereich der erwachsenen Illiteraten der funktionalen Analphabeten.
- Nein. Ich bin nicht dafür, dass wir das Problem zu den Akten legen. Ich finde aber, dass es keinen Sinn macht, das Problem unter der Überschrift zu diskutieren, dass das hier ein Armutszeugnis ist.
Ich stelle infrage, dass die Zahl der funktionalen Analphabeten gestiegen ist. Ich setze dagegen, dass wir diesem Problem gegenüber vermutlich einfach aufmerksamer geworden sind und genauer hinsehen. Deswegen kommt es uns so vor, als ob die Zahl der Analphabeten gestiegen ist. Ich will die Situation damit nicht verniedlichen.
Auch die Klage der Arbeitgeber, dass die Schulabgänger immer schwächer werden, stelle ich infrage. Ist es nicht so, dass die Anforderungen an Ausbildungsanfänger und überhaupt an Leute, die eine Ausbildung antreten, erheblich gestiegen sind? Es gibt kaum noch einen Ausbildungsberuf, in dem Lesen und Schreiben nicht als eine der wesentlichen Grundlagen genannt werden. Früher
gab es durchaus Berufe, in denen das nebensächlich war. Hier sollten wir also Ursache und Wirkung und auch die Zahlen entsprechend in das richtige Licht rücken.
Es wird auch gesagt, dass die Schülerinnen und Schüler einen gesunkenen Wortschatz hätten. Dazu gibt es aber auch ganz andere Aussagen. Es wird nämlich auch gesagt, dass der Wortschatz unserer Jugendlichen erheblich erweitert, sehr viel umfangreicher und differenzierter geworden ist. Das lässt sich meines Erachtens auch nachvollziehen, denn Kindern werden von den ersten Tagen an sehr viel mehr Worte, Bilder und Anregungen über Radio, Fernsehen und die beliebten Kassetten vermittelt als früher, sodass ich infrage stelle, dass der Wortschatz geringer geworden ist.
Ich sage, dass das Gegenteil der Fall ist.
Ich meine, dass die Anforderungen, sich in Schrift und Wort auszudrücken, sehr viel stärker geworden ist. Das sollten wir unterstreichen.
Zuallerletzt noch eine Bemerkung, wenn es erlaubt ist, Frau Präsidentin: Was diese vielzitierten Kulturtechniken Lesen, Schreiben und Rechnen anbetrifft, so bin ich überzeugt, dass sie in der Zukunft nicht ausreichen werden. Wir werden einen sehr viel umfangreicheren Katalog an Kulturtechniken erlernen müssen. Ich nenne nur Stichworte. Es werden hinzukommen die Fähigkeit zur Entschlüsselung der vielen Bilder, die auf uns einwirken und die ins richtige Licht gesetzt werden müssen.
Ich komme zum Schluss, Frau Präsidentin. - Das Handhaben von Technologien wird eine grundlegende Kulturtechnik sein. Das Benutzen mindestens einer Fremdsprache halte ich für genauso schwierig. Das alles wird das Buch, das Lesen
nicht ersetzen. Aber es wird es von Grund auf ändern.
Lassen Sie uns gemeinsam in diese Richtung arbeiten, aber nicht unter dem Stichwort Armutszeugnis, sondern unter dem Stichwort, dass wir uns auf den Weg gemacht haben und hier noch einiges zu tun ist. - Herzlichen Dank.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Zu dem Thema ist schon so ziemlich alles gesagt worden, aber Sie kennen den Spruch: noch nicht von allen. Lassen Sie mich dazu noch einige Anmerkungen machen.
Frau Mundlos und auch die Ministerin haben gesagt, dass dieses Thema bei uns einen hohen Konsens gehabt hat, und das schon vor sechs Jahren. Das ist, so meine ich, auch heute noch der Fall.
Wenn man als Opposition nach sechs Jahren wieder eine Bilanz einfordert, dann ist das auch in Ordnung. Die Bilanz, die jetzt vorgelegt worden ist, hat diesen Namen auch verdient und ist positiv. Die seit Jahren von uns allen bemerkte gestiegene Aufmerksamkeit für das Problem oder für das Thema Hochbegabung - ich will es gar nicht als Problem bezeichnen - hat sich im Handeln, in den Aktivitäten der Landesregierung niedergeschlagen, und ich kann das nur begrüßen.
Die einzelnen Punkte dieser Bilanz, die sich sehen lassen kann, sind genannt worden. Vom Kultusministerium ist eine breite Information über Hochbegabung ausgegangen. Diese Information ist auch genutzt worden: von Eltern, von den Schulen und auch von den Kindertagesstätten. Wenn Sie, Frau Mundlos, sagen, dass hier sehr wenig passiert, dann kann ich nur sagen: Das kann man mit Zahlen nachvollziehen. Da sind im Übrigen - so würde ich sagen - sozusagen die Träger der Kitas gefordert. Gehen wir doch in unsere Kommunen und fragen nach, wie Erzieherinnen und Erzieher angesprochen werden und wie das Thema der Hochbegabtenförderung oder der Förderung von besonderen Begabungen in den Kindertagesstätten angepackt wird. Das ist schon ein bisschen außerhalb der Einwirkungsmöglichkeiten der Schule. Da können wir alle uns ein bisschen engagieren.