Bernhard Wildt

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Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr geehrte Damen und Herren Landtagsabgeordnete! Liebe Bürger! Werte Gäste! Aus der Sicht der AfDFraktion und auch aus meiner ganz persönlichen Sicht handelt es sich bei der Kinderarmut beziehungsweise bei der Bekämpfung der Kinderarmut tatsächlich um eines der wichtigsten Themen überhaupt, denn es geht letztlich darum, ob wir in der Lage sind, das Leben weiterzugeben an die nächsten Generationen, und zwar auf eine menschenwürdige Art und Weise. Es geht um die schwächsten Mitglieder unserer Gesellschaft, die in eine Umgebung, in eine Familie hineingeboren werden, und jeder, der selbst Kinder hat, weiß, dass es unser größtes Glück ist, Kinder zu bekommen, zu erziehen und groß werden zu sehen. Und wir Eltern verzichten gerne auf vieles, damit unsere Kinder glücklich sind und um ihnen einen guten Start ins Leben zu ermöglichen.
Frau Bernhardt, es ist genau das eingetreten, was Sie befürchtet haben. Die Regierung, Ministerin Drese, hat natürlich die Erfolge oder die Maßnahmen der vergangenen Jahre dargestellt, und das führt immer zu einem gewissen Schönreden der Situation. Das hilft uns aber nicht wirklich weiter. Es geht ja nicht darum, jetzt ein Scherbengericht zu veranstalten über die letzten Jahre, sondern es geht darum, die Realität anzuerkennen.
In Ihrem Antrag nennen Sie für Mecklenburg-Vorpommern 68.000 Kinder im Jahr 2016, die entweder von Armut betroffen oder von Armut gefährdet sind. Viele Kinder haben allerdings nicht das Glück, überhaupt geboren zu werden. 2.774 Kinder wurden im Jahr 2016 in Mecklenburg-Vorpommern abgetrieben und mit 93 Abtreibungen je 10.000 Frauen zwischen 15 und 49 Jahren ist unser Land das Flächenland mit der höchsten Abbruchquote in Deutschland. Auch diese Zahlen sind Bestandteil der traurigen Wahrheit über Kinderarmut, die
zugleich Familienarmut und insbesondere Mütterarmut bedeutet.
Ich möchte es hier noch mal ganz deutlich sagen: Es geht nicht um eine ethische oder moralische Diskussion von Schwangerschaftsabbrüchen, sondern es geht darum, dass häufig oder in der Regel wirtschaftliche Gründe zu diesem Schwangerschaftsabbruch führen und deswegen auch da schon ein Kennzeichen von Armut existiert. Wer sich also wirklich für Kinder starkmachen möchte, sollte die ungeborenen Kinder nicht vergessen, denn sie sind der Ausdruck desselben Problems.
29 Prozent der Kinder und Jugendlichen unter 18 Jahren sind also von Armut betroffen oder armutsgefährdet. Materielle Nachteile von zum Teil großer Härte – hierbei denke ich zum Beispiel an mangelnde Ernährung –, aber auch eingeschränkte Teilhabe an Bildung, gesellschaftlichem Leben und gesundheitliche Risiken sind die Folge. Besonders armutsgefährdet sind Familien mit mehreren Kindern sowie Alleinerziehende. So weit, so schlecht.
Wie können wir diese Missstände beseitigen beziehungsweise verringern? Dem Gedanken, einen Aktionsplan zu erarbeiten, können wir uns anschließen. Uns geht es hierbei allerdings nicht darum, per Brainstorming des Landtages ein Sammelsurium an Vorschlägen zusammenzuschustern, sondern wir möchten ein systematisches Vorgehen erreichen, welches Kinderarmut reduziert und die Familien stärkt.
Für uns ist es das unumstößliche Recht, aber auch die Pflicht der Eltern, für ihre Kinder zu sorgen und sie zu erziehen. Der genannte Aktionsplan darf also niemals gegen die Eltern und gegen die Familien gerichtet sein. Deshalb stimmt es uns schon besorgt, wenn DIE LINKE den Aktionsplan mit den Akteuren der Kinder- und Jugendhilfe erarbeiten möchte, nicht jedoch mit Eltern und Elternverbänden. Vielleicht ist es ein Missverständnis, aber in Ihrem Antrag kommen die Eltern tatsächlich nicht vor. Ausgehend von der selbstbestimmten Familie sind selbstverständlich die Eltern wesentliche Ansprechpartner bei der Erstellung eines Aktionsplans, aber auch die Kinder und Jugendlichen direkt.
An dieser Stelle wird deutlich, dass sich unser Familienbild offensichtlich etwas von Ihrem Familienbild unterscheidet. Wir gehen davon aus, dass die selbstbestimmte Familie eigentlich die Keimzelle unseres Staates darstellt und dass eben die Eltern selber über das Schicksal ihrer Kinder bestimmen.
Das ist das natürliche Recht der Eltern und das werden wir auch weiterhin verteidigen.
Wenn eine fraktionsübergreifende Initiative für einen Aktionsplan gegen Kinderarmut zustande kommt, arbeitet die AfD-Fraktion selbstverständlich konstruktiv mit. Allerdings möchten wir, dass alle Einzelmaßnahmen zum einen immer wieder auf ihren Erfolg hin zu evaluieren sind und zum anderen in die Gesamtsystematik zur Stärkung der Familien eingebaut werden. Wichtig sind daher
auch diejenigen Einzelmaßnahmen, die umgehend umzusetzen wären und den Kindern sofort helfen.
Und hier wird Ihr Antrag ein Rundumantrag zur Verbesserung der Lebenssituation ärmerer Einwohner. Auch darüber kann man selbstverständlich sprechen, aber wenn es nun konkret um Kinderarmut gehen soll, ist meines Erachtens eine Konzentration auf Kinder auch erforderlich, denn sonst sieht man sehr schnell die Kinder vor lauter Erwachsenen nicht mehr. Keine Sorge, es sind genügend Maßnahmen da, die direkt und unmittelbar den Kindern helfen.
Als Erstes machen Sie den Vorschlag der Kinderkarte mit einem Wert von 50 Euro. Diese Taschengeldersatzkarte ist eine grundsätzlich gute Idee. Die Beträge sind sicherlich dem Alter angemessen zu staffeln – also ein 6-Jähriger bräuchte, denke ich, keine 50 Euro im Monat –, aber darüber könnte man sich noch verständigen. Missbrauchsmöglichkeiten müssten konsequent ausgeschlossen sein. Die Erziehungsberechtigten können und dürfen aber auch an dieser Stelle nicht ausgeschlossen werden, schließlich geht es um die Freizeitgestaltung ihrer Kinder.
Letztlich ist das allerdings niemals die beste Lösung. Besser wäre immer das genügend hohe Haushaltsbudget, welches den Familien autonome und unbürokratische eigene Entscheidungen ermöglicht. Wir möchten die Selbstverantwortung der Familien.
Ein weiterer wichtiger Punkt ist die Erhöhung des Lohnniveaus, insbesondere durch bessere Durchsetzung von Tarifentlohnung. Dieses Thema betrifft natürlich nicht nur Familien mit Kindern, sondern alle Erwerbstätigen in Mecklenburg-Vorpommern. Besser als die Erfindung einer neuen Bürokratie, die letztlich ohnehin nur einen Teil der heimischen Wirtschaft betrifft, wäre aus unserer Sicht eine größere Differenzierung der Wirtschaft, insbesondere durch Entstehung und Ansiedlung von produzierenden Unternehmen und hochwertigen Dienstleistungen.
Hierzu ist eine konsequente Wirtschaftspolitik erforderlich, die insbesondere auch mehr in die Werbung für Mecklenburg-Vorpommern als Wirtschaftsstandort investiert. Steigt die Nachfrage nach Arbeitskräften weiterhin an, so wird auch besser bezahlt. Der sogenannte Niedriglohnsektor ist bei uns durch den überproportional großen Sommertourismus insgesamt zu groß und wird durch die vielen benötigten Saisonkräfte auch in dieser Form am Leben erhalten. Mit Tarifbindungsverpflichtung im öffentlichen Vergabewesen alleine kommen Sie diesem Problem nicht bei.
Sinngemäß gilt das ebenfalls für die Langzeitarbeitslosigkeit. Ein gesunder Arbeitsmarkt ist die beste Medizin gegen Langzeitarbeitslosigkeit. Der Wirtschaftsminister würde jetzt sicherlich auch wieder die Erfolge der letzten Jahre in der Wirtschaftspolitik beschreiben, aber es reicht eben ganz offensichtlich nicht aus. Der Arbeitsmarkt und die Wirtschaftsstruktur sind noch nicht so, wie wir sie alle haben wollen.
Das nächste Thema war der preiswerte Wohnraum. Auch dieses Problem ist nicht speziell auf Kinder begrenzt und auch in diesem Markt kann ein Herumoperieren an den
Symptomen mehr Schaden als Nutzen anrichten. Die Baukosten sind zu hoch, insbesondere durch die vielen Vorschriften, zum Beispiel auch zur Wärmedämmung. Die Preise für Bauland werden teilweise künstlich hochgehalten. Die hohe Grunderwerbssteuer trifft Käufer von Bestandsimmobilien, aber auch Bauherren. Unseren Antrag zum Familiendarlehen wollte die Mehrheit des Landtages unter fadenscheinigen Vorwänden nicht mal ernsthaft diskutieren. Sie sehen, dass die letzten drei Punkte nur mittelbar beziehungsweise nicht ausschließlich mit Kindern zu tun haben und deshalb auch als gesonderte Themen behandelt werden sollten.
Die nächsten Punkte betreffen den Ganztagsplatzanspruch für die Hortbetreuung im Grundschulalter beziehungsweise für Kinder und Jugendliche mit Behinderungen bis zum 18. Lebensjahr. Hier geht es Ihnen wieder um die möglichst umfassende Erwerbstätigkeit der Eltern und auch hier sieht man wieder einen gewissen Unterschied im Familienbild der Fraktionen im Landtag. Wir erkennen selbstverständlich an, dass die derzeitige Situation gerade bei den Alleinerziehenden eine verlässliche und gute Hortbetreuung erforderlich macht. Allerdings sage ich auch ganz deutlich, dass wir den Familien nicht grundsätzlich das Idealbild der voll berufstätigen Eltern, möglichst ab Geburt des Kindes, vorschreiben wollen. Ein Kind ist keine Herausforderung, die irgendwie bewältigt werden muss, sondern ein Kind ist das Schönste im Leben. Ich habe noch von keinem Sterbenden gehört, der bedauert, nicht noch mehr gearbeitet zu haben, aber schon von vielen, die bedauern, nicht mehr Zeit mit ihren Kindern verbracht zu haben. Der Letzte, von dem ich das gehört habe, war mein eigener Vater vor zwei Monaten, und das, kann ich Ihnen sagen, trifft einen noch mal besonders, wenn es um die eigene Familie geht.
Die ökonomische Realität ist so, wie sie ist, aber Kinderfreundlichkeit in unserer Gesellschaft erreichen wir nur, wenn die Prioritäten entsprechend gesetzt werden dürfen und Erziehungszeiten nicht als minderwertige Arbeit betrachtet werden, sofern sie nicht bezahlt wird. Von besonderer Bedeutung sind in diesem Zusammenhang Teilzeitarbeitsplätze, die möglichst auch flexibel zwischen Vollzeit und Teilzeit variiert werden können, übrigens für Mütter und Väter. Hier sollte der öffentliche Dienst noch viel offensiver Vorreiter und Wegbereiter sein als bisher.
Dann sprechen Sie das Thema Familienerholungsmaßnahmen auch für Kinder und Jugendliche mit Behinderungen an, das ist ein sehr guter Vorschlag, der ist überhaupt nicht zu beanstanden. Anschließend erfolgt noch ein Ausflug in das Bundesrecht, denn Sie fordern außerdem eine Erhöhung des Kindergeldes beziehungsweise im Folgeschritt die Grundsicherung für Kinder. Ein systematischer Ansatz begänne hier nach Auffassung der AfD mit der Einführung des Familiensplittings, da ja die selbstverantwortliche Familie, die für die eigenen Lebenshaltungskosten aufkommt, der Regelfall sein soll. Abgeleitet aus den ermittelten steuerlichen Freibeträgen wäre dann in der Tat auch eine deutliche Aufstockung des Kindergeldes konsequent und richtig.
Insgesamt muss ich Ihren Antrag leider so zusammenfassen, dass Sie unter der Überschrift „Kinderarmut“ alle möglichen Probleme im Land behandeln möchten – geringes Lohnniveau, Langzeitarbeitslosigkeit, Knappheit an preiswertem Wohnraum. Unbestritten sind die Rückkopplungseffekte auf Kinder, aber mir fehlen dagegen die wirklichen Sofortmaßnahmen, die geeignet sind, Kindern
in ihrem Alltag unmittelbar zu helfen und damit Familien zu stärken und zu entlasten, und über das hinausgehen, was die Regierung in den letzten Jahren schon veranlasst hat.
Lassen Sie mich hier zwei konkrete Maßnahmen nennen:
Erstens. Kostenloses zweites Frühstück, zum Beispiel Obst, für alle Kinder, und kostenloses, frisch zubereitetes Mittagessen für alle Kinder in den Schulen MecklenburgVorpommerns, und zwar auf einem qualitativ hohen Niveau, aus vorzugsweise heimischen Lebensmitteln. Natürlich übernähme das Land in diesem Moment einen beträchtlichen Teil der Daseinsvorsorge der Kinder und entlastet alle Eltern gleichermaßen. Dieser Betrag könnte daher bei dem künftig zu erhöhenden Kindergeld beziehungsweise Grundfreibetrag pro Kind einbehalten werden, da ja die Kosten schon nicht mehr bei den Familien anfielen. Übergangsweise müssten die Eltern, die dazu in der Lage sind, zum Beispiel ich, weiterhin einen Teilbetrag des Essens bezahlen. Es geht hierbei um regelmäßiges Essen, es geht um ausgewogene und gesunde Ernährung, es geht um körperliche und geistige Entwicklung, die ohne ausreichende Versorgung mit vielfältigen Nährstoffen nicht gewährleistet ist, und es geht um das Gemeinschaftsgefühl der Kinder und Jugendlichen, die zu Hause häufig als Einzelkind alleine sind.
Es geht um die Berücksichtigung unserer ländlichen Strukturen, die den Kindern sehr lange Schulwege aufbürden. Und hiermit bin ich beim zweiten konkreten Vorschlag: Die Schülerbeförderung ist in ganz MecklenburgVorpommern vollständig zu gewährleisten und die freie Schulwahl darf nicht dazu führen, dass die kostenlose Schülerbeförderung entfällt, sondern sie ist maximal in der Höhe zu erstatten, in der sie sowieso bei Besuch der örtlich zuständigen Schule angefallen wäre. Ansonsten können nur reiche Eltern das Recht auf freie Schulwahl nutzen, arme Eltern können bei der Schulwahl weder die günstigsten Schulwege noch besondere Förderungs- und Begabungsschwerpunkte berücksichtigen.
Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit.
Sehr geehrte Frau Präsidentin! Liebe Abgeordneten!
Einen Punkt kann ich einfach nicht stehen lassen, Frau Bernhardt, deswegen habe ich mich noch mal zu Wort gemeldet. Natürlich ist es nicht entscheidend, ob ein Kind die neuesten Markenklamotten anhat und die allerneuesten Spielsachen hat oder auch wirklich regelmäßig einmal im Monat ins Kino geht. Und das kann ich einfach so nicht stehen lassen. Ich selber bin Vater von fünf Kindern und wenn ich also jedes Mal regelmäßig die neuesten Markenklamotten und die besten Spielsachen kaufen wollte und 60 Kinokarten im Jahr kaufen müsste, wäre ich nicht nur arm, dann wäre ich sogar sehr arm. Das geht einfach überhaupt gar nicht. Das Entscheidende ist aber, dass Sie damit einen völlig falschen Eindruck erwecken.
Sie erwecken damit den Eindruck...
Ja, da kann ich Sie auch gar nicht verstehen, leider.
Also es ist einfach so, dass Sie damit einen völlig falschen Eindruck erwecken. Sie erwecken den Eindruck, es gehe nur um materielle Güter. Natürlich reden wir über Armut, aber Reichtum heißt nicht, dass man immer die neuesten Markenklamotten hat. Es geht darum, und ich hoffe, dass ich das deutlich rüberbringen konnte, die AfD steht für ein anderes Familienbild, wenn Sie so wollen, für das konservative, für das klassische Familienbild, in dem eben die Eltern sich um ihre Kinder kümmern
und dabei sicherlich vom Staat unterstützt werden, immer dann, wenn es nötig ist. Aber es geht nicht darum, dass ein Staat die Kinder betüddelt von A bis Z und sicherstellt, dass sie immer die neuesten Markenklamotten haben. Damit haben Sie leider Ihren ganzen Antrag so ein Stück weit disqualifiziert und diskreditiert,
weil Sie ihn eigentlich ins Lächerliche gezogen haben.
Deutlich wird das, wenn Sie jetzt mal Ihre Forderungen und meine Forderungen vergleichen. Mir geht es darum, dass regelmäßig ein Mittagessen in der Schule angeboten wird, und zwar für alle Kinder in MecklenburgVorpommern, weil es einfach zu viele Kinder gibt – und
das könnte ich Ihnen jetzt stundenlang erklären, wo das überall der Fall ist, warum und wieso die kein regelmäßiges Essen bekommen –, die auch schon ohne Frühstück aus dem Haus gehen, bis mittags warten und dann vielleicht das Schulgelände verlassen, um sich im nächstgelegenen REWE-Markt eine Tüte Chips zu kaufen. Das ist kein Mittagessen!
Das Allerwichtigste ist erst mal, dass die Grundversorgung der Kinder sichergestellt ist. Da sind schon arme Kinder betroffen, nicht erst bei den Markenklamotten, bei den neuesten Spielsachen oder bei den Kinokarten. Darüber könnte ich mich jetzt wirklich richtig aufregen, weil wir so ein ernstes Thema haben und Sie das so ins Lächerliche ziehen.
Und ich kann Ihnen sagen, meine Frau zum Beispiel, wenn ich nicht da bin, oder ich, wir packen unseren Kindern immer deutlich mehr ein in die Butterbrotdose, weil sie nämlich noch mehrere andere Kinder mit durchfüttern in der Schule. Das ist kein nicht vorhandenes Problem, es ist ein sehr wohl vorhandenes Problem, dass die Kinder ohne Frühstück in die Schule kommen
und darauf warten müssen, dass sie dann vielleicht irgendwo was bekommen.
Ja, das wäre aber schön, wenn Sie da vielleicht einmal zustimmen würden und sagen, richtig, die Mahlzeiten in der Schule sind eine wichtige Sache.
Stattdessen reiten Sie also auf den Markenklamotten und den Kinderkinokarten rum.
Ja, ich reite darauf rum,
weil das diesen ganzen Tagesordnungspunkt ins Lächerliche zieht. Das kann ich nur noch mal sagen. – Vielen Dank.
Vielen Dank, sehr geehrte Frau Präsidentin! Liebe Kollegen!
Herr Heydorn, ich kann auch das nicht im Raum stehen lassen. Wenn ich alles bin, aber ganz bestimmt nicht ahnungslos, was Kindererziehung angeht.
Seit 25 Jahren erziehen wir unsere fünf Kinder und sie haben häufig genug Schuhe oder Hosen oder sonst irgendwas von den großen Brüdern auftragen müssen oder Klamotten anziehen müssen, die sicherlich keine
teuren Markenprodukte waren. Und ich kann Ihnen sagen, die Aufgabe eines verantwortungsvollen Vaters, einer verantwortungsvollen Mutter ist es in dem Fall, sicherzustellen, dass das Rückgrat der Kinder wächst, dass sie da auch standhalten können, weil es einfach nicht möglich ist und nicht sinnvoll ist, sich diesem Konsumdruck so zu beugen.
Es ist ein Unterschied, ich meine, sicherlich gibt es diesen Konsumdruck, das will ich nicht abstreiten, dass es den gibt, und den gab es wahrscheinlich auch schon in den 80er-Jahren, aber...
Einen ganz kleinen Moment, bitte.
... aber das Entscheidende ist doch, dass die Politik auch mal mit gutem Vorbild vorangehen muss. Wollen wir uns denn diesem Konsumdruck beugen und ihn auch noch verstärken,
indem wir das hier im Landtag so diskutieren und sagen, wir müssen Rücksicht nehmen auf den Konsumdruck?
Die Zwischenfrage, bitte.
Ja, gerne.
Also ob wir repräsentativ sind, kann ich Ihnen jetzt nicht beantworten, aber ich kenne auf jeden Fall sehr viele andere Familien.
In unserem Haus toben normalerweise so um die zehn Kinder durch die Räume. Also wenn man fünf Kinder hat, dann kommen auch noch genügend andere Kinder dazu. Von daher kann ich schon dafür sprechen, dass es kein Einzelfall ist. Ich bin jetzt kein absoluter Einzelfall, sondern es gibt genug aufrechte Eltern, die ihren Kindern das vermitteln, dass wir dem Konsumdruck nicht einfach nachgeben dürfen. Und ich rede jetzt nicht unbedingt
von sozial Benachteiligten, ich weiß schon, worauf Sie anspielen, aber es geht doch jetzt hier heute um den Landtag und um die Landesregierung in MecklenburgVorpommern. Wir müssen uns entscheiden, ob wir diesem Konsumdruck nachgeben
und ihn verstärken wollen oder ob wir dagegenhalten wollen, und ich bin dafür, dagegenzuhalten.
Wir müssen den Kindern verdeutlichen, dass Konsumdruck eben nicht die richtige Antwort ist und dass man keine Nike- oder Adidas-Sportschuhe braucht, um ein toller Mensch zu werden. Und wenn wir das noch nicht mal mehr wollen, dann brauchen wir über Kinderarmut gar nicht zu diskutieren.
Noch eine …?
Ja, ich habe ja gesagt, ich weiß nicht, ob ich repräsentativ bin.
So, vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit.
Sehr geehrte Frau Ministerin! In ganz Deutschland ist es eine staatliche Aufgabe, die Schüler zur Schule zu befördern, nur im Landkreis Vorpommern-Rügen sieht der Landrat das anders. Dort definiert er Schülerbeförderung nicht durch die Beförderung per Bus des öffentlichen Nahverkehrs. Und dadurch, …
Entschuldigung, das stört jetzt hier vorne.
… und dadurch werden die Kosten für alle die Kinder nicht erstattet, die nicht zur örtlich zuständigen Schule fahren. Die Antwort der Landesregierung – Ihre Antwort – war da noch nicht erschöpfend, es gab keine klare Antwort dazu. Die Signale aus der Regierung waren sehr widersprüchlich. Das reichte vom „klaren Rechtsbruch“
bis hin zu „ist eventuell doch möglich“. Wie sieht da jetzt der Stand in der Regierung aus?
Ja, vielen Dank.
Darf ich noch eine Nachfrage stellen?
Das ist schon eine sehr befriedigende Antwort. Aber als Ursache wird ja eigentlich immer wieder vom Herrn Landrat angeführt, dass es um den Sanierungszuschuss ging für den überschuldeten Haushalt und dass eben deshalb diese freiwillige Leistung – sogenannte freiwillige Leistung – gestrichen wurde. Könnte das nicht die Landesregierung klarstellen, dass dem nicht so ist? Dann wäre ja zumindest schon mal die Ursache für diese Maßnahme entfallen.
Gut, wir hoffen auf Einsicht. – Vielen Dank.
Sehr geehrte Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren Abgeordneten! Vor Ihnen liegt auf Drucksache 7/734 die Beschlussempfehlung des Finanzausschusses zum Antrag der Fraktion DIE LINKE „Sozialverbände besser prüfen und unterstützen“. Darin
enthalten ist mein ausführlicher schriftlicher Bericht über die entsprechenden Beratungen im Ausschuss.
Der Finanzausschuss hat zu dem Antrag der Fraktion DIE LINKE auf Drucksache 7/77 in seiner 5. Sitzung ein Expertengespräch mit der Präsidentin des Landesrechnungshofes von Mecklenburg-Vorpommern und in seiner 10. Sitzung noch eine öffentliche Anhörung durchgeführt. An dieser Stelle möchte ich mich im Namen des gesamten Finanzausschusses bei Frau Dr. Johannsen und allen Sachverständigen aus der Anhörung für ihre mündlichen und schriftlichen Stellungnahmen herzlich bedanken.
Meine Damen und Herren, lassen Sie mich an dieser Stelle kurz auf das Expertengespräch und die Anhörung eingehen. Frau Dr. Johannsen hat eine Ausweitung der Prüfungsrechte des Landesrechnungshofes ausdrücklich begrüßt, da auf diese Weise mehr Fehler aufgedeckt werden könnten und sich zudem die Präventivwirkung der externen Finanzkontrolle erhöhen würde. Insoweit hat sie zudem eine Änderung des Paragrafen 8 Kommunalprüfungsgesetz entsprechend dem Verfahren in Schleswig-Holstein angeregt. Bezüglich der ebenfalls möglichen Normierung von entsprechenden Prüfrechten in einem gesonderten Wohlfahrtsgesetz hat sie jedoch verfassungsrechtliche Bedenken erhoben.
In der Anhörung haben die Sachverständigen übereinstimmend auf die große Bedeutung der Vereine und Verbände der Freien Wohlfahrtspflege hingewiesen. Beispielsweise wurde seitens des DRK-Landesverbandes darauf aufmerksam gemacht, dass in den Vereinen und Verbänden mehr als 150.000 Menschen arbeiten, wovon mehr als 55.000 hauptamtlich beschäftigt sind. Seitens der LIGA der Spitzenverbände der Freien Wohlfahrtspflege wurde kritisiert, dass in den Doppelhaushalten des Landes die entsprechenden Zuweisungen seit dem Jahr 2008 festgeschrieben sind und sie keine Dynamisierung erfahren würden, obwohl die Personalausgaben aufgrund von Tarifsteigerungen stetig ansteigen.
Der ehemalige Präsident des Landesrechnungshofes Herr Dr. Schweisfurth hat erklärt, dass die Prüfung durch eine unabhängige Instanz wie den Landesrechnungshof immer eine gewisse Legitimation und auch Transparenz schafft und insofern auch für die Wohlfahrtsverbände gut wäre.
Der Landkreistag hat sich hingegen für eine personelle Stärkung der kommunalen Prüfbehörden ausgesprochen, da diese dichter am zu prüfenden Sachverhalt seien und sich bereits mit den Inhalten der entsprechenden Leistungsvereinbarungen befasst hätten.
Der Bund der Steuerzahler hat darauf aufmerksam gemacht, dass Sachsen zwar 2,5-mal so viele Einwohner wie Mecklenburg-Vorpommern hat, aber nur 2 Millionen Euro an Zuschüssen für die Spitzenverbände in den Haushalt einstellt. Bei uns seien es im Doppelhaushalt 2016/2017 hingegen circa 4 Millionen Euro.
Soweit die Fraktion DIE LINKE in der Anhörung für den Erlass eines Landeswohlfahrtsgesetzes geworben hat, haben sich sowohl der Bund der Steuerzahler als auch die LIGA der Spitzenverbände der Freien Wohlfahrtspflege dagegen ausgesprochen, in einem solchen Gesetz bestimmte Beträge festzuschreiben, mit denen sich der Gesetzgeber dann über Jahre binden würde.
Die Fraktion DIE LINKE hatte im Ergebnis der Beratungen beantragt, ihren Antrag auf der Drucksache 7/77 in einer neuen Fassung anzunehmen. Den konkreten Wortlaut können Sie meinem schriftlichen Bericht auf Drucksache 7/734 entnehmen. Diesen Antrag hat der Finanzausschuss sodann mehrheitlich abgelehnt.
Zudem hat der Finanzausschuss mit den Stimmen der Fraktionen der SPD und der CDU, gegen die Stimmen der Fraktion DIE LINKE und bei Enthaltung seitens der Fraktion der AfD mehrheitlich beschlossen, dem Landtag die Ablehnung des Antrages auf Drucksache 7/77 zu empfehlen. Vor diesem Hintergrund möchte ich Sie nunmehr noch abschließend um Ihr Votum zur vorliegenden Beschlussempfehlung bitten. – Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit.
Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr geehrte Damen und Herren Abgeordnete!
Ich bin jetzt noch mal als Vorsitzender des Finanzausschusses an das Pult getreten, um ein Missverständnis, Herr Koplin, auszuräumen, weil es ja vielleicht nicht nur Sie betrifft, sondern auch andere Abgeordnete. Es ist in der Tat so, dass die Fraktion DIE LINKE für ein Landeswohlfahrtsgesetz geworben hat und dass sowohl der Bund der Steuerzahler als auch die LIGA der Spitzenverbände der Freien Wohlfahrtspflege sich nicht dagegen ausgesprochen haben, sondern sie haben sich dagegen ausgesprochen, in einem solchen Gesetz bestimmte Beträge festzuschreiben.
Das war so ein Bandwurmsatz, deswegen habe ich es lieber noch mal deutlich gesagt,
damit es jeder jetzt auch richtig abspeichern kann.
Ich habe es eben auch schon so gesagt,
aber wie gesagt, der Satz ist ein bisschen lang. – Vielen Dank.
Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr geehrte Damen und Herren Abgeordnete! Werte Gäste und Bürger des Landes! Nun habe ich mich natürlich darauf eingestellt, dass wir zwei verwandte Tagesordnungspunkte heute haben.
Ich ziehe natürlich nicht zurück, denn Gesprächsbedarf besteht da schon noch. Aber ich hatte mich thematisch etwas darauf vorbereitet,
dass wir zweimal sozusagen das Thema besprechen, und habe deshalb keinen Rückblick mehr vorgesehen auf die Verhandlungen in der letzten Minute, die also die Regierung mit den Kommunalverbänden am letzten Freitag noch unterzeichnet hat. Ich kann nur so viel dazu sagen: Herzlichen Glückwunsch! Sie haben es geschafft, kurz vor der Plenardebatte der Opposition ein klein wenig den Wind aus den Segeln zu nehmen.
Das war auch sicherlich die Absicht dabei, denn ansonsten wäre vermutlich eine Debatte losgetreten worden, die den sozialen Frieden in Mecklenburg-Vorpommern und natürlich auch den Koalitionsfrieden gefährdet hätte. Das war für beide Oppositionsparteien offensichtlich zu erkennen.
Ja, der Koalitionsfrieden war offensichtlich gefährdet. Gut, ihr habt es noch mal geschafft, wir haben es noch mal geschafft.
Trotzdem heißt es noch lange nicht, dass wir keine Kritik an dieser Einigung hätten. Das Gegenteil ist der Fall. Ich würde auch darum bitten, vielleicht noch zuzuhören, wenn wir diese Aussprache hier vornehmen.
Ja, Sie schon.
Der Titel unserer Aussprache lautet „Schluss mit dem Armrechnen – Kommunaler Finanzausgleich auf den Prüfstand“ und klingt zugegebenermaßen für ein Finanzthema etwas reißerisch. Man könnte nach unserer vorangegangenen Debatte auch meinen, das Thema sei ja nun erledigt, denn nach der Sitzung des FAG-Beirates am 11. Mai 2017 müssten wir gar nichts mehr besprechen. Das Gegenteil ist der Fall. Es ist folgender Effekt eingetreten: Die Gemeinden, Städte und Landkreise wurden in den vergangenen Jahren kurzgehalten, warum auch immer. War es nur ein bewusstes Versäumnis? War es ein Fehler? War es ein kollektives Versagen der Exekutive?
Ja, das weiß ich sogar, das sind 700 Millionen,
und diese 700 Millionen gleichen natürlich die 600 Millionen, die an den Zuwendungen fehlen, rein rechnerisch zwar aus,
aber natürlich haben diese 700 Millionen eine völlig andere Qualität. Es ist eben ein Unterschied, ob Sie den Kommunen Geld zur Verfügung stellen, das sie zur freien Verfügung haben,
um ihre eigenen Prioritäten zu setzen, oder ob die Landesregierung die Kommunen gängelt
und nur die Projekte vornehmen möchte, die sie selbst vorhat.
Natürlich ist das – und da hat Frau Rösler vollkommen recht – ein verfassungsrechtliches Problem und damit ist das Thema auch noch nicht erledigt.
Wir werden das mit Sicherheit nacharbeiten und werden auch überprüfen, wie sich diese 600 Millionen verteilt hätten, wären sie denn geflossen, denn sie sind ja eben nicht geflossen, sondern über Sonderzuweisungen gekommen, und natürlich wäre die Verteilung auf die Kommunen interessant.
Dem Herrn Dahlemann – ich sehe ihn im Moment nicht, er scheint noch nicht da zu sein – kann ich empfehlen, das noch mal genau zu eruieren, wie sich das zum Beispiel auf die vorpommerschen Gemeinden verteilt hätte, ob es da nicht eine Unwucht gibt zum Beispiel zwischen dem östlichen und dem westlichen Landesteil, über den wir andauernd sprechen. Aber immer dann, wenn es um große Summen geht und wenn es um richtiges Geld geht, dann ist offensichtlich der zuständige Staatssekretär nicht dabei.
Wie auch immer, jedenfalls wurden die Kommunen kurzgehalten und Tatsache ist auch, dass die Investitionen zahlreicher Kommunen rückläufig waren und die Freiräume für Gestaltung, also für freiwillige Leistungen, geringer wurden. Das ist eine Tatsache, lässt sich nicht bestreiten und ist auch aus dem Gutachten von Professor Lenk sehr klar zu erkennen. Alle Vergleichswerte, die sich mit den Werten der westlichen Bundesländer beschäftigen, sind in dem Moment uninteressant, denn der Rückstand, den wir hier im Osten immer noch haben, muss natürlich aufgeholt werden. Deswegen können wir uns nicht an die Westwerte sozusagen ankoppeln.
Nun erhalten die genannten Gebietskörperschaften 44 Millionen Euro zusätzlich pro Jahr. Viele freuen sich, sind erst mal zufrieden und ruhig. Richtig, Frau Rösler, „Schwamm drüber“, genau das war wohl die Regel.
Das war wohl das, was beabsichtigt wurde, die Kommunen wurden ruhiggestellt, sie haben in Ziffer 10 der Vereinbarung tatsächlich darauf verzichtet, die Vergangenheit aufzuarbeiten, und werden jetzt mit Geld abgespeist. Ob das nun die richtige Summe ist oder die falsche, wird offensichtlich gar nicht mehr überprüft.
Als Oppositionsfraktion sehen wir die Lage naturgemäß anders und grundsätzlicher.
Herr Renz, ich möchte es nur einmal sagen: Herr Ritter gab mir den guten Hinweis, mich überhaupt nicht mit Ihnen einzulassen, weil ich Sie sonst nicht wieder loswerden würde, und deswegen mache ich das auch nicht.
(Heiterkeit vonseiten der Fraktion der SPD –
Beifall vonseiten der Fraktion der AfD –
Ja, das geht richtig los.
Als wahre Demokraten arbeiten wir gern mit allen vertretenen Fraktionen hier im Landtag zusammen, selbstverständlich auch mit den LINKEN und mit Herrn Ritter, gar keine Frage.
Jetzt fangen Sie ja schon wieder an! Wenn Sie etwas fragen möchten, dann stellen Sie bitte eine Zwischenfrage, eine ganz reguläre, die lasse ich gern zu.
Im Unterschied zu anderen Mitgliedern dieses Parlaments habe ich nämlich gar keine Angst vor Zwischenfragen, die können Sie gern stellen, aber bitte nicht immer so dumm dazwischenquatschen.
Als Oppositionsfraktion sehen wir die Lage naturgemäß anders und auch wesentlich grundsätzlicher. Opposition ist Regierung im Wartestand. Das heißt, wir wollen alternative Konzepte durchdenken und erarbeiten
und mit Ihnen auch gern darüber debattieren.
Es geht um folgende drei Punkte:
Das Thema „Regierung im Wartestand“ nehmen wir sehr ernst. Das werden Sie im Laufe der nächsten vier Jahre noch mehrfach merken.
Welche Zielvorstellungen haben Sie denn für die Landesentwicklung? Mein Eindruck ist – und der wurde auch durch die Mitglieder der Regionalen Planungsverbände bestärkt, Herr Pegel –, dass die volle öffentliche Daseinsvorsorge und die dazu erforderliche Infrastruktur in einigen Jahren nur noch in den größeren Städten vorgehalten werden soll und außerhalb dieser Städte leben dann die sogenannten Pioniere. Dieses Wort fiel im Ausschuss.
Weitgehend auf eigene Faust müssen diese Pioniere dann leben. Da ist übrigens genug Platz für Windräder,
um das tägliche Murmeltier zum Leben zu erwecken, und auch um den bäuerlichen Mittelstand braucht man sich keine Sorgen mehr zu machen. Den braucht man dann auch nicht mehr.
Der Ansatz der AfD ist anders. Wir wollen flächendeckend den ländlichen Raum und damit auch die kleinen Städte stärken
und die öffentliche Infrastruktur dort erhalten. Damit einher geht die Bewahrung der alten Kulturlandschaften in unserem Land.
Zweitens. Welche Bedeutung messen Sie der Selbstbestimmung der Bürger und damit der Selbstbestimmung der Kommunen bei? Mein Eindruck ist, dass möglichst viel Geld zentral gesammelt werden soll, möglichst wenig freiwillig zur freien Verfügung der Kommunen stehen soll, und stattdessen werden genau die Maßnahmen, Projekte und Aufgaben bezuschusst, die in das Konzept der Landesregierung passen.
Der Ansatz der AfD ist anders. Wir wollen die Demokratie vor Ort stärken und das geht nur mit freier Verwendung finanzieller Mittel vor Ort. Die Bürger vor Ort wissen am
besten, was gut für sie ist und wofür sie bereit sind, ihr eigenes Geld auszugeben. Steuergeld ist nämlich das Geld der Bürger.
Beide genannten Punkte finden sich übrigens sehr ausgeprägt in der wirtschaftlich und finanziell überaus erfolgreichen Schweiz.
Drittens. Konkret werden wir im Rahmen der Haushaltsberatungen über die Haushaltspolitik sprechen, denn natürlich erfordern die beiden gerade genannten Punkte …
Ja, sehr gern.
Ja, vielen Dank für diese Frage, auf die habe ich schon fast gewartet. Selbstverständlich gelten sie auch dafür. Natürlich kennen wir den Hintergrund Ihrer Frage und ich kann Ihnen sagen, 14 Abgeordnete der Fraktion
haben ordnungsgemäß sehr kurzfristig ihre Büros eingerichtet. Meins war zum Beispiel zum 01.10. in Betrieb, nur mal als Beispiel, viel schneller ging es nicht.
Warum ist das bei einigen nicht der Fall? Das kann ich Ihnen ganz genau sagen: Mietverträge wurden vereinbart, wurden wieder gekündigt, man trat wieder zurück. Mir sind Kollegen bekannt, die dreimal, viermal einen neuen Mietvertrag abschließen mussten, weil die Vermieter Angst haben, dass die Büros beschädigt werden, dass die Scheiben eingeworfen werden.
Also wir können gern in einem extra Tagesordnungspunkt noch mal ausführlich darüber sprechen, warum es unseren Fraktionsmitgliedern offensichtlich schwerer gemacht wird, ihre Büros in Betrieb zu nehmen als anderen.
Frau Bernhardt, Ihre Tränen nehme ich Ihnen jetzt nicht ganz ab.
Sie haben sicherlich Mitleid für jeden Menschen auf dieser Welt, aber dass ein demokratisch und frei gewählter Abgeordneter dieses Landtages Schwierigkeiten hat,
sein Büro zu beziehen und einen Mietvertrag zu unterzeichnen, das ist Ihnen offensichtlich egal. – Vielen Dank.
Dann glauben Sie es halt nicht!
Nein.
Toll hingekriegt.
Ja, viel zu lange.
Gut, es ist schön und richtig, dass das Land Schulden tilgen kann, aber müssen es 190 Millionen Euro sein?
Sie kennen vermutlich alle die Fotos von absolut sanierungsbedürftigen Schulgebäuden des Landkreistages. Dieser fuhr mit seinen Fotos durchs Land und zeigte sie uns überall. Ist es richtig, dafür so viel Schulden zu tilgen? Rücklagen zu bilden für Verpflichtungen und Risiko ist erforderlich und vorsichtig, aber ist eine Vorsorge von fast 60 Millionen Euro für den Schuldendienst wirklich sinnvoll? Nur kleine Teile der Landesschulden stehen jeweils zur Refinanzierung an und werden dem Zinsanstiegsrisiko unmittelbar ausgesetzt.
Gut, einen allerallerletzten Satz.
Hier müssen wir die Frage stellen, wo Vorsicht und Verantwortungsgefühl gegenüber der Zukunft aufhören und das Armrechnen anfängt. – Danke schön.
Ja, sehr geehrte Frau Präsidentin! Liebe Damen und Herren Abgeordnete! Werte Gäste! Liebe Bürger des Landes!
Herr Ritter, Sie und die Linksfraktion möchten also ein anonymisiertes Bewerbungsverfahren in der Landesverwaltung modellhaft erproben. Dazu stellen sich uns erst mal zwei Fragen oder auch Zweifel. Die erste Frage ist, ob es am Ende bei diesem Modellversuch bleiben soll oder ob nicht vielmehr in einer Politik der kleinen Schritte nach und nach dieses anonymisierte Verfahren insgesamt durchgesetzt werden soll, also auch in der Privatwirtschaft. Das wäre einfach eine Frage an Sie. Es wäre schön, wenn Sie dazu etwas sagen könnten. Und zweitens: Warum erwähnen Sie ausgerechnet den Landesrechnungshof? Dazu kommen wir vielleicht später auch noch mal.
Insgesamt kann ich sagen, Ihr Vorschlag ist sicherlich gut gemeint. Diskriminierungen sollen vermieden werden, das heißt, Sie sind für Chancengleichheit und für Fairness. Chancengleichheit und Fairness sind auch Werte, die die AfD hochhält. Da könnten wir uns vom Prinzip her anschließen. Aber – nun kommt natürlich das Aber – es geht, denke ich, auch mit anderen Verfahren wesentlich besser.
Zuerst müssen wir festhalten, dass in der Landesverwaltung und beim Landesrechnungshof häufig Beamtenpositionen zu besetzen sind. Hier sind einige Informationen einfach zwingend erforderlich, nämlich die Staatsangehörigkeit, das Lebensalter, das Geschlecht und die Schwerbehinderung. Die gesetzlichen Normen könnte ich Ihnen jetzt alle vorlesen.
Zum Beispiel Staatsangehörigkeit: Nach Paragraf 7
Absatz 1 Satz 1 Nummer 1 vom BeamtStG dürfen nur Menschen berufen werden, die „Deutsche oder Deutscher“ sind „im Sinne des Artikels 116 des Grundgesetzes“.
Oder das Lebensalter: Nach Paragraf 18a Absatz 1
LBG M-V dürfen nur Beamte auf Probe berufen werden, wenn sie „das 40. Lebensjahr noch nicht vollendet“ haben.
Auch für die Schwerbehinderten gibt es so eine
Norm, Paragraf 82 im SGB IX: Schwerbehinderte müssen eingeladen werden, es sei denn, die Eignung ist offensichtlich nicht vorhanden.
Und auch das Geschlecht muss nach Paragraf 8
Absatz 1 GlG M-V beachtet werden, weil wir sonst eine Unterrepräsentanz verschiedener Geschlechter haben könnten.
Das heißt, insgesamt gibt es dort eine Fülle von gesetzlichen Vorschriften. Nach Paragraf 9 BeamtStG geht es eben um Eignung, Befähigung und fachliche Leistung ohne Rücksicht auf Geschlecht, Abstammung, Rasse oder ethnische Herkunft, Behinderung, Religion oder Weltanschauung, politische Anschauung, Herkunft, Beziehung oder sexuelle Identität.
Jeder Bewerber um einen Arbeitsplatz bei einem öffentlichen Arbeitgeber hat einen gerichtlich überprüfbaren Anspruch auf ein Verfahren nach Artikel 33 Absatz 2 des Grundgesetzes. Das ist nämlich der Grundsatz der Personalauswahl im öffentlichen Dienst: „Jeder Deutsche hat nach seiner Eignung, Befähigung und fachlichen Leistung gleichen Zugang zu jedem öffentlichen Amte.“ Und es erstaunt mich schon sehr, wenn Sie alle diese Gesetze anzweifeln und der Meinung sind, sie würden eventuell nicht korrekt umgesetzt. Das widerspricht dem Staatsverständnis, was wir allgemein insgesamt haben. Gesetze sind einzuhalten, Vorschriften sind einzuhalten und natürlich und insbesondere im öffentlichen Dienst. Der Vorwurf der Diskriminierung läuft also formal ins Leere.
Über alle formalen Aspekte hinaus halte ich aber auch nichts von Trick 17 der Selbstüberlistung, sondern es geht darum, dass sich die Personalverantwortlichen ihren Vorurteilen stellen, die jeder hat. Jeder von uns hat Vorurteile und diesen Vorurteilen muss man sich stellen und muss sie bewältigen – und, wie gesagt, nicht versuchen, sich selber dabei zu überlisten.
Bei einem anonymisierten Bewerbungsverfahren werden die Probleme bestenfalls von der ersten Bewerbungsphase verschoben in die zweite Bewerbungsphase. Das heißt, es werden erst mal viel mehr Bewerber eingeladen, die vielleicht gar nicht infrage kommen, aber man lädt sie erst mal ein
und muss sie dann in der zweiten Phase wieder aussortieren. Das ist ein enormer Aufwand und im Übrigen auch ein enormer Bürokratieaufwand,
denn die Bewerbungen müssen ja erst mal anonymisiert werden. Da muss jemand sitzen, der alle Angaben, die irgendwie auf die Person Rückschlüsse zuließen, wieder schwärzt oder streicht, oder Sie müssen von vornherein Formulare entwerfen, also ein sehr bürokratischer und formaler Ablauf.
Zweitens haben Sie auch eine diskriminierende Wirkung, wenn Sie auf ein anonymisiertes Verfahren umsteigen, denn gerade die Bewerber, die vielleicht nicht so gute Schulnoten oder Zeugnisnoten haben, haben dann ein Problem, sich in ihrer Gänze vorzustellen als Person. Das Ganze wird ja sehr reduziert auf Schulnoten, auf Zeugnisnoten, und das ist eigentlich heute nicht mehr zeitgemäß, denn es geht nicht nur um diese formalen Abschlüsse, sondern die Bewerber möchten sich in ihrer Gänze als Person vorstellen. Es geht eben um den ganzen Menschen und nicht nur um die Person.
Dann sagen Sie in Ihrem Antrag, die Landesregierung soll Ende 2018 berichten, gleichzeitig verweisen Sie aber auch schon auf Modellprojekte anderer Bundesländer. Da greife ich Ihren Vorschlag gerne auf, den Sie gerade nannten, man sollte doch erst die Erkenntnisse anderer Bundesländer berücksichtigen und auswerten. Sie könnten ja hier vielleicht mal vortragen, wie diese Erfahrungen sind. Ich habe dazu jetzt nichts gefunden. Ich habe nur gefunden, dass es Studien, zum Beispiel aus Schweden, gibt, die eigentlich niederschmetternd sind. Dort kam nämlich im Ergebnis dabei heraus, dass sich gar nichts geändert hat, außer sehr viel mehr Arbeit und Bürokratie für die Arbeitgeber. Ähnliche Studien liegen auch aus Großbritannien, USA, Schweiz, Frankreich und Italien vor.
Jetzt kann man natürlich glauben, die Deutschen können wieder alles besser als alle anderen. Das wäre jetzt vielleicht ein Vorurteil, was Sie mir entgegenbrächten, dass ich so etwas glaube. Das tue ich aber gar nicht. Ich bin der Meinung, wir können sehr gerne von den Erfahrungen anderer Länder lernen und brauchen nicht die gleichen Fehler noch einmal zu machen.
Wie ist die Wirkung von anonymisierten Bewerbungsverfahren auf die Bewerber? Die Bewerber werden nicht als Gesamtperson gewürdigt, sie bekommen ein Gefühl der Ohnmacht. Das war das Ergebnis aus diesen Studien. Und bei dem Einstellenden, also bei dem Personalleiter, bleibt das Gefühl zurück, dass seine Expertise gar nicht gewürdigt wird, gar nicht beachtet wird. Er fühlt sich wie ein Computer, der eine Checkliste abhakt, und kann gar
nicht mehr überprüfen, ob jemand ins Team passt – ja oder nein –, weil er einfach nur nach den formalen Kriterien vorgeht.
Letztlich ist auch noch zu befürchten, dass wir anschließend eine Klagewelle bekommen, weil viele Bewerber eben erst mal eingeladen sind, das dann auch missverstehen in der Form, dass sie meinen, sie wären sehr gut geeignet, dann aber in der zweiten Runde wieder herausfallen und das womöglich auf eine Besonderheit ihrer Person zurückführen.
Ja, nun komme ich noch mal zum Landesrechnungshof zurück. Ich würde doch gerne wissen, warum Sie ausgerechnet den Landesrechnungshof erwähnen und nicht zum Beispiel den Landtag, der wäre ja gleichrangig in der Hierarchie. Ich habe die Vermutung, dass Sie sich mit Frau Sellering beschäftigen, warum gerade Frau Sellering eingestellt wurde.
Das finde ich ein bisschen verdruckst, diesen Versuch, das so hintenherum durch die Brust ins Auge zu machen. Wenn Ihnen dabei irgendwas nicht passt, dann sagen Sie es doch einfach!
Ja, dann wäre es eigentlich besser, man spricht das genau an und will jetzt nicht gleich Hunderte oder Tausende von Bewerbern durch ein anonymisiertes Verfahren jagen.
Eben, ich finde es einfach unangemessen, ein ganzes Verfahren zu ändern oder ändern zu wollen, nur, weil einem eine einzelne Einstellung nicht passt.
Herr Ritter, darüber können wir gerne nachher noch mal sprechen, Sie haben ja Gelegenheit zu erwidern.
Mein Fazit ist, dass die rechtliche Situation vollkommen ausreichend ist und auch vor Diskriminierung schützt. Faktisch hat jeder Mensch Vorurteile, und denen sollte man sich stellen. Diesen Vorurteilen sollte man sich stellen, daran arbeiten und nicht versuchen, sich hinter formalen Tricks zu verbergen. – Vielen Dank.
Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr geehrte Damen und Herren Abgeordnete! Vor Ihnen liegt auf Drucksache 7/508 die Beschlussempfehlung des Finanzausschusses zum Sonderbericht des Landesrechnungshofes zu den kommunalen Sozialausgaben. Darin enthalten ist mein ausführlicher schriftlicher Bericht über die entsprechenden Beratungen im Ausschuss. Der Finanzausschuss hat hierzu eine öffentliche Anhörung durchgeführt. An dieser Stelle möchte ich mich im Namen des gesamten Finanzausschusses bei allen Sachverständigen für ihre mündlichen und schriftlichen Stellungnahmen herzlich bedanken.
Meine Damen und Herren, lassen Sie mich an dieser Stelle kurz auf die Anhörung eingehen. Die Sachverständigen haben den Sonderbericht des Landesrechnungshofes insgesamt begrüßt. Begründet hat dies der Landkreistag damit, dass die Sozialausgaben in den kommunalen Haushalten der größte Ausgabenblock seien. Der Städte- und Gemeindetag hat zudem darauf aufmerksam gemacht, dass durch die hohen Sozialausgaben in den kommunalen Haushalten notwendige Investitionen in die kommunale Infrastruktur immer weiter zurückgedrängt würden. Der Landesrechnungshof hat in der Anhörung ausdrücklich auf den Wert von landesweiten Datenbanken hingewiesen, in denen die Leistungen und auch die Entgeltstrukturen erfasst werden könnten. Auf diese Weise könnte nach Einschätzung des Landesrechnungshofes am Ende mehr Transparenz für alle Beteiligten geschaffen werden.
Natürlich gibt es in einer Anhörung nicht nur Lob, sondern auch die eine oder andere kritische Anmerkung. So hat der Landkreistag sein Bedauern darüber zum Ausdruck gebracht, dass in dem Sonderbericht noch zu viele Fragen offengeblieben seien, auf die er sich in dem Bericht eher Antworten erhofft hatte. Darüber hinaus gab der Städte- und Gemeindetag zu bedenken, dass man die Problematik der Sozialausgaben nicht nur rein fiskalisch bewerten könne. Viel wichtiger sei nämlich die Frage, welche Wirkungen die eingesetzten finanziellen Mittel bei den betroffenen Menschen hätten.
Werte Abgeordnete, die Fraktion DIE LINKE hatte im Ergebnis der Beratungen die Annahme einer Entschließung beantragt, wonach der Landtag unter anderem die Auffassung des Landesrechnungshofes teilen sollte, dass das Ausgabenniveau bei existenzsichernden Leistungen in Mecklenburg-Vorpommern deutlich überdurchschnittlich sei. Zudem sollte der Landtag als Ursache hierfür die schlechte sozioökonomische Lage im Land feststellen. Darüber hinaus sollte die Landesregierung zur Einrichtung einer landesweiten Datenbank für Jugendämter aufgefordert werden, in der alle Einrichtungsprofile, die Entgeltsätze und das jeweilige Leistungsangebot enthalten sein sollten. Diesen Entschließungsantrag hat der Finanzausschuss mehrheitlich abgelehnt.
Die Fraktion der AfD hatte ebenfalls eine Entschließung beantragt, wonach die Landesregierung unter anderem dazu aufgefordert werden sollte, die Kommunen beim Aufbau der integrierten Sozialplanung zu unterstützen. Ferner sollte die Landesregierung die Weiterbildungsmöglichkeiten im Sozial- und Jugendhilfebereich überprüfen und ausbauen beziehungsweise neu schaffen. Darüber hinaus sollten Maßnahmen ergriffen werden, damit
die Finanz- und Fachstatistikdaten der Kommunen einheitlich und automatisiert an das Statistische Landesamt übermittelt werden. Auch dieser Entschließungsantrag wurde vom Ausschuss mehrheitlich abgelehnt.
Die Koalitionsfraktionen haben beantragt, den Bericht des Landesrechnungshofes zur Kenntnis zu nehmen und darüber hinaus die Ihnen nunmehr vorliegende Entschließung zu verabschieden. Danach sieht der Landtag die hohen kommunalen Ausgaben im Sozial- und Jugendhilfebereich mit Sorge und bittet die Landesregierung, sich weiterhin für Maßnahmen einzusetzen, die einem weiteren Anstieg der Sozialausgaben entgegenwirken. Ferner soll die Landesregierung gebeten werden, die Kommunen dabei zu unterstützen, bei der Verhandlungsführung mit den Leistungserbringern noch professioneller zu werden. Diesen Entschließungsantrag hat der Finanzausschuss mehrheitlich angenommen. Der Beschlussempfehlung insgesamt hat der Finanzausschuss ebenfalls zugestimmt.
Abschließend möchte ich Sie nunmehr noch um Ihr Votum zur vorliegenden Beschlussempfehlung bitten. – Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit.
Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr geehrte Damen und Herren Landtagskollegen! Werte Gäste und liebe Bürger des Landes! Seit einigen Jahren gibt es bedingt durch die Niedrig- beziehungsweise Null- und mittlerweile Negativzinspolitik der Europäischen Zentralbank keine Zinsen für kleinere Beträge auf Sparkonten. Wir wissen aber, dass gerade in Mecklenburg-Vorpommern aufgrund der im Vergleich zu anderen Bundesländern relativ geringen Durchschnittseinkommen und Durchschnittsvermögen eine große Zahl von Bürgern keine Möglichkeit hat, einen Vermögensaufbau außerhalb der klassischen Sparkonten zu betreiben. Meines Wissens liegen wir beim Durchschnittseinkommen beziehungsweise dem verfügbaren Einkommen pro Kopf immer noch auf Platz 16 von 16.
Die Landesregierung ist dagegen immer wieder gefordert, auslaufende Kredite zu verlängern, um sich am Kapitalmarkt zu refinanzieren. Insgesamt betragen die Schulden des Landes Mecklenburg-Vorpommern noch über 9 Milliarden Euro und der jährliche Zinsaufwand liegt bei circa 292 Millionen Euro im Jahr 2016.
Die AfD-Fraktion ist daher der Meinung, dass in der Refinanzierung über das Programm der bestehenden Landesschatzanweisung des Landes hinaus zumindest auch ein kleiner Teil durch die eigenen Bürger vorgenommen werden könnte. Über eine inflationsindexierte Anleihe soll hierbei ein Ausgleich der amtlich festgestellten Inflationsrate geschaffen werden.
Aus Gleichbehandlungsgrundsätzen stünde diese Möglichkeit der Geldanlage jedem Bürger in Mecklenburg-Vorpommern offen, aber natürlich werden insbesondere wenig vermögende Bürger angesprochen. In kleinen Einheiten von beispielsweise 50 Euro – vergleichbar mit den früheren Bundesschatzbriefen – hätten finanzschwache Bürger die Möglichkeit, einen Notgroschen der privaten Haushaltsrücklage anzusparen, der sich zwar nicht, wie in früheren Zeit üblich, durch Zinsen vergrößert, sich aber wenigstens durch die Inflation in der Kaufkraft auch nicht verringert.
Beispiel, extra für die Linksfraktion, die ja gerne mit Beispielen arbeitet: Bei einer Inflationsrate von drei Prozent
pro Jahr und einem Anlagebetrag von 1.000 Euro erhielte der Bürger einen auf einen Inflationsindex bezogenen Kapitalertrag von 30 Euro für dieses Jahr, sodass die Kaufkraft seines angesparten Guthabens konstant bliebe. Anderenfalls wäre es in der Realwirtschaft schon nach einem Jahr 30 Euro weniger wert und nach drei Jahren sind in diesem Beispiel von ursprünglich 1.000 Euro nur noch 912 Euro an Kaufkraft übrig.
Das Land könnte sich derzeit ohne Frage günstiger refinanzieren, zum Beispiel bei großen internationalen Fonds. Jedoch gebe ich zu bedenken, dass das Land in seinem Kreditmanagement aufgrund des niedrigen Zinsniveaus derzeit erhebliche Kosten einsparen kann. Es erscheint uns daher nur sozial gerecht zu sein, einen kleinen Teil dieser Ersparnis an die Sparer des eigenen Bundeslandes zurückzugeben.
Bei einer Auflage von zum Beispiel 50 Millionen Euro und 2 Prozent Inflationsrate entstünden mit diesem Modell Kapitalkosten, die etwa 700.000 Euro über den derzeitigen Finanzierungskosten lägen. Dieses Beispiel ist sehr realistisch, denn die aktuellen Inflationsraten liegen bei 0,5 Prozent im Jahr 2016, im Januar schon bei 1,9 Prozent, im Februar bei 2,2 Prozent und im März bei 1,7 Prozent. Die 2 Prozent sind auch das angestrebte Ziel der Europäischen Zentralbank und sind daher mittelfristig durchaus denkbar. Die Laufzeit dieser Anleihen sollte nur die laufende Legislaturperiode betreffen. So ist der zeitliche Horizont dieser Anlagen gut abschätzbar.
Derzeit wird ein großer Teil der Zinsersparnis durch das gesunkene Zinsniveau im Landeshaushalt MecklenburgVorpommerns für Schuldentilgung verwendet. Ein kleinerer Teil wird für unterschiedliche Investitionsvorhaben eingeplant. Darüber wird beim Landesfinanzbericht ohnehin noch zu debattieren sein. Jedenfalls sollten aber auch diejenigen, die diese günstige Finanzierung der Landesschulden ermöglichen, nicht völlig leer ausgehen. Wenigstens der Notgroschen, die private Haushaltsrücklage, sollte den Bürgern nicht genommen werden. Das ist sozialpolitisch geboten, finanzpolitisch vertretbar und stärkt auch die Kultur des Sparens, die aufgrund der fehlenden Zinsen unterzugehen droht. Gerade für junge Bürger unseres Landes, Kinder und Jugendliche ist es wichtig zu lernen, dass Vermögensaufbau durch Konsumverzicht und Sparleistung möglich und erforderlich ist.
Erinnern Sie sich noch an den Weltspartag am 31. Oktober? Eine Gesellschaft, die nicht spart, ist in normalen Zeiten auch nicht in der Lage zu investieren, zehrt ihre Substanz auf und fällt im internationalen Wettbewerb insgesamt zurück. Der Staat – in diesem Fall die Landesregierung – hat die Aufgabe, das hohe Gut des Sparens auch in völlig absonderlichen Zeiten der heutigen EZBZinspolitik aufrechtzuerhalten. Zur Erinnerung: Die Sparquote ist 2015 auf nur noch 5,4 Prozent in MecklenburgVorpommern gesunken. Früher waren Werte unter 10 Prozent undenkbar.
Spielraum für das vorgeschlagene Instrument besteht durchaus. So werden zwischen September 2017 und März 2018 unter anderem drei Tranchen zu jeweils 50 Millionen Euro fällig mit bisherigen Zinssätzen zwischen 2,5 und 4,5 Prozent pro Jahr. Aufgrund der guten Liquiditätslage ist eine tagesgleiche Anschlussfinanzierung nicht erforderlich, sodass das Land sogar das zeitliche Risiko der Vermarktung übernehmen könnte. Das ist
aber nicht unbedingt nötig, das ist Verhandlungssache mit den Banken.
Schließlich möchte ich noch darauf hinweisen, dass auch andere Emittenten von Anleihen mit Inflationsschutz inflationsindexiert herausgeben beziehungsweise sogar schon herausgegeben haben. Etwa fünf Prozent der derzeitigen Euroanleihen sind mit Inflationsschutz versehen, jedoch aufgrund der Ausgestaltung der Laufzeit beziehungsweise der Rückgabebedingungen nicht für Kleinsparer geeignet. Die Kombination des klassischen und früher außergewöhnlich beliebten Bundesschatzbriefes mit einem Inflationsindex als Verzinsungsersatz wäre für die Kleinsparer in Mecklenburg-Vorpommern eine echte Alternative.
Da wir aus unseren Gesprächen mit infrage kommenden Emittenten und den Landesbanken wissen, dass der Markt in Mecklenburg-Vorpommern aufgrund der geringen Vermögen als sehr eng, also klein, eingeschätzt wird und auch aufgrund der Anforderungen an die Beratungsdokumentation für Bankkunden laut dem Kreditwesengesetz Bedenken bei der Umsetzbarkeit bestehen, bitten wir den Landtag um Überweisung in den Finanzausschuss, um dort technische Details und Kosten präzise zu klären. – Vielen Dank.
Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr geehrte Damen und Herren! Vielen Dank für die Beiträge. Darauf will ich natürlich gerne eingehen. Ich bitte Sie, mir nachzusehen, dass ich sie nicht sortiert habe. Ich gehe einfach der Reihe nach Ihre Argumente durch.
Herr Minister Brodkorb, Sie sind der Meinung, die Verzinsung von Guthaben ist keine öffentliche Leistung. Dafür gründen wir keinen Staat. Das ist sicherlich richtig, aber wir müssen einfach auch konstatieren, dass der Markt im Moment nicht funktioniert. Wir haben jahrhundertelang immer Zinsen bekommen für unsere Sparguthaben. Das ist im Moment außer Kraft gesetzt und deswegen kann man das auch schlecht als Beispiel hier anführen, warum man einen Staat gründet oder keinen Staat gründet. Das ist eine sehr schöne philosophische Diskussion, aber leider am Thema vorbei. Es geht um die konkrete Situation heute. Die Bürger bekommen für ihr Sparguthaben keine Zinsen und verlieren dementsprechend Geld. Wenn Sie sagen, dass 0,8 bis 1 Prozent Zinsen durchaus möglich sind auf dem Tagesgeldkonto, so mag das richtig sein, aber nur in einer anderen Größenklasse. Wenn Sie 1.000 Euro anlegen wollen, bekommen Sie kein Prozent. Sie können mir gerne zeigen, wo man da 1 Prozent Zinsen bekommt.
Ja, das müssen Sie mir wirklich zeigen, das kann ich so nicht sehen.