Michael Reuter
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Sehr geehrte Frau Präsidentin, meine sehr verehrten Damen und Herren! Es ist eine unspektakuläre Materie, mit der wir uns zu dieser späten Stunde beschäftigen müssen. Dennoch erlaube ich mir, einige Gedanken vorzutragen. Früher, im Altertum, haben die Menschen ihre Gesetze in Stein gemeißelt, weil sie ihnen wahrscheinlich eine längere Haltbarkeitsdauer angedeihen wollten.Wir versehen Gesetze mit einem Verfallsdatum wie für eine leicht verderbliche Ware aus der Tiefkühlabteilung.
So kann man im Grunde genommen darüber streiten oder zumindest einmal darüber nachdenken, ob es angebracht ist, dass alle fünf Jahre die Ministerien und wir als Gesetzgeber über die Sinnhaftigkeit von Gesetzen nachdenken. Das tun wir auch,manchmal unter Zeitdruck.Ich erinnere an die Gesetzgebung zum außergerichtlichen Streitverfahren,wo das Fristende nahte und wir quasi im Schweinsgalopp entscheiden mussten. Das war die Diskussion Ende letzten Jahres.
Es ist durchaus klug, Gesetze zu evaluieren. Aber eine Frage möchten wir in der Ausschusssitzung ansprechen. Wann wird eigentlich dieser Kabinettsbeschluss vom 16.10.2001 auch einmal evaluiert? Wer evaluiert diesen Kabinettsbeschluss? Insofern sind wir auf die Ausschussberatung sehr gespannt. Sehen wir einmal, was dabei herauskommt. – Vielen Dank für die Aufmerksamkeit.
Herr Präsident, meine sehr verehrten Damen und Herren! Zum Ende letzten Jahres haben wir in der Debatte
über das Dritte Qualitätssicherungsgesetz sehr eindringlich darauf aufmerksam gemacht, wie durch dieses Gesetz die Chancengleichheit für Schülerinnen und Schüler verletzt wird.
Ich erinnere daran, dass durch dieses Gesetz die integrierten Systeme weiter benachteiligt werden, dass sie durch das so genannte Turboabitur in ihrer Wettbewerbsfähigkeit beeinträchtigt sind, dass das dreigliedrige Schulsystem weiter zementiert wird und dass durch die Mitteilung einer drohenden Schließung von 218 Schulstandorten oder Schulzweigstandorten zum Jahreswechsel der Grundsatz der wohnortnahen Beschulung löchrig wurde wie ein Schweizer Käse.
Mit unserem vorliegenden Gesetzentwurf wollen wir den Versuch unternehmen,eine Regelung wieder aufzuheben, welche nach unserer Auffassung ebenfalls die Chancengleichheit verletzt. Es geht um die Aufhebung des § 161 Abs. 11 des Schulgesetzes, nach welchem die Schulträger durch Satzung Elternbeiträge zu den Schülerbeförderungskosten verlangen können. Das ist eine Bestimmung, welche, nachdem die Anhörung der Spitzenverbände vorüber war, quasi im Schweinsgalopp durch einen Fraktionsantrag der CDU zum Gesetz erhoben wurde.
Da ich mich mangels einer amtlichen Begründung nur auf das beziehen kann, was Sie, Herr Irmer, hier vorgetragen haben, möchte ich das tun.Wie wir in der zweiten Lesung durch den bildungspolitischen Sprecher der CDU-Fraktion hier im Parlament erfahren konnten, nachzulesen im Protokoll vom 23. November 2004, hat die CDU-Fraktion nur eine Anregung des Hessischen Landkreistages aufgenommen. Herr Irmer fuhr dann fort, dass „die“ – damit meinte er wohl den Hessischen Landkreistag – „es etwas anders“ wollten.Dann führt er aus,was sie anders wollten, um zu dem Schluss zu kommen, dass das ein Entgegenkommen an den Landkreistag sei. – So weit zum Thema Prosa.
Nun kommen wir zu den Fakten. Seitens des Landkreistages gab es eine lange und kontrovers geführte Diskussion darüber, ob man Elternbeiträge für die Schülerbeförderung verlangen soll. Am Ende dieser Diskussion stand eine Forderung an den Gesetzgeber, dass das Hessische Schulgesetz insofern angepasst werden soll, als eine Elternbeteiligung an den entstehenden Kosten zwingend vorgeschrieben wird. Die Höhe der Elternbeteiligung sollte dann im Einvernehmen mit dem Schulträger durch Rechtsverordnung festgelegt werden. Mit anderen Worten: Die Frage, ob Elternbeiträge verlangt werden, ist durch das Gesetz bejaht, aber die Frage nach der Höhe der Elternbeiträge wird durch die Benennung von Höchstsätzen ähnlich den Gastschulbeiträgen zentral geregelt. – So weit zur Forderung des Hessischen Landkreistages.
Schulträger können durch Satzung die Erhebung von Elternbeiträgen bestimmen. Das will heißen:Anders als der Landkreistag es vorgeschlagen hat, ist die Frage, ob Elternbeiträge verlangt werden, in das Ermessen der Schulträger gestellt. Jetzt wird Herr Irmer bestimmt sagen: Das ist doch prima; mit dieser Regelung haben die Schulträger die Freiheit, selbst zu entscheiden, ob sie Elternbeiträge verlangen oder nicht. – Wie sieht diese Freiheit angesichts der defizitären Haushaltslage fast aller Schulträger aus? Steht nicht zu erwarten, dass analog der Forderung nach Elternbeiträgen für Kindergärten – die Diskussion haben wir gerade eben geführt – bei der Genehmigung der
Stadt- bzw. Kreishaushalte intensiv danach gefragt wird, ob alle Einnahmequellen wie auch Elternbeiträge zur Schülerbeförderung ausgenutzt worden sind? Das heißt: Besteht nicht die Gefahr, dass aus einer Kannregelung im Gesetz eine faktische Mussregelung wird?
Der faktische Zwang zur Einführung von Elternbeiträgen wird dann dazu führen, dass bildungsferne Eltern ihre Kinder nicht zu weiterführenden Schulen schicken werden, wenn hierfür Geld verlangt wird. Man kann also sagen, dass die Landesregierung die Verantwortung für eine solche Entwicklung wieder einmal auf die Städte und Kreise abschieben will.
Vielleicht steht uns dann aber auch ein neues Stadt-LandGefälle ins Haus,weil in den Großstädten die Entfernung, was die Beförderungskilometer und damit auch die Kosten angeht, geringer ist als auf dem Land, wo die weiterführenden Schulen manchmal 20 bis 30 km vom Wohnort entfernt sind.
Wenn die Situation der öffentlichen Haushalte es ermöglichen wird, kann der eine Schulträger, der dann hoffentlich einen ausgeglichenen Haushalt vorlegt und nicht mehr dem Finanzdiktat der Kommunalaufsicht unterliegt, auf Elternbeiträge verzichten, während die ärmeren Gebietskörperschaften mit einem unausgeglichenen Haushalt immer noch gezwungen sind, Elternbeiträge zu erheben. Das heißt, dass die Situation eintreten kann, dass die Finanzstruktur des Schulträgers darüber entscheidet, ob Elternbeiträge verlangt werden müssen oder nicht.
Dies halten wir für absolut falsch. Der Anspruch auf bestmögliche Bildung für alle darf weder vom Geldbeutel der Eltern noch von der Haushaltskasse der Kreise und Städte abhängen.In einem rohstoffarmen Land,wie es die Bundesrepublik Deutschland darstellt, muss unser wichtigstes Anliegen sein, die Bildungspotenziale in den Köpfen aller unserer Kinder optimal zu fördern.Alles, was auf Bevorzugung der einen hinausläuft, was logischerweise eine Benachteiligung der anderen bedeutet, und was auf Ausgrenzung hinausläuft, ist bildungspolitisch von Übel.
Elternbeiträge nur wegen der Finanzenge von Schulträgern sind der falsche Ansatz.Wir lehnen diese gesetzliche Regelung ab und haben deshalb mit unserem Gesetzentwurf die Aufhebung beantragt. – Ich bedanke mich für Ihre Aufmerksamkeit.
Frau Präsidentin, meine sehr verehrten Damen und Herren! Ich beziehe mich auf die Ausführungen von Frau Henzler, die gemeint hat, ich hätte Herrn Rudolph falsch verstanden.Dagegen möchte ich mich hier äußern.Das ist nicht der Fall. Herr Rudolph hat in der Tat gesagt, dass es aufgrund der Diskussion zu dem vorhergehenden Tagesordnungspunkt eine Diskrepanz zwischen dem gibt, was Herr Bouffier in seinem Erlass „Leitlinien zur Konsolidierung von kommunalen Haushalten“ schreibt, und der Eigenverantwortung von kommunalen Gebietskörperschaften. Dieser Punkt widerspricht meinen Ausführungen überhaupt nicht. Denn ich sage – auch zu Herrn Beuth –: Ich kann den Gesetzentwurf lesen und sehe, dass im Gesetzentwurf eine Kannregelung verankert ist. Ich habe aber ausgeführt, dass diese Kannregelung aufgrund der kommunalen Finanzsituation eine faktische Mussregelung wird. Da die Haushalte aller Schulträger defizitär sind, müssen die Schulträger bei der Genehmigung ihrer Haushalte darlegen, warum sie nicht alle Einnahmequellen aktiviert haben. Zu diesen Einnahmequellen zählt nach diesem Gesetz auch der Eigenanteil der Schülerbeförderung.Wer mich hier missverstanden hat,versucht absichtlich, mich nicht zu verstehen.
Herr Präsident, meine sehr verehrten Damen und Herren! Ich stimme dem Kollegen Frömmrich ausdrücklich zu. Nach dieser vernichtenden Kritik sowohl in der schriftlichen als auch in der mündlichen Anhörung hat eigentlich jeder, der sich mit dieser Materie beschäftigt, damit gerechnet, dass dieser Gesetzentwurf in der Versenkung verschwindet.
Wir müssen uns heute und – nachdem die dritte Lesung beantragt wurde – auch in der dritten Lesung nochmals mit diesem Gesetzentwurf beschäftigen. Da stelle ich die Frage an die Mehrheitsfraktion:Was muss eigentlich noch passieren, damit Sie Ihre Beratungsresistenz aufgeben?
Genügt Ihnen das abschreckende Beispiel Bayerns immer noch nicht? Bayern hatte – mehr oder weniger in einer Echternacher Springprozession – zunächst das Widerspruchverfahren gänzlich abgeschafft, es dann partiell wieder eingeführt,
um jetzt in einem Regierungsbezirk nochmals die generelle Abschaffung auszuprobieren.
Was ist die Folge? Wie wir seit der Anhörung wissen, hat sich beim zuständigen Verwaltungsgericht die Klageeingangszahl um 100 % erhöht.
Hat denn das Wort des obersten Verwaltungsrichters in Hessen, des Präsidenten des Verwaltungsgerichtshofs Reimers, kein Gewicht?
Er hat in der Anhörung kopfschüttelnd ausgeführt, es sei für ihn „schlicht unverständlich“, dass man in Hessen das Widerspruchsverfahren abschaffen wolle.
Und dies nur, um bei den Regierungspräsidien einige A-13-Stellen zu sparen und – wie das Beispiel des Verwaltungsgerichts Ansbach zeigt –, durch teurere Richterstellen zu ersetzen.
Warum nehmen Sie die Warnung von Präsident Reimers nicht ernst? Er hat sowohl schriftlich als auch mündlich darauf verwiesen, dass das Beispiel Baden-Württemberg zur Gesetzesbegründung nicht ausreichen wird, um eine Ausnahme von der gesetzlichen Regelung des § 68 VwGO zu begründen.
Wie wir eben von Herrn Haselbach gehört haben, kommt natürlich der Einwand, das Widerspruchsverfahren würde gar nicht abgeschafft, sondern lediglich der Devolutiveffekt beseitigt – will heißen, dass in Zukunft die Ausgangsbehörde selbst über den Widerspruch entscheidet. Aber wie sagte jemand zutreffend in der Anhörung: „Wer ändert schon gern einen Bescheid, den er selbst verfasst hat?“
Durch die beabsichtigte Regelung werden im Übrigen auch Verwaltungskosten, die sonst beim Land anfallen würden, auf die kommunalen Ausgangsbehörden verlagert, was – auch dies wurde in der Anhörung angesprochen – auch im Hinblick auf die Konnexität eine große Rolle spielen könnte.
Indem dem Bürger die Überprüfungskompetenz der nächsthöheren Behörde genommen wird, wird er unter der eben dargestellten Prämisse – dass die Ausgangsbehörde wohl selten ihren Erstbescheid korrigieren wird – in ein Kosten verursachendes Verwaltungsstreitverfahren getrieben, wenn er sein Recht behalten will.
Mit der beabsichtigten Regelung dieses Gesetzentwurfs läuft die Intention des Widerspruchsverfahrens – nämlich dem Rechtsschutzbedürfnis des Bürgers zu dienen – ins Leere.
Schon allein aus diesem Grund lehnen wir diesen Gesetzentwurf ab und beantragen ebenfalls die dritte Lesung.
In den Sonntagsreden wird von der Landesregierung landauf, landab betont, wie wichtig das ehrenamtliche Engagement der Bürgerinnen und Bürger für unser Gemeinwesen ist. Diese Reden scheinen diejenigen im Auge zu haben, die ohne Vergütung etwas Sinnvolles tun – z. B.
Wald und Bachläufe säubern, mit Schulfesten Geld einzunehmen, um die Schulausstattung zu verbessern, oder in einem Verein vormals öffentliche Freibäder zu betreiben. Wenn aber diese Bürgerinnen und Bürger mitreden wollen – beispielsweise in Beiräten und Ausschüssen –, so wird dies nach der geplanten Gesetzesänderung in Teilbereichen nicht mehr möglich sein. Beispielhaft nenne ich die Naturschutzbeiräte, Forstausschüsse, Fischerei- und Jagdbeiräte auf der mittleren Ebene.
Was lesen wir in der amtlichen Begründung, z. B. auf Seite 31? „Damit werden die Regierungspräsidien entlastet...“ Das heißt im Umkehrschluss: Wenn Bürgerinnen und Bürger mit ihrem Sach- und Fachverstand zur Lösung von Problemen beitragen,dann ist das eine Belastung der Verwaltung.
Dieses Menschenbild, dieses Demokratieverständnis entspricht in keinster Weise unserem Bild einer bürgernahen Verwaltung. Auch aus diesem Grunde lehnen wir diesen Gesetzentwurf ab. – Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit.
Ich frage die Landesregierung:
Kann sie garantieren, dass am Modellprojekt „Selbstverantwortung plus“ die managementbedingten Einsparungen auch bei den teilnehmenden Schulen verbleiben?
Sehr geehrter Herr Präsident, meine sehr verehrten Damen und Herren! In dieser verbundenen Debatte möchte ich für meine Fraktion zu dem angesprochenen Thema „Zwangsganztagsschulen“ Stellung nehmen.
Es ist so, wie es immer ist: Die Landesregierung feiert sich ob des zügigen Ausbaus der Ganztagsangebote, bestellt sich bei der CDU-Fraktion einen entsprechenden Jubelantrag, der wird auch prompt geliefert, und da hören wir: seriöser, verantwortungsbewusster und konsequenter Ausbau von Ganztagsangeboten.
Das Problem aber ist: Das hat mit der Realität leider nichts zu tun.
Herr Irmer, hören Sie zu. Die Realität nämlich sieht so aus – ich zitiere die „Information des Hessischen Städtetages“, ein Blatt, das Ihnen sicherlich auch bekannt ist –:
Hessen nimmt bei der Mittelabrufung bei den westlichen Bundesländern die Schlussposition ein.
Dies wird durch die Grafik in der „Süddeutschen Zeitung“ vom 08.06.2005 ganz eindeutig belegt.
Dort heißt es nämlich:
Letzter ist Sachsen-Anhalt mit 0,8 %, Zweiter Hessen mit 6,2 %.
Dann wird es bereits zweistellig mit Brandenburg und 16,9 %.
Diese 6,2 % sind ja gut gemeint. Denn in der letzten Sitzung des Kulturpolitischen Ausschusses wurde uns eine Statistik vorgelegt, nach der Hessen eine Abrufquote von 5,9 % hatte.
Hören Sie doch bitte zu. Ich zitiere noch einmal den Hessischen Städtetag:
Von Beginn an haben die Schulträger das im Vergleich zu anderen Bundesländern sehr komplizierte, zeit- und arbeitsaufwendige Antrags-, Prüfungs- und Nachweisverfahren in Hessen kritisiert.
Eine kleine Kostprobe dessen, was gemeint ist: In einer EMail aus dem Kultusministerium wird ein Schulträger gebeten, den Punkt „Geschirr,Tabletts, Pfannen und Töpfe“ noch detaillierter darzustellen.
Bei solch einem die Schulträger behindernden Verfahren braucht man sich über den schleppenden Mittelabfluss nicht zu wundern.
Mittlerweile haben auch Sie,Frau Wolff,ein Einsehen und haben das Verfahren Ende April – so hoffen wir – wesentlich vereinfacht und verkürzt.
Aber es ist wertvolle Zeit ins Land gegangen, denn das Spitzengespräch fand bereits Ende vorigen Jahres statt, der Erlass aber kam erst Ende April.
Dass die Schulträger für eine solche Beratungsleistung auch noch auf 1,1 Millionen c verzichten sollen, die aus dem Hessische Baumanagement abgezweigt werden sollen, ist im Grunde genommen die Krönung dieser ganzen Geschichte.
Deshalb fordern wir in unserem Antrag die Landesregierung auf, diese Managementquote nicht abzuziehen und endlich für ein zügiges Bewilligungsverfahren zu sorgen.
Zum zweiten Aspekt unseres Antrags. Sie reden von Ganztagsangeboten – meinen aber nur die pädagogische Mittagsbetreuung. Allen Schulen, die sich in Richtung Ganztagsschule mit offener oder gebundener Konzeption weiterentwickeln wollen – Herr Weinmeister, darauf lege ich großen Wert –, wird dieser Wunsch verwehrt. Diesen Schritt wollen jene Schulen gehen, die verinnerlicht haben, dass pädagogische Mittagsbetreuung lediglich einen Trockenlauf darstellt, der nur sehr wenig mit Ganztagsschule zu tun hat.
Deshalb fordern wir die Landesregierung auf, für den Ausbau der Schulen in Richtung Ganztagsschule die entsprechenden Ressourcen im Haushalt einzustellen.
Dritter Aspekt unseres Antrags. Durch die übereilte Einführung des G-8-Zugs an den Gymnasien werden diese – ohne dass die Schulen darauf vorbereitet wurden – zu fak
tischen Ganztagsschulen. Wir sprechen von „Zwangsganztagsschulen“.
Denn aufgrund der gedrängten Stundentafel müssen sie auf den Nachmittagsunterricht ausweichen.
Wir meinen, wenn das Land dies verordnet, so gilt das Konnexitätsprinzip: Dann müsste es auch die finanziellen Mittel dafür bereitstellen. Mittel aus dem IZBB-Programm sollten hierfür nicht in Anspruch genommen werden.
Leider muss ich zum Schluss kommen. Wie man sieht, ist Hessen, was den Ausbau von Ganztagsangeboten anbetrifft, sicherlich kein leuchtendes Vorbild für andere Bundesländer in Deutschland. – Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit.
Herr Präsident, meine sehr verehrten Damen und Herren! Ich hätte mich nicht noch einmal zu Wort gemeldet, wenn es die Frau Kultusministerin nicht für nötig gehalten hätte, mich der Unseriosität zu bezichtigen.
Ich möchte ganz einfach zumindest Folgendes dem hohen Hause zur Kenntnis geben.Es gibt eine Statistik,die in der „Süddeutschen Zeitung“ vom 09.06. dieses Jahres war – Sie haben vorhin dazwischengerufen, das wäre eine alte Statistik –,mit dem Anteil der abgerufenen Mittel aus dem Ganztagsschulprogramm in den Jahren 2003 bis 2004. Hessen ist mit 6,3 % Vorletzter.
Es gibt eine Statistik aus Ihrem Hause, die Sie uns in der letzten Sitzung des Kulturpolitischen Ausschusses zur Verfügung gestellt haben. Die hat folgende Spalten: Schulträger, Summe der Mittel, die den Schulträgern zur Beantragung zur Verfügung stehen, Summe der Bewilligungen, Summe der Mittelabrufe, Prozentanteil der Bewilligung,Anteil der Mittelabrufe.Diese Liste besagt – ich kann das für den Odenwaldkreis gut nachvollziehen, weil ich die Zahlen kenne –: Das ist die gesamte Anzahl der Bewilligungen. Unten kommt der Anteil der Mittelabrufe heraus: 5,9 %. – Darum geht es im Grunde genommen eigentlich. Warum sind andere Länder schneller in dem Mittelabruf?
Das ist im Grunde genommen die Frage. Ich kann dazu nur sagen:Wenn es keinen Grund gegeben hätte, hätte es den Erlass aus Ihrem Hause nicht gegeben, der da lautet: Investitionsprogramm Zukunft Bildung und Betreuung; hier: weitere Vereinfachung und Verkürzung des Verfahrens.
Sie haben doch selbst gemerkt, dass das Verfahren vereinfacht und verkürzt werden muss – nach dem Motto: Das Problem haben Sie jetzt erkannt, Sie sind auf dem richtigen Wege. – Meine Kritik ging darauf hinaus, man hat leider lange Zeit verschwendet.
Das war mein Kritikpunkt an der Politik.
Sehr geehrter Herr Präsident, meine sehr verehrten Damen und Herren! Immer dann, wenn ein bundespolitisches Thema wie das Antidiskriminierungsgesetz Gegenstand der Debatte im Hessischen Landtag ist, gibt es eigentlich nur zwei Gründe. Entweder man hat keine landespolitischen Themen, oder man benutzt ein bundespolitisches Thema, um es zuzuspitzen.
Um es gleich zu sagen: Dieser Versuch der Zuspitzung ist missglückt. Das Thema fällt Ihnen wieder auf die Füße.
Wenn sich der frisch gebackene CDU-Generalsekretär Volker Kauder bei diesem Thema derart disqualifiziert, dann zeigt dies, dass Sie eigentlich keine klaren Argumente haben.
Ich komme zu Ihrem famosen Generalsekretär und zitiere aus einer „dpa“-Meldung:
Kauder hatte am Vortag vor dem Bundesausschuss der CDU den rot-grünen Gesetzentwurf scharf kritisiert und gesagt, früher hätten die einen darauf verwiesen, es komme auf die „richtige Rasse“ an. Später in der DDR sei die „richtige Klasse“ propagiert worden, dann sei es um die richtige Hautfarbe gegangen. „Und jetzt erleben wir: Es muss einer die korrekte politische Einstellung haben.“ Wenn das nicht helfe, werde ein Antidiskriminierungsgesetz gemacht...
Ich finde es eine unerträgliche Entgleisung, nämlich den Bogen von den Nürnberger Rassegesetzen zu diesem Gesetz zu spannen.
Nein.
Ich sage dies mit allem Nachdruck am 60. Jahrestag der Befreiung des KZ Auschwitz, wo unsäglich viele Menschen wegen dieses barbarischen Rassegesetzes ihr Leben lassen mussten.
Worum geht es bei dem Gesetz? Die so genannte Antirassismusrichtlinie der EU, die so genannte arbeitsrechtliche Antidiskriminierungsrichtlinie der EU und die EURichtlinie zur Verwirklichung des Grundsatzes der Gleichbehandlung von Mann und Frau stehen schon seit langem zur Umsetzung in deutsches Recht an.
Mit dem in der letzten Woche in der ersten Lesung im Bundestag beratenen Entwurf ist beabsichtigt, dass Benachteiligungen aus Gründen der Rasse oder wegen der ethnischen Herkunft, des Geschlechts, der Religion oder der Weltanschauung, einer Behinderung, des Alters oder der sexuellen Ausrichtung verhindert werden sollen, wobei dieses Gesetz die Rechtsbereiche Arbeits-, Zivil-, Beamten- und Sozialrecht in einem einheitlichen Gesetz zusammenfassen will. Der CDU/FDP-Antrag sieht nun, wie sich aus Punkt 2 des Antrags ergibt, vor allem in der Umkehr der Beweislast eine Gefährdung der Privatautonomie.
Aber genau diese Beweiserleichterung ist eine EU-Vorgabe, bei dem Kauf von Waren des täglichen Bedarfs ebenso für Kredite privater Versicherungen, für den Transport und die Beherbergung und die Vermietung öffentlich angebotenen Wohnraums.
Der Gesetzentwurf will den Einzelnen vor Benachteiligungen schützen, die an Eigenschaften oder Lebensformen anknüpfen. Während im Verhältnis zwischen Staat und Bürger der Schutz vor Benachteiligungen unmittelbar aus dem Grundgesetz ableitbar ist, so ist man sich einig, dass im Privatrecht die Wertentscheidung unserer Verfassung nur mittelbar über die Generalklausel zur Anwendung gelangt. Nun werden, wenn das Gesetz verabschiedet sein wird, die Diskriminierungsverbote ausformuliert und damit für jeden sichtbar Eingang in unser Privatrecht finden, und das ist gut so.
Der CDU-Antrag beklagt, dass der Entwurf über die EUVorgaben hinausgeht.
Dem ist so. Konkret angesprochen, bedeutet dies: Sie von der CDU und der FDP wollen nicht, dass Menschen wegen der Merkmale Religion und Weltanschauung, Behinderung, Alter und Geschlecht vor Diskriminierung im Privatrecht geschützt werden.
Genau diese Menschen hat der Gesetzentwurf aber in seinen Schutzbereich einbezogen.
Das heißt, Sie von CDU und FDP haben gegenüber den Behindertenverbänden, den Frauen- und Seniorengruppen Erklärungs- und Erläuterungsbedarf, warum Sie sie nicht mit einem Gesetz schützen wollen.
Ebenso ärgerlich ist in diesem Zusammenhang, wie populistisch Stimmung gegen das Gesetz gemacht wird, wie man wiederum Ängste schürt. Ich denke hier daran, wie von interessierter Seite aufgrund der Pressemitteilung der beiden Ministerien behauptet wird, wenn das Gesetz in Kraft trete, müsse man als Vermieter an jeden Ausländer vermieten.
Dass dem nicht so ist,erschließt sich für jeden Gutwilligen aus dem Gesetzestext. Lediglich bei so genannten Massegeschäften, wo die Person des Mieters eine nachgeordnete Rolle spielt, etwa bei Wohnungsgesellschaften, greift das Gesetz.Wo es um den persönlichen Kontakt zwischen Mieter und Vermieter geht,greift das Gesetz gerade nicht.
Lassen Sie mich am Beispiel der Frauen in der Erwerbsarbeit die Notwendigkeit von gesetzlichen Regelungen begründen. Wie meine Frau Kollegin Dr. Pauly-Bender bereits in einer Presseerklärung zutreffend festgestellt hat, ist die Anzahl von Frauen in Führungspositionen beschämend gering, ebenso die Tatsache, dass Frauen vielfach bei gleicher Arbeit nicht den gleichen Lohn bekommen, und die Schwierigkeiten von Frauen bei der Vereinbarkeit von Familie und Beruf. Genau dies begründet die Notwendigkeit einer gesetzlichen Regelung.
Wir müssen einen Schritt nach vorne gehen. Wir brauchen, wie in anderen Industrieländern schon lange der Fall, eine Antidiskriminierungskultur. Deswegen stimmen wir für den Antrag von BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und lehnen den CDU/FDP-Antrag ab. – Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit.
Herr Präsident, meine sehr verehrten Damen und Herren! Mit unserem Antrag wollen wir deutlich machen, dass wir das, was vor einigen Monaten im damaligen zwei
ten Verwaltungsstrukturreformgesetz angedacht war, nämlich die generelle Abschaffung des Widerspruchsverfahrens, für den falschen Weg in die falsche Richtung halten.
Mittlerweile wissen wir zwar,dass das,was als zweites Verwaltungsstrukturreformgesetz in der Regierungsanhörung behandelt wurde, das Parlament bis heute nicht erreicht hat. Eingedenk des alten Sprichworts, dass aufgeschoben nicht aufgehoben bedeutet, müssen wir damit rechnen, dass die Abschaffung des Widerspruchsverfahrens uns in einem dritten, vierten, fünften oder sechsten Verwaltungsstrukturreformgesetz noch beschäftigen wird.
Dass die generelle Abschaffung des Widerspruchsverfahrens bei den Regierungspräsidien der falsche Weg ist, zeigen uns die Beispiele aus den benachbarten Bundesländern.
In Bayern hatte man das Widerspruchsverfahren abgeschafft, dann teilweise wieder eingeführt und jetzt in einem Pilotversuch in einem Regierungsbezirk wieder abgeschafft. In Rheinland-Pfalz ist eine Expertenrunde zu dem Ergebnis gekommen, dass die Abschaffung des Widerspruchsverfahrens kontraproduktiv ist. Getreu dem Motto dieser Landesregierung „Wir wollen nicht aus den Fehlern anderer lernen, nein, wir machen lieber unsere Fehler selbst“, soll jetzt dass verwaltungsgerichtliche Vorverfahren gekippt werden, obwohl die Juristenstellen, die das Land bei den Widerspruchsverfahren einspart,bei den Verwaltungsgerichten aufgestockt werden müssen.
Die Widerspruchsverfahren dienen – das weiß man bereits ab dem zweiten Semester im Jurastudium – zum einen der Selbstkontrolle der Verwaltung und damit dem Rechtsschutz des Bürgers und der Entlastung der Verwaltungsgerichte. Umgekehrt bedeutet dies: Wenn Sie das Widerspruchsverfahren abschaffen, steigt die Belastung der Verwaltungsgerichte, wird der Rechtsschutz der Bürger geschmälert und ein wichtiges Kontrollinstrument für die Verwaltung beseitigt.
Mit der Abschaffung entlasten Sie somit die Verwaltung und belasten gleichzeitig die Verwaltungsgerichte. Dass Sie für die eingesparten Stellen im höheren Dienst bei den Regierungspräsidien neue Richterstellen in den Verwaltungsgerichten schaffen müssen,habe ich bereits erwähnt.
Wenden wir uns einem anderen Kriterium zu: Selbstkontrolle für die Verwaltung und Rechtsschutz für die Bürger. Eine Untersuchung aus dem Kreis Groß-Gerau zu Baurechtsangelegenheiten zeigt dies eindeutig: Viele Fälle, in denen die Bürgerinnen und Bürger mit der Baurechtsentscheidung nicht einverstanden sind, konnten vor dem Anhörungsausschuss oder im weiteren Widerspruchsverfahren so gelöst werden, dass die Bürgerinnen und Bürger entweder mit ihrem Vorbringen Erfolg hatten oder aber die Aussichtslosigkeit ihres Bauwunsches eingesehen haben. Wenn im Kreis Groß-Gerau im Jahr 2003 von 130 Widerspruchsverfahren lediglich 14 in das Klageverfahren gegangen sind, so belegt dies eindeutig, dass das Verfahren vor den Anhörungsausschüssen und bei den Regierungspräsidien ein äußerst erfolgreiches Instrument ist, um Rechtsfrieden zwischen den Beteiligten herzustellen.
Wenn die Rechtsauffassung der oberen Bauaufsichtsbehörde als Widerspruchsbehörde von der der unteren Bau
aufsichtsbehörde abweicht, dann ist dies im Sinne einer fachaufsichtlichen Kontrolle der Verwaltung zu begrüßen und kein Übel, das abgeschafft werden muss.
Im Übrigen haben sich die Kommunalen Spitzenverbände und andere gesellschaftliche Gruppen, wie man hört, sehr, sehr dezidiert für die grundsätzliche Beibehaltung des Widerspruchsverfahrens ausgesprochen. Wir als SPD-Landtagsfraktion können nur hoffen, dass die Landesregierung endlich auf diese vielen Stimmen hören wird. Ich glaube, dieser Wunsch wird, wie so viele andere auch, ein frommer Wunsch bleiben und nicht in Erfüllung gehen. Eigentlich schade.
Sehr geehrter Herr Präsident, meine sehr verehrten Damen und Herren! In meiner Fraktion haben wir den vorliegenden Entwurf analysiert und bewertet. Wir kommen zu folgender Feststellung: Der Einzelplan 05 wird dem Stellenwert der Justiz, ihrer Bedeutung innerhalb der Gewaltenteilung und für unseren demokratischen Rechtsstaat nicht gerecht.
Lassen Sie mich diese Feststellung begründen. Auch im nächsten Haushaltsjahr wird die Justiz von der CDU-geführten Landesregierung weiter massiv personell ausgedünnt. Die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter in der Justiz sind durch die Verlängerung der Arbeitszeit erheblich belastet worden und müssen sich nahezu tagtäglich durch die Einführung von SAP R/3 und der NVS und die damit zusammenhängenden neuen technischen Bedingungen neuen Herausforderungen stellen, die den normalen Arbeitsablauf erheblich belasten.Zum Glück sind in der Justiz gänzlich hoch motivierte Mitarbeiter beschäftigt, die diese Aufgaben engagiert bewältigen.
Bis zum Jahre 2008 sollen jetzt auch noch in der Justiz über 800 Stellen abgebaut werden, wie bei der kursorischen Lesung zu erfahren war. So werden im Entwurf des Einzelplans 05 186,5 Planstellen als Einsparbetrag für das Haushaltsjahr 2004 in Abgang gebracht. Die Stellenpläne und -übersichten des Einzelplans 05 enthalten darüber hinaus für die Haushaltsjahre 2005 bis 2007 478 PVS-Vermerke. Über dies werden 122,5 Planstellen bei der Richterschaft und der Staatsanwaltschaft abgebaut.
Der Einzelplan 05 zeigt damit ein düsteres Bild für die Zukunft der Justiz. Zudem sieht der Haushaltsentwurf wie im Vorjahr in einzelnen Titeln keinerlei Mittel für Vertretungs- und Aushilfskräfte vor. Das sind die Stellen, die für die Rechtsprechung, z. B. für die Urteilsausfertigung, unverzichtbar sind und zumeist von Frauen in den Serviceeinheiten besetzt waren. Auch in schlechten Einstellungszeiten konnten auf diesen Stellen in der Vergangenheit junge Menschen in der Justiz beschäftigt werden, bis reguläre Planstellen frei wurden.
Jetzt werden sie trotz hohen Bedarfs und hoher Qualifikation in die Arbeitslosigkeit entlassen. Herr Staatssekretär, mit Ihrem personellen Kahlschlag treffen Sie die Justiz im Mark und gefährden eine effektive und hochwertige Rechtspflege in Hessen.
Dem personellen Einschlag auf der einen Seite, auch konjunkturell bestimmt, stehen auf der anderen Seite hohe Eingangszahlen in Strafsachen in allgemeinen, insolvenz-, familien- und arbeitsgerichtlichen Angelegenheiten gegenüber. Durch diese Diskrepanz zwischen personellem
Kahlschlag auf der einen und steigenden Eingangszahlen auf der anderen Seite werden in Hessen die Verfahrensdauern zulasten der Bürgerinnen und Bürger steigen.
Für die Akzeptanz unseres Rechtsstaats und für die Wirtschaft ist es allerdings wichtig, dass die Rechtsuchenden schnell zu ihrem Recht kommen. Die SPD-Landtagsfraktion wird deshalb im Zuge der Haushaltsberatungen beantragen, entsprechende Mittel einzustellen, damit die Justiz nicht weiter ausgedünnt wird.
Für die stetige Erhöhung der Verfügungsmittel des Ministers und einzelne Stellenhebungen bei der Staatsanwaltschaft, so genannte Gruppenleiterstellen, ohne realen Entlastungseffekt für die hoch belasteten Staatsanwaltschaften, ist hingegen genügend Geld vorhanden.
Herr Staatssekretär, anstatt die Justiz kaputtzusparen, vermissen wir die Vorlage tauglicher Konzepte,um in Zeiten knapper Kassen eine effektive und gute Rechtspflege zu gewähren und andererseits die Justiz behutsam den veränderten wirtschaftlichen Rahmenbedingungen anzupassen.
Wir als SPD-Landtagsfraktion stehen einer Diskussion – wie z. B. bei der Justizministerkonferenz geführt – um einen dreistufigen Gerichtsaufbau oder eine Angleichung der Verfahrensordnung ergebnisoffen gegenüber und bringen uns konstruktiv in diese Beratungen ein.
Herr Landau, Sie basteln sachwidrig an dem System Justiz herum, wie die Personaleinschnitte, die unausgegorenen sachwidrigen Amtsgerichtsschließungen
oder Ihre realitätsfernen Überlegungen, das Grundbuch auf so genannte Bodenmanagementbehörden zu übertragen, zeigen.
Im Bereich der freiwilligen Leistungen werden die Kürzungen des letzten Haushaltsjahres im Wesentlichen fortgeführt. Weggekürzt wird, was nicht in die Ideologie und das Weltbild der CDU-geführten Landesregierung passt.
In diesem Haushaltsjahr werden erneut wichtige Projekte zur Haftvermeidung bzw. Entlassungsvorbereitung, wie etwa das Projekt zur Vermeidung von Untersuchungshaft oder das Förderprogramm zur Bestellung von Wohnraum, Betreuung und Wiedereingliederung von Menschen ohne festen Wohnsitz, drastisch gekürzt. Diese präventiven Projekte und Initiativen leisten einen unverzichtbaren Beitrag zur Wiedereingliederung Straffälliger in unsere Gesellschaft und damit für unsere Sicherheit. Hier zu kürzen ist blauäugig und kurzsichtig.
Die Folgekosten für die Gesellschaft, etwa durch erhöhte Kriminalität der nicht resozialisierten Täter, oder die Haftplatzkosten in Höhe von 85 c täglich sind um ein Vielfaches höher als die für die präventive Arbeit eingesetzten Mittel. Deswegen haben wir beantragt, entsprechende Mittel für die Kriminalprävention in den Haushalt einzustellen.
Meine Damen und Herren, nachdem die Pläne der Landesregierung für den Bau einer neuen Justizvollzugsanstalt bereits in die 15.Wahlperiode zurückreichen, sind für die Inbetriebnahme der JVA in Hünfeld nun 130 Planstellen in den Haushalt eingestellt. Woher diese Stellen allerdings stammen, ist hochinteressant. Die Stellen für Hünfeld werden nämlich bei anderen Justizvollzugsanstalten abgezogen und gehen durch gleichzeitigen Abbau von Anwärterstellen voll zulasten junger Ausbildungsplatzsuchender bzw.Anwärter im Vollzug.
Die Bereitstellung dieser Stellen erfolgt nämlich durch Umwandlung von 39 Anwärter- bzw. 20 Ausbildungsstellen,die in Abgang gebracht werden.Hinzu kommen,so ist es jedenfalls in der kursorischen Lesung zu hören gewesen, 71 Stellen durch Umwandlung aus dem freien Stellenaufkommen.
Wichtige investive Maßnahmen in der Substanz der Amtsgerichte, wie etwa beim Amtsgericht Fritzlar oder beim Amtsgericht Frankenberg, werden auf die lange Bank und damit auf den Sankt-Nimmerleins-Tag geschoben. In diesem Haushalt sind nämlich so gut wie keine Mittel für den Hochbau vorgesehen.
Herr Präsident,meine sehr verehrten Damen und Herren, zusammenfassend ist festzustellen: Dieser Justizhaushalt ist ein Trauerspiel, unter dem die Rechtspflege und die Rechtssicherheit in Hessen zu leiden haben. – Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit.
Sehr geehrter Herr Präsident, meine sehr verehrten Damen und Herren! Mit auf Betreiben dieser Landesregierung hat der Bundesrat einen Gesetzentwurf vorgelegt, der das bis jetzt kostenfreie Verfahren vor den Sozialgerichten für die antragstellenden Bürgerinnen und Bürger mit einer allgemeinen Verfahrensgebühr belegen soll, die von 75 c bei den Sozialgerichten bis zu 225 c beim Bundessozialgericht reichen soll.
Der Bundesratsentwurf spricht davon, „die seit Jahren fortlaufend anwachsende Flut aussichtsloser Verfahren einzudämmen“. Dieses Bild der Flut taucht auch in der Presseerklärung des Herrn Justizministers auf. Ich zitiere aus einer Presseerklärung vom 14. Juli 2003:
Es geht darum, die Sozialgerichte im Hinblick auf die Flut aussichtsloser, angesichts der Kostenfreiheit aber gleichwohl angestrengter Klagen funktionsfähig zu halten.
Der Begriff „Flut“ suggeriert einen sprunghaften Anstieg von Verfahren, entsprechend dem Bild in der Meteorologie: Fluten werden durch Seebeben oder Wirbelstürme verursacht.
Wer flutet in die Sozialgerichte? – Das sind Menschen, die mit Entscheidungen der Versicherungsträger der Rentenversicherung, der Arbeitslosenversicherung, der Unfallversicherung und der Krankenversicherung nicht einverstanden sind und dann den Rechtsschutz vor den Sozialgerichten suchen. Wenn man die Statistik der Sozialgerichte sieht, dann stellt man fest, wir haben heute im erstinstanzlichen Verfahren das Niveau von 1960 oder 1962 erreicht.
Die Steigerung der Zahl der schwebenden Verfahren in der ersten Instanz in den Jahren 2002 bis 2003 von 3 % und die Abnahme im gleichen Zeitraum bei den zweitinstanzlichen Verfahren um 9 % sprechen eigentlich dafür, dass hier ein Trugbild gezeichnet wird, das leider mit der Wirklichkeit nichts zu tun hat.
Ich zitiere:
Die Argumentation, die Kostenfreiheit im sozialgerichtlichen Verfahren verleite Klägerinnen und Kläger, mutwillig Klage zu erheben, um diese durch alle Instanzen zu treiben, ist so alt wie die Sozialgerichtsbarkeit selbst. Indes fehlen bis zum heutigen Tage jegliche Erkenntnisse, die die These, die Einführung von Gerichtskosten könnte zum Rückgang sozialgerichtlicher Verfahren führen, erhärten könnten. Dies bedeutet nichts anderes als den althergebrachten Abbau sozialer Rechte unter dem Deckmantel der Missbrauchsabwehr.
Das stellt der Bezirksrichterrat – den Herr Dr.Jürgens bereit zitiert hat – bei den hessischen Sozialgerichten zutreffend fest. Die Flut im wagnerschen Sinne ist demnach ein kleines Rinnsal.Anstatt sich sachlich mit der Frage zu beschäftigen, die Regelung über eine Missbrauchsgebühr zu konkretisieren, wie es der Antragsteller vorschlägt, malt diese Landesregierung durch ihren Justizminister ein Zerrbild der Wirklichkeit.
Man könnte nun auch unterstellen – das hat auch bei Herrn Klein angeklungen –, dass diese Kostenpflicht deshalb installiert werden soll, um nach dem 1. Januar 2005, wenn auch die Sozialhilfestreitigkeiten vor dem Sozialgericht verhandelt werden sollen, dieses vor mutwillig angestrengten Verfahren zu bewahren.Aber für diese Streitigkeiten soll die Kostenpflicht nach diesem Entwurf im Bundesrat gerade nicht gelten.
Die Flut im wagnerschen Sinne ist eine Behauptung ohne jeglichen Bezug zur Wirklichkeit, also eine Fata Morgana.
Herr Justizminister, kommen Sie hierher, geben Sie offen zu, dass Sie einem Trugbild aufgesessen sind, und beenden Sie dieses Trauerspiel. Sagen Sie der wohl gemeinten Bundesratsinitiative Ade, und unterstützen Sie im Bundestag die Kräfte, die diese Verfahrensgebühr völlig zu Recht ablehnen. – Ich bedanke mich für Ihre Aufmerksamkeit.
Sehr geehrte Frau Präsidentin, meine sehr verehrten Damen und Herren! Der hier behandelte Tagesordnungspunkt zeigt, dass man, wenn man es will, einen gut gemeinten Antrag noch verbessern kann. Mit der jetzt im Ausschuss gefundenen gemeinsamen Formulierung sind wir einverstanden.
Wir wollten keine Verpflichtung der Schulen, sondern nur eine Empfehlung, weil wir der Auffassung sind, dass es bereits zu viele Verpflichtungen für Schulen gibt. Auch waren und sind wir der Auffassung, dass sich auch Gedenkstätten außerhalb Hessens eignen, z. B. die Gedenkstätte in Berlin-Plötzensee für die Opfer des 20. Juli 1944 oder das KZ Buchenwald ebenso wie das Stasi-Museum in der Normannenstraße, das keine Gedenkstätte, sondern ein Museum ist. Aber es erfüllt das, was wir wollen, da darin Schülerinnen und Schülern aus Hessen die Möglichkeit gegeben wird, Geschichtsunterricht zum Anfassen zu betreiben und in die dunkelsten Zeiten unserer deutschen Geschichte eingeweiht zu werden.
Wie gesagt, es ist schön, zu sehen, dass etwas Gutes dabei herauskommt, wenn alle Seiten es wollen. Es wäre schön, wenn wir uns auch in anderen schulpolitischen Fragen mit dem gleichen Mut zur Einigung auf eine gemeinsame Reise begeben würden. Unsere Schulen und unsere nachwachsenden Rohstoffe, nämlich die Kenntnisse und Fertigkeiten der Kinder und Jugendlichen, hätten dies eigentlich verdient. Aber ich glaube, diese Hoffnung wird trügerisch sein – eigentlich schade.
Herr Präsident, meine sehr verehrten Damen und Herren! Herr Staatsminister Wagner, Sie sind zwar schon relativ früh in der Debatte ans Rednerpult getreten, aber zur Aufhellung des hier zur Diskussion stehenden Sachverhalts haben Sie mit Ihren Ausführungen nicht beigetragen.
Die Situation ist nämlich merkwürdig. Ihr Ministerium verkündet am 16.02.:
Wagner wies darauf hin, dass man mit den Vorgaben einer aktuellen Empfehlung des Hessischen Rechnungshofs gefolgt sei.
Es bedurfte einer parlamentarischen Initiative meiner Fraktion, um an das besagte Gutachten des Rechnungshofs heranzukommen.
Nun haben wir es, und siehe da: Zwischen den Empfehlungen des Rechnungshofs und den Vorhaben der Landesregierung gibt es Unterschiede.
Bei den Schließungsvorhaben der Landesregierung fehlt, entgegen den Empfehlungen des Rechnungshofs, das Amtsgericht Bad Arolsen. Dafür will das Justizministerium das Amtsgericht in Bad Vilbel schließen, das der Rechnungshof erhalten wollte. Der Rechnungshof will das Amtsgericht in Lauterbach schließen, das die Landesregierung als Außenstelle des Amtsgerichts Alsfeld erhalten will.
Summa summarum: Der Rechnungshof macht neun Schließungsvorschläge. In drei Fällen weicht die Landes
regierung davon ab. Dazu sagt das Justizministerium, „dass man mit den Vorgaben einer aktuellen Empfehlung des Rechnungshofs gefolgt sei“.
Die Landesregierung will sparen. Sie kürzt an den falschen Stellen und dazu noch nach dem Rasenmäherprinzip. Jetzt spart sie auch schon an Worten. In der Presseerklärung fehlt zumindest das Wort „überwiegend“. „Weitgehend gefolgt“ hätte es besser geheißen.
Auch daran sieht man, dass die geplante Neuordnung überstürzt erfolgt. Wie so oft handelt es sich um einen Schuss aus der Hüfte. Wir kennen das: In einem Western trifft man vielleicht das Ziel, im wirklichen Leben gehen die Schüsse jedoch meistens vorbei.
Die SPD-Landtagsfraktion möchte, dass man das Rechnungshof-Gutachten auswertet, sich dann mit den Expertinnen und Experten zusammensetzt und die entsprechenden Schlüsse für die Anforderungen an die Amtsgerichte der Zukunft daraus zieht.
Wichtig für die weitere Beratung sind folgende Punkte: Bei der Zuordnung einzelner Amtsgerichte sind Fehler gemacht worden. Ich erinnere daran, dass das Amtsgericht Hochheim zunächst dem Landgericht Frankfurt zugeschlagen wurde, bis man gemerkt hat, dass es eigentlich zum Landgerichtsbezirk Wiesbaden gehört.
Es gab Ungereimtheiten hinsichtlich der zukünftigen Verwendung der Liegenschaften in den aufzugebenden Standorten. Können wirklich alle Liegenschaften verwertet werden?
Ferner ist nach der Unterbringung von Personalakten zu fragen. Diese Frage hat Herr Dr. Jürgens aufgeworfen. Reicht die räumliche Kapazität des Amtsgerichts Fritzlar überhaupt dafür aus, oder muss gebaut werden?
Die Kommunen werden belastet, wenn ein Amtsgerichtsstandort aufgegeben wird. Es geht aber auch um die Belastung derjenigen Kommunen,die die Gerichte dann aufzunehmen haben.
Gefragt wird nach der Neuordnung der Zuständigkeiten bei Familien- und Insolvenzsachen sowie bei den Handelsregistern.Dazu gehört – auch das ist für uns eine wichtige Frage – die Nichtberücksichtigung der Verfahrensabläufe: gleich bleibende Qualität bei gleichzeitigem Personalabbau.
Wir sind mit der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN der Auffassung, dass schleunigst über die Schließung der Amtsgerichte gesprochen werden muss.– Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit.
Sehr geehrter Herr Präsident, meine lieben Kolleginnen, liebe Kollegen! Der heute hier behandelte Antrag gibt uns die Gelegenheit, unsere Vorstellungen zu der Frage von Bildungsstandards und der Qualitätsentwicklung von Schule noch einmal zu thematisieren bzw. zu präzisieren.
Die Erarbeitung von Bildungsstandards ist nur eine, aber eine wichtige der vielfältigen schulpolitischen Bemühungen,um das schlechte Abschneiden unserer Schulen in der PISA-Studie zu kompensieren. In vielen Diskussionen wird das Thema Bildungsstandards isoliert angegangen, ohne dies im Gesamtzusammenhang mit den notwendigen Strukturreformen von Schule zu sehen.So ist der Kultusministerkonferenz zuzustimmen, wenn diese feststellt, dass „eine nachhaltige Qualitätssicherung in den Schulen durch mehr schulische Eigenverantwortung, z. B. mit Blick auf die Schulprogrammentwicklung, bei gleichzeitiger Evaluation auf der Basis von festgelegten Bildungsstandards erreicht werden kann“.
Leider hat die KMK Schulstrukturfragen ausgeklammert, aber in dem weiteren Diskussionsverlauf über die Bildungsstandards wird diese Frage zwangsläufig gestellt werden müssen.
Da meine Redezeit nur kurz ist, kann ich unsere Auffassung von Bildungsstandards nur thesenartig formulieren. Bildungsstandards definieren nach unserem Verständnis zum einen Kompetenzen, die die Schule ihren Schülerinnen und Schülern vermitteln muss, damit diese zentrale Bildungsziele erreichen können. Es sind nach unserer Auffassung – da gebe ich Frau Hinz Recht – Mindeststandards, keine Regelstandards, wie dies die KMK leider vorsieht.
Bildungsstandards sind nach unseren Überlegungen schulübergreifend auszuformulieren, wie dies auch die Klieme-Studie vorsieht. In der Fragestunde haben Sie,
Frau Wolff, gestern zutreffend referiert, dass am 4. dieses Monats Bildungsstandards für den mittleren Bildungsabschluss auf den Weg gebracht wurden.Sie sprachen von einem Paradigmenwechsel, von Kompetenzvermittlung und davon, dass unter Bildungsstandards keinesfalls nur die Wissenskataloge verstanden werden dürfen. So weit, so gut. Sie zeigen aber auch im Internet immer noch Ihre mit den Südländern festgelegten Bildungsstandards, die schulformspezifisch sind.Sie sollten erklären,was jetzt aktuell ist, ob wir schulformübergreifende Bildungsstandards in Hessen bekommen oder wieder schulformspezifische.
Bildungsstandards sollten so formuliert werden, dass sie Orientierung geben, sodass den Schulen Freiraum erhalten bleibt, wie sie diese Kompetenzen erreichen. Der Schule muss deshalb bei der Bewältigung dieser Aufgabe eine größere Selbstverantwortung in Richtung Selbstständigkeit eingeräumt werden. Damit die Leistung der Schulen und nicht der Schüler überprüft werden kann, ist eine externe, wissenschaftlich fundierte Evaluierung notwendig, um die tatsächlich erreichten Lern- und Bildungserfolge der eigenverantwortlich handelnden Schulen sichtbar zu machen.
Für die ständige Evaluierung der Bildungsstandards bedarf es einer unabhängigen nationalen Bildungsagentur. Diese Evaluierung setzt bei Lehrern und Schülern an. Weniger die Schüler sollten im Vergleich ihre Qualität erweisen, sondern eher die Schulen. Etwaige Defizite sind nach unserer Einschätzung nach einem erweiterten Einsatz von Diagnose- und Fördermaßnahmen zu kompensieren.
Wie eingangs erwähnt, sehen wir in der Einführung von Bildungsstandards einen wichtigen Teil der Gesamtaufgabe namens Qualität von Schule. Wir stimmen deshalb der Intention des Antrags wie auch der darin enthaltenen Forderung nach einer öffentlichen Anhörung von Experten zu diesem Thema vollinhaltlich zu. Es wird höchste Zeit, dass das Thema Bildungsstandards auch ein Thema dieses Hauses wird. – Ich bedanke mich für Ihre Aufmerksamkeit.
Frau Präsidentin, meine sehr verehrten Damen und Herren! Ich weiß, sich zu vorgerückter Stunde mit so einem Thema zu beschäftigen erfordert viel Konzentration und Aufmerksamkeit. Aber ich glaube, das Thema ist wichtig. Wir sollten uns die notwendige Zeit und Aufmerksamkeit dafür nehmen.
Ich möchte zu unserem Antrag Drucks. 16/185 sprechen, mit dem wir zweierlei erreichen wollen:
Zum einen möchten wir, dass die Regierung davon Abstand nimmt, die generelle Schulzeitverkürzung auf zwölf Jahre durch Verdichtung der Sekundarstufe I bis zum Abitur zu erreichen. Zum anderen sprechen wir uns dafür aus, das rheinland-pfälzische Modell zu übernehmen, nämlich durch schulorganisatorische Maßnahmen zu erreichen, dass das Abitur vor Ostern abgelegt werden kann. Damit können die Abiturientinnen und Abiturienten mit Beginn des Sommersemesters das Studium aufnehmen bzw. nach Absolvierung des Wehr- oder Ersatzdienstes oder des freiwilligen sozialen oder ökologischen Jahres mit dem Studium im Sommersemester des nächsten Jahres beginnen.
Zu unserem ersten Teilantrag. Mit der im Regierungsprogramm angekündigten Schulzeitverkürzung setzt die Landesregierung das fort, was sie schon seit Jahren tut, näm
lich die Gräben zwischen den einzelnen Schulformen zu vertiefen und zu verbreitern.
Wir haben im Grunde nichts dagegen, wenn die Schülerinnen und Schüler früher mit dem Abitur in der Tasche die gymnasiale Oberstufe verlassen können.Was wir aber nicht wollen, das ist zum einen das achtjährige generelle Turboabitur, man könnte auch von einem Zwangsabitur sprechen.
Denn dieses Turboabitur verursacht größere Brüche in unserem Schulsystem. Die Verkürzung bläht die Wochenstundentafel auf 35 Stunden und mehr in der Sekundarstufe I auf.
Das, was man so erwirtschaftet, kommt natürlich nur den Schülerinnen und Schülern zugute, die ab der Jahrgangsstufe 5 gymnasiale Bildung genießen.
Frau Wagner, hören Sie doch zu, und denken Sie an Ihren Blutdruck.
Schülerinnen und Schüler,die die Sekundarstufe I in einer integrierten Gesamtschule oder einer Realschule durchlaufen, kommen nicht in den Genuss einer solchen Schulzeitverkürzung. Analog gilt dies auch für das berufliche Gymnasium. Dass durch diese Unterschiedlichkeit in den Stundentafeln der Übergang zwischen den einzelnen Schulformen kolossal erschwert wird, liegt auf der Hand und wird, wie zu vermuten ist, durch diese Maßnahme auch bezweckt.
Frau Henzler, ich muss Ihnen widersprechen. Sie haben in Ihren Ausführungen zu der Durchlässigkeit Ursache und Wirkung etwas vermischt.Wenn ich in der Vergangenheit die Durchlässigkeit erschwere,dann kann ich nicht hinterher fragen, wieso keiner mehr übergehen kann. Insofern haben Sie Ursache und Wirkung verwechselt.
Wenn wir am dreigliedrigen Schulsystem festhalten müssen, obwohl dies nach PISA I zumindest umstritten ist, so muss doch die Durchlässigkeit zwischen den einzelnen Schulformen optimal ausgestaltet werden. Mit der Verkürzung der gymnasialen Schulzeit wird aber das Gymnasium, wie bereits in der Presse festgestellt wurde, gegenüber den anderen Schulformen systematisch abgeschottet.
Können wir es uns wirklich leisten, die Begabung unserer Kinder an der Hürde künstlich abgeschotteter Schulsysteme kläglich scheitern zu lassen? Wenn, wie zu lesen war, in der verkürzten gymnasialen Sekundarstufe I mit der zweiten Fremdsprache bereits in der 6. Klasse begonnen wird, was passiert dann mit den Schülern aus der Förderstufe, die auf das Gymnasium wechseln wollen? Müsste dann nicht auch in den A-Klassen der Förderstufe bereits im 6. Schuljahr mit der zweiten Fremdsprache begonnen
werden? Falls dem nicht so ist, dann können diese Förderstufenschüler nicht mehr in das Turbogymnasium wechseln – Anschluss verpasst.
Wenn dies so sein wird, wie es die Regierung wünscht, dann haben wir ab dem Schuljahr 2005/06 folgende Situation: eine in der Mittelstufe durch Wochenstundenmehrung erkaufte gymnasiale Bildung im Turbotempo mit allem, was eine solche Wochenstundenausweitung für Lehrerinnen und Lehrer und Schülerinnen und Schüler bedeutet, auf der anderen Seite andere Schulformen, die zu diesem Mittelstufenschwergewicht Gymnasium nicht mehr kompatibel sind. Wir möchten aber auch gewährleistet wissen, dass der Weg vom Gymnasium zurück auf eine andere Schulform, z. B. in die Realschule, möglich ist, dass keine allzu großen Brüche erfolgen.
Mit unserer Kritik stehen wir übrigens nicht alleine.Auch die Lehrerverbände warnen vor Schnellschüssen. Eines ist aber wesentlich:Wir wollen wie fast alle Fraktionen im Landtag, dass die Schülerinnen und Schüler jünger an Lebensjahren das Gymnasium verlassen als bisher. Hierzu ist es aber auch erforderlich, sich einmal den Einstieg in die Schullaufbahn eines jeden Schülers zu betrachten. Wenn der durchschnittliche Schüler erst mit 6,7 Lebensjahren eingeschult wird, dann ist dies einfach zu spät. Um hier Abhilfe zu schaffen, fordern wir Sozialdemokratinnen und Sozialdemokraten die verbindliche Vorschule ab dem fünften Lebensjahr und die flexible Schuleingangsstufe, die regelmäßig zwei Schuljahre, bei guten Schülern nur ein Jahr und bei schwächeren Schülern auch drei Jahre dauern kann.
Das heißt,die guten Schülerinnen und Schüler können bereits mit knapp sieben Lebensjahren in der 3. Klasse sein. Auch damit wäre erreicht, dass die Schülerinnen und Schüler jünger an Lebensjahren als bei unserem derzeitigen System das Gymnasium verlassen können – dies zu den Veränderungsmöglichkeiten zu Beginn der Schullaufbahn eines jeden Schülers.
Wir sind der Auffassung, dass eine solche grundlegende Änderung in unserem Schulsystem einer gewissenhaften Vorbereitung bedarf. Dies braucht eine gewisse Zeit. Um nicht, wie dargelegt, die Massierung von Wochenstunden in der Sekundarstufe I und die fehlende Durchlässigkeit zu den anderen Schulformen zu beklagen, schlagen wir quasi als Sofortmaßnahme vor, analog der Regelung in Rheinland-Pfalz die gymnasiale Oberstufe so zu fahren, dass die Schüler mit dem Abitur nach den Osterferien fertig sind. Damit wäre der Einstieg zum Sommersemester des gleichen Jahres bzw. für die, die Wehrdienst, Zivildienst oder andere freiwillige Dienste leisten, des Folgejahres möglich. Technisch könnte dies zum einen durch die Verdichtung des Kurshalbjahrs 13/2 und des Beginns der Qualifikationsphase im Halbjahr 11/2 erfolgen.
Wie gesagt, außerhalb Hessens wird dies praktiziert. Das könnte ohne Probleme auf unser Schulsystem übertragen werden. Dies könnte rasch erfolgen. In diesem Sinne bitte ich um Zustimmung zu unserem Antrag. – Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit.