Joachim Unterländer
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Last Statements
Frau Präsidentin, meine sehr geehrten Damen und Herren! Erfreulicherweise hat in den vergangenen Jahren die Situation der Familien und der Kinder in unserem Land im Bayerischen Landtag – in den zuständigen Ausschüssen wie auch im Plenum – eine wichtige Rolle gespielt. Deswegen ist diese Interpellation eigentlich nur eine Ergänzung dieser Gesamtdiskussion. Wir unterscheiden uns mit dieser parlamen
tarischen Schwerpunktsetzung wohltuend davon, wie von der Mehrheit im Deutschen Bundestag Kinder- und Familienpolitik betrieben wird.
Meine sehr geehrten Damen und Herren, wenn Sie davon sprechen, dass die Beteiligung von Kindern in der Beantwortung der Interpellation durch die Staatsregierung nicht in ausreichender Form dargestellt wird, so meine ich, dass Sie nicht begriffen haben, was Beteiligung von Kindern bedeutet. Beteiligung von Kindern bedeutet eine Vielfalt von Ansätzen. Es ist doch ein Ergebnis der Beteiligung, dass wir Kinderparlamente, dass wir Kinderbeauftragte und Ähnliches haben, für die wir uns einsetzen. Wir halten es aber für sinnvoller, wenn sich das auf der jeweiligen kommunalen Ebene entwickelt. Wollen Sie denn tatsächlich von oben nach unten verordnen, wie solche Modelle aussehen? Demokratie muss von unten aus geschehen. Dazu bedarf es der Befähigung und dazu haben wir zum Beispiel im Erziehungs- und Bildungsplan, der im Moment erprobt und diskutiert wird, in den Kindertagesstätten und in den Lehrplänen der Schulen die entsprechenden Voraussetzungen. Demokratie und Verantwortung müssen erlernt werden. Deshalb ist dies ein ganzheitlicher Ansatz.
Wenn Sie, Frau Kollegin Narnhammer, davon sprechen, dass die Kommunen in Fragen der Kinderbetreuung allein gelassen werden, stelle ich mir schon die Frage, was Sie überhaupt an Realität wahrnehmen. Wir, die Staatsregierung und die Mehrheit dieses Hohen Hauses, haben in diesem Land ein Kinderbetreuungskonzept aufgebaut, das seinesgleichen sucht. In Zeiten mit einer schwierigen wirtschaftlichen Lage, in denen die öffentlichen Haushalte Probleme haben, finanziert und gedeckt zu werden, ist es möglich, ohne Einschränkungen ein Kinderbetreuungskonzept mit 313 Millionen e, mit einem Ansatz von 30000 zusätzlichen Plätzen, zu entwickeln und umzusetzen. Das sucht seinesgleichen. Wo bleiben da die Länder, in denen die SPD die Verantwortung trägt?!
Deshalb frage ich Sie, wie steht es mit der Verantwortung und der Kinderfreundlichkeit, in den Bereichen, in denen Sie – SPD und GRÜNE – die Mehrheit haben? Wie ist es mit der Steuerreform, über die diskutiert wird? Was ist das für eine Politik, wenn die Bundesregierung im Vollzug des Bundesverfassungsgerichtsurteils zum Familienlastenausgleich den alleinerziehenden Familien das Geld aus der Tasche zieht und wenn die Bundesfamilienministerin jetzt für eine Entlastung der Alleinerziehenden plädiert, die durch Ihre Partei, meine sehr verehrten Damen und Herren , selbst gestrichen wurde?
Es kann doch keine familienfreundliche Politik sein, wenn die Entlastung wieder durch die Familien selbst finanziert wird, wenn auf der einen Seite Steuerentlastungen erfolgen, aber auf der anderen Seite durch die Erhöhung von Verbrauchssteuern die Familien die Hauptbetroffenen sind, wenn überall dort, wo SPD und GRÜNE die Verantwortung tragen, schwerpunktmäßig Familien belastet sind, wie in München, wo die Gebüh
ren für Kindertagesstätten und Krippen um sage und schreibe bis zu 144% erhöht wurden, und wenn in Ihrer Politik das Thema „Wahlfreiheit für junge Familien“ keine Rolle spielt.
Wir wollen nicht, dass den Familien vorgeschrieben wird, welchen Weg sie gehen, sondern wir wollen die Voraussetzungen dafür schaffen, dass sie sich selbst entscheiden können, welchen Weg sie gehen. Das ist Bestandteil einer humanen Kinder- und Familienpolitik.
Dieser Entwicklung und dieser Bestandsaufnahme auf Bundesebene steht der bayerische Weg für Familien gegenüber. Trotz schwieriger Haushaltslage wird gerade in Bayern durch unangetastete familienpolitische Leistungen die Wahlfreiheit gestärkt. Mit dem von mir bereits angesprochenen Ausbau der Kinderbetreuung mit 30000 neuen Plätzen innerhalb von vier Jahren und einem finanziellen Aufwand von 313 Millionen e werden die notwendigen Zeichen gesetzt, damit die Kinderbetreuung tatsächlich ausgebaut werden kann. In dieser Frage ist uns zweierlei wichtig: Zum einen ist das Thema „Vereinbarkeit von Familie und Erwerbsleben“ eines der zentralen familienpolitischen Anliegen. Zum anderen ist es bedeutsam, dass die hervorragende qualitative Arbeit in den Einrichtungen weiterentwickelt und ausgebaut wird.
Institutionelle Kinderbetreuung, sowohl im frühkindlichen Bereich als auch in Kindertagesstätten und auf dem schulischen Sektor, muss immer das Wohl des Kindes in den Vordergrund rücken. Da stehen wir mit unseren Angeboten hervorragend da. Ich möchte den Ausbau der Tagesmütterkonzepte ebenso nennen wie Krippenplätze, den Ausbau der Horte und die mit Ausnahme von einigen Brennpunkten mittlerweile hervorragende Versorgung mit Kindergärten.
Die Bilanz der Interpellation durch die Bayerische Staatsregierung auf diesem Sektor ist beeindruckend. Es muss das grundlegende Ziel sein – hierzu wurden sowohl von der CSU-Landtagsfraktion als auch von der Staatsregierung immer wieder Vorschläge in die Diskussion eingebracht –, dass Familien für ihre Kinder nicht mit ihrem Einkommen unter Sozialhilfeniveau rutschen. Es ist ein Skandal, wenn Kinder in der reichen Bundesrepublik immer noch als Armutsrisiko bezeichnet werden müssen. Hierzu sollten Sie in Berlin unsere Vorschläge endlich aufnehmen.
Wir bedanken uns in diesem Zusammenhang auch für die Bemühungen der Staatsregierung und der bayerischen Wirtschaft, in den verschiedenen Unternehmensstrukturen und Unternehmensbereichen endlich eine bessere Vereinbarkeit von Familie und Beruf zu erreichen. Die Beratungsangebote für Unternehmen, aber auch die Initiativen, die von dort selbst ausgehen, sind mehr als positiv zu bewerten. Es ist das entscheidende Ziel – und davon profitieren Kinder in besonderer Wei
se –, dass die Jobs kindgerecht gestaltet werden – und nicht umgekehrt, die Familien jobgerecht.
Die Versorgung von Kindern im Bereich der medizinischen Früherkennung, der Bekämpfung von gesundheitlichen Defiziten und der Vermeidung von heute leider schon als Kinderkrankheiten zu bezeichnenden Symptome wie Übergewicht oder Sucht werden durch entschiedene Maßnahmen und Kampagnen angegangen.
Meine sehr geehrten Damen und Herren, wir sollten die Gelegenheit der Aussprache zu dieser Interpellation auch nutzen, um nach vorne zu schauen. Da gibt es sicherlich noch weiteren Handlungsbedarf. Lassen Sie mich hier einige Punkte ansprechen:
Erstens. Das System der Kinderbetreuung ist vielfältig, und die Förderung der Einrichtungen muss unbürokratisch erfolgen. Dies sind wir einem Kinderbetreuungsgesetz der Zukunft und vor allen Dingen all denen schuldig, die in den Einrichtungen arbeiten. Deswegen muss in der kommenden Legislaturperiode ein neues Kinderbetreuungsgesetz die richtigen Ansätze geben.
Zweitens. Die Auswirkungen der demografischen Entwicklung müssen gesamtgesellschaftlich, aber vor allen Dingen die Situation in den bayerischen Familien muss noch stärker berücksichtigt werden. Nur wenn es in diesem Zusammenhang gelingt, eine Verbindung zwischen Familien-, Gesellschafts-, Bildungs-, Wirtschafts-, Arbeitsmarkt- und Seniorenpolitik herzustellen, also einen ganzheitlichen Ansatz für die Situation der Kinder zu finden, werden auch Konzepte zur demografischen Entwicklung erfolgreich sein. Denn der Familienbegriff ist wesentlich größer. Bekanntlich spielen viele Großeltern in der Kindererziehung eine bedeutende Rolle, und das müssen wir stärker berücksichtigen –.
Drittens muss die Definition des Kindeswohls Richtschnur für die politischen Entscheidungen sein. Hier kann es durchaus auch zu Widersprüchen zu den Anliegen von Berufsgruppen oder den Eltern kommen.
Viertens. Die Bedarfssituation zeigt uns, dass wir gerade auch auf Situationen von Kindern, die einen erhöhten Förderbedarf haben, besonders Rücksicht nehmen müssen. Dies gilt zum Beispiel für die Verbesserung des Verhältnisses zwischen Heimunterbringung und der Tagespflege im Sinne des Kinder- und Jugendhilfegesetzes. Wir brauchen eine gezielte Förderung der Tagespflege.
Fünftens. Angesichts der dramatischen Situation der öffentlichen Haushalte ist es dringend erforderlich, dass auch im Dialog zwischen Staat und Kommunen immer wieder eine Prioritätensetzung zugunsten der Kinder und der Familien erfolgt. Wir hatten dazu unlängst im sozialpolitischen Ausschuss eine übereinstimmende Beratung. Nicht das Senken der Standards oder das Streichen von Leistungen für Kinder ist an der Zeit, weil sonst Rehabilitationskosten doppelt und dreifach anfallen. Das ist inhuman und unwirtschaftlich.
Sechstens. Die Elternbegleitung und -stärkung und die Förderung der Erziehungskompetenz im Sinne einer Weiterentwicklung der Eltern- und Familienbildung sind
gerade in den Situationen, in denen Familien Hilfe benötigen, mehr als ein präventiver Ansatz.
Wir benötigen hierzu eine Bündelung der Ressourcen, eine Vernetzung und niederschwellige Angebote.
Die Beantwortung der Interpellation hat gerade in den genannten Bereichen gezeigt, dass Bayern eine kinderund familienfreundliche Politik betreibt. Diejenigen, die diese Interpellation in Auftrag gegeben haben, sollten in Berlin ihre Hausaufgaben machen, damit es tatsächlich gelingt, in der gesamten Bundesrepublik für unsere Familien eine kinder- und familienfreundliche Politik zu betreiben.
Frau Zweite Vizepräsidentin Riess: Das Wort hat Frau Schopper.
Sehr geehrte Frau Präsidentin, meine sehr geehrten Damen und Herren! Mit dem Gesetzentwurf der Bayerischen Staatsregierung zur Gleichstellung von Menschen mit Behinderung und der daraus folgenden Diskussion im Landtag, in Ausschüssen dieses Hauses, ist ein großer Meilenstein auf den Weg zur Weiterentwicklung einer behindertenfreundlichen Gesellschaft gesetzt worden.
Das ist ein Beginn nach all den positiven Bemühungen, die in den vergangenen Jahren in der Behindertenpolitik gerade hier im Freistaat Bayern unternommen worden sind. Das ist der Beginn eines, wie wir wissen, in der Gesellschaft durchaus dornenreichen Weges hin zu dem Ziel, die Integration von Menschen mit Behinderung zu unterstützen, einen Paradigmenwechsel von der Betreuung hin zu einem selbstbestimmten Leben zu erreichen, die Mitwirkungsmöglichkeiten von Menschen mit Behin
derungen und ihrer vielfältigen Interessenvertretungen und Organisationen zu stärken, Barrierefreiheit zu erreichen, nicht nur beim Zugang zu öffentlichen Gebäuden, sondern auch zu Medien und zum Transport dessen, was öffentliches Leben anbelangt. Mit diesem Diskussions- und Umsetzungsprozess soll vor allem in Behörden und Verwaltungen eine Vereinfachung im Interesse der Behindertenfreundlichkeit erreicht werden. Im täglichen Leben sollen die vielen gedanklichen Barrieren und Behinderungen aufgebrochen werden.
Es ist kein Zufall, dass wir uns mit diesem Gesetz und seinen gesellschaftlichen Auswirkungen im europäischen Jahr der Menschen mit Behinderung in dieser intensiven Form befassen. Ich möchte diese Beratung als Gelegenheit nutzen, der Bayerischen Staatsregierung und Frau Staatsministerin Stewens dafür zu danken, dass es auch in der Öffentlichkeit eine viel beachtete Kampagne zur Bewusstseinsschärfung gegeben hat und weiterhin geben wird. Wer Pfennigfuchserei vor diesen wichtigen Bewusstseinswandel stellt, nimmt auch in Kauf, dass es immer wieder Skandalurteile von Gerichten gibt. Ich möchte hier bewusst einen Zusammenhang herstellen. So wurde nach einem Urlaubsaufenthalt Schadenersatz dafür gewährt, dass im gleichen Hotel auch behinderte Menschen waren. Solange eine derart schädliche Denkweise existiert, solange ist es dringend erforderlich, Beratungen zu derartigen Gesetzentwürfen, die sich in diesem Fall mit dem öffentlichen Recht befassen, mit positiven Kampagnen zu begleiten.
Im Zusammenhang mit der Diskussion über Gentherapie und therapeutisches Klonen wird die Verfügbarkeit von menschlichem Leben von manchen Kräften immer wieder zur Diskussion gestellt. Ich appelliere gerade im Hinblick auf den Umgang mit Menschen mit Behinderungen in unserer Gesellschaft an Sie, diesen Forderungen Einhalt zu gebieten. Wer menschliches Leben in seiner Entstehungsphase beeinflussen und gestalten will, ist unter Umständen nicht weit davon entfernt, über den Wert menschlichen Lebens an sich entscheiden zu wollen. Das muss in einer Koalition von demokratischer Politik mit Verbänden und Organisationen von Behinderten aufs Entschiedenste zurückgewiesen werden.
Die Beratungen zu diesem Gleichstellungsgesetz haben insgesamt in einem konstruktiven Klima stattgefunden. Über die wesentlichen Ziele des Gesetzentwurfes wurde erfreulicherweise politischer Konsens erzielt. Die Behindertenverbände, vor allem die Gleichstellungsbeauftragte der Bayerischen Staatsregierung, Frau Ina Stein, der ich für die CSU-Fraktion bei dieser Gelegenheit für ihre gesamte Arbeit ausdrücklich ein herzliches Dankeschön sagen möchte,
die Landesarbeitsgemeinschaft „Hilfe für Behinderte“ und die weiteren Behindertenverbände haben diesen Diskussionsprozess teilweise mit eigenen Gesetzentwürfen, teilweise mit äußerst konstruktiven Anregungen in der Anhörung der Staatsregierung und des Landtags begleitet.
Als wesentliche Ziele des Gesetzentwurfs möchte ich die Barrierefreiheit, die Integration und die Selbstbestimmung hervorheben. Es ist ganz wichtig, dass wir die Behindertenpolitik immer wieder an die gesellschaftliche Wirklichkeit anpassen, der Menschen mit Behinderung begegnen. Ich halte es für bemerkenswert, dass es gelungen ist, ausdrücklich die besondere Situation von Frauen mit Behinderung zu definieren und daraus konkrete politische Handlungsansätze zu formulieren. Ich möchte daran erinnern, dass es noch vor sechs oder sieben Jahren überhaupt nicht vorstellbar gewesen wäre, dass in mehreren Bundes- und Landesgesetzen und insbesondere in diesem Gleichstellungsgesetz die Anerkennung der deutschen Gebärdensprache eine besondere Rolle spielt; das ist für die Selbstbestimmung von Menschen, die von Gehörlosigkeit bedroht oder gehörlos sind, und ihre Integration ganz wichtig. Auch die Situation der Selbsthilfeorganisationen von Behinderten ist in besonderer Weise hervorgehoben; denn sie sind ein ganz wesentlicher Motor des gewünschten Paradigmenwechsels. Die Einführung des Verbandsklagerechtes, das grundsätzlich durchaus unterschiedlich bewertet werden kann, ist mit klaren Kriterien versehen und schließt sich nahtlos an das einstimmig beschlossene Bundesrecht an.
Die Verankerung der Position des oder der Beauftragten der Bayerischen Staatsregierung für die Belange von Menschen mit Behinderung sowie die Aussage, in den Kommunen Beauftragte dafür zu bestimmen, sind wesentlicher Bestandteil für eine verstärkte Mitwirkung. Ich halte es für richtig, diese Positionen bei der Staatsregierung anzusiedeln. Dafür haben wir bei allen Betroffenen und Interessensorganisationen Zustimmung und Unterstützung erfahren. Auf Bundesebene wurde eine vergleichbare Regelung getroffen.
Obwohl es viele unter den Prioritäten nur als Randerscheinung betrachten, halte ich doch die Änderung der Wahlbestimmungen gerade für blinde Menschen für ein mehr als deutliches Symbol. Gleiches gilt für die Änderung der Bayerischen Bauordnung mit der Vorgabe, dass in Gebäuden mit mehr als zwei Wohnungen die Wohnung eines Geschosses barrierefrei erreichbar und rollstuhlgerecht gestaltet sein muss. Das ist auch ein typisches Beispiel dafür, wie häufig aus Gedankenlosigkeit und mangelndem Verständnis mit Kostengründen argumentiert wird. So wird behauptet, dass die Errichtung von Gebäuden aufgrund der Barrierefreiheit teurer kommt. Das stimmt überhaupt nicht; wenn man sie von vornherein einplant, ist das nicht der Fall. Deswegen ist diese Änderung so positiv zu bewerten. Gleiches gilt auch für den Zugang zu öffentlichen Gebäuden und öffentlichen Verkehrsmitteln.
Zwar kann man immer noch mehr verlangen, aber wir müssen uns darüber im Klaren sein, dass die Umsetzung nur im Rahmen der finanziellen Möglichkeiten geschehen kann. Daran erkennt man auch die dramatische Situation der öffentlichen Haushalte und die Auswirkung der vorgriffsweisen Umsetzung des Konnexitätsprinzips. Es wird gemeinsame Aufgabe von Staat und Kommunen sein, trotz der dramatischen Haushaltslage die Prioritäten richtig zu setzen.
Nach einem umfassenden Dialog mit Behindertenorganisationen und verschiedenen Betroffenen hat die CSULandtagsfraktion einen Ergänzungsantrag zum Gesetzentwurf eingebracht, dessen Zielsetzungen im federführenden sozialpolitischen Ausschuss die Zustimmung aller Fraktionen des gesamten Hohen Hauses gefunden haben.
Wir wollen, dass hör- und sprachbehinderte Eltern von nicht hör- und sprachbehinderten Kindern auf Antrag die notwendigen Aufwendungen für die Kommunikation mit der Schule in deutscher Gebärdensprache mit lautsprachbegleitenden Gebärden oder über andere geeignete Kommunikationshilfen erstattet bekommen. Dies ist das Ergebnis eines langen Kampfes betroffener Eltern. Man braucht sich nur die Situation zu betrachten, um zu sehen, wie hier häufig gegen Betonwände gelaufen worden ist. Auch wenn dieses Thema von mancher Seite nur als Marginalie angesehen worden ist, so ist es doch ein großer Erfolg.
Wir wollen, dass zur Verbesserung der Barrierefreiheit in den Medien insbesondere Fernsehprogramme untertitelt sowie mit Bildbeschreibungen für erblindete und sehbehinderte Menschen versehen werden. Wir wollen, dass gesetzlich fixiert – und dies muss in juristisch ausreichender Form erfolgen – ein Landesbehindertenrat gegründet wird, der von der Staatsregierung zu Fragen der Fortentwicklung und Umsetzung der Behindertenpolitik gehört wird. Dazu hat es im Nachgang der Beratungen intensive Diskussionen gegeben; Frau Kollegin Steiger hat schon darauf hingewiesen. Hierzu gibt es in der Gesundheitspolitik und auch in der Naturschutzpolitik hervorragende Beispiele. Ich erinnere in dem Zusammenhang besonders an den Landesgesundheitsrat.
Neben der Staatsministerin als Vorsitzender und der Behindertenbeauftragten gehören dem Landesbehindertenrat 15 weitere Mitglieder an, die sich aus Vertretern der Selbsthilfeorganisationen, der freien und öffentlichen Wohlfahrtspflege sowie der kommunalen Behindertenbeauftragten zusammensetzen sollen. Näheres soll eine Rechtsverordnung der Staatsregierung regeln.
Meine sehr geehrten Damen und Herren, lassen Sie mich hierzu ausdrücklich zu Protokoll erklären, dass es dabei für die CSU-Landtagsfraktion entscheidende Maßstäbe und Maßgaben gibt.
Erstens. Der Entwurf der Rechtsverordnung soll mit den Betroffenen erörtert und abgestimmt werden – möglicherweise auch im Zusammenhang mit einer Anhörung. Gegebenenfalls bietet es sich dabei auch an, das Parlament einzubinden.
Zweitens. Ziel unserer Initiative ist es eindeutig, die Realität des Lebens mit Behinderung und seiner Interessensorganisationen widerzuspiegeln. Deswegen ist eine Mitwirkung der öffentlichen Wohlfahrtspflege ebenso notwendig wie die Mitwirkung anderer Verbände.
Drittens. Die CSU-Landtagsfraktion geht jedoch davon aus – und dies erscheint mir am wichtigsten –, dass aufgrund der mit dem Landesbehindertenrat verbundenen Zielsetzung das Schwergewicht der Mitglieder auch hin
sichtlich des Stimmenanteils bei den Vertretern der Selbsthilfeorganisationen liegen muss. Dies ist für uns, sehr verehrte Frau Staatsministerin, eine erklärte Voraussetzung. Wir werden die Umsetzung der Arbeit des Rates auch von politischer Seite aus partnerschaftlich begleiten. Diese Initiative ist aus unserer Sicht ein deutliches Signal für mehr Mitbestimmungs- und Mitwirkungsmöglichkeiten der Selbsthilfeorganisationen und der Behindertenverbände in der Behindertenpolitik. Damit kann bereits in der Entstehungsphase von behindertenpolitischen relevanten Maßnahmen der Einfluss der Behinderten effektiv geltend gemacht werden. Inhaltlich denke ich dabei zum Beispiel an die behindertenfeindlichen Auswirkungen der Änderungen des SGB III, also des Arbeitsförderungsrechts, auf Betroffene im Freistaat Bayern.
Darüber hinaus wollen wir mit der Definition der Integration bei den generellen Zielsetzungen und mit der Definition eines präventiven Ansatzes bei der Berücksichtigung der Situation von Frauen mit Behinderung klare Signale setzen.
Im Hinblick auf den Landesbehindertenrat und die Zuordnung des Behindertenbeauftragten hat es zwar nicht im Grundsatz, aber in den Ausführungen bei den Beratungen durchaus unterschiedliche Ansätze gegenüber den Oppositionsparteien gegeben. Wir sind jedoch der Auffassung, dass es schon aus dem juristischen Grund der hinreichenden Bestimmtheit einer Regelung nicht reicht, nur einen allgemeinen Satz zu diesen komplexen Themen in den Gesetzentwurf aufzunehmen, wie es von der SPD und den GRÜNEN vorgeschlagen worden ist.
Eine Differenz gibt es im Hinblick auf die Aufnahme eines Programmsatzes in das Gleichstellungsgesetz, der die Integration von Kindern mit Behinderung in Regeleinrichtungen der frühkindlichen und der schulischen Erziehung betrifft. Für uns war dies in erster Linie deshalb nicht der richtige Ansatz, weil der Weg zur schulischen Öffnung, orientiert an der Fördersituation des einzelnen Kindes und dem Elternwillen, im Bayerischen Erziehungs- und Unterrichtsgesetz bereits in positiver Weise geregelt wurde. Ich kann Ihnen sagen, aufgrund des Handlungsbedarfs bei manchen Betroffenen und bei manchen Eltern, die zum Beispiel ein Kind mit DownSyndrom an der Regelschule eingeschult haben wollten, hat sich aufgrund dieses Gesetzes in der Schulverwaltung ein Paradigmenwechsel ergeben. Mit der Schaffung eines Bayerischen Kindertagesstättengesetzes zum 1. Januar 2005 werden wir konkretere und klarere Zeichen setzen können, als dies im Behindertengleichstellungsgesetz möglich ist. Vor allem wird im Kindergarten in Bayern diese Integration seit vielen Jahren in vorbildlicher Weise praktiziert. Wir brauchen unser Licht nicht unter den Scheffel zu stellen. Es gibt sehr viele positive Beispiele. Wir können den Trägern und Einrichtungen für diese positive Entwicklung mehr als dankbar sein. Deswegen konnten wir diesen Vorschlägen im Gegensatz zu einigen weiteren Änderungsvorschlägen, etwa in Bezug auf die Zuleitung des Berichts des Gleichstellungsbeauftragten an das Parlament und die Diskussion darüber,
und auch im Gegensatz zu verschiedenen anderen Vorschlägen zustimmen.
Mit den Beratungen über den Gesetzentwurf und die Änderungsanträge sind auch sonstige Antragsinitiativen und Gesetzentwürfe aller hier im Landtag vertretenen Parteien behandelt und aus unserer Sicht vollständig erledigt worden.
Meine Damen und Herren, die Berichtspflicht, die Sie angemahnt haben, kann das Parlament und jede Fraktion jederzeit beantragen. Dies gilt vor allem auch in der neuen Legislaturperiode. Ich weiß nicht, welche Einschränkungen und Probleme Sie hier sehen. Integration, die Mitwirkung am eigenen Leben und die Öffnung zu einer noch behindertenfreundlicheren Gesellschaft, vor allem aber auch die Barrierefreiheit im täglichen Leben und in den Köpfen, was das Zusammenleben anbelangt, sind Zielsetzungen, die über einen längeren Zeitraum realisiert werden müssen. Hinsichtlich des öffentlichen Bereichs ist das Gesetz ein bahnbrechender Wegweiser, der von der Gesellschaft auch als solcher verstanden werden sollte. Wir bitten deshalb um Zustimmung in diesem Sinne.
Herr Präsident, meine sehr geehrten Damen und Herren! Es darf nicht sein, dass Streitigkeiten zwischen den Kommunen zu Lasten der Kinder und der Familien gehen, die einen Hort-, Krippen- oder Kindertagesstättenplatz benötigen. Deshalb müssen wir versuchen, zu einer einvernehmlichen Lösung zu kommen.
In diesem Zusammenhang möchte ich aber auch feststellen, dass die Situation sich auch dadurch entspannt – darauf haben die beiden Vorrednerinnen freundlicherweise schon hingewiesen –, dass die Bayerische Staatsregierung und der Bayerische Landtag ein Ausbauprogramm für 30000 neue Plätze für die Kinderbetreuung geschaffen haben. Dies ist ein Zeichen der Entspannung in Zeiten finanzieller Knappheit. Dieses Vorgehen ist lobenswert und sucht bundesweit seinesgleichen.
Es muss festgestellt werden, dass es zunächst die Kommunen sind, die für die Bedarfsplanung und die Bereit
haltung von Betreuungsplätzen in ihrem Einzugsbereich zuständig sind. Das ist nicht nur die gesetzliche Vorgabe, sondern das ist auch inhaltlich sinnvoll. In einer Großstadt mit Trabantenvorstädten gibt es andere Bedürfnisse bei der Kinderbetreuung, als dies in einer kleinen Gemeinde auf den flachen Land der Fall ist. Wir müssen uns darüber im Klaren sein, dass die Kofinanzierung unbedingt erhalten bleiben muss; denn sie ist eine Folge aus der gemeinsamen Zuständigkeit der Kommunen und des Landes. Ich sage deshalb: Hände weg von der Kofinanzierung. Eine andere Regelung würde, meine sehr geehrten Damen und Herren Kolleginnen und Kollegen, auch dazu führen, dass die Kommunen, die jetzt vorbildlich Einrichtungen zur Verfügung stellen, unter den Zuzugsdruck aus den anderen Kommunen fielen und dadurch bestraft würden. Es gibt Beispiele dafür, dass die Kommunen sagen: Wenn die jetzige Praxis ohne Konsequenzen aufrechterhalten bleibt, werden wir uns das für die Zukunft überlegen.
Trotz der dramatischen Haushaltssituation und im Vorfeld der Einführung des Konnexitätsprinzips richtet unsere Fraktion den Appell an die Kommunen, die Belange der Familien bei der Prioritätensetzung stärker in der Vordergrund zu stellen. Das ist ein Problem, dass man immer und immer wieder besprechen muss.
Trotz der dramatischen Haushaltssituation muss die Frage, welche Rahmenbedingungen im Hinblick auf die Vereinbarkeit von Familie und Beruf die Situation von Kindern und ihren Eltern erleichtern, bei der Prioritätensetzung der Kommunalpolitik ganz oben rangieren. Der Ausstieg von Kommunen muss rückgängig gemacht werden. Wie wir in unserem Antrag feststellen, ist es notwendig, dass die kommunalen Spitzenverbände mit den betroffenen Gemeinden unter Federführung des Sozialministeriums mit Frau Staatsministerin Stewens an der Spitze eine Umkehr in die Wege leiten.
Die Gastkinderregelung ist ein Thema, das uns über Jahre hinweg immer wieder beschäftigt hat. Es wurde zu Recht darauf hingewiesen, dass die Streitigkeiten weniger die Kindertagesstätten und Kindergärten als vielmehr die Horte und Krippen betreffen. Ich möchte in diesem Zusammenhang darauf hinweisen, in welcher zeitlichen Situation wir uns befinden. Es ist das erklärte Ziel, dass wir bis zum 01. 01. 2005 in diesem Parlament ein Kindertagesstättengesetz verabschieden und in Kraft treten lassen. Dabei müssen auch Fragen der Gastkinderregelung definiert und einer befriedigenden Lösung zugeführt werden.
Es kann nicht sein, dass einige staatliche Mittelbehörden – wie Herr Kollege Herrmann berichtet hat – sich so bürokratisch verhalten, dass sie Gastkinderregelungen überhaupt nicht zustande kommen lassen, weil sie an einem engen rechtlichen Rahmen kleben und keine flexiblen Lösungen zulassen. Das ist nicht kindgerecht. Wir brauchen eine bessere Lösung, die in einem Kindertagesstättengesetz verankert werden muss.
Es ist sicherlich notwendig, dass wir uns bis zu dem Zeitpunkt, an dem das Gesetz in Kraft tritt, für eine Lösung entscheiden. Voraussetzung ist aber, dass den Kommunen Verantwortung übertragen wird und dass wir den
Druck nicht abbauen, sondern die kommunalen Spitzenverbände auffordern, tätig zu werden. Unser gemeinsames fraktionsübergreifendes Ziel ist, dass wir die Gesamtsituation, ihre Auswirkungen und die Frage, wie viele Fälle es gibt und wie sich die Kommunen zu den beiden Fragestellungen verhalten, im zuständigen Ausschuss behandeln.
Deshalb möchte ich ausdrücklich festhalten, was Frau Kollegin Radermacher bereits angesprochen hat, dass wir uns mit dem Thema nicht am morgigen Tag im Ausschuss befassen können, sondern dass es erst einer angemessenen Vorbereitung durch die Staatsregierung bedarf. Anschließend können wir in die Beratungen eintreten, in deren Rahmen auch die Vorschläge in den jetzt eingereichten Dringlichkeitsanträgen behandelt werden müssen. Ich hoffe, dass wir zu einer zufriedenstellenden Lösung kommen im Interesse der betroffenen Familien, ihrer Kinder und der Kommunen.
Frau Präsidentin, meine sehr geehrten Damen und Herren! Es ist außerordentlich positiv, dass wir heute die Erste Lesung zu einem Gleichstellungsgesetz für Menschen mit Behinderung beraten können. Denn es ist ein Meilenstein in der Behinderten-, ja in der gesamten Sozialpolitik für den Freistaat Bayern. Wir müssen beachten, der Grad der Menschenwürde in einer Gesellschaft – und das gilt auch für unser Land – hängt maßgeblich mit davon ab, wie es gelingt, Menschen mit Behinderung in die Gesellschaft zu integrieren und sie am Gemeinschaftsleben teilhaben zu lassen. Dabei haben sich die Vorstellungen und die Rahmenbedingungen insgesamt geändert, darauf wurde von Frau Staatsministerin Stewens bereits hingewiesen.
Wir haben auf der einen Seite – und das bitte ich bei dieser gesamten Diskussion in den Fokus der Betrachtung mit einzubeziehen – eine Diskussion bei einer Gesellschaft, wo es immer heißt: größer, schneller, weiter, wo – PID – das ungeborene Leben mit Behinderung nicht ausreichend gewürdigt wird. Beschlüsse des Ethikrats zum Beispiel haben auch Auswirkungen auf die Behindertenpolitik.
Auf der anderen Seite sehen sich Menschen mit Behinderung und ihre Interessenvertretungen heute auch stärker – und das ist erfreulich und gut so – mit dem Ziel verbunden, neben Hilfe und Unterstützung ein selbstbestimmtes Leben gestalten zu können.
Zur Integration gehören unverzichtbar die Barrierefreiheit in sämtlichen Lebensbereichen und eine gleichberechtigte Teilhabe von Menschen mit Behinderung in der gesamten Gesellschaft. Auch der Nachteilsausgleich steht dabei natürlich weiterhin im Vordergrund. Auf dieser Basis wurden Anhörungen der Interessenvertretungen der behinderten Menschen, vor allen Dingen der Landesarbeitsgemeinschaft Hilfe für Behinderte, der Wohlfahrtsverbände und der Behindertenbeauftragten der Staatsregierung, aber auch der bereits installierten kommunalen Behindertenbeauftragten durchgeführt. Sie alle haben einen Widerhall, einen Niederschlag im Gesetzentwurf gefunden.
Das Gleichstellungsgesetz schließt sich in seiner Grundstruktur an das Bundesgesetz an, auch hinsichtlich der Begrifflichkeiten. Insofern kann ich die Kritik, die Frau Kollegin Steiger geäußert hat, überhaupt nicht nachvollziehen, warum das Gesetz nicht eher gekommen ist. Es wäre doch unsinnig, ein Gesetz zu machen, wenn man weiß, dass ein Bundesgesetz kommt und man dann völ
lig unterschiedliche Rechtsbegriffe hat. Das sollten Sie nachvollziehen.
Aber Sie wissen doch genau, dass das in diesem Zusammenhang ein völlig unsinniges Vorgehen gewesen wäre.
Ich begrüße es außerordentlich, dass im Gesetzentwurf auf die schwierige Situation der Frauen mit Behinderung ebenso in besonderer Weise eingegangen wird wie auf den immer größer werdenden Stellenwert der Selbsthilfeorganisationen im Behindertenbereich und die allgemeine Anerkennung der Gebärdensprache. Besonders wichtig für die Zielsetzungen des Gesetzes, die die CSUFraktion vollinhaltlich teilt, ist im Hinblick auf die Herstellung einer Barrierefreiheit und Teilhabe am gesellschaftlichen Leben auch der ungehinderte Zugang zu den Medien.
In den Ausschussberatungen werden wir sicherlich die noch vorhandenen und nicht berücksichtigten Anregungen der Behindertenverbände und der im Landtag vertretenen Parteien zu diskutieren haben und Lösungen finden müssen. Ich möchte dabei stellvertretend die Mitwirkungsmöglichkeiten für Interessenvertretungen von Menschen mit Behinderung nennen, Stichwort Landesbehindertenrat. Man muss in dem Zusammenhang natürlich auch sagen, dass es da zwischen den Interessenvertretungen der Behinderten noch Meinungsverschiedenheiten gibt, wie dieses Konzept umgesetzt werden soll. Deswegen bedarf es einer weisen Entscheidung in diesem Zusammenhang und der Vernetzung der Integrationsziele in den Bildungsgesetzen mit dem Gleichstellungsgesetz. Nur frage ich mich, was soll ein solcher Programmsatz? Wir sollten unsere Kraft darauf lenken, dass in den speziellen Fachgesetzen, in einem Kinderbetreuungsgesetz und im EUG in Zukunft diese Ziele entsprechend berücksichtigt werden. Das ist der entscheidende Ansatz. Das möchte ich vorab schon einmal ansprechen.
Wir sollten auch bei allen Diskussionen darauf hinweisen, dass es sich hierbei um ein öffentlich-rechtliches Gesetz handelt und nicht um ein Leistungsgesetz, das das BSHG oder das SGB IX oder möglicherweise zivilrechtlich ein Antidiskriminierungsgesetz ersetzt. Dies ist nicht der Fall.
Ich bitte also, die Erwartungen auf den kommunalen Bereich zu konzentrieren.
Ich begrüße außerordentlich, dass in diesem Gesetzentwurf das Verbandsklagerecht mit klar normierten Kriterien und Voraussetzungen einbezogen worden ist. Ich meine, wir können eine Grundlage finden, um im Freistaat Bayern die Mitwirkung, die Teilhabe und die Integration von Menschen mit Behinderungen in das gesellschaftliche Leben in vorbildlicher Weise zu realisieren. Dieses Gleichstellungsgesetz ist ein ganz wesentlicher Baustein hierfür. Wir werden diesen Gesetzentwurf entsprechend beraten.
Frau Zweite Vizepräsidentin Riess: Nächste Rednerin ist Frau Schopper.
Frau Präsidentin, Kolleginnen und Kollegen! Lassen Sie mich, bevor ich auf die Anträge eingehe, zwei grundsätzliche Bemerkungen machen. Erstens muss man ausdrücklich feststellen, dass die
Kindergartenlandschaft in Bayern bereits heute gut ist. In den Einrichtungen wird gute Arbeit geleistet. Wir sollten nicht so tun, als würden wir bei Null anfangen.
Dafür sollten wir den Einrichtungen und den Erzieherinnen einmal danken.
Zweitens. Sie tun so, als fände in der Familienpolitik, in der Politik für die Kindertagesstätten im bayerischen Haushalt eine Negativentwicklung statt. Das ist doch völlig falsch; da lügen Sie sich in die eigene Tasche. Der Freistaat Bayern stellt jährlich über 250 Millionen e für den laufenden Betrieb zur Verfügung und darüber hinaus für den Ausbau weiterer Plätze in den nächsten fünf Jahren mehr als 313 Millionen e. Das sind Größenordnungen, die zeigen, der frühkindliche Bereich ist ein Schwerpunkt bayerischer Politik. Bitte nehmen Sie das zur Kenntnis.
Meine Damen und Herren, wenn ich Ihre Worte gehört habe, hatte ich den Eindruck, wir leben in einer anderen Welt.
Der qualitative Ansatz in der frühkindlichen Erziehung, Bildung und Betreuung ist der entscheidende. Deswegen bin ich wie die Fraktion der Meinung, dass der Schwerpunkt nicht ausschließlich und in erster Linie auf finanztechnischen Diskussionen über die künftige Finanzierung der Kindertagesstätten liegen muss, kann, soll und darf, sondern in der Qualität und in der inhaltlichen Weiterentwicklung in den Einrichtungen, also in der Qualität und in der Struktur. In der Konsequenz bedeutet das für mich, dass wir in diesem Hause mit allen, die betroffen sind, die Entwicklung einer qualitativ hochwertigen Erziehung mit dem Erziehungs- und Bildungsplan aktiv begleiten müssen.
Wir müssen die Einrichtungen in ihren Strukturen zeitgemäß weiterentwickeln. Insofern ist der Modellversuch, der im Landkreis Landsberg am Lech und in der Stadt Bayreuth durchgeführt wird, notwendig.
Meine sehr verehrten Damen und Herren, ich glaube, dass wir in der gesamten Diskussion die Vorschläge, die Sie in Ihren Anträgen machen, nur als punktuell und zum Teil als überhaupt nicht hilfreich ansehen müssen. Was das beitragsfreie letzte Kindergartenjahr betrifft, darf ich feststellen – Frau Kollegin Schopper hat das auch getan; insofern stimmen wir hier überein –, dass wir eine qualitative Verbesserung dadurch noch nicht erreichen.
Wir müssen die reale Situation betrachten. Heute besuchen 98% aller Kinder im kindergartenfähigen Alter die Einrichtungen. Ich habe erhebliche Zweifel, ob es gelingt und ob es rechtlich überhaupt möglich ist, die restlichen 2% auf die vorgeschlagene Art und Weise überhaupt zu gewinnen. Für deren Fehlen gibt es ganz andere Ursachen. Befassen Sie sich einmal damit.
Sie müssen sich einmal fragen, was die Ursachen dafür sind, dass diese Kinder die Einrichtungen nicht besuchen. Das sind gar nicht diejenigen, die Sie ansprechen wollen.
Die 70 Millionen e, die das mindestens kosten würde – ich gehe von vorsichtigeren Schätzungen als Frau Kollegin Schopper aus –, müssen wir für die gesamte Weiterentwicklung einsetzen. Wir hätten mit diesem Antrag in der Qualität überhaupt nichts gewonnen. Darüber hinaus möchte ich darauf hinweisen, dass die Beiträge für Sozialschwache – wenn das Geld das Problem sein sollte – bereits heute nach dem Kinder- und Jugendhilferecht übernommen werden. Die soziale Dimension des Problems werden wir auf diese Art und Weise nicht lösen können.
Frau Kollegin Schopper, was den Antrag des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN anbelangt, haben wir über Ihren Vorschlag bereits ausführlich im federführenden Ausschuss beraten. Gerade was die akademische Ausbildung von Erzieherinnen betrifft, stehen wir erst am Anfang der Diskussion. Wir müssen uns über alle Konsequenzen im Klaren sein. Wir werden das heute hier nicht ausdiskutieren können. Ich denke nicht, dass wir uns heute über alle Konsequenzen im Hinblick auf die Vergütungsstrukturen und die Gebührenstrukturen im Klaren sind.
Betreffend Ausstattungsfragen und Konzeptionen lassen Sie uns den Weg gehen, den Erziehungs- und Bildungsplan und das Finanzierungsmodell weiter zu diskutieren.
Dann werden wir für die Kinder, für die Eltern, für die Erzieherinnen und für die Einrichtungen in Bayern das Beste erreichen. Das tun wir auch dadurch, dass wir diese Anträge ablehnen. Die CSU-Fraktion wird den beiden Anträgen nicht zustimmen.
Frau Zweite Vizepräsidentin Riess: Nächste Wortmeldung: Herr Staatssekretär Schmid.
Herr Präsident, meine sehr geehrten Damen und Herren! Ich halte es für einen Treppenwitz der Geschichte, wenn eine Partei, die in nie dagewesener Form auf Bundesebene und dort, wo sie in den Kommunen Verantwortung trägt, die Familien „rasiert und abzockt“,
der bayerischen Staatsregierung und der CSU Vorhaltungen wegen deren Politik macht.
Sie haben davon gesprochen, dass auf Anregung der SPD runde Tische eingeführt worden seien. Ihr Vorschlag war zu spät. Wir haben bereits vor fünf Jahren Initiativen gestartet, und die Bayerische Staatsregierung hat längst ein Bayernforum „Familie“ eingeführt. Wir hatten das in den verschiedenen Gremien längst umgesetzt, ehe Sie Ihre Forderungen auf den Tisch legten.
Sie sprechen von der Vernachlässigung der Betreuungseinrichtungen.
Ich empfehle Ihnen, sich in den westdeutschen Ländern umzusehen und den Vergleich zu betrachten. Ich muss die von Ihnen gefürchteten Vergleichszahlen ansprechen. Bayern ist das Land mit den meisten Einrichtungen in den westdeutschen Bundesländern, die eine ganz andere Geschichte als die ostdeutschen Bundesländer haben. Sie mögen sagen, dass 3,5% zu wenig sei. Sie akzeptieren dabei aber nicht, dass es Einrichtungen der Tagespflege, Tagesmütter, Netz für Kinder und ähnliches gibt, die Arbeit leisten, die Sie als „Kinkerlitzchen“ abtun.
Daran beteiligen sich Eltern, das ist Selbsthilfe. Das ist eine aktive Bürgergesellschaft im besten Sinne des Wortes.
Sie sind der Meinung, dass Familienpolitik allein der Staat machen muss. Das ist der falsche Ansatz, meine Damen und Herren.
Sie haben die neuen Finanzierungsbedingungen angesprochen. Diese gibt es noch nicht, weil es sich um einen ergebnisoffenen Modellversuch handelt.
Alle anderen im Bayerischen Landtag haben wesentlich mehr zur Weiterentwicklung der Modellversuche beigetragen als die SPD-Fraktion. Wir werden darauf achten, dass Flexibilität im Interesse der Träger, der Erzieherinnen und der Betroffenen genauso wie Erziehung und Bildung und Qualitätssicherung in den Einrichtungen zum Tragen kommt.
Meine sehr geehrten Damen und Herren, überall dort, wo die Antragssteller politische Verantwortung tragen, geht es bei Einsparungen zu allererst den Familien an den Kragen. Trotzdem verlangen Sie hier eine nachhaltige und bessere Familienpolitik. Das ist nicht glaubwürdig.
Ich trage Ihnen einen Sündenkatalog der Familienpolitik vor, der mit Nachhaltigkeit nichts zu tun hat, sondern im massiven Umfang Familien und Alleinerziehende mit Kindern und auch Ältere belastet, die mit Familie zu tun haben.
Die erste familienpolitische Sünde: Sie lehnen trotz drohender Armutsrisiken für Familien mit Kindern die Verbesserungen beim Kindergeld ab.
Sie verlangen mit einem wachsweichen Antrag heute eine irgendwie geartete Anhebung des Landeserziehungsgeldes.
Sie, meine Damen und Herren, wissen gar nicht, wie man „Landeserziehungsgeld“ buchstabiert, denn in den Ländern, wo Sie die Verantwortung tragen, existiert es nicht.
Zweite familienpolitische Sünde: Sie erhöhen die Ökosteuer, die in besonderer Weise Familien mit Kindern und pflegende Familien betrifft und langen ihnen damit in den Geldbeutel.
Dritte familienpolitische Sünde: Mit dem Umbau werden die zahlreichen Energieträger besonders herangezogen. Auch das geht zulasten der Familien.
Vierte familienpolitische Sünde: Mit Ihrer Rentenpolitik belasten Sie einseitig Beitragszahler, also Familien mit Kindern.
Fünfte familienpolitische Sünde: Bei der Rentenpolitik haben Sie mit dem so genannten Riester-Modell gerade die kleinen Leute, also Familien mit Kindern, belastet und – obwohl ein Anhebungsbetrag in dem Förderbetrag enthalten ist – zu wenig Anreize gegeben.
Sechste familienpolitische Sünde: Steueranhebungen im Bereich landwirtschaftlicher Produkte belasten die Familien zusätzlich.
Ich kann es Ihnen leider nicht ersparen. Es kommen noch einige mehr.
Siebte familienpolitische Sünde: Sie versprechen – ohne im Bund dafür zuständig zu sein – vier Milliarden für den Ausbau der Kinderbetreuung und lassen mit den wesentlich höheren Folgekosten die Kommunen alleine. Was hat das mit dem Konnexitätsprinzip zu tun, das Sie in anderen Bereichen auf einmal auch entdeckt haben?
Achte familienpolitische Sünde: In der Gesundheitspolitik führen vermeintliche Reformen, die ich nur als Chaos bezeichnen kann, zu zusätzlichen Belastungen, besonders zu Einschränkungen bei Familien.
Neunte familienpolitische Sünde: Ihre Maßnahmen in der Wohnungspolitik sind ein einzigartiges Abbruchunternehmen, das Familien in Wohnungsnot belastet und mittelbar mietsteigernd wirkt. Das gilt besonders für die Ballungsräume, in denen die Wohnungsnot noch nicht beseitigt ist.
Durch die katastrophale Wirtschafts- und Arbeitsmarktpolitik – das ist der zehnte Punkt – wird die Arbeitslosigkeit, gerade bei älteren Arbeitnehmern, steigen.
Elfte familienpolitische Sünde: In den Kommunen, in denen Sie Verantwortung tragen, kürzen Sie, wie zum Beispiel in München, die Förderung für die Eltern-KindGruppen sowie bei der Familienförderung oder Ähnlichem um 15%. Dadurch können viele Gruppen nicht mehr arbeiten oder müssen höhere Beiträge von den Eltern verlangen. Deshalb kommen Durchschnittsverdiener nicht mehr in den Genuss einer Förderung und ganze Einrichtungen können nicht mehr öffnen.
Zwölfter Punkt: Sie haben einen familienpolitisch verkürzten Ansatz. Nicht nur, dass Sie sich nicht zur Wahlfreiheit bekennen – der Punkt, den Sie heute genannt haben, ist ein anderer Ansatz –, Sie wollen auch die demografische Entwicklung nicht wahrnehmen. Familie heißt auch, gerade ältere Menschen, die sich wesentlich um die Familie kümmern, stärker in die Mitte zu nehmen. Das sind familienpolitische Gesichtspunkte, die in Ihren Anträgen überhaupt keine Rolle spielen. Die Stärkung der Erziehungskompetenz und Gewaltfreiheit in den Familien, wie sie in Ihrem Antrag enthalten ist, übersieht geflissentlich einen ganz wesentlichen Punkt; den Sie in Ihrer Familienpolitik auf Bundesebene in den letzten Jahren vernachlässigt haben, nämlich die Eltern- und Familienbildung sowie ihre niederschwellige Weiterentwicklung in den Mittelpunkt zu stellen.
Auch im Bildungswesen fehlt es an vielem.
Vierzehnte Sünde: Im Haushalt wollen Sie eine falsche Prioritätensetzung, wenn Sie in diesen Bereichen auf Bundesebene weiter Einsparungen vornehmen.
15.: Bei der Betreuung für Schulkinder muss ich feststellen, dass Sie nicht bereit sind zur Kenntnis zu nehmen, dass es unterschiedliche Betreuungskonzepte im schulischen Bereich gibt. Da gibt es in Brennpunkten den schulischen Bereich, es gibt aber auch den Ansatz, der auf einem bürgerschaftlichen Engagement beruht. Dies geschieht zum Beispiel über Musikschulen. Das ist ein großes Erfolgsmodell, wie ich mir heute erst wieder habe berichten lassen. Die Nachmittagsbetreuung ist mit Vereinen und Elterninitiativen wesentlich effektiver und auf das Umfeld der Kommune ausgerichtet.
Schließlich: Sie setzen in Ihrer Familienpolitik überwiegend auf den Staat, statt sich in erster Linie für die Rahmenbedingungen verantwortlich zu führen. Das Bundesverfassungsgericht – ich kann Ihnen das nicht oft genug sagen – hat im Zusammenhang mit einem Urteil zur Familienförderung gerade etwas anderes gesagt, nämlich, dass wir in diesem Zusammenhang Wahlfreiheit und Autonomie für Familien herstellen müssen. Wenn Sie das Ehrenamt in Ihrem Antrag benennen und Mütterzentren ansprechen, dann müssen Sie sehen, dass nirgendwo in der Bundesrepublik Deutschland das Konzept der Mütterzentren so gefördert wird, wie das in Bayern der Fall ist. Ihr politischer Ansatz, meine Damen und Herren von der SPD, zur Familie ist unglaubwürdig, weil Sie dort, wo Sie das politische Sagen haben, nichts für die Familien tun, im Gegenteil noch Einschränkungen vornehmen. Dieser Antrag ist in dieser Form völlig falsch angesetzt. Wir werden ihn deshalb ablehnen und die
bewährte bayerische Familienpolitik weiterentwickeln und fortsetzen.
Frau Zweite Vizepräsidentin Riess: Nächste Wortmeldung: Frau Schopper.
Herr Präsident, meine sehr geehrten Damen und Herren! Das Motto rot-grüner Familienpolitik lautet auch nach diesen Koalitionsverhandlungen: Was den Familien auf der einen Seite gegeben werden soll, wird ihnen auf der anderen Seite wieder genommen. Was bei dieser für Familien perspektivlosen Koalitionsvereinbarung herauskommt, sind Mehrbelastungen, die gerade für junge Familien und für Familien mit Kindern besonders schwierig sind und eine Herausforderung darstellen. Die Politik des „Weiterwurstelns“ wird erneut dadurch ergänzt, dass Familien über Leistungseinschränkungen und Steuererhöhungen zusätzlich Geld aus der Tasche gezogen wird.
Die „Süddeutsche Zeitung“ kommentiert die Koalitionsvereinbarungen zu Recht wie folgt, ich darf zitieren:
Vom großen Wahlkampfthema Familienpolitik ist wenig geblieben. Von mehr Kindergeld ist nicht mehr die Rede. Für die finanzielle Besserstellung von Federführenden Ausschusses.
Kinderbetreuung wird groß geschrieben. Aber wie will der Bund, wie angekündigt, mit einem Gesetz sicherstellen, dass jedes fünfte Kind unter drei Jahren bedarfsgerecht betreut wird? Das ist immer noch Ländersache. Versprochen werden dafür 1,5 Milliarden e. Doch der Verweis auf die erhofften Erfolge des Hartz-Konzeptes zeigt, dass das Geld erst noch erwirtschaftet werden muss.
Zitat Ende.
Die finanzielle Situation, meine sehr geehrten Damen und Herren, liebe Kolleginnen und Kollegen, von Familien mit Kindern in unserem Land ist schlichtweg verfassungswidrig.
Das Urteil des Bundesverfassungsgerichts zur Verbesserung der finanziellen Situation ist in der vergangenen Legislaturperiode nicht erfüllt worden. Die Anhebung des
Kindergeldes wurde mit dem Wegfall des Freibetrages für Alleinerziehende durch die Familien selbst finanziert. Das ist die gleiche Masche, wie sie auch jetzt vollzogen wird. Wer eine solche Vorgehensweise als soziale Familienpolitik bezeichnet, kennt die tatsächliche Situation von geringer verdienenden Familien in unserem Lande offenbar nicht.
Die Koalitionsvereinbarung von SPD und GRÜNEN reduziert Familienpolitik auf den Ausbau der Kinderbetreuung. So wichtig das ist – der Freistaat Bayern hat vorbildliche Initiativen gestartet – aber, meine sehr verehrten Damen und Herren, Familienpolitik ist mehr. Dazu müssen wir uns die Koalitionsvereinbarung noch einmal genau anschauen.
Dass Kinder in Teilen unseres Landes nach wie vor ein Armutsrisiko darstellen, ist ein Skandal ersten Ranges. Die neue Bundesfamilienministerin Schmidt spricht davon, dass das Kindergeld erhöht werden soll. Das war vor einigen Monaten. Was ist daraus geworden? – Nichts.
Was tun Sie gegen diese finanzielle Situation von Familien? – Nichts.
Dass diese Bundesregierung bisher nichts für Eltern getan hat, die in schwieriger werdenden Zeiten Begleitung, Beratung und verstärkte Information benötigen, ist eine kurzsichtige Familienpolitik.
Dass Rot-Grün den Zusammenhang zwischen Bekämpfung der Arbeitslosigkeit, wirtschaftlichem Aufschwung und einer Verbesserung der Situation der Familien einfach nicht zur Kenntnis nimmt, ist schlechte Politik. Dass diese rot-grüne Koalitionsvereinbarung die Wahlfreiheit, also die Entscheidungsfreiheit der Eltern zu bestimmen, wie sie leben wollen, nicht berücksichtigt, grenzt einen Teil der Familien schlichtweg aus.
Meine Damen und Herren, von der SPD und den GRÜNEN! Auch Sie sollten sich ins Stammbuch schreiben lassen, was das Bundesverfassungsgerichts mit seinem Urteil
zum Familienlastenausgleich allen Politikern ins Stammbuch geschrieben hat: Die Familie hat ein autonomes Entscheidungsrecht. Dem Staat geht es nichts an, für welchen Weg sich die Familien entscheiden. Der Staat hat die Rahmenbedingungen für beide Wege zu schaffen. Ob ein Elternteil wegen der Kinderbetreuung in der Familie bleibt oder beide Elternteile erwerbstätig sind, ist deren Sache. Gleiches gilt für Regelungen für Alleinerziehende.
Für Sie, meine Damen und Herren, bedeutet Wahlfreiheit doch nur, dass beide Elternteile erwerbstätig sind, um ihre Existenz zu sichern. Wir wollen hingegen die Rahmenbedingungen schaffen, damit die Familien und insbesondere die jungen Frauen selbst die Entscheidung treffen können. Paradoxerweise wird die Situation auch noch schwieriger, da für diese Politik keine neuen Arbeitsplätze geschaffen werden. Sie sagen zwar, die Wahlfreiheit werde bei Erwerbstätigkeit beider Elternteile sichergestellt, die Arbeitsplätze nehmen aber ab. Dies ist eine Politik, die ich überhaupt nicht verstehen kann. Sie sagen, die Wahlfreiheit werde durch die Vereinbarkeit von Familie und Beruf erreicht. Aber durch die Politik der Bundesregierung werden keine neuen Arbeitsplätze – gerade für junge Frauen – geschaffen. Das passt hinten und vorne nicht zusammen.
Die Bilanz der Mehrbelastungen, die sich aus dieser Koalitionsvereinbarung für Familien und gerade für die geringer Verdienenden ergibt, ist trostlos. Die Eigenheimzulage, die immerhin bis zu 7000 e für die Familien bringt, wird gekippt. Anspruchsberechtigung gibt es erst für Familien mit mehr als fünf Kindern. Erst dann verschlechtert sich die Situation nicht. Sie werden doch nicht behaupten wollen, dass das eine kinderfreundliche Aktion ist. Der Münchner Oberbürgermeister hat auf die verheerenden Auswirkungen der rot-grünen Koalitionsvereinbarung hingewiesen. Ich sage Ihnen: Gerade in Ballungsräume wird diese Form der Politik zu einer noch dramatischeren Situation führen.
Die Verluste für Familien mit einem oder zwei Kindern – also für die Durchschnittsfamilie – betragen bei der Eigenheimförderung insgesamt mehr als 13000 e, die den Familien fehlen, weil ihnen dieser Anspruch weggenommen wird. Unser Ziel muss es jedoch sein, den Familien soweit wie möglich zu Wohnungseigentum zu verhelfen. Das ist für Eltern und Kinder die beste soziale Absicherung.
Die weitere Anhebung der Ökosteuer zum 1. Januar 2003 ist zutiefst familienfeindlich, weil Familien mit Kindern einen höheren Verbrauch haben. Sie haben Ihr Klientel bisher von manchen Anhebungen der Ökosteuer verschont. Die Familien sind jedoch diejenigen, die wegen den Verbrauchssteuern am meisten bluten müssen.
Gleiches gilt für die Erhöhung der Erdgassteuer. Die Mehrbelastung beträgt für Familien mehr als 85 e.
Besonders problematisch ist auch das Ziel der Koalitionsvereinbarung, die bisher ermäßigten Sätze der Mehrwertsteuer von 7 auf 16% anzuheben. Dies betrifft den Bereich des täglichen Lebensbedarfs und der Gebrauchsgegenstände. Um die geht es dabei. Dies wird zu weiteren zusätzlichen Kostensteigerungen und Belastungen für die Familien führen.
Schließlich sind die steigenden Beiträge zur Rentenversicherung zu nennen. Sie, meine sehr geehrten Damen und Herren von SPD und GRÜNEN, sind einmal ange
treten, die Lohnnebenkosten und damit die Sozialversicherungsbeiträge zu reduzieren. Sie haben mit einer Rentenreform Generationengerechtigkeit und Beitragsstabilität versprochen. Jetzt senken Sie gegen den entschiedenen Widerstand der Rentenversicherungsträger die Beitragsrücklagen. Das System der solidarischen umlagefinanzierten Rentenversicherung, ergänzt durch private Vorsorge, dem die Zukunft gehören muss, bricht jede Zukunftsperspektive ab, wenn die jüngeren Generationen, wie gerade die Familien mit Kindern, nicht mehr hinter dem System stehen können. Auch dafür ist Ihre Politik verantwortlich.
Meine Damen und Herren von SPD und GRÜNEN, man kann Sie nicht oft genug warnen. Es ist zwar nicht mehr Gegenstand der Koalitionsvereinbarung aber man hört immer noch Stimmen im Hintergrund. Ich sage Ihnen: Hände weg vom Ehegattensplitting. Alles andere wäre nicht nur verfassungswidrig, sondern würde den Bestand und die Stabilität von Ehe und Familie aushöhlen.
Der Ausbau der Kinderbetreuung als Ganztagesschule, wofür der Bund nicht zuständig ist, zeigt auch, dass Sie die Folgewirkungen für die Länder dabei überhaupt nicht bedacht haben. Die 1,5 Milliarden e, die für den Ausbau der frühkindlichen Betreuung zur Verfügung gestellt werden sollen, ist wieder einmal – wie in anderen Bereichen auch – ein ungedeckter Wechsel. Sie sagen, das werde bei den Kommunen, bei denen die Folgekosten entstehen, durch die Realisierung des Hartz-Konzeptes finanziell abgedeckt. Ich bezweifle, dass dabei dieser Betrag zustande kommt. Dafür werden dann wieder die Kommunen gerade stehen müssen.
Im Gegensatz zum Bund, meine sehr geehrten Damen und Herren, im Gegensatz zu SPD- und rot-grün-regierten Bundesländern, schafft es die Bayerische Staatsregierung, schafft es die Mehrheitsfraktion im Freistaat Bayern trotz schwieriger Haushaltssituation 313 Millionen e zusätzlich für den Ausbau der Kinderbetreuung zur Verfügung zu stellen.
Sie sehen, wie die Schwerpunkte gesetzt werden können, wenn man nur will.
Mit den Signalen, die Sie zur Familienpolitik und angeblich für die Familien mit Kindern setzen, sprechen Sie manche Themen überhaupt nicht an, die für die Familien von entscheidender Bedeutung sind. Ich meine zum Beispiel, was getan werden kann, um die Kinderfreundlichkeit in unserem Land zu verbessern. Kein Wort gibt es dazu.
Daran sieht man, wo Sie die Prioritäten setzen.
Der weitere Stellenabbau auf dem Arbeitsmarkt und in der Wirtschaft, welcher unweigerliche Folge Ihrer Koalitionsvereinbarung ist, hat aufgrund der zunehmenden Arbeitslosigkeit eine durchschlagende Auswirkung für die Familien. Sie werden weiter in die Armut getrieben.
Meine Damen und Herren von der SPD, statt mit Dringlichkeitsanträgen diese Politik so zu korrigieren, wie wir es uns vorstellen,
unterstützen Sie diese für die Familien so negative Politik. Für einen solchen Kadavergehorsam gegenüber der Bundesregierung habe ich überhaupt kein Verständnis.
Wahrscheinlich haben Sie Ihren eigenen Dringlichkeitsantrag gar nicht gelesen, sonst könnten Sie das jetzt nicht sagen.
Die neue Familienministerin, Renate Schmidt,
hat ein Buch mit dem Titel „S.O.S. Familie“ geschrieben. Spätestens nach dieser Koalitionsvereinbarung wissen wir, warum sie es geschrieben hat.
Frau Präsidentin, meine sehr geehrten Damen und Herren! Ich möchte nur einige wenige Sätze zu einem Teilbereich der bildungspolitischen Diskussion, nämlich zu den Kindertagesstätten sagen. Wir sollten uns darüber im Klaren sein, dass auch Kindertagesstätten einen bildungspolitischen Auftrag haben. Ich denke dabei insbesondere an die Erlernung von sozialen Kompetenzen. Wir haben einen gesellschaftlichen Wandel, die Zahl der Einzelkinder steigt, und der Kontakt zwischen den Nachbarschaften funktioniert nicht mehr so, wie das früher der Fall gewesen ist. Wichtig ist aber auch die Stärkung von Lern- und Lesekompetenzen und das Neugierigmachen auf alles, was das Lernen notwendig macht.
Meine sehr geehrten Damen und Herren von der SPD, Sie sind in Ihrem Antrag auch auf andere Themen einge
gangen, zum Beispiel auf die regionale Versorgung. Ich muss Ihnen dazu sagen: Sehen Sie sich einmal die politischen Entscheidungen an, die Sie zu verantworten haben. Ich halte es für gut, dass die Kommunen für die Kindergärten die Verantwortung tragen. In der Landeshauptstadt München, die bekanntermaßen rot-grün-regiert ist, haben wir aber immer noch Versorgungsdefizite bei der Kinderbetreuung. Die Versorgungsgrade liegen hier zwischen 68% und 75%.
In den vergangenen Wochen hatte ich eine Diskussion über Bildungsinhalte in einem Kindergarten im Münchner Norden. Dabei hat mich ein Pfarrer angesprochen und gemeint, es sei gut und schön, worüber wir diskutierten. Wenn wir aber noch nicht einmal über die nötigen Kindergartenplätze verfügten, sei diese Diskussion überflüssig. Sehen Sie sich einmal die Politik von Rot-grün an. Dort gibt es Versorgungsengpässe.
Setzen Sie dort, wo Sie Verantwortung tragen, die richtigen Prioritäten.
Frau Zweite Vizepräsidentin Riess: Herr Kollege Unterländer, gestatten Sie eine Zwischenfrage des Herrn Kollegen Volkmann?
Selbstverständlich.
Herr Kollege Volkmann, die CSU hat den Kindergartenbedarfsplan entwickelt und die Ziele der Versorgung in München nach oben gebracht. Hier sind die richtigen Schwerpunkte gesetzt worden. Ihr Antrag geht von der falschen Voraussetzung aus, dass es für die Kindertagesstätten Finanzierungskonzepte gäbe, die an einer restriktiven Mitteleinschränkung orientiert wären. Wir führen ergebnisoffene Modellversuche durch. Die Ergebnisse sind noch nicht abzusehen. Was soll dieser Antrag eigentlich bewirken?
Wir brauchen eine Weiterentwicklung der positiven Arbeit in den Kindertagesstätten durch die gemeinsame Entwicklung von Qualitätsstandards. Bei einer viel beachteten Veranstaltung des Landesverbandes der Kindertagesstätten in Bayern – auch Frau Kollegin Narnhammer war dabei – hat Herr Prof. Dr. Fthenakis darauf hingewiesen, dass Bayern bisher das einzige Land ist, in dem ein solcher Bildungsplan entwickelt wird. Wir sind hier Vorreiter. Wir brauchen eine Verbesserung der Vernetzung bei der Schnittstelle zwischen Kindertagesstätte und Schule. Aufgrund der Veränderungen, die mit dieser Schwerpunktsetzung verbunden sind, ist eine Weiterent
wicklung der Weiterbildung der Lehrerinnen und Erzieherinnen erforderlich geworden. Entsprechende Konzepte befinden sich bereits in der Umsetzungsphase. Gemeinsam werden wir ein transparentes, soziales und vor allem kindgerechtes Finanzierungssystem entwickeln, das den Bedürfnissen aller Beteiligten Rechnung trägt. Wir alle sollten an diesem Auftrag arbeiten.
Lassen Sie mich abschließend noch etwas zum Antrag über die Schulsozialarbeit und die Jugendsozialarbeit an Schulen sagen. Ich halte es für bemerkenswert, dass die Bundesanstalt für Arbeit eine Finanzierung für drei Jahre garantiert und anschließend aus dieser Finanzierung aussteigt.
Trotz der Zusagen ist die Bundesanstalt nicht bereit, für Übergangslösungen zu sorgen. Aus diesem Grunde werden wir diesen Antrag ablehnen.
Frau Zweite Vizepräsidentin Riess: Weitere Wortmeldungen liegen mir nicht vor. Die Aussprache ist geschlossen. Zu einer zusammenfassenden Stellungnahme erteile ich Frau Staatsministerin Hohlmeier das Wort.
Frau Präsidentin, meine sehr geehrten Damen und Herren! Erlauben Sie mir, dass ich im Zusammenhang mit den Auswirkungen, den Konsequenzen und politischen Schlussfolgerungen, die wir aus der Pisa-Studie und den Konsequenzen von Pisa-E ziehen, einen Teilbereich anspreche, der in der Diskussion zunächst sehr stark im Vordergrund stand, nämlich die frühkindliche Entwicklung. Dabei ist über die Kinder
tagesstätten und die Schnittstellen zur Schule zu reden. Ich finde es bemerkenswert, dass insbesondere Vertreter der Oppositionsparteien in Interviews, in Statements und bei den Diskussionen hier im Haus den Kindertagesstätten in unserem Land nicht zugebilligt haben, dass diese gute Arbeit leisten, sondern sie wurden im Gegenteil als Hauptursache für Probleme dargestellt.
Jetzt, nachdem sich die Ergebnisse in Bayern positiv gestalten, sagen Sie nichts mehr über die Kindertagesstätten.
Wir müssen in diesem Zusammenhang klar sehen, dass sich Entwicklungsdefizite von Kindern und Jugendlichen nicht erst mit dem Eintritt in die Schule und in das Gymnasium ergeben. Vielmehr werden Sprachentwicklung, Sprachbildung und soziale Kompetenz, die für das schulische Leben wichtig sind, in den ersten Lebensjahren bis zum Eintritt in die Schule entwickelt. Deshalb ist es notwendig, den Schwerpunkt der Konsequenzen auf die frühkindlichen Einrichtungen zu legen.
Wir meinen, dass zum Erlernen von Sprachkompetenz, zur Entwicklung von sprachlichen Fähigkeiten und für den Umgang mit der Schrift – ohne die Vorverlegung der Alphabetisierung zu wollen – die Kindertagesstätten sehr nötig sind. Die Frage, die sich nicht unmittelbar, sondern nur mittelbar aus der Pisa-Studie ergibt, heißt: Wie können wir die Schnittstelle zwischen Kindertagesstätten und Schulen verbessern?
Die Praxis hat inzwischen viele positive Beispiele vorzuweisen. Dort arbeiten Kindertagesstätte und Schule arbeiten vernetzt zusammen. Es gibt aber ein erhebliches Problem, an dem wir gemeinsam arbeiten sollten, nämlich die Bestimmungen des Datenschutzes. Sollte sich eine Einrichtung hinter dem Datenschutz verstecken, haben wir keine Möglichkeit, etwas Positives zu erreichen.
Unser Ziel ist es deshalb, meine sehr geehrten Damen und Herren – –
Selbstverständlich.
Wir sollten aber die positive Entwicklung und die Förderung des Kindes in den Vordergrund rücken. Deswegen müssen wir Kindertagesstätten und Schulen besser miteinander vernetzen. Das heißt, zusammen mit Eltern und Kindern sollen Erzieherinnen in die Schule und Lehrer in die Kindertagesstätten. Ich denke, auf diesem Weg können wir die Schnittstellen-Problematik wesentlich besser angehen.
Die Frage, wie dies alles organisatorisch am Besten gelöst werden kann, hängt mit der künftigen Finanzierung der Kindertagesstätten und der Qualitätssicherung – was wir in den Einrichtungen inhaltlich erreichen wollen und was wir miteinander verknüpfen wollen – zusammen. Vorschläge, eine Vorschule einzurichten, lehnen wir ab. Das ist der falsche Weg. Wir lehnen die Vorschulen als neues Instrument eindeutig ab und halten die Weiterentwicklung der bewährten Kindertagesstätten und die stärkere Vernetzung für den besseren Weg. Das bayerische Staatsministerium für Sozial-, Gesundheitsund Familienpolitik hat im Rahmen des Bildungsplanes für Kindertagesstätten den richtigen Ansatz gewählt. Diesen sollten wir weiter verfolgen.
Wie hoch ist die tatsächliche Versorgung mit Betreuungsangeboten für Kinder unter drei Jahren im Freistaat Bayern?
Frau Staatsministerin, teilen Sie meine Auffassung, dass diese Einrichtungen eine qualitativ vollständige Angebotspalette im frühkindlichen Bereich darstellen und damit die Aussagen der Bundesfamilienministerin ad absurdum geführt sind?
Herr Präsident, meine sehr geehrten Damen und Herren! In aller Kürze will ich zehn Thesen zur Bekämpfung der Kinderarmut nennen. Ich denke, wir sollten uns in einer Aktuellen Stunde zur Kinderarmut wesentlich intensiver mit den Inhalten auseinander setzen.
Frau Staatsministerin Stewens hat mit Recht darauf hingewiesen. Ich möchte zunächst auf einige Dinge eingehen, die vonseiten der Rednerinnen und Redner der Opposition vorgetragen wurden. Ich frage mich, ob Sie die Entstehungsgeschichte dieses Armutsberichts richtig beurteilen und ob Sie sie richtig kennen.
Es waren die Bayerische Staatsregierung und der DGB, die gemeinsam einen Armutsbericht entwickelt und erarbeitet haben.
Sie wissen, dass es ein CSU-Antrag war, der die Strukturen geschaffen hat. Bitte verleugnen Sie das nicht. Bitte denken Sie daran, dass wir in der Familienpolitik, und zwar in der gesamten Bandbreite, nicht nur eine Zuständigkeit der Bundesländer haben. Gerade was die finanzielle Seite und die Steuern anbelangt, ist der Bund verantwortlich.
Wenn ich daran denke, wie Sie, meine Damen und Herren von der SPD und vom BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, als wir uns damals über den Armutsbericht unterhalten haben, auf die schwarz-gelbe Bundesregierung losgegangen sind! Das war damals eine ganz andere Ausgangslage für Sie.
Genau, es hat sich alles verändert.
Schließlich noch zum Familiengeld. Ich habe Sie, Frau Steiger, immer für eine vernünftige Frau gehalten.
Ich frage mich, warum das Familiengeld zu einer Armutsfalle werden soll. Wie soll das gehen, wenn wir mit einer von den Einkommensgrenzen unabhängigen Bündelung dafür sorgen, dass Familien mit Kindern keine Sozialhilfe mehr benötigen?
Das wäre doch eine sozialpolitische Pionierleistung, und die werden wir erreichen. Damit können Sie sich mit Ihren Konzepten nicht vergleichen.
Lassen Sie mich nunmehr – soweit die Zeit noch reicht – zehn Thesen zur Bekämpfung der Kinderarmut nennen, die mir wichtig erscheinen. Erstens. Kinderarmut ist in einem Sozialstaat, der von Wohlstand gekennzeichnet ist, in der Tat ein Skandal. Die Auswirkungen für die Kindesentwicklung sind im Hinblick auf die Ausgrenzung in verschiedenen Lebensbereichen überaus negativ.
Zweitens. Es ist deshalb Ziel der Familienförderpolitik der CSU, Kindern und ihren Familien die Möglichkeit zu geben, durch präventive Maßnahmen nicht in die Situation zu kommen, Sozialhilfe beziehen zu müssen.
Drittens. Dieses Ziel soll – und das wurde wiederholt angesprochen – durch die Einführung eines Familiengeldes erreicht werden, das in den ersten drei Jahren 600 Euro pro Kind und Monat beträgt.
Viertens. Entscheidend für die Planung der Familien ist die Herstellung einer wirklichen Wahlfreiheit. An dieser Stelle möchte ich noch einmal auf die Redebeiträge der Opposition eingehen. Ich habe den Eindruck, Sie wollen nicht verstehen, was wir mit dem zweigleisigen Weg erreichen wollen: einerseits die Kinderbetreuungsangebote verbessern und ausbauen und andererseits die finanzielle Unabhängigkeit der Familien erreichen. Sie hingegen wollen den Familien den Lebensweg vorschreiben, und da gehen wir nicht mit.
Fünftens. Das Bundesverfassungsgericht hat in seinem Familienurteil die autonome Entscheidung der Familien über ihre Perspektiven ausdrücklich bestätigt. Das sollten wir konsequent beachten.
Sechstens. Die Entscheidung von Rot-Grün, diese Entscheidung umzusetzen, war absolut unzureichend und entspricht nicht dem Urteil des Bundesverfassungsgerichts. Die vorgegebene Autonomie ist so nicht erreicht worden.
Siebtens. Es ist skandalös, dass die Familien, insbesondere aber die Alleinerziehenden – Frau Staatsministerin Stewens hat darauf hingewiesen –, diese Entlastung letzten Endes selbst finanziert haben. Das hat auch die Schwester des Bundeskanzlers zu Recht beklagt.
Achtens. Auch die neuen Pläne von Rot-Grün sollen durch die Familien selbst finanziert werden. Die von Ihnen immer wieder geforderte Abschaffung des Ehegattensplittings würde gerade junge Familien in ihrer Wahlfreiheit treffen. Sie wäre schädlich für die Familiengründungsphase.
Neuntens. Die Förderung bestimmter, besonders von Armut Betroffener – ich denke hier vor allem an die Alleinerziehenden und Migranten –, muss zu einer Weiterentwicklung der Familienpolitik führen.