Christa Vossschulte
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Herr Präsident, meine Da men und Herren! Baden-Württemberg ist ein starkes und er folgreiches Sportland.
Sportlerinnen und Sportler aus Baden-Württemberg sind mit ihren Vereinen in allen nationalen Ligen erfolgreich und tra gen mit ihrer Berufung in die Auswahl- und Nationalmann schaften der verschiedensten Sportarten zur Werbung für un ser Land bei. Zugleich sind sie Anreiz und Vorbild für die Menschen in unserem Land, sich sportlich zu betätigen, Herr Finanzminister.
Sport hat für Menschen aller Altersgruppen eine Bedeutung, sei es als Breiten-, Schul- oder Spitzensport.
Die gesellschaftliche Bedeutung des Sports in Baden-Würt temberg wird darin sichtbar, dass über 3,7 Millionen Mitglie der
in mehr als 11 000 Vereinen aktiv sind.
Aber auch im ehrenamtlichen Bereich engagieren sich in ba den-württembergischen Sportvereinen mehr als 400 000 Men schen. Sie tragen aktiv dazu bei, dass ein Großteil der Men schen in unserem Land Sport aktiv ausüben können.
Mit dem Solidarpakt Sport II, Herr Kollege, den die Landes regierung gemeinsam mit dem Landessportverband Anfang 2011 geschlossen hat,
profitieren alle von einer Sportförderung, die auf Kontinuität und Verlässlichkeit angelegt ist. Das gilt für die Sportförde rung in der Spitze und in der Breite gleichermaßen. Erfolgrei che Sportpolitik gehen wir in sportlichem Sinn an, das heißt mit Teamgeist und Fair Play.
Insgesamt stellen wir dem Sport bis 2016 zusätzlich 20 Mil lionen € zur Verfügung. So steigt der Förderbetrag bis 2016 stufenweise auf knapp 85 Millionen € an.
Damit sichern wir nachhaltig den Zugang zum Sport und ge nauso die Vielfältigkeit der Sportvereine in unserem Land. Die CDU-Landtagsfraktion versteht den Sport als einen wich tigen Bestandteil des Bildungsbereichs sowie der individuel len und sozialen Lebensqualität.
Sport ist der Bereich, der zur Stärkung der Persönlichkeit ge rade und besonders bei jungen Menschen führt, leistet er doch
einen erheblichen Beitrag, Kinder und Jugendliche zu Verant wortung und Mündigkeit zu erziehen, sie zielstrebig, aber spielerisch auf die Anforderungen des Lebens und der Gesell schaft vorzubereiten. Leistungsbereitschaft, Konfliktfähigkeit, Fair Play, Ausdauer, Teamwork und vieles mehr werden ein geübt. So leistet der Sport einen herausragenden Beitrag für die Zukunftsfähigkeit der Gesellschaft in unserem Land.
Mit der Fortsetzung des Solidarpakts Sport haben wir dem Sport im Land Planungssicherheit zugesichert. Gleichzeitig wurde eine gute Balance zwischen den Interessen des Sports und der Haushaltslage des Landes gefunden. Wir sind dank bar, dass sich die Sportverbände positiv dazu geäußert haben, auch wenn Herr Abg. Drexler eine Pressemitteilung unmittel bar hinterherschickte, in der stand, das alles sei viel zu wenig.
Mit den zusätzlichen Fördermitteln aus dem Solidarpakt Sport werden folgende Schwerpunkte gefördert:
Für die Qualifizierung von ehrenamtlichen Übungsleitern und von ehrenamtlichen Helferinnen und Helfern im Sport stellen wir – anwachsend bis zum Jahr 2016 – insgesamt zusätzlich 8,4 Millionen € zur Verfügung. Ab 2012 werden insbesonde re die Handlungsfelder „Bildung durch Sport“, „Spitzensport land Baden-Württemberg“ und – wichtig in Bezug auf den Antrag der SPD-Fraktion – „Substanzerhaltung von Sportstät ten“ – davon sind die Landessportschulen, der Vereinssport stättenbau, verbandseigene Schulungsstätten und Trainings zentren betroffen – gestärkt.
Unser Land verfügt mit 18 500 von bundesweit 127 000 Sport stätten über einen Anteil von rund 15 %. Aus der Stellungnah me der Landesregierung zu dem Antrag der SPD-Fraktion geht deutlich hervor, dass unser Land im Sportbereich eine über durchschnittlich gute Infrastruktur besitzt. Rund 60 % der Sportstätten befinden sich in kommunaler Trägerschaft. Der Rest wird überwiegend von Sportvereinen oder -verbänden betrieben.
Bei einer projektbezogenen Fördersystematik ist es allerdings völlig normal, dass das Antragsaufkommen die verfügbaren Mittel übersteigt. Die Sportverbände schätzen den Bedarf an Investitionen auf bis zu 40 Millionen €. Das hat für den ein zelnen Verein zur Folge, dass bei einem projektierten Bauvor haben zwischen Antragstellung und vollständiger Zuschuss auszahlung eine Wartezeit von rund drei Jahren liegt. In keins ter Weise ist hier die Bezeichnung „Investitionsstau“, mit der Sie Ihren Antrag überschrieben haben, gerechtfertigt.
Ich danke Ihnen.
Herr Präsident, meine Da men und Herren! Der Gegenstand dieses Gesetzentwurfs ist die Parallelführung von G 8 und G 9 am Gymnasium. Die Ar gumente hierzu haben wir in der ersten Lesung und im Aus schuss zur Genüge ausgetauscht.
Ich möchte nur noch ein paar Aspekte aufgreifen.
Es ist durchaus aufzuzeigen, dass wir nach der Grundschule ein Abitur nach neun Jahren haben, dass man also das Abitur
in neun Jahren erwerben kann. Das kann in der Hauptschule anfangen, geht über die Realschule bis in das berufliche Gym nasium hinein, und das endet mit der allgemeinen Hochschul reife, wenn der Schüler das will und durchhält.
Ich möchte dazu eigentlich nur noch ein Zitat des Städtetags anführen. Der Städtetag plädiert dafür, „diesen baden-würt tembergischen Weg kraftvoll fortzusetzen“. Weiter unten steht:
Die Option einer Bildungskarriere mit dem Ziel Abitur über die zweite Säule, also via Hauptschule, Werkreal schule oder Realschule und berufliches Gymnasium, muss als Pendant zum klassischen Weg über das allgemeinbil dende Gymnasium noch offensiver dargestellt und bewor ben werden.
Ich möchte ganz deutlich darum bitten, dass Sie nicht wieder in die alte Gewohnheit verfallen und diesen Weg schlechtre den.
Auch der Landkreistag und der Gemeindetag lehnen Ihren Ge setzentwurf ab. Sie haben zwei weitere Gründe dafür. Das sind zum einen die Kosten. Dazu schreibt bezeichnenderweise die GEW:
Bei einem Nebeneinander von G 8 und G 9 werden aber auch mehr Lehrerstunden verbraucht, die für die Senkung des Klassenteilers oder für Förderangebote der Schüle rinnen und Schüler fehlen werden.
Recht hat sie.
Sie schreiben in Ihrem Gesetzentwurf zu den Kosten: „Kei ne.“ Ich habe schon beim letzten Mal gesagt: So kann es nicht gehen. Wovon Sie dies bezahlen wollen, ist nicht klar.
Ein zweiter Punkt, gegen den sich der Gemeindetag wehrt, ist das Alleinentscheidungsrecht des Ministeriums für Kultus, Ju gend und Sport, wenn kein Einvernehmen mit dem Schulträ ger über die Einführung des zusätzlichen G 9 getroffen wer den kann. Das verstößt gegen die Rechte des Schulträgers. Dass Sie ein so wesentliches Recht des Schulträgers außer Acht lassen,
zeigt das ganze Ausmaß an Populismus, das diesem Antrag zugrunde liegt. Verweisen Sie ihn einfach in das Reich „Wünsch dir was“.
Dann sehen wir, was daraus wird.
Im Übrigen schreibt die GEW in ihrem letzten Monatsheft:
Vor dem Hintergrund der Erfahrungen der letzten Jahre spricht sich die Landesfachgruppe gegen die Doppelfüh rung von G 8 und G 9 aus.
Ja, auch ich finde das hochinteressant. In Abwandlung ei nes Satzes von Angela Merkel – er bezog sich allerdings auf die Rente mit 67 – könnte man sagen: Wenn Sie jemanden fin den, der für die Parallelführung von G 8 und G 9 ist, könnte der von der SPD sein; finden Sie jemanden, der dagegen ist, auch.
Ich danke Ihnen.
Es ist mehr eine Nachfrage. Herr Dr. Mentrup, ist Ihnen schon zu Ohren gekommen, dass in Schleswig-Holstein die Parallelführung von G 8 und G 9 von der SPD und den Grünen abgelehnt wird?
Herr Präsident, meine Da men und Herren! Herr Kollege Dr. Mentrup, Sie machen ei ne Neuauflage des Mosbach-Antrags. Ich muss sagen: Wenn ich die Häupter Ihrer Lieben zähle, dann scheint Ihre eigene Fraktion auch nicht mehr viel Interesse daran zu haben – von der Presse ganz zu schweigen.
G 8 ist als separater Bildungsgang konzipiert und ist nicht be liebig dehnbar, auch wenn Sie es gern machen würden. Wir können nach Ihrer Ansicht G 8 auf G 9, G 10, G 11 und G 12 immer weiter ausdehnen.
Wollen wir die, die noch größere Lernschwächen haben, auch alle ans Gymnasium holen? Sie wollen jetzt auf diesem Weg wieder einmal versuchen, Ihre Idee der Einheitsschule an den Mann zu bringen.
Im Übrigen: Es wird bei Ihnen immer bunter. Ich habe neu lich von einem SPD-Gemeinderat und Schulleiter in Esslin gen gelesen, dass er die Regionalschule fordert. Er nennt das die „neue Regionalschule“. Jetzt wollte ich Sie fragen, ob das wieder etwas Neues ist, was Sie sich haben einfallen lassen.
Allmählich kommt man in dem Wirrwarr, den Sie anbieten, nicht mehr zur klaren Form. Der Kollege Drexler fordert fle xiblere Schulformen – was immer das sein soll. Er benennt sie überhaupt schon gar nicht mehr. So kommen Sie von ei ner Schulform in die andere, und kein Mensch weiß mehr, was Sie eigentlich wollen. Sie landen dann beim nordrhein-west fälischen Modell: Jede Kommune mache, was sie will. Zie hen Sie doch einmal von Kirchheim nach Nürtingen um oder von Nürtingen nach Reichenbach, dann werden Sie Ihr blau es Wunder erleben.
Meine Damen und Herren, ich habe eigene Erfahrungen mit Parallelzügen von G 8 und G 9 am Gymnasium. Ich kann Ih nen sagen, es bindet sehr viel Kraft, zu verhindern, dass da bei eine Zweiklassengesellschaft entsteht. Sie müssen sowohl bei den Eltern als auch bei den Schülern sehr viel tun. Dieses Problem sehe ich durchaus als gravierend an.
Das, was Sie wollen, ist schon längst verwirklicht. Wir haben ein G-9-Angebot über die Werkrealschule, die Realschule und die Gymnasialklasse 10 in das berufliche Gymnasium mit sei nen verschiedensten Ausprägungen. Das ist gerade für Spät entwickler und Lernschwächere geeignet. Die können näm lich – das ist das Positive daran –, wenn sie an das berufliche Gymnasium kommen, in einem oder in mehreren Fächern neu anfangen. Das heißt, sie bekommen neue Grundlagen vermit telt. Da sind sie dann meist schon in einem Alter, in dem sie wieder etwas besser lernen können, haben damit neue Pers pektiven und vor allem eine neue Motivation, weil es gleich mäßig aufwärts geht.
Ab dem nächsten Schuljahr werden wir 100 zusätzliche Klas sen an den beruflichen Gymnasien einrichten. Die Leistungen der beruflichen Gymnasien wurden jüngst in der Frankfurter Allgemeinen Zeitung attestiert. Da heißt es nämlich anläss lich der Vorstellung der Expertise der Autoren Professor Traut wein und Professor Maaz – ich zitiere –:
Werden die beruflichen Gymnasien einbezogen, ist fast je der zweite Schüler aus Baden-Württemberg berechtigt, ein Studium an einer Universität oder Fachhochschule aufzunehmen.
Das heißt, das ist ein hervorragender Weg zur Hochschulrei fe. Weiter heißt es:
Werden die beruflichen Gymnasien, von denen 30 % der dortigen Abiturienten kommen, einbezogen, rückt das Land auf den vierten Rang auf. Die Quote der Studienbe rechtigten mit Hochschul- und Fachhochschulreife liegt dann bei 48 % und damit höher als im deutschen Mittel mit 44 %.
Ich glaube, das sagt eine ganze Menge.
In Ihrem Antrag steht unter Kosten: Keine. Da kann ich nur lachen.
Sie wissen ganz genau, dass ein zusätzliches Schuljahr Kos ten verursacht, nämlich zumindest Lehrerkosten.
Sie werden jetzt sagen: Die Lehrer sind da. Natürlich sind sie da, aber sie sind im Moment für Unterstützungsmaßnahmen, für Klassenverkleinerungen usw. eingeplant. Das heißt, es müssten in jedem Fall neue Lehrer eingestellt werden.
Dann kann man nur sagen: Ich weiß nicht, wie es mit den Kos ten aussieht.
In Nordrhein-Westfalen haben wir das sogenannte Erfolgsmo dell G 8/G 9. Die Anmeldefrist endet am 23. Dezember. Man erhält noch keine direkte Auskunft, wie viele Anträge dort vor liegen. Man munkelt, es seien zwei Anträge. Lassen wir uns überraschen, und warten wir das ab.
Sie sagen, wir nähmen die Elternbeschwerden nicht ernst. Da zu wird die Frau Ministerin nachher einiges sagen. Im Übri gen, meine Damen und Herren: Im Mittel gibt es im G 8 33,5 Unterrichtsstunden. Das sind 25 Zeitstunden. Selbst wenn wir von 33,5 Stunden ausgehen: Wenn wir den unterrichtsfreien Samstag wieder zum Schulsamstag machen würden, hätten wir kein Problem mehr mit dem Nachmittagsunterricht.
Das würde allen Beteiligten guttun.
Ich danke Ihnen.
Herr Präsident, meine Da men und Herren! Die Erziehung wird der Schule immer schwerer gemacht. Das wissen wir, seit wir an der Schule wie der erziehen dürfen. Wir wissen auch, dass Erziehung ohne Eltern nicht funktionieren kann. Das heißt, die Schule ist ge fordert, im Konsens mit den Eltern ihrem Erziehungsauftrag nachzukommen. Das ist bei den divergierenden Meinungen und Vorstellungen, die in der Elternschaft herrschen, nicht leicht. Sie reichen vom Laisser-faire der Siebzigerjahre bis zu überaus autoritären Erziehungsstilen in manchen Migranten familien.
Dennoch: Die Schule muss sich mit den Eltern auseinander setzen, genauso wie sich umgekehrt die Eltern mit der Schu le und mit ihren Kindern, die diese Schule besuchen, ausein andersetzen müssen.
Ein deutliches Signal dafür, dass etwas nicht funktioniert, ist, wenn § 90 des Schulgesetzes angewandt wird, das heißt, wenn Erziehungs- und Ordnungsmaßnahmen zum Tragen kommen. Dieser § 90 war eigentlich nie ganz befriedigend, weil er im mer nur die Ultima Ratio sein kann. Deshalb ist es gut, dass
die Schulen längst Praktiken entwickelt haben, wie man die sen Paragrafen pädagogisch besser ausfüllen kann.
Diese geübte Praxis findet nun Eingang in das Gesetz. Das heißt, die Möglichkeit, anstatt der Erziehungs- und Ordnungs maßnahmen eine Wiedergutmachung des Schadens durch ge eignete Tätigkeiten oder durch einen – allerdings freiwilligen – sozialen Dienst zu veranlassen, ist nun hier verankert. Dies resultiert aus dem Wunsch der Expertenkommission der Lan desregierung zum Amoklauf in Winnenden.
Wir sind sehr damit einverstanden, dass dies im Gesetz ver ankert wird, weil auf der einen Seite die Schulen Rechtssi cherheit erhalten und auf der anderen Seite – das halte ich für wesentlicher – die erzieherische Dimension des § 90 deutli cher in den Vordergrund gerückt wird.
Ein weiterer wichtiger Punkt ist, dass ein neuer Tatbestand beim Schulausschluss, also beim völligen Ausschluss aus der Schule, in das Gesetz aufgenommen wird. Der Opferschutz erhält Vorrang bei unzumutbaren Beeinträchtigungen durch Mitschüler. Das ist leider Gottes dringend notwendig gewor den.
Es gibt hierfür eine Reihe von Beispielen. Nehmen Sie das Mobbing an Schulen, das manche Schüler unter erheblichen Druck setzt.
Aber häufig muss der gemobbte Schüler gehen und nicht der Täter. Das kann nicht gut sein.
Hier kann dieser Paragraf nun greifen.
Ein weiteres Beispiel: Ein Lehrer erhält eine Mordandrohung durch einen Schüler im Internet. Der Schulleiter schließt den Schüler aus. Daraufhin klagt die Mutter und bekommt recht. Die Schule muss diesen Schüler wieder aufnehmen. Die Be gründung lautet, die betreffende Gruppe von Schülern habe nur spaßeshalber die Szene mit der Mordandrohung gespielt, und das habe gar nicht der Schüler selbst ins Netz gestellt, sondern ein Freund. Meine Damen und Herren, Gerichtsur teile können gelegentlich fassungslos machen. Dieses gehört dazu.
Ein weiteres Urteil, das in diesem Zusammenhang zu nennen ist, ist das Urteil zu „spickmich.de“. In diesem Internetforum können Schüler anhand einer Notenskala und verbaler Äuße rungen Lehrer beurteilen. Sie können aber selbst anonym blei ben und müssen ihre Namen nicht ins Netz stellen.
Ich frage mich, was manche Richter da antreibt. Es geht hier weniger um die juristische Dimension. Es geht darum, dass die pädagogische Dimension hier völlig verloren geht. Wie soll ein Schüler lernen, dass er etwas ganz Unglaubliches ge tan hat? Wie soll er erfahren, dass er für seine Taten auch ge radestehen und die Konsequenzen ertragen muss? Wie soll ein solcher Schüler Zivilcourage lernen und im Leben bestehen können, wenn die Konsequenzen aus dem unrechten Verhal ten sorgfältigst beiseitegeräumt werden und der Schüler sich mit höchstrichterlicher Genehmigung verstecken darf?
Meine Damen und Herren, dass die Autorität der Schule in je dem dieser Fälle untergraben wird, ist offensichtlich, scheint aber keine Rolle zu spielen. Deshalb sind für uns diese Ände rungen im Gesetz wichtig. Die CDU-Fraktion wird zustim men. Ich hoffe, Sie können sich dem anschließen.
Vielen Dank.
Herr Präsident, meine Da men und Herren! Herr Kollege Zeller, Sie erinnern sich: Mit te der Neunzigerjahre haben wir § 90 des Schulgesetzes zum ersten Mal geändert. Ich habe mir damals die allergrößte Mü he gegeben, die Gremienbeteiligung so weit wie möglich he rauszunehmen. Sie war vorher so stark, dass der Schüler, bis er die Strafe endlich erlebte, gar nicht mehr wusste, wofür er bestraft wurde, weil so viel Zeit vergehen konnte.
Sie wollten damals zustimmen, aber Ihre Fraktion hat das lei der kassiert
und hat gesagt: Nein, da stimmen wir nicht zu.
Das ist jetzt aber egal. Der AK III Ihrer Fraktion war sich je denfalls einig. Insofern zeigt sich, dass es sinnvoll war.
Nein, nein. Das weiß ich noch ganz genau.
Zum Thema „Die Gremien sollen draußen bleiben“, Herr Zel ler. Im Übrigen bleibt alles so, wie es im Schulgesetz ist. Da
rin sind Beteiligungen vorgeschrieben. Darin ist geregelt, in welchen Fällen mit dem Klassenlehrer, in welchen Fällen mit der Klassenkonferenz und in welchen Fällen mit der Schul gemeinschaft zu sprechen ist. Das ist im Gesetz noch enthal ten. Wir wollen nicht alles herausnehmen.
Kein Schulleiter wird doch so blöd sein, eine solche Maßnah me zu verhängen, ohne vorher mit dem Klassenlehrer gespro chen zu haben. Bitte trauen Sie den Schulleitern auch etwas zu.
Das gestufte Vorgehen, Herr Kollege Lehmann, bleibt auch bestehen. Es fängt nicht gleich beim völligen Ausschluss an und geht dann zurück zum Nachsitzen,
sondern das bleibt, wie es war. Da gibt es überhaupt keine Än derung.
Das hängt von der Schwere des Vergehens ab. Man kann auch bei der nächsten Stufe einsetzen. Aber bei bestimmten Fällen braucht man die Voraussetzungen. Man kann den Schü ler nicht unmittelbar hinauswerfen, falls er nicht etwas ganz Schlimmes getan hat, wie etwa diese Mordandrohung.
Auch die Zielvereinbarungen bleiben erhalten. Wir legen gro ßen Wert darauf, dass dabei auch die Eltern einbezogen wer den. Das wird man nicht in jedem Fall durchsetzen können, weil manche Eltern nicht erscheinen. Aber wenn es erst ein mal im Gesetz steht, hat der Schulleiter eine bessere Handha be.
Schließlich zum Kontakt zwischen Jugendamt und Schule: Es ist klar, dass das in der Regel mit einem Gespräch zu verse hen ist, weil die Schule den Schüler natürlich nicht einfach aufgeben, ihn hinausschicken und sagen kann: „Sieh zu, wie du weiterkommst.“ Insofern haben Sie völlig recht.
Herr Präsident, meine Da men und Herren! Die Opposition lebt von den zwei Schlag worten: gemeinsames längeres Lernen und individuelle För derung. Es gibt aber kein Argument für oder gegen diese Art des Lernens, das nicht schon genannt worden wäre. Es gibt keine Studie, die jemals wissenschaftlich belastbar erwiesen hätte, dass durch diese Lernform bessere Ergebnisse erzielt werden.
Die Debatte ist nicht von uns beantragt worden.
Entschuldigung; sie ist von der FDP/DVP beantragt wor den.
Meine Damen und Herren, das Gegenteil ist der Fall. Wir ha ben eine Studie von Professor Fend aus Zürich. Er beweist in einer Langzeitstudie, dass bessere Ergebnisse auch in der Ge samtschule nicht nachgewiesen werden können. Vor allem gibt es keine Reaktion, die frappierender gewesen wäre als jene von Herrn Schmiedel auf das Hamburger Ergebnis.
Sie haben gesagt: „Hamburg hat uns voll in unserer Linie be stätigt.“
Das ist ein Bluff, mit dem Sie wohl den geordneten Rückzug antreten wollen. Vorher haben Sie sich noch Nachhilfe aus Nordrhein-Westfalen geholt. Die Genossen haben Ihnen das vorgemacht.
Meine Damen und Herren, der Weg der Schulreform, den Grün und Rot gehen, ist ein Holzweg. Hamburg war die Ant wort auf diesen Holzweg.
Mich ärgert an dieser Debatte immer wieder, dass Sie sich auf Strukturen und auf Ihre beiden Schlagworte beschränken. Der Wert der Bildung findet bei Ihnen keinen Raum. Darüber re den Sie nicht; darüber wird kein Wort gesprochen. Wie Bil dung erworben wird, erscheint mir bei Ihnen wie eine Ware, die über den Tresen gehandelt werden kann, wobei der Tre sen für die Schulstruktur steht.
Auch zu den Voraussetzungen, die für Bildung notwendig sind, haben Sie nur Ihre beiden Schlagwörter zur Verfügung. Ich glaube, wenige von Ihnen kennen die Psyche von Schü lern, die in einer Klasse sitzen, in der sie ganz am Ende der Leistungsskala sind.
Was diese Schüler mitmachen, ist schlichtweg eine Katastro phe.
Ich selbst verfüge über 35 Jahre Schulerfahrung und habe er lebt, dass diese Kinder aufblühen, wenn sie in die Realschu le oder gar in die Hauptschule kommen, weil sie dann endlich ihrer Leistungsfähigkeit gemäß arbeiten können.
Dann möchte ich gern wissen, was Sie eigentlich unter „indi vidueller Förderung“ verstehen. Das haben Sie noch nie defi niert. Dazu haben Sie noch nie irgendetwas gesagt. Ich weiß nicht, ob das bedeuten soll, dass jedes Kind seinen Lehrer ne ben sich hat. Oder wie stellen Sie sich das vor?
Nein, meine Damen und Herren,
die Reduzierung auf diese Schlagworte ist ein bisschen zu ein fach. Eigentlich möchte ich wissen, worum es Ihnen wirklich geht.
Frau Kollegin Dr. Arnold hat eben schon ein Problem ange sprochen, mit dem Sie es tatsächlich zu tun haben. Ich glau be, Ihnen ist die Leistungselite nach wie vor ein Dorn im Au ge.
Wie sonst wäre es insgesamt erklärbar, dass Sie internationa le Plätze und nationale Spitzenplätze, die Baden-Württemberg und Bayern erreichen, immer wieder herunterspielen
und eigentlich totschweigen? Leider machen die Medien häu fig mit.
Ja, ja. Moment. Sie zitieren sehr wohl die gesamtdeutschen Ergebnisse, aber höchst selten die baden-württembergischen und die bayerischen.
Im Übrigen darf ich einmal aus der „Zeit“ vom 12. Mai zitie ren. Die „Zeit“ beruft sich hier auf die PISA-Studie 2000. Sie steht nicht gerade unter Verdacht, besonders CDU-liebend zu sein. Sie schreibt:
Bayern und Baden-Württemberg lagen mit den Leistun gen ihrer Schüler nicht nur klar vor Hessen und Nord rhein-Westfalen, den Experimentierfeldern der SPDSchulpolitik. Die Union hatte die SPD auch in deren Lieb lingsdisziplin geschlagen – in der Gerechtigkeit. Im uni onsdominierten Süden kamen die Arbeiter- und Einwandererkinder zu besseren Ergebnissen als in den Stammlanden der Sozialdemokratie.
Meine Damen und Herren, warum fangen Sie bei Schülern erst im Alter von zehn oder elf Jahren an, misslungene Bil dungsbiografien reparieren zu wollen? Das ist zu spät. Mitt lerweile wissen wir es.
Der alte Spruch „Was Hänschen nicht lernt, lernt Hans nim mermehr“ hat noch immer seine Gültigkeit und wurde zum Teil sogar schon wissenschaftlich untermauert.
Sie haben Ihre Idee von der Gesamtschule mittlerweile auf das Prinzip „Jede Kommune darf machen, was sie will, wie sie will, wann sie will“ reduziert.
Das dadurch entstehende Chaos möchte ich nicht erleben.
Im Übrigen weiß ich nicht, ob Sie wissen, dass in der ersten PISA-Studie die Ergebnisse der Gesamtschulen herausgerech net worden sind. Die betreffenden Ergebnisse sind nicht ver öffentlicht worden, weil sie so schlecht waren, dass man sie nicht vorzeigen konnte.
Den Grünen empfehle ich, sich einmal im Saarland umzu schauen. Dort gibt es die ersten Rückzugserscheinungen. Die Herren heißen Kessler und Ulrich. Sie haben anklingen las sen, dass sie mit einer vierjährigen Grundschulzeit durchaus leben können.
Den Grünen.
Meine Damen und Herren, ohne Zweifel ist eine Verbesse rung der Situation von Kindern aus bildungsferneren Schich ten notwendig. Das ist sicher richtig. Aber wir sind da bereits auf einem guten Weg. Heute Morgen hat der Ministerpräsi dent schon Erfolge aufgezeigt, die hier in Baden-Württem berg erzielt worden sind.
Es geht nicht um die Struktur. Es geht um den Unterricht – darauf hat auch Frau Dr. Arnold schon hingewiesen – und um die Qualität der Lehrer. Vor allem geht es auch um die Kin derzeit und um die Vorschulzeit, die für diese Kinder beson ders wichtig ist. Deshalb sehen wir es als vordringlich an, den vorschulischen Bereich zu stärken. Mit dem Orientierungs plan haben wir das schon eingeleitet.
Wir haben die Neuordnung des Studiengangs für angehende Grundschullehrer beschlossen. Wir als CDU-Fraktion sind froh, dass die Projekte, die zur Schulreife des Kindes beitra gen sollten, jetzt gebündelt und in eine Konzeption gebracht werden.
Das wesentlichste Element dabei dürften wohl die Bildungs häuser für die Drei- bis Zehnjährigen sein, denn diese Einrich tungen leisten genau das, was wir brauchen.
Das längere gemeinsame Lernen, ja.
Aber unten angefangen, nicht oben.
Bis die Drei- bis Fünfjährigen in die Schule kommen, sind sie ja nicht in einer Vorschule in diesem Sinn, sondern es bleibt ein Kindergarten.
Natürlich lernen sie. Sie lernen vom ersten Tag ihres Lebens an, unabhängig davon, ob sie in der Schule sind oder nicht.
Ja, bitte schön.
Herr Kollege, das, was Sie da vorführen, ist jetzt ein bisschen witzig. Wir haben mit den Bildungshäusern angefangen, um sie auszuprobieren. Das war ein Versuch, um zu sehen, ob sie etwas bringen. Die Versuche haben gezeigt: Sie bringen sehr viel. Daher erweitern wir jetzt die Zahl der Bildungshäuser um 70 zusätzliche.
Dann sind wir bei 103, wenn Sie genau zählen. Das ist noch immer nicht genug. Aber Sie wissen auch, dass dafür Ressour cen notwendig sind, die man nicht von heute auf morgen schaffen kann.
Entscheidend ist, dass in den Bildungshäusern die Grundla gen für eine gesunde schulische Entwicklung der Kinder, ge rade auch für Problemkinder, gelegt werden. Deshalb wird dieses Projekt so interessant für uns.
Übrigens hat die TIMSS-Übergangsstudie etwas gezeigt. Die Herren Maaz und Nagy sagen darin: Drei Viertel des Effekts der sozialen Herkunft, der beim Übergang sichtbar wird, ent stehen bereits vor und – jetzt hören Sie genau zu – während der Grundschulzeit. Das sollte Ihnen eigentlich zu denken ge ben.
Abschließend habe ich noch eine Bitte: Hören Sie damit auf, unser Schulsystem systematisch und pauschal zu verdammen.
Sie produzieren täglich Negativschlagzeilen, und die Gazet ten nehmen das gern auf.
Nein, die produzieren wir nicht. – Sie verunsichern damit Eltern und Schüler.
Sie brüskieren Lehrer und Schulleiter, und Sie fördern die ne gative Einstellung derjenigen, die keine besondere Nähe zur Schulbildung haben. Meine Damen und Herren, so kann Schu le auf Dauer nicht gelingen.
Wie gut und robust aber unser System hier in Baden-Würt temberg ist, hat sich jüngst aus einer Umfrage der Allianz und der Universität Hohenheim gezeigt.
Überschrift in der „Stuttgarter Zeitung“ vom 15. Juli, zur Lek türe empfohlen: „Die Schüler hierzulande“ – gemeint ist Ba den-Württemberg – „sind besonders optimistisch“.
Nehmen Sie sich daran ein Beispiel.
Wenn ich mich so umschaue, darf ich Ihnen einen Gedanken für Ihre nächtlichen Stunden mitgeben.
Auch unsere Generationen sind offensichtlich etwas gewor den – ganz ohne individuelle Förderung.
Ich bedanke mich.
Herr Präsident, meine Damen und Herren! Die Organisation eines Schulbetriebs ist etwas ganz Eigenes. Das Schuljahr folgt eigenen Regeln, und diese gestalten sich einfach anders als in anderen Institutionen. Nur in Bezug auf die Ferien gleicht das Parlament der Schule.
Die Veränderungen geschehen in der Regel in der letzten Ferienwoche, Herr Kaufmann, und das ist auch immer die Zeit, in der die Schulleiter am meisten beansprucht sind und die größten Sorgen haben. Denn der Bedarf an Lehrern kann sich erheblich ändern, und zwar zum einen durch die Schülerzahlen, die auch die Zahl der Klassen beeinflussen können, und zum anderen etwa dadurch, dass sich Vertretungen als notwendig erweisen.
Der Bedarf an Lehrern ändert sich in dieser Zeit zum Teil also noch erheblich. Die Schulleiter sind daher sehr dankbar für Lehrer, die zwar nur befristet eingestellt werden können, aber doch wenigstens erst einmal da sind. Damit wird natürlich etwas getan, was auch der Schule an sich zugutekommt. Denn sie können diese Lehrkräfte – die in der Regel keine Spitzenlehrkräfte sind – am Ende des Schuljahrs auch wieder von ihren Aufgaben entbinden. Bei einer festen Anstellung wäre das nicht möglich, und die Schulgemeinschaft müsste dann unter Umständen weiter mit diesen Kollegen leben. Das ist nicht immer vergnüglich, und es ist vor allem auch nicht im Sinne der Schüler.
Auch hätten Neubewerber keine Chance mehr, diesen Platz zu ergattern, denn er wäre besetzt. Das ist im Sinne einer notwendigen strengen Lehrerauswahl an den Schulen nicht sinnvoll.
Die befristet eingestellten Kollegen wissen im Übrigen, was sie tun, wenn sie den Vertrag unterschreiben. Das muss man auch dazusagen.
Anders stellt es sich bei den Referendaren dar. Hier muss man leider sagen, dass auch die Wirtschaft solche Probleme kennt.
Es ist zwar nicht die Regel, aber es kommt auch dort immer wieder vor, dass ihre Betriebe Absolventen nach den Prüfungen, die in der Regel Mitte Februar stattfinden, in die Arbeitslosigkeit schicken müssen, wenn sie erst im April oder Mai einen Bedarf an diesen jungen Menschen haben. Das heißt, auch dort wird so verfahren. Wenn der Bedarf eintritt, dann wird dieser Arbeitnehmer eingestellt.
Genauso ist es beim Staat. Wenn der Vorbereitungsdienst beendet ist, wenn die Ausbildung abgeschlossen ist, beginnt ein neuer Abschnitt, der dann auch durch die tatsächliche Arbeitsaufnahme markiert ist. Im Übrigen hat die Rechtsprechung diese Praxis eindeutig bestätigt.
In der Landeshaushaltsordnung finden wir Maßgaben, die dies noch unterstützen, nämlich insbesondere die Grundsätze der Wirtschaftlichkeit und der Sparsamkeit.
Man muss natürlich auch – insofern kommt Ihr Antrag ein bisschen ungelegen – die finanzielle Situation des Landes betrachten, die gerade sehr ungünstig ist.
Meine Damen und Herren, das alles ist nicht schön. Ich finde es auch nicht gut. Anders wäre es ganz sicher besser. Aber wir müssen auch sagen, dass andere Bundesländer genauso verfahren. Wenn dann Referendare bzw. Absolventen des Referendariats aus Baden-Württemberg „auswandern“ – wie Sie sagen –, in ein anderes Bundesland gehen, dann hat das häufig auch andere Gründe und nicht nur den Grund, dass sie bei uns über die Sommerferien finanziell nicht abgesichert sind.
Hier ist für uns etwas unglücklich, dass unsere Ferien sehr spät liegen.
Wenn andere nach den Sommerferien wieder anfangen, beginnen bei uns erst die Ferien. Insbesondere im Hinblick auf Hessen ist das der Fall, wenn in der Rotation die Sommerferien dort früh beginnen.
Dass es in anderen Bundesländern auch so geht, ist kein Vorbild, aber vielleicht ein Trost.
Ich wäre dankbar, wenn Sie für Ihre recht teuren Vorschläge mit den Anträgen auch gleich einen Deckungsvorschlag mitliefern würden. Aber der müsste dann den gesamten Haushalt berücksichtigen. Es reicht nicht, irgendwo „hineinzupicken“ und zu sagen, von da könnte man es nehmen.
Ich hoffe aber, dass wieder bessere Zeiten kommen, und dann muss man dieses Problem sicherlich noch einmal angehen.
Herr Präsident, meine Damen und Herren! Aufgrund der Studie „Soziales Paradies oder Stasi-Staat?“ der FU Berlin wurde der Antrag „Erinnerung an DDR-Diktatur wachhalten“ gestellt.
Eine Regierung, die es nötig hat, ihre Bürger hinter Mauern und Stacheldraht einzusperren, damit sie ihr nicht vollends davonlaufen, dürfte wohl weit von einem sozialen Paradies entfernt sein. Dass es sich bei der DDR um eine Diktatur handelte, deren Zahl der Menschenrechtsverletzungen Legion war, wird niemand, der sich bei gesundem Menschenverstand mit der DDR beschäftigt hat, bezweifeln. Dass es jedoch Menschen gibt, welche die bösartigen und inhumanen Seiten dieses Regimes beschönigen und verdrängen, kann nicht mehr damit erklärt werden, dass der Mensch geneigt ist, das Ungute eher zu vergessen als das Angenehme, das ihm in seinem Leben widerfährt. Nein, das setzt ein bestimmtes ideologisches Interesse voraus.
Deshalb gilt es, unseren Schülern deutlich zu machen, dass diese DDR-Diktatur, das SED-Regime, eine deutsche Diktatur war, die gerade erst 20 Jahre her ist. Es gilt auch, deutlich zu machen, was an Menschenrechtsverletzungen geschah, was an Schrecken und Grauen in solchen Systemen verbreitet wird, wie gefährdet der Einzelne darin ist, insbesondere dann, wenn er aufbegehrt oder auch nur sein Recht zugesprochen bekommen will, wie sehr er entwürdigt wird, wenn er sich der vorgegebenen politischen Meinung zu beugen hat, ohne eine andere Ansicht äußern, geschweige denn diskutieren zu dürfen.
Deshalb gilt es, die Entstehung dieser Diktatur im Jahr 1946 aufzuzeigen. Es gilt, das Unmenschliche, das Inhumane des SED-Regimes offenzulegen und unseren Jugendlichen vor Augen zu führen, wie sorgsam mit demokratischen Errungenschaften umzugehen ist, um jenen Kräften keinen Raum zu geben.
Um begreifen zu können, wie es zu dieser Diktatur kam, und um das daraus Folgende, nämlich die Alleinherrschaft der SED, beurteilen zu können, muss man allerdings wissen, was überhaupt damals, im Jahr 1946, geschehen ist. Das heißt, die Fakten müssen bekannt sein. Erst dann kann eine Bewertung erfolgen.
Deshalb, meine Damen und Herren, stimmen wir der ersten Ziffer des vorliegenden Änderungsantrags nicht zu. Die Rolle der Nationalen Front, der Blockparteien, die ja allgemeiner Bestandteil des Systems waren, muss natürlich ebenfalls im Unterricht behandelt werden. Das ist ganz unzweifelhaft.
Dies wird in Abschnitt II und III unseres Antrags durchaus abgedeckt.
Es wundert mich nicht, dass das Ergebnis der Studie „Soziales Paradies oder Stasi-Staat?“ so miserabel ausgefallen ist, ist doch das Lernen von Fakten seit Jahrzehnten an unseren Schulen in Misskredit, indem es aus der linken Ecke als überflüssiges, stupides Büffeln diskreditiert wird.
Beurteilen sowie kreatives Entwerfen einer humanen Zukunft kann nur auf der Basis von Wissen geschehen, will es nicht in Utopie ausarten.
Ja, meine Damen und Herren, dann erinnern Sie sich bitte einmal daran, was in den Achtzigerjahren und den späten Siebzigerjahren in den Schulen los war, wenn der Lehrer den Schülern nur ein Gedicht aufgeben wollte.
Diese Dinge haben leider Gottes eine sehr lange, nachhaltige Wirkung.
Auch deshalb müssen wir unserer Schuljugend dieses Wissen vermitteln, damit sie, die ja erst nach dem Fall der Mauer geboren sind, die ja selbst keine Vergleichsmöglichkeiten haben, weil sie Gott sei Dank keine dieser bösen Zeiten unserer Geschichte erlebt haben, begreifen, dass es sich lohnt, sich für den Erhalt der demokratischen Ordnung und der sozialen Marktwirtschaft einzusetzen. Auch wenn dadurch kein idealer Zustand des menschlichen Daseins erreicht wird, so doch zumindest einer, der sehr viel Elend verhindern kann.
Es gilt insbesondere Zeitzeugen einzuladen, weil sie authentisch über das berichten, was passiert ist, und weil sie die Schüler in emotionaler Weise ansprechen.
Ich wünsche mir, dass der 3. Oktober in unserem Land wieder mehr Gewicht erhält und nicht lediglich als Feiertag wahrgenommen wird.
Die Anstrengungen der Landesregierung sind so, wie sie in der Drucksache dokumentiert sind, richtig und begrüßenswert. Die gute Arbeit der Landeszentrale für politische Bildung ist bekannt und wird sich auch hier wieder bestätigen. Wir vertrauen auf unsere Lehrerinnen und Lehrer. Geben wir ihnen so viel Freiraum wie möglich und auch die nötige Hilfestellung, um den Schülern dieses Stück deutscher Geschichte nahezubringen. Interessant ist zu erfahren, wie weit die Vorbereitungen seitens der Landeszentrale gediehen sind.
Ich möchte einen weiteren Punkt ansprechen. Ich finde es schade, dass die Medien nicht über den 51. Schülerwettbewerb des Landtags berichtet haben, der zum Titel hatte: „20 Jahre Mauerfall – Gibt es die Mauer in den Köpfen noch?“
Lassen Sie mich mit den Worten des bekannten Trompeters Ludwig Güttler aus Dresden schließen:
Aber schon der Name unseres Landes Deutsche Demokratische Republik war eine Lüge. Sie war nicht deutsch, sondern der sowjetisch besetzte Teil von Deutschland. Sie war auch keine demokratische Republik, sondern eine Diktatur. Eine Diktatur des Proletariats. Der Vernichtungswille des Andersgläubigen, des Andersdenkenden, des Anders-sich-Gebenden war doch evident.
Herr Präsident, meine Damen und Herren! Verehrte Frau Kollegin Rastätter, Sie haben einen Antrag mit zwei Seiten Begründung vorgelegt. Ich glaube, das ist ein Rekord. Eine so lange Begründung hatten wir noch nie.
Zu der Finanzierungsvorstellung, die Sie in dem Antrag zum Ausdruck bringen, komme ich gleich noch. Sie haben einen zweiten Antrag vorgelegt,
der das alles beiseite lässt und dadurch auch sehr vage wird. Man weiß eigentlich nicht mehr so recht, wie das Ganze vor sich gehen soll.
Nicht alles, was wünschenswert ist, ist unbedingt machbar und schon gar nicht unbedingt finanzierbar. Alle Projekte, die Sie angeführt haben, sind fremdfinanziert und nicht über das Land finanziert.
Was Sie über Nordrhein-Westfalen erzählt haben, hat Frau Dr. Arnold eben schon richtiggestellt. Im Zweifel nimmt Nord rhein-Westfalen dafür Mittel, die wir in den Länderfinanzausgleich eingebracht haben.
Die Finanzierung, die Sie vorschlagen, ist nicht seriös. Der Vorschlag stimmt misstrauisch, wenn Sie sagen: Sponsoren müssen einbezogen werden. Haben Sie sich überlegt, was in einer Krise passiert, wie wir sie gerade durchleben? Die Sponsoren stellen ihre Gelder reihenweise ein und stellen sie nicht mehr zur Verfügung. Das ganze System würde zusammenbrechen.
Die Tandemlösung in der Grundschule ist schlichtweg nicht finanzierbar. Sie müssen statt einem Lehrer zwei bezahlen. Auch das ist nicht besonders zuträglich.
Zur Effektivität: Musik und Musizieren sind kein Allheilmittel für unsere Gesellschaft. Die Welt wird nicht unbedingt besser, wenn alle Kinder ein Musikinstrument lernen.
Mit den zwei Jahren Unterricht im ersten und zweiten Schuljahr, die Sie in Ihrem ersten Antrag fordern, wird ganz sicher kein nachhaltiger Effekt erzielt. Wer einmal ein Instrument gespielt hat, der weiß, dass das tägliche Üben über Jahre hinweg notwendig ist, um einigermaßen Erfolge zu erzielen.
Zur Freiwilligkeit: Über die Erfahrungen, die andere Länder damit gemacht haben, wird in der Stellungnahme der Landesregierung zu Ihrem Antrag berichtet.
Ich möchte keine Missverständnisse provozieren. Die Professoren Bastian, Spitzer und Pfeiffer haben natürlich recht: Musik ist für die Entwicklung der jungen Menschen sehr förderlich im Hinblick auf Sozialverhalten, auf Aufmerksamkeit, auf Spracherwerb und anderes. Der Spracherwerb wird übrigens auch durch das Auswendiglernen sehr unterstützt. Das ist heute aber nicht mehr so sehr in.
Richtig ist, dass wir heutzutage mehr tun müssen, um Kinder und Jugendliche zum Singen und zum Musizieren zu bringen, weil die private Ausbildung in Musik nicht mehr selbstverständlich ist. Das war in den Fünfziger- und in den Sechzigerjahren anders. Daraus hatte sich u. a. die Hausmusik entwickelt, die es heute kaum noch gibt. Nur noch ganz selten findet man Familien, in denen Hausmusik betrieben wird.
Eine Zeit lang wurde das auch sehr abfällig als spießig betrachtet.
Wir müssen in Kindergärten und Schulen damit anfangen. Das ist völlig richtig; denn hier gilt: Was Hänschen nicht lernt, lernt Hans nimmermehr.
Wir sollten auch daran denken, dass im Musizieren und in der Musik Potenziale für die Integration von ausländischen Schülerinnen und Schülern liegen.
Richtig ist auch, dass wir seit den Zeiten, als Gerhard MayerVorfelder Kultusminister war, viel für die Musik in den Schulen getan haben. Einen eindrucksvollen Überblick darüber gewinnen wir in der vorliegenden Stellungnahme der Landesregierung. Daran müssen wir weiterarbeiten.
In allererster Linie sollte das gelten, was immer gegolten hat, nämlich: Musizieren in Form von Singen ist bei Kindern zunächst einmal das Allerbeste. Dazu müssen wir Singanlässe schaffen, nicht nur in der Schule, sondern auch außerhalb der Schule. Auch in diesem Fall gilt: Die Lieder sollten auswendig gelernt werden, damit sie auch außerhalb der Schule und ohne Gesangbuch gesungen werden können.
Ich kenne es nicht.
Wir sollten – das habe ich schon öfter vorgeschlagen – Wettbewerbe für Grundschüler veranstalten, z. B. für Volkslieder. Wenn Menschen Volkslieder nicht im Kindesalter lernen, dann lernen sie sie nie mehr. Deshalb ist dies die geeignete Zeit. Das möchte ich dem Ministerium noch einmal ans Herz legen. Ich glaube, das wäre eine gute Sache.
Der in der Stellungnahme zum Antrag Drucksache 14/2711 enthaltene Appell des Ministeriums, „dass das a k t i v e Singen und Musizieren in nahezu allen Grundschulfächern... praktiziert werden soll“, reicht nicht aus. Diesem Appell muss mehr Nachdruck verliehen werden. Man kann nicht gerade sagen, dass die Grundschulseminare und die Pädagogischen Hochschulen von einem hingebungsvollen Einsatz gekennzeichnet wären, was diese Aufgabe betrifft. Das haben sie wohl eher unter den Tisch fallen lassen. Deshalb sollte darauf gedrungen werden, dass das auch tatsächlich geschieht und in der Ausbildung eingebracht wird.
Zum Musizieren: Die Kooperation der Musikschulen und der allgemeinbildenden Schulen muss unterstützt werden. Wir müssen Möglichkeiten finden, um die Musikschulen in die Betreuungszeiten und in den Ganztagsbetrieb der Schulen einzubinden. Auch hierfür müssen wir die Finanzierung sichern. Das muss aber solide geschehen.
Ich glaube, unsere Grundschulen geben Kindern sehr viele Anregungen, ein Instrument zu lernen. Altersgerechte Instrumente werden auch dort eingeführt. Somit haben die Schüler einen Anhaltspunkt, um mit dem Erlernen eines Instruments zu beginnen. Dies müssen sie aber privat weiterführen, weil es in der Tat keine Aufgabe der Schule ist.
Meine Damen und Herren, es gilt, diese Kooperation mit den Musikschulen zu unterstützen. Das wollen wir in Zukunft noch verstärken. Wir sind schon dabei und haben in dieser Hinsicht schon viel geleistet und werden noch weiter daran arbeiten.
Herr Präsident, meine Damen und Herren! Die Große Anfrage der CDU-Fraktion zum Brauchtum und zur Heimatpflege in Baden-Württemberg hat eine Antwort aus dem Ministerium erhalten, die eine ungeheure Fleißarbeit ist. Ich danke dem Ministerium sehr herzlich für das, was hier akribisch aufgeführt ist. Auf 35 Seiten bietet sich ein hervorragender Überblick darüber, was sich bei uns im Bereich „Brauchtum und Heimatpflege“ tut. Dargestellt werden Vereine, Verbände, Theater, Museen, Kulturdenkmäler, archäologische Denkmäler, Zünfte, Garden, Bruderschaften – kurz: Wer immer sich in irgendeiner Weise mit dem Thema befasst, ist hier vertreten.
Die Zuordnung ist nicht immer ganz einfach. Leider haben die Heimatvertriebenenverbände keinen Eingang in die Antwort gefunden. Das ist allerdings mit der Themenstellung zu rechtfertigen, die sich auf Heimatpflege und Brauchtum in Baden-Württemberg bezog. Heimatvertriebene befassen sich ja mit der Kultur ihres Herkunftslandes.
Stattdessen finden wir hier aber den Cannstatter Wasen
und so manches Faschingsfest. Dabei frage ich mich allerdings, ob dies wirklich dem Brauchtum dient oder ob man dort nicht eher dem Alkoholkonsum frönt.
So manche Sängergruppen und auch Jugendchöre, z. B. Gospelgruppen, sind durchaus traditionsgebundene Vereine, die auch die Tradition pflegen. Sie haben aber keinen heimischen Bezug und gehören insofern auch nicht dazu.
Meine Damen und Herren, diese Darstellung sagt allerdings auch sehr viel über die Bürger unseres Landes aus. Denn damit ist unzweifelhaft das Ehrenamt verbunden. Diese Menschen geben nicht nur den Vereinen Leben, sondern sie sind auch Anregung für die Bevölkerung, und sie leisten einen unermüdlichen Einsatz, einmal indem sie Träger dieser Vereine sind und diese aufrechterhalten, zum anderen aber auch, indem sie die Organisation von zumeist öffentlichen Veranstaltungen übernehmen. Bei Festen, bei Feiern, bei Vorführungen aller Art und bei Umzügen stellen sie sich selbst dar. Sie leis ten aber auch einen erheblichen Beitrag zur Bildung, indem sie Seminare, Vorträge, Workshops anbieten oder eben auch Veranstaltungen anderer Träger bereichern. In jedem Fall leis ten sie einen Beitrag zum Erhalt traditioneller, regionaler oder aber auch überregionaler kultureller Besonderheiten oder tragen gar dazu bei, diese wieder aufleben zu lassen.
Meine Damen und Herren, in Baden-Württemberg engagieren sich fast 1,5 Millionen Menschen in diesem Bereich. Sie leben Werte vor und setzen sich mit Vergangenheit und Tradition auseinander. Dafür gebührt ihnen ein ganz großes Dankeschön.
Das ist einen Applaus wert, würde ich sagen.