Stefan Mappus
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Herr Präsident, meine sehr verehrten Damen und Herren!
Die Integration der auf Dauer in unserem Land lebenden Ausländer ist ohne Zweifel eine der großen Zukunftsaufgaben von Politik und Gesellschaft.
Ich bin deshalb dem Ministerpräsidenten Günther Oettinger sehr dankbar dafür, dass er in der heutigen Regierungserklärung dieses Thema gewählt hat und damit zeigt, wie wichtig uns in der Landesregierung und im Landtag die Integrationspolitik ist.
Meine Damen und Herren, Integration ist der Eckpfeiler unserer Ausländerpolitik. Es muss uns gemeinsam gelingen, die Integration voranzubringen. Unter einem gemeinsamen Dach der Europäischen Union ist uns dies mit den Angehörigen unserer europäischen Nachbarn nach meiner Meinung gut gelungen. Jetzt geht es insbesondere darum, die Integration der Nicht-EU-Staatsangehörigen besser als bisher zu bewältigen.
Meine Damen und Herren, in Baden-Württemberg leben rund 1,2 Millionen Ausländer. Dies entspricht einem Ausländeranteil von 12 %. Der Bundesdurchschnitt liegt bei etwas über 8 %. Damit hat Baden-Württemberg unter den Flächenländern den höchsten Ausländeranteil. Dennoch kann unser Land eine sehr erfolgreiche Integrationspolitik vorweisen.
Kinder und Jugendliche mit Migrationshintergrund geraten leichter als andere Schüler in Gefahr, zu so genannten Risikogruppen mit geringeren Chancen auf dem Arbeitsmarkt zu gehören. Deshalb ist eine gute Bildung ein wesentlicher Integrationsbaustein. Bildungsnachteile lassen sich am besten in frühen Jahren ausgleichen.
In Baden-Württemberg werden deshalb schon im vorschulischen Bereich Integrationsangebote gemacht.
Mit Sprachkursen fördern wir Kindergartenkinder mit Migrationshintergrund,
damit sie bereits beim Start in der Schule die gleichen Bildungschancen haben wie Kinder deutscher Eltern.
Meine Damen und Herren, das Ergebnis der IGLU-Studie, der Internationalen Grundschul-Lese-Untersuchung, zeigt, dass wir auf dem richtigen Weg sind. Baden-Württemberg verzeichnet einen hohen Anteil an Kindern mit Migrationshintergrund. Während der Durchschnitt für die alten Bundesländer bei 22,2 % liegt, beträgt der Anteil für BadenWürttemberg 26,9 %. Dennoch sind die Leistungsunterschiede zwischen Kindern aus Familien mit und Familien ohne Migrationshintergrund in Baden-Württemberg deutlich geringer als in Nordrhein-Westfalen, Bremen oder Bayern, also Ländern, die ebenfalls einen hohen Migrantenanteil haben.
An den Berufsschulen des Landes können ausländische Jugendliche, die eine Ausbildung beginnen, ihre defizitären Deutschkenntnisse durch den Besuch von Stütz- und Ergänzungsunterricht verbessern.
Dass die guten Bildungschancen von Kindern und Jugendlichen in Baden-Württemberg mit den Chancen auf dem Arbeitsmarkt zusammenhängen, zeigt ein Blick in die Arbeitsmarktstatistik. Die Arbeitslosenquote bei Ausländern ist im Januar 2006 in Baden-Württemberg mit 17,1 % bundesweit am niedrigsten. Es folgen Bayern mit 20,3 % und Hessen mit 22,4 %. Bundesweit liegt die Arbeitslosenquote bei Ausländern bei 25,7 %. Auch bei der Jugendarbeitslosigkeit verzeichnet Baden-Württemberg mit 6,3 % im Januar 2006 die günstigste Quote der gesamten Bundesrepublik Deutschland – vor Bayern mit 8,7 % und dem Saarland mit 9,8 %. Der Bundesdurchschnitt liegt bei 11,8 %.
Meine Damen und Herren, auch bei den Ausgaben, beim Mitteleinsatz zeigt es sich, dass wir auf dem richtigen Weg sind. Der Gesamtaufwand des Landes für Integrationsmaßnahmen im Jahr 2004 beläuft sich auf 40 Millionen €. Das Land investiert jährlich 3,8 Millionen € in vor- und außerschulische Hausaufgaben-, Sprach- und Lernhilfen, von denen besonders Kinder mit Migrationshintergrund profitieren. Dazu kommen rund 33 Millionen € für Lehrerdeputate in den Schulen des Landes.
Außerdem tragen in Baden-Württemberg arbeitsmarktpolitische Projekte zur Integration bei. Im Jahr 2004 investierte das Land Baden-Württemberg mehr als 7 Millionen € in Integrationsmaßnahmen für bleibeberechtigte Ausländer und Spätaussiedler.
Meine Damen und Herren, zu einer effektiven Integrationspolitik in Baden-Württemberg tragen insbesondere die Kommunen, aber auch die Kirchen, Vereine, freien Träger, viele Ehrenamtliche und Migrantenorganisationen bei. Ihnen allen – das möchte ich ausdrücklich sagen – gilt bei dieser Gelegenheit unser besonders herzlicher Dank.
Aber mit der Prämisse „fördern und fordern“ ist auch die Verpflichtung verbunden, diese Angebote anzunehmen. Integration gelingt nur, meine Damen und Herren, wenn der Wille zur Integration vorliegt. In Baden-Württemberg treffen integrationswillige Ausländer nicht in Leere. Aber wir dürfen auch erwarten, dass das Angebot, sich in unserem Land zu integrieren, angenommen wird.
Wesentliche Voraussetzung für die Integration ist die Anerkennung unserer Rechts- und Werteordnung. So wichtig gegenseitiges Verständnis und Toleranz sind, so unerlässlich sind der Respekt und die Akzeptanz unserer Rechtsordnung und unserer Werte.
Meine Damen und Herren, man kann auf Dauer nicht in Deutschland leben wollen, ohne unser Wertesystem anzuerkennen. Darum geht es in dieser Sache.
Manchmal ist das, was man von Rot-Grün so hört, schon bemerkenswert; denn eigentlich müsste es doch in deren Interesse sein, dass zu diesem Themenbereich auch die Gleichberechtigung der Frau gehört. Wir können und dürfen es nicht akzeptieren, dass es muslimischen Mädchen untersagt wird, am Schwimmunterricht teilzunehmen oder ins Schullandheim zu gehen, wenn sie dies möchten.
Nehmen Sie ein anderes schönes Beispiel, das Ihnen vielleicht noch besser gefällt, nämlich das in Baden-Württemberg geplante Kopftuchverbot im Kindergarten,
das Sie übrigens generell ablehnen. Dabei geht es gerade darum, die Diskriminierung zu verhindern. Es geht im Gegenteil um Integration.
Ich glaube nicht, dass man uns vorwerfen kann, wir würden Muslime ausgrenzen. Im nächsten Schuljahr beginnen in Baden-Württemberg Modellversuche zum islamischen Religionsunterricht in deutscher Sprache. Das ist ein Zeichen dafür, dass wir die große Gruppe von Muslimen nicht ausgrenzen, sondern dass wir ihre Religion ernst nehmen und ihr einen hohen Stellenwert einräumen,
und zwar dort, wo der Islam tatsächlich als mit unseren Grundwerten vereinbare Religion und nicht als Ausdruck kultureller Abgrenzung oder fundamentalistischer Gesinnung in Erscheinung tritt.
Im Moment nicht.
Durch die Einführung von islamischem Religionsunterricht in deutscher Sprache wollen wir die fundamentalistische Beeinflussung durch so genannte Koranschulen einschränken.
Meine Damen und Herren, unser Leitgedanke heißt aber: konsequente Integration und Verhinderung von Parallelwelten, wie es der Ministerpräsident dargestellt hat.
Wir wollen gerade auch muslimische Mädchen, die kein Kopftuch tragen wollen, vor dem Einfluss fundamentalistischer Erzieherinnen in Schule und Kindergarten schützen. Das nimmt Druck von integrationswilligen Eltern, die ihre Kinder liberaler und westeuropäischer erziehen wollen.
Meine Damen und Herren, wer im Übrigen auch beim aktuellsten Thema „Deutschsprechgebot an Schulen“, das es an einer Berliner Schule gibt, von Ausländerfeindlichkeit spricht, muss sich gut überlegen, wie sein Verständnis von Integration ist.
Man kann Schulen vor Ort nur dazu ermuntern, in Zusammenarbeit mit Eltern, Lehrern und Schülern zu solchen Regelungen zu kommen. Es ist übrigens sehr interessant – das kann man nebenbei einmal einfließen lassen –, dass es gerade ein SPD-Politiker war, nämlich Wolfgang Thierse – wenn ich es richtig weiß, immer noch stellvertretender Bundesvorsitzender der SPD –, der solch eine Maßnahme als einer der Ersten begrüßt hat.
Meine Damen und Herren, wir wollen gerade nicht, dass sich Parallelgesellschaften entwickeln
und dass die Menschen in Deutschland, egal, ob jung oder alt, mit unterschiedlichen Sprachen nebeneinander und damit getrennt voneinander aufwachsen und leben.
Ministerpräsident Günther Oettinger hat im Zusammenhang mit der Einbürgerung den Gesprächsleitfaden angesprochen. Die CDU-Landtagsfraktion – um dies vorwegzunehmen, meine Damen und Herren – unterstützt und begrüßt den Leitfaden, um den es hier geht, voll und ganz.
Dass bei der Verleihung der deutschen Staatsangehörigkeit vom Antragsteller ein Bekenntnis zur freiheitlich-demokratischen Grundordnung und zu der Werteordnung des Grundgesetzes verlangt wird, ist wohl mehr als legitim. Wer sich für Integration einsetzt, muss auch der Forderung nach einem ernsthaften Bekenntnis zur Verfassung und zu unseren Grundwerten Rechnung tragen.
Meine Damen und Herren, in diesem Zusammenhang ist es schon erstaunlich, was die Spitzenkandidatin der Sozialdemokratischen Partei Deutschlands für die Landtagswahl hier in Baden-Württemberg von sich gibt. Sie sagt zum Leitfaden – ich zitiere –:
Wer die Verfassungstreue von Einbürgerungswilligen abfragt, muss sich selber fragen lassen, ob sein Handeln der Verfassung entspricht.
Meine Damen und Herren, diesen Satz muss man sich auf der Zunge zergehen lassen. Wer abfragt,
ob sich jemand verfassungskonform verhält, verhält sich demnach verfassungswidrig!
Meine Damen und Herren, wer das höchste Staatsamt in diesem Land anstrebt und sich so verhält, ist ein Sicherheitsrisiko für dieses Land. Darum geht es.
Meine Damen und Herren, im Übrigen frage ich mich einmal – –
Ich kann schon verstehen, dass Ihnen das nicht gefällt. Aber das ist ein Zitat Ihrer Spitzenkandidatin, Frau Vogt. Herr Drexler, das ist die Dame, die gern da sitzen möchte, wo Sie dann nicht mehr sitzen.
Da kann ich nur fragen: Wo, meine Damen und Herren, liegt eigentlich die Verfassungswidrigkeit?
Jetzt nehmen wir einmal eine konkrete Frage: Was halten Sie davon, dass Eltern ihre Kinder zwangsweise verheira
ten? Glauben Sie, dass solche Ehen mit den Menschenrechten vereinbar sind oder nicht?
Und nun ist es angeblich verfassungswidrig, danach zu fragen.
Meine Damen und Herren, die Argumentation, die Sie zu diesem Punkt anführen, ist doch pervers.
Im Übrigen, meine Damen und Herren, Amnesty International, Terres des femmes bestätigen, dass in Deutschland jedes Jahr eine ganze Reihe von Zwangsheiraten stattfinden.
Sie bestätigen, dass es eine Reihe von „Ehrenmorden“ gibt. Da kann es doch nicht wahr sein, dass die Möglichkeit, das herauszufiltrieren, verfassungswidrig ist, meine Damen und Herren. Diese Argumentation ist doch ein Witz.
Im Übrigen ist ein von der SPD mit beschlossenes Bundesgesetz aus der Zeit der rot-grünen Bundesregierung die Grundlage für das Bekenntnis zur Verfassung und den Leitfaden.
Meine Damen und Herren, es lohnt ab und zu, einen Blick in Gesetze zu werfen.
In dem Gesetzentwurf Drucksache 14/533 der 14. Wahlperiode des Deutschen Bundestags steht auf Seite 18 zu § 85 des Ausländergesetzes:
Bei einem Ausländer, der eingebürgert werden möchte, wird ein Bekenntnis zur freiheitlichen demokratischen Grundordnung
sowie eine Loyalitätserklärung verlangt... Dadurch wird seine innere Hinwendung zur Bundesrepublik Deutschland dokumentiert.
Dies wurde unter anderem von Ute Vogt, Pforzheim, unterschrieben.
Meine Damen und Herren, und wenn jetzt genau dies abgefragt wird, dann sagt dieselbe Frau Vogt, dass das verfassungswidrig sei. Diese Argumentation ist doch ein Witz.
Sie müssen doch endlich einmal einsehen, dass Sie in dieser Frage auf dem Holzweg sind.
Im Moment nicht.
Meine Damen und Herren, eine glaubwürdige Ausländerpolitik muss im Übrigen gleichermaßen die Zugangsbegrenzung und die Integration zum Ziel haben. Deshalb, Herr Birzele, muss ich sagen: Ich hatte wirklich Respekt vor Ihnen in Ihrer Amtszeit als Innenminister. Aber das, was Sie heute in Ihrer letzten Rede geboten haben, was Sie an Polemik auch gegenüber dem Ministerpräsidenten gebracht haben, ist, mit Verlaub, unter Ihrem Niveau, Herr Birzele.
Meine Damen und Herren, es muss darum gehen – –
Gerne, sehr gerne.
Es muss darum gehen, die in Deutschland rechtmäßig auf Dauer lebenden Ausländer in unsere Gesellschaft zu integrieren.
Genauso wichtig ist aber auch eine Fortsetzung der Politik der Zuzugsbegrenzung. Die Integrationskraft und die Integrationsfähigkeit einer jeden Gesellschaft sind begrenzt. Im Interesse des friedlichen Zusammenlebens von Einheimischen und Ausländern dürfen diese auch nicht überfordert werden.
Bei nunmehr über fünf Millionen Arbeitslosen in Deutschland ist es den hier lebenden Bürgerinnen und Bürgern – im Übrigen: deutschen u n d ausländischen Mitbürgern – nicht verständlich, wenn Zuwanderung in den Arbeitsmarkt ungesteuert zugelassen wird.
Es kann nicht sein, meine Damen und Herren, dass Arbeitsplätze auswandern und ausländische Arbeitskräfte ungesteuert einwandern.
Deshalb ist alles, was Integration betrifft, alles, was die Möglichkeiten zur Integration betrifft – so, wie ich sie geschildert habe –, aber auch alles, was dazu beiträgt, dass die Annahme der deutschen Staatsbürgerschaft nicht missbraucht werden kann, in diesem Land und für dieses Land von höchster Bedeutung.
Deshalb sind wir auf dem richtigen Weg. Deshalb stimmen wir ohne jeden Zweifel mit der Landesregierung überein. Wir werden den Innenminister und den Ministerpräsidenten insbesondere bei dieser Frage voll und ganz unterstützen.
Herr Präsident, meine sehr verehrten Damen und Herren! Ich muss ganz ehrlich sagen: Ich habe mich gerade schon gefragt: Wie inhaltlich blutleer muss eine Opposition eigentlich sein, dass sie sich auf dieses Niveau begibt?
Jetzt zuerst zu Ihnen, Herr Kollege Kretschmann. Das, was Sie heute Morgen gebracht haben, ist für mich noch nicht erledigt.
Man kann in der Sache knallhart sein. Damit habe ich kein Problem.
Wenn man austeilt, muss man auch einstecken können. Auch in Ordnung!
Aber wenn es darum geht, jemandem in einem Parlament eine Straftat vorzuwerfen, hört der Spaß auf.
Das haben Sie heute Morgen gesagt. Das können Sie im Protokoll nachlesen.
Aber jetzt zunächst einmal zu dem, was Sie vorhin gesagt haben.
Ich weiß ja nicht, wie Sie sich die Arbeit einer Volkspartei vorstellen. Das ist bei Ihnen etwas anderes.
Sie können die Fraktionssitzung in einer Telefonzelle machen. Dann haben Sie immer noch Luft drin. Das ist etwas anderes.
Aber klar ist: Wenn Sie die Meinungen von 64 Männern und Frauen unter einen Hut bringen sollen, wenn Sie eine Volkspartei sind, die auch immer an der Grenze zu eigenständigen Mehrheiten in diesem Land war, dann kann es doch nicht ihr Ernst sein, dass, wenn ein Minister und ein Fraktionsvorsitzender in einem einzigen Punkt einmal eine unterschiedliche Meinung haben, ein Richtungsstreit und sonst was daraus entsteht. Das glauben Sie doch selber nicht!
Deshalb kann ich Ihnen nur sagen:
Machen Sie das, was Sie hier versuchen, weiter!
Ob das dem Klima des Parlaments gut tut, wage ich sehr zu bezweifeln. Aber glauben Sie mir eines: Mit jeder derartigen Aktion, die Sie heute und wahrscheinlich auch weiterhin fabrizieren, schweißen Sie 64 Männer und Frauen der Fraktion der CDU noch enger zusammen. Das verspreche ich Ihnen.
Jetzt zu Ihnen, Herr Kollege Drexler.
Ich wäre ein bisschen vorsichtig, Herr Kollege Drexler, was vermeintlich unterschiedliche Meinungen angeht. Ich kann Ihnen dutzendweise Beispiele bringen, dass es bei Ihnen noch ganz anders ist. Ich bringe einmal ein Beispiel. Da rennt der Kollege Fischer in Karlsruhe herum und sagt, wie schlimm das alles sei, was man in Lahr mache; da müsse doch die Landesregierung in Söllingen endlich einmal die Linie halten, das sei doch unglaublich.
Dagegen rennt die Spitzenkandidatin der SPD in BadenWürttemberg durch den Rest Baden-Württembergs und sagt, die Landesregierung müsse Lahr genehmigen. Was ist denn das für eine Linie, meine Damen und Herren?
Das sagt Frau Vogt.
Herr Fischer, ganz ruhig bleiben. Dazu komme ich gleich.
Frau Vogt – Sie wissen schon – ist diejenige, die demnächst dafür sorgt, dass Herr Drexler wieder Zug und nicht mehr Dienstwagen fährt. Da bin ich auch einmal gespannt, wie das bei Ihnen nach der Landtagswahl zugeht, um das auch klar zu sagen. Da werden wir auch noch viel Freude haben.
Ich könnte Ihnen auch eine Reihe von Themen nennen, bei denen die SPD völlig unterschiedliche Ansichten hat. Nehmen wir einmal folgendes schöne Thema: Als Koalitionsverhandlungen stattfanden und Frau Vogt
vermeintlich nicht wusste, was sie anrichtet, worauf Herr Müntefering kurz danach zurücktreten musste, hat Frau Vogt gesagt: „Wenn ich gewusst hätte, was da herauskommt, hätte ich völlig anders gehandelt.“ Wie war denn das? Was war denn das für eine Nummer?
Und was sagt Herr Tauss dieser Tage zu bestimmten Themen, zu denen Sie zum Beispiel die völlig gegenteilige Ansicht vertreten, etwa zu Lahr oder vielen anderen Themen?
Ich kann nur sagen: Vorsicht, wenn es um einen Richtungsstreit geht, der vermeintlich in der CDU Baden-Württembergs tobt. Sie werden an mir, was einen vermeintlichen Richtungsstreit angeht, in der Zukunft wenig Freude haben.
Ich sage Ihnen eines, lieber Herr Drexler – deshalb wissen Sie auch, dass Sie ziemlich zurückhaltend sein müssen –: Wenn Ihr Verhältnis zu Ute Vogt so gut wäre wie meines zu Günther Oettinger, dann hätte Ihre Partei ein großes Problem weniger.
Jetzt kommt Stimmung. Sie wissen, warum Sie so unruhig sind.
Jetzt zum eigentlichen Thema.
Was Andreas Renner gesagt hat, war falsch. Das geht nicht. Das hat der Ministerpräsident auch klipp und klar gesagt. Aber ich bitte, zwischendurch vielleicht auch einmal die menschliche Komponente in dem ganzen Zusammenhang zu sehen.
Man kann in einer Partei oder in einem Parlament unterschiedlicher Meinung sein. Aber wenn jemand zurückgetreten ist und gesagt hat, er habe einen Fehler gemacht, und sich so nobel verhält, wie Andreas Renner es getan hat, und nicht so wie manche andere vielleicht – ich könnte Ihnen da auch das eine oder andere Beispiel der letzten sieben Jahre aus einem ganz anderen Parlament vor die Nase halten –, und man das inszeniert, was Sie hier heute machen, ist das, mit Verlaub, nicht nur unmenschlich,
sondern das macht man nicht. Das ist ungehörig, um in Ihrer Sprache zu bleiben, meine Damen und Herren.
Deshalb – Herr Drexler, das müssten Sie eigentlich am besten wissen –: Wenn eine Volkspartei, zumindest wenn sie es bleiben will – vielleicht haben das auf Ihrer Seite manche schon aufgegeben –, es nicht mehr schafft, als Partei auch unterschiedliche Meinungen auszuhalten, kann ich nur sagen, dass die Partei einpacken kann. Aber wir sehen das etwas anders.
In der CDU Baden-Württembergs ist es, vielleicht im Gegensatz zu Ihnen, möglich, unterschiedliche Themenfelder und entsprechende Meinungen zu vertreten und trotzdem untereinander ein exzellentes Verhältnis zu haben. Bei uns geht es, bei Ihnen vielleicht nicht mehr.
Deshalb wünsche ich Ihnen viel Vergnügen, wenn Sie so weitermachen, wenn Sie weiter so armselig auf Leuten herumtreten, wie Sie das heute machen.
Ich prognostiziere Ihnen: Das wird Ihnen in der Öffentlichkeit und beim Wähler mit Sicherheit nicht gut tun. Warten wir es ab bis in sieben Wochen!
Herr Kollege Drexler, können Sie sich vorstellen, dass Fluggesellschaften gerne selber entscheiden, wo sie starten und landen?
Können Sie sich darüber hinaus auch vorstellen, dass Passagiere aus dem mittleren Neckarraum nicht unbedingt zunächst einmal anderthalb Stunden auf der Autobahn nach Söllingen unterwegs sein wollen?
Können Sie sich darüber hinaus auch noch daran erinnern, dass Ihre Spitzenkandidatin für die Landtagswahl in den letzten Wochen bezüglich dieses Themas eine glasklare Antwort vom Geschäftsführer des Flughafens in Stuttgart bekommen hat?
Frau Kollegin, ich darf Sie fragen, ob Ihnen folgendes Zitat bekannt ist:
Man kann schon diskutieren, ob Leute, die aufgrund einer steuerlich finanzierten Ausbildung einen guten Job haben, der Hochschule ein Stück zurückgeben. Das ist auch ein Stück Gerechtigkeitsdebatte.
Ich möchte ferner fragen, ob Ihnen bekannt ist, dass dieses Zitat vom neuen Generalsekretär der SPD Deutschlands, Hubertus Heil, stammt.
Herr Präsident, meine sehr verehrten Damen und Herren! Baden-Württemberg ist als Wirtschaftsland bekanntermaßen die Nummer 1 in der Bundesrepublik. Aber wir sind – das zeigt nicht nur der heutige Tag, sondern das zeigt vor allem die letzte PISA-Studie, auf die ich noch zu sprechen komme – zusammen mit Bayern und in Teilen mit Sachsen auch in der Bildungspolitik Spitze und ganz vorn dabei.
Dass wir dies bleiben, dass wir auf dem Pfad bleiben, wonach wir uns, wie sich bei der letzten PISA-Studie gezeigt hat, in den letzten Jahren im internationalen Vergleich verbessert haben – dass wir da noch eine ganze Menge tun müssen, ist unbestritten –, das wird das Ziel der Politik der nächsten Jahre sein.
Ich glaube, dass dieses Programm einen ganz entscheidenden Baustein hierzu darstellen wird.
Meine Damen und Herren, die laufende Legislaturperiode hat aus bildungs- und familienpolitischer Sicht für dieses Land jede Menge an wichtigen Neuerungen erbracht:
Das waren im Bereich der Bildungspolitik die Einführung des G-8-Gymnasiums, der Fremdsprache ab Klasse 1, die Bildungsplanreform sowie 5 500 neue Lehrerstellen, die netto zusätzlich hinzugekommen sind.
Wir haben im Bereich der Familienpolitik das Konzept „Kinderfreundliches Baden-Württemberg“, die Förderung von Kinderkrippen, die Förderung der Tagespflege – allein diese beiden Punkte umfassen ein Fördervolumen von mehr als 10 Millionen € pro Jahr –, die Novellierung des Kindergartengesetzes und vieles andere mehr.
Meine Damen und Herren, diese Legislaturperiode ist aus bildungs- und familienpolitischer Sicht die erfolgreichste Legislaturperiode in der Geschichte des Landes BadenWürttemberg.
Mit den heute in der Regierungserklärung angesprochenen Maßnahmen sind noch einmal ganz entscheidende Weichenstellungen und Schwerpunktsetzungen – gerade auch zum Ende der Legislaturperiode hin – gelungen.
Die wesentlichen, von Herrn Ministerpräsidenten Oettinger in seiner Regierungserklärung im April angekündigten familien- und bildungspolitischen Schwerpunkte sind noch in dieser Legislaturperiode in kürzester Zeit unter Dach und Fach gebracht worden. Sie finden sich alle in der Vereinbarung über Bildung und Betreuung, die gemeinsam mit den kommunalen Landesverbänden abgeschlossen wurde, wieder. Deshalb, meine Damen und Herren, möchte ich an dieser Stelle auch den kommunalen Landesverbänden sehr, sehr herzlich Dank sagen.
Das Programm, das wir anbieten, ist in finanziell schwieriger Zeit ein Kraftakt für das Land Baden-Württemberg. Aber es ist natürlich auch ein Kraftakt für die Schulträger, für die kommunalen Bereiche, für die Landkreise, für die Städte, für die Gemeinden. Dafür möchte ich namens der CDU-Landtagsfraktion sehr, sehr herzlich Dank sagen. Denn der eine Partner hätte das ohne den anderen Partner nicht schaffen können.
Wir hätten es alleine nicht schultern können, und der Schulträger, der bekanntermaßen für die baulichen Investitionen verantwortlich ist, hätte es alleine mit Sicherheit auch nicht schultern können.
Herr Kollege Kretschmann, ich verstehe ja, dass eine Oppositionspartei, zumal dann, wenn sie auf anderer Ebene gerade rausgeflogen ist, ein bisschen Wind machen muss. Was aber das Windhundprinzip betrifft, ist es ein bisschen komisch, dass Sie sich zum Anwalt der kommunalen Gebietskörperschaften machen. Denn sowohl das damalige Verfahren als auch diese Vereinbarung sind immer in Übereinstimmung mit den kommunalen Landesverbänden beschlossen worden.
Am Freitag fand eine gemeinsame Sitzung mit dem Gemeindetag, dem Landkreistag und dem Städtetag statt. Da ist, wenn ich das richtig weiß, der eine oder andere dabei, der nicht der CDU angehört.
Das Windhundprinzip, was die Verteilung der IZBB-Mittel angeht, ist auch mit den kommunalen Landesverbänden abgeklärt gewesen.
Tun Sie also nicht so, als ob Sie der große Wahrer der Interessen der Kommunen wären und wir diejenigen, die machten, was Sie wollen. Es war genau umgekehrt. Es ist abgesprochen, und wir werden diese Form der Politik immer mit den kommunalen Landesverbänden und nicht gegen sie machen, um das klipp und klar zu sagen.
Übrigens, wenn ich schon einmal bei Ihnen bin, Herr Kretschmann:
Ihre Rede war
vor allem zu Beginn – bemerkenswert, nach dem Motto: Jetzt wissen wir endlich, warum Baden-Württemberg so erfolgreich ist. Die CDU macht zwar alles richtig – auch einmal eine neue Aussage von den Grünen –, aber leider etwas
verspätet, weil die Grünen das alles schon früher wussten. – Von mir aus, Kollege Kretschmann. Ich kann nur sagen,
wenn Sie so gut finden, was wir machen – Sie haben ja gesagt, das sei richtig –, dann publizieren Sie das bitte auch in den nächsten Monaten. Ich habe nichts dagegen. So, wie Sie sich in den ersten fünf Minuten hier präsentiert haben, hatte ich eher das Gefühl, dass Sie auf Jobsuche sind.
Wenn Sie jetzt Vorreiter von Schwarz-Grün werden wollen, von mir aus – aber mit uns nicht, um auch das klipp und klar zu sagen!
Meine Damen und Herren, besonders imponiert mir an diesem Programm – das möchte ich noch hervorheben –, auch der Bereich der frühkindlichen Bildung. Wir haben beim letzten PISA-Ländervergleich erfreulich gut abgeschnitten. Wir sind im internationalen Vergleich deutlich besser geworden. Übrigens, wenn es einmal eine PISA-Studie gab, die wirklich schön belegt hat, wie entscheidend die Bildungspolitik in den Ländern ist, dann war es die letzte. Schauen Sie sich einmal an, wer wo steht: Bayern auf Platz eins, wir auf Platz zwei und in zwei Kriterien hinter Sachsen auf Platz drei.
Das Entscheidende spielte sich in den neuen Bundesländern ab. Da sind 1990 alle von der gleichen Startlinie aus gestartet.
Schauen Sie sich einmal an, wo die heute stehen: Sachsen steht auf Platz zwei und Platz drei und Brandenburg auf Platz 15. Meine Damen und Herren, das ist der Unterschied, was die Bildungspolitik zwischen CDU einerseits und SPD bzw. Rot-Grün andererseits angeht.
Rot gibt es noch, und wenn ich es richtig weiß, gab es in Brandenburg noch nicht allzu viele CDU-Ministerpräsidenten. Vielleicht sind wir insoweit in Übereinstimmung.
Meine Damen und Herren, der PISA-Ländervergleich zeigt, dass wir – ich sage es noch einmal – vor großen bildungspolitischen Herausforderungen stehen. Das ist keine Frage. Vor allem müssen wir verhindern, dass es ein Potenzial an Jugendlichen ohne wirkliche Perspektive gibt.
Wir sehen in einem Nachbarland auf schlimme Art und Weise, was passieren kann, was Jugendliche zu tun imstande sind, speziell solche, die integriert werden sollten, es aber offensichtlich nicht werden. Übrigens, in einer der letzten Plenardebatten wurde uns Frankreich immer als bildungspolitisch und vor allem gesellschaftspolitisch herausragendes Beispiel dafür vorgeführt, was man alles tun muss, damit es funktioniert.
Ich kann nur sagen: Zumindest dieses Beispiel sollte man ziemlich schnell in der Schublade verschwinden lassen.
Gesellschaftspolitisch ist das, was dort abläuft, eine Katastrophe. Wir wollen eben auch mit Blick auf die Jugendlichen, die aus schwierigem Umfeld kommen, eine ganze Menge tun. Und da gibt es ohne Frage noch eine ganze Menge zu tun.
Wir wollen, dass es Jugendliche ohne Perspektive, speziell im Bereich der Familien mit Migrationshintergrund, zukünftig nicht geben wird. Je früher wir mit der Förderung ansetzen, umso besser sind die Chancen, wirkliche Erfolge zu erreichen. Dies gilt insbesondere für Kinder mit Migrationshintergrund.
Genau deshalb, meine Damen und Herren, sind die Einführung des Orientierungsplans für den Kindergarten und das Projekt „Schulreifes Kind“ überhaupt nicht hoch genug einzuschätzen. Bereits jetzt wird an vielen unserer Kindergärten herausragende Arbeit geleistet. Mit dem neuen Orientierungsplan wird jedoch erstmals ein landesweit einheitlicher Orientierungsrahmen für alle Kindergärten gegeben, bei dem gerade die Sprachförderung eine besondere Rolle spielt
und eine Abstimmung mit den Bildungszielen der Grundschule sichergestellt wird.
Das Konzept „Schulreifes Kind“ wiederum stellt sicher, dass spezielle Förderangebote für Kinder mit besonderem Förderbedarf bzw. Leistungsdefiziten bereitgehalten werden. Mit dem jetzt eingeschlagenen Weg, meine Damen und Herren, haben wir die realistische Möglichkeit, die so genannte „Risikogruppe ohne Perspektive“, wie sie zum Beispiel in der PISA-Studie als solche benannt wurde, zumindest deutlich zu verkleinern.
Auch da, meine Damen und Herren, zeigt die PISA-Studie etwas, das ich auch nicht unerwähnt lassen möchte: BadenWürttemberg ist bereits jetzt das Bundesland mit den wenigsten Schulabgängern ohne Hauptschulabschluss. Lassen Sie mich das einmal klipp und klar sagen. Baden-Württemberg ist in diesem Bereich besser als Bayern, Sachsen und alle anderen Länder.
Deshalb halte ich den Weg für richtig, neue Mittel einzusetzen und dies vor allem mithilfe der Eltern zu tun. Deshalb möchte ich jetzt noch einmal auf das eingehen, was Herr Kollege Kretschmann hinsichtlich der Betreuung an Schulen angesprochen hat.
Meine Damen und Herren, man kann über bestimmte Konzepte unterschiedlicher Ansicht sein. Aber, Kollege Kretschmann, man sollte die Konzepte dann auch korrekt darstellen. Dazu ist hier auf beiden Seiten der eine oder andere Begriff gefallen. Herr Kollege Drexler hat übrigens unser Familienbild vor kurzem noch als – ich zitiere – „aus der Steinzeit kommend“ bezeichnet.
Jetzt sage ich Ihnen aber einmal ganz offen, warum ich verdammt gerne aus der Steinzeit, wie es sich in Ihrer Sicht der Dinge darstellt, komme.
Ihr Problem, meine Damen und Herren von Rot-Grün, ist doch, kurz umschrieben, folgendes: Das Familienbild der CDU stimmt mit dem Familienbild von weitesten Teilen der Bevölkerung Baden-Württembergs überein, Ihres, sofern Sie überhaupt eines haben, nicht. Das ist das Problem, das Sie mit unserem Familienbild haben.
Wir wollen und wir wollten die Ganztagsschule.
Langsam, langsam! Immer ganz ruhig bleiben! – Ich sage es nochmals: Wir wollen und wir wollten die Ganztagsschule. Es gibt, Stand heute, bevor das Programm überhaupt losgeht, in diesem Land 576 Ganztagsschulen.
Aber, meine Damen und Herren, wir wollen nicht die Zwangsganztagsbeschulung – um das auch einmal klipp und klar zu sagen.
Doch. – Das ist der große, große Unterschied zwischen Rot-Grün und uns.
Wir wollen ein flächendeckendes, bedarfsgerechtes Ganztagsangebot.
Sie wollen die generelle Ganztagsschule. Genau das wollen Sie seit langem!
Wenn wir schon einmal bei diesem Thema sind, Herr Kollege Kretschmann, sage ich auch: Sie haben jetzt anerkannt, dass unser Bildungssystem, was die Schulgliederung angeht, gut ist. Das haben Sie ja getan, wenn ich Sie richtig verstanden habe.
Ich kann nur sagen: Speziell Sie von Rot – in diesem Fall muss man Grün ausnahmsweise einmal verschonen – wollten seit vielen Jahren ein anderes Schulsystem.
Sie wollten für Baden-Württemberg die Gesamtschule nach nordrhein-westfälischem Vorbild.
Sie haben sie mehrfach gefordert. Sie wollten ein anderes System, und wir wollen das nicht. Das ist der Unterschied, meine Damen und Herren.
Vom Herrn Zeller immer besonders gern.
Herr Zeller, ich lasse Ihnen gern von unseren parlamentarischen Beratern, wenn Sie das wollen, einmal die Stellen heraussuchen.
Sie haben x-mal
nein – das Schulsystem, das wir hier haben, in Abrede gestellt.
Sie wollten die Ganztagsschule generell. Das haben Sie xmal gesagt. Wenn das nämlich nicht so wäre, dann hätten Sie doch kein Problem mit uns.
Nein. Sie wollten eine Abkehr von dieser Art, wie wir Bildungspolitik gemacht haben.
Meine Damen und Herren, wir wollen – –
Jetzt regen Sie sich doch nicht so auf. Ich kann ja verstehen, dass Sie von der SPD momentan ein bisschen nervös sind,
aber das müssen Sie nicht an meiner Rede rauslassen.
Wieso das, Herr Drexler? – Sie haben im Moment wahrlich ganz andere Probleme als die Bildung im Land BadenWürttemberg. Das muss man auch einmal sagen.
Meine Damen und Herren, wir wollen die Wahlfreiheit für die Eltern, so wie es der Ministerpräsident vorgetragen hat. Wir wollen, dass es Gerechtigkeit gibt. Wir wollen, dass den Entwicklungen in der Gesellschaft in diesem Land entsprochen wird. Wir wollen, dass die Eltern, die, aus welchen Gründen auch immer, es als die beste Lösung für ihr Kind erachten, es in der Ganztagsschule unterzubringen, das auch können. Aber wir sagen auch: Nicht nur Respekt, sondern Dank gilt denjenigen Familien, in denen das Kind betreut wird und in denen das Kind entsprechend vorangebracht wird. Auch das muss einmal klipp und klar an dieser Stelle gesagt werden.
Herr Kretschmann, noch ein Punkt zu Ihnen: Es gibt Fragen, bei denen überhaupt kein Dissens besteht, obwohl Sie versucht haben, einen herauszustreichen. Völlig klar ist, dass, wenn man Ganztagsschulangebote macht, man auch das entsprechende Personal dort braucht, wo die Kinder betreut werden.
Wir setzen einerseits auf Ehrenamt. Wir sind uns sicher, dass es auch gelingen wird, das Ehrenamt stärker einzubinden. Wir brauchen andererseits – völlig korrekt, kein Dissens – professionelles Personal. Deshalb gibt es in unserem Landeshaushalt für dieses Jahr – bevor das Programm überhaupt beginnt – bereits 600 Personalstellen, 600 Stellen für Lehrer, die nichts anderes machen, als an den bestehenden Ganztagsschulen mitzubetreuen: 600 Stellen und insgesamt 576 Ganztagsschulen.
Deshalb ist es einfach unwahr, so zu tun, als würden wir das ablehnen oder überhaupt nicht machen. Wir sind uns in diesem Punkt völlig einig. Wir brauchen das entsprechende Personal, und wir werden es in den nächsten Jahren bereitstellen. Deshalb nochmals eine Gesamtübersicht, weil Sie so getan haben, als ob wir nur den baulichen Bereich machten, und das sei es dann gewesen.
Meine Damen und Herren, ich sprach eingangs davon, dass das Land Baden-Württemberg einen finanziellen Kraftakt unternimmt. Ich bin aber der Überzeugung, dass das richtig ist. Bildungsinvestitionen sind die Zukunftsinvestitionen schlechthin. Aber dann darf man in aller Bescheidenheit auch einmal sagen, was die Programmatik für das Land mit sich bringen wird. Bei der Kleinkinderbetreuung, die wir bisher schon haben, behalten wir die bisherige Mitfinanzierung in vollem Umfang bei: 10 % bei Kinderkrippen, Fortführung der Förderung der Tagespflege.
Beim Orientierungsplan – übrigens: alles, was ich jetzt schildere, geschieht in Übereinstimmung mit den drei kommunalen Landesverbänden – gibt es Gesamtkosten, die hälftig von Land und Kommunen getragen werden, in Höhe von 20 Millionen € zur Qualifizierung der Erzieherinnen und Lehrkräfte in den nächsten drei, vier Jahren. Das Projekt „Schulreifes Kind“ wird das Land im Endausbau jedes Jahr – ich betone: jedes Jahr – 45 Millionen € zusätzlich kosten. Wir werden das zusätzlich zur Verfügung stellen. Die Jugendbegleiter kosten im Endausbau zusätzlich 40 Millionen €.
Meine Damen und Herren, allein wenn man die Summen aufaddiert und sieht, was wir neben den baulichen Investitionen in den nächsten Jahren für die Kinder in diesem Land Baden-Württemberg machen, dann kann man ohne Umschweife zu Recht vom Kinderland Baden-Württemberg reden.
Deshalb danken wir der Landesregierung für diese Initiative. Wir unterstützen sie vollumfänglich. Das ist gut angelegtes Geld. Das ist gutes Geld für die Zukunft dieses Bundeslandes.
Herr Präsident, meine sehr verehrten Damen und Herren! Dass man beim Thema Mehrwertsteuer unterschiedlicher Meinung sein kann und dass es auch bei uns unterschiedliche Meinungen dazu gibt – –
Jetzt regen Sie sich doch nicht gleich auf, wenn ich erst anfange. Warten Sie doch erst einmal ab, bis ich fertig bin. Ich will ja gerade versuchen, es Ihnen zu erklären.
Dass man da unterschiedlicher Meinung sein kann, bestreite ich ja gar nicht. Nur, Herr Kretschmann, dass ausgerechnet Sie sich hier hinstellen und pumpen wie ein lungenkranker Maikäfer und von Desaster reden, das finde ich, mit Verlaub, schon ein bisschen arg hart angesichts der Bilanz, die Sie von Rot-Grün in den letzten sieben Jahren vorweisen. Ich kann nur sagen: Fünf Millionen Arbeitslose, eine Million Kinder in der Sozialhilfe, auf dem letzten Rang beim Wachstum in Europa. Mit dem Begriff „Desaster“ sollten Sie sehr zurückhaltend sein.
Jetzt kommen wir einmal zum Thema Steuer. Weil Sie gerade die Betroffenen zitiert haben, weise ich darauf hin: Es gibt eine Umfrage vom heutigen Tag. Der Bund der Selbständigen hat bei seinen Mitgliedern – das sind logischerweise die Betroffenen –
gefragt: Findet ihr eine höhere Mehrwertsteuer gut oder nicht gut? 44 % der Unternehmen sind gegen eine höhere Mehrwertsteuer. 52 % sind unter der Bedingung der Absenkung der Lohnnebenkosten
für eine Erhöhung der Mehrwertsteuer. So ist es. 52 % sind dafür.
Also die betroffenen Unternehmen sind selber dafür. Meine Damen und Herren, wenn die Betroffenen dafür sind, können Sie sich doch nicht hier hinstellen und sagen, das sei etwas Negatives.
Jetzt zu der Frage – weil Sie mich aus der „Pforzheimer Zeitung“ zitiert haben –: Wen trifft eine Mehrwertsteuererhöhung? Der sozial Schwächere oder der Geringverdiener gibt zwischen 30 % und 35 % für Miete aus, weil dieser im Regelfall keine Villa besitzt.
Mehrwertsteuersatz: null Prozent. Da wird nichts verändert.
Nebenkosten, zum Beispiel Wasser, Abwasser.
Abwasser 7 %, Wasser 16 %, in Zukunft 18 % Mehrwertsteuer – völlig richtig. Dann gibt er einen weiteren nicht unerheblichen Teil für die so genannten Güter des täglichen Bedarfs aus: Grundnahrungsmittel, ÖPNV und anderes mehr. Da bleibt der Mehrwertsteuersatz bei 7 %. Es verändert sich gar nichts.
Dass diejenigen, die mehr haben – – Deshalb habe ich auch von Luxusgütern gesprochen, weil es da natürlich betragsmäßig am meisten greift. Wenn Sie ein Auto kaufen, ist das ein beträchtlicher absoluter Betrag, den Sie zusätzlich an Mehrwertsteuer zahlen müssen.
Diejenigen, die mehr haben, können auch zur Entlastung der Lohnnebenkosten und damit letztendlich zur Entlastung des Arbeitsmarkts – darum geht es doch – eine höhere Mehrwertsteuer bezahlen. Dazu kann ich nur sagen, meine Damen und Herren: Das halte ich für vertretbar. Das ist die Grundrichtung.
Deshalb: Isoliert betrachtet – dazu stehe ich, auch wenn ich das Programm nicht geschrieben habe – hätte ich im Zweifel die Mehrwertsteuer zum jetzigen Zeitpunkt nicht erhöht. Im Zuge eines Gesamtkonzepts aber, wenn auf der anderen Seite entlastet wird – das ist Bedingung – und im Übrigen, um das auch gleich zu sagen, das Geld bei den Ländern nicht irgendwie im Haushalt versickert, sondern entweder investiv oder zur Absenkung der Schulden verwendet wird, halte ich eine Erhöhung der Mehrwertsteuer für machbar, für richtig und für konsequent.
Jetzt zum Thema Ökosteuer. Wir stehen dazu: Die Ökosteuer kann in dieser Höhe nicht bestehen bleiben. Nur, Herr Drexler, was uns von Rot-Grün unterscheidet, ist einfach Folgendes: Es wäre viel einfacher gewesen, wenn wir es so gemacht hätten, wie ihr es 1998 getan habt: das Blaue
vom Himmel versprechen und die Lasten nach der Wahl auferlegen. Das wäre populärer gewesen.
Aber ich glaube, es spricht doch für die Kultur dieses Landes, das, was unpopulär ist – und da werden Sie mir Recht geben: eine Mehrwertsteuererhöhung ist mit Sicherheit nicht populär –,
vor der Wahl anzukündigen. Es wäre noch populärer, wenn wir die Ökosteuer – so, wie wir es wollen – gleich absenken. Es wäre aber unehrlich, das jetzt sofort zu machen, weil es nicht finanzierbar ist.
Das wäre unehrlich. Deshalb machen wir es nicht und sagen vielmehr: „Die höhere Mehrwertsteuer kommt, und die Absenkung der Ökosteuer muss so bald wie möglich kommen; sie kann aber nicht gleich kommen, weil das nicht finanzierbar wäre.“ Das ist ehrliche Politik, meine Damen und Herren, das ist ein Konzept.
Das ist der Unterschied zwischen Ihnen und uns.
Sie tun immer so, als ob die Ökosteuer die Lohnnebenkosten so wahnsinnig niedrig halte. Herr Drexler, Sie wissen aber ganz genau: 60 % der Ökosteuer fließen in die Rentenversicherung, 40 % jedoch versickern im regulären Haushalt von Eichel.
Schauen Sie einmal, wie da argumentiert wird. Mein absoluter Lieblingsminister dieser Bundesregierung, Trittin, hat am Anfang dieses Jahres einmal gesagt: „Die Ökosteuer sorgt dafür, dass in Deutschland weniger Auto gefahren wird.“ Das ist völliger Blödsinn. Die Ökosteuer sorgt dafür, dass, obwohl sogar mehr Auto gefahren wird, in Deutschland weniger getankt wird. Das ist das Problem.
Erstmals in der Geschichte der Bundesrepublik Deutschland haben wir ein Absinken des Mineralölsteueraufkommens. Das liegt aber nicht daran, dass weniger getankt würde, sondern daran, dass direkt jenseits der Grenze der Treibstoffumsatz nach oben, bei uns jedoch nach unten geht. Insofern ist die Ökosteuer auch ordnungspolitisch unsinnig.
Wenn sie mir nicht auf die Redezeit angerechnet wird, gerne.
Natürlich weiß ich das.
Das weiß ich. Aber es geht doch um die Frage, wie ich das ordnungspolitisch in den Griff bekomme. Wenn ich auf der einen Seite etwas gutmache, auf der anderen Seite aber doppelt und dreifach soviel kaputtmache, Herr Drexler, dann kann das nicht die geeignete Strategie sein, die das Heil bringt. Deshalb, meine Damen und Herren, wäre ich mit dem Begriff „Desaster“ und der Kritik an unserem Wahlprogramm etwas vorsichtiger, zumal wenn ich mit meinem eigenen Wahlprogramm eine solche Kehrtwende hinlegte wie Sie. Sie haben sich gerade hier hingestellt und gesagt, die große Errungenschaft dieser Bundesregierung sei, dass die Steuern abgesenkt wurden.
Das ist in der Tat richtig. Dann ist aber schon die Frage, warum Sie zuerst den Spitzensteuersatz über Jahre hinweg absenken – was ich für richtig halte –, um kurz vor der Wahl plötzlich eine so genannte Reichensteuer einzuführen und damit wieder eine Kehrtwende hinzulegen.
Das ist unehrlich und unredlich, und deshalb macht man das nicht.
Ich darf deshalb jetzt ganz zum Schluss Bert Rürup zitieren – er ist jetzt wirklich unverdächtig,
besonders CDU-nah zu sein –, der mit Blick auf Ihre Forderung nach einer Reichensteuer gesagt hat, sie sei reine Symbolpolitik ohne ökonomischen Sinn. Er hat Recht. Wir machen ehrliche Politik und legen deshalb die Fakten vor den Wahlen auf den Tisch.