Sven Rissmann
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Ich danke Ihnen, Frau Präsidentin! – Meine Damen und Herren! Allein die Tatsache, dass wir eine Debatte zur Verfassungsänderung führen, die unterbrochen werden musste durch eine 40-minütige Lüftungspause, zeigt die Besonderheit der Situation, in der wir uns befinden. Die Rechtfertigung in der Sache, für das, was wir heute vornehmen wollen, ist ganz überwiegend in der Aktuellen Stunde zum Ausdruck gebracht worden, wenn ich die wenigen nicht beachtenswerten Beiträge derer außer Acht lasse, denen der Aluhut offenbar zu doll auf den Kopf gedrückt hat.
Wir werden heute wahrscheinlich die Situation erleben, dass fünf von sechs Fraktionen das Vorhaben im Einzelnen begründen werden und darin übereinstimmen, die Verfassungsänderung und die Änderung der Geschäftsordnung vorzunehmen. Auch das ist der besonderen Situation geschuldet, in der wir uns befinden. Ich bin daher dem Kollegen Schneider, mit dem ich mich nicht abgestimmt habe, sehr dankbar dafür, dass er allgemein in das Thema eingeführt hat, weil ich mir bei der Überlegung, was ich hier heute sagen kann, schon die Sorge machte, dass es zu einer bloßen Wiederholung kommen könnte. Da der Kollege Schneider in gewisser Weise vielleicht auch Ergebnisse von Therapierunden der SPD-Fraktion hier verarbeitet hat,
(Paul Fresdorf)
darüber hinaus aber auf den großen Rahmen hingewiesen hat, unter dem wir heute – – Lieber Kollege Kohlmeier! Jetzt ist klatschen angesagt!
Da der Kollege Schneider aber vollkommen zutreffend den Rahmen im Allgemeinen skizziert hat, der uns heute zu dieser Angelegenheit zusammenbringt, darf ich der Ernsthaftigkeit der Angelegenheit gerecht werden, vielleicht etwas konkreter einsteigen.
Ich will keine Superlative benutzen. Der Regierende Bürgermeister hat heute viel Richtiges gesagt und viele – leider – begründete Superlative benutzt. Unsere Bundeskanzlerin hat gestern vor dem Deutschen Bundestag davon gesprochen, dass wir vor den Herausforderungen eines Jahrhundertereignisses stehen. Ich denke, auch damit hat sie recht. Ein solches Jahrhundertereignis führt auch dazu, dass wir heute mutmaßlich Verfassungsänderungen beschließen werden, von denen wir alle wahrscheinlich vor einem Jahr nicht gedacht hätten, dass so etwas überhaupt einmal zur Diskussion kommen würde. Das ist aber unumgänglich, denn diese Verfassungsänderung soll sicherstellen, dass der Parlamentarismus auch unter den Bedingungen dieser Naturkatastrophe möglich bleibt. Unser Parlament soll auch in dem schlimmen Fall, von dem wir alle hoffen, dass er nicht eintritt – das wäre der Fall, dass eine signifikante Anzahl an Abgeordneten das Mandat nicht mehr ausüben könnte –, wir wollen sicherstellen, dass, wenn dieser Fall doch eintreten sollte, weiter kontrolliert werden und vor allem das Wesentliche durch uns selbst geregelt werden kann, denn das ist unser Verfassungsauftrag. Es geht daher nicht um die Abschaffung von Demokratie, wie womöglich Einzelne an ganz äußeren Rändern schreien werden, sondern es geht darum, hier die Voraussetzungen zu schaffen, dass die Demokratie auch unter den Bedingungen einer Katastrophe weiter funktionieren kann und erhalten bleibt.
[Beifall bei der CDU und der FDP – Vereinzelter Beifall bei der LINKEN – Beifall von Sven Kohlmeier (SPD), Torsten Schneider (SPD) und Stefanie Remlinger (GRÜNE)]
Daher ist hier vor allem die Frage der Beschluss- und damit die der Handlungsfähigkeit unseres Parlaments Gegenstand der Beratung. Hier wird, wie ich eingangs gesagt habe, eine Regelung getroffen, von der wir alle noch vor einem Jahr nicht gedacht hätten, dass wir einmal in so eine Lage kommen würden. Diese Regelungen werden heute wahrscheinlich von einer sehr breiten parlamentarischen Mehrheit aus den Regierungsfraktionen und den überwiegenden Oppositionsfraktionen vollzogen,
von mindestens fünf von sechs Parlamentsfraktionen. Es ist gut, dass wir uns darauf verständigen konnten. Dafür bin ich persönlich dankbar, dafür ist meine Fraktion dankbar.
Sie erlauben mir eine Anmerkung: Wir Christdemokraten fragen uns allerdings schon, warum wir damit bis Dezember warten mussten. Ich weiß, dass die Sozialdemokraten, auch die Freien Demokraten schon vor einigen Monaten bereit gewesen wären, das heute Notwendige zu tun.
Gott sei Dank ist in der Zwischenzeit nicht die Katastrophe insoweit eingetreten, dass wir das bitter bereut hätten. Aber es gilt auch hier: besser spät als nie. Irgendwann werde ich vielleicht die Blockadehaltung der Grünen nachvollziehen können.
In der gestrigen Beratung im Rechtsausschuss ist bemerkenswerterweise Folgendes deutlich geworden: Auch die einzige Fraktion, die sich hier – „kritisch“ ist ein falscher Ausdruck, „kritisch“ würde voraussetzen, dass eine gewisse sachliche Beschäftigung mit dem Thema stattfindet – ablehnend mit diesem Vorhaben in Verbindung bringen lässt, nämlich die Fraktion zu meiner Rechten, hat gestern im Rechtsausschuss mitgeteilt, dass sie keinerlei Zulässigkeitsbedenken hat, was dieses Vorhaben angeht. Sie hat allein den Anlass, also das Ereignis der aktuellen Pandemie, infrage gestellt, wie auch heute teilweise geschehen, ob die betreffenden Abgeordneten nun Mitglied der Fraktion sind oder ganz hinten sitzen. Das ist so abwegig, dass ich mich sachlich nicht damit beschäftigen kann.
Ich kann damit sogar ein Stück weit, die heutige Debatte antizipierend, feststellen, dass insgesamt Einvernehmen besteht, dass die beabsichtigten Regelungen zulässig sind. Und ganz überwiegend besteht offensichtlich Einvernehmen, dass sie auch erforderlich sind.
Wenn man so etwas macht, muss man sich der Besonderheit dieser Regelungen bewusst sein. Das historische Ausmaß liegt auf der Hand und ist in der Aktuellen Stunde von den allermeisten Rednerinnen und Rednern zutreffend beschrieben worden. Darum müssen wir aber auch sehr enge Leitplanken ziehen, um jeden Missbrauch und jede Gefährdung der Demokratie a priori ausschließen zu können.
Dazu gehört unter anderem der Minderheitenschutz. Es bedarf eines hohen Quorums, um diese Regelungen einzuschalten. Es bedarf dagegen nur eines sehr niedrigen Quorums, um diese Regelungen wieder abzuschalten. Die Regelungen sind von vornherein auf drei Monate befristet. Unter diesen Bedingungen beschlossene Gesetze sind
von vornherein mit einem Verfallsdatum versehen. Bestätigt das Abgeordnetenhaus diese Regelungen nicht innerhalb von vier Wochen, nachdem es wieder regulär zusammentreten konnte, verfallen diese Gesetze automatisch. Es wird eine Sperrwirkung implementiert. Das Pandemieparlament – wenn Sie mir diese Bezeichnung erlauben – darf zum Beispiel nicht entscheiden über die Beendigung der Wahlperiode, sie darf nicht die Wahl des Regierenden Bürgermeisters vornehmen, und es dürfen auch nicht die Verfassungsrichter gewählt werden, um nur einige Beispiele zu nennen. Schließlich ist es so, dass eine automatische Außerkrafttreten-Regelung gefunden wurde; die Regelungen enden automatisch zum Ende der Wahlperiode.
Ich denke, damit ist den fünf Fraktionen ein Balanceakt gelungen, auf der einen Seite alles zu tun, um handlungsfähig zu bleiben und auf der anderen Seite, unsere wichtigen demokratischen Standards nicht zu gefährden. Und ich darf damit schließen, dass wir nicht vergessen sollten, was der Anlass ist für unser heutiges Tätigwerden, das verfassungsgeschichtlich gesehen für uns als Berliner Parlament sicherlich eine historische Dimension hat.
Wir befinden uns in diesem negativen Jahrhundertereignis – wie die Bundeskanzlerin sagte: in dieser Naturkatastrophe. Und mit diesen Regelungen, die wir heute treffen werden, versprechen wir unseren Bürgern auch, dass wir unsere Pflicht erfüllen wollen und dass wir unseren Verfassungsauftrag wahrnehmen wollen und werden, auch wenn – was Gott verhüten möge – die Lage sich weiter verschlimmert.
In diesem Sinne bedanke ich mich für Ihre freundliche Aufmerksamkeit, wünsche Ihnen ein gesegnetes Weihnachtsfest und vor allem Gesundheit. Vielen Dank!
Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Eigentlich habe ich mir am Anfang dieser Wahlperiode vorgenommen, als wir alle mit dem neuen Umstand umgehen mussten, dass die AfD eingezogen ist, die nicht weiter ernst zu nehmen. Heute will ich mal kurz eine Sache klarstellen: Wenn Sie meinen, Herr Vallendar, die Union in diesem Haus als Oppositionsführerin adressieren zu können und uns dafür zu kritisieren, dass Sie der Meinung sind, wir hätten in der Coronadebatte keine Anträge gestellt, dann macht das eines deutlich, was Sie von vornherein verkennen:
Wir sind in erster Linie Männer und Frauen, die unserem Staat dienen und erkennen, wann der Punkt gekommen ist, dass man für so kleinliche, populistische, parteipolitische Profilierungsversuche nicht die Zeit hat, sondern jetzt etwas tun muss, was notwendig ist.
Das haben wir getan. Sie haben einmal wieder gezeigt, dass Sie alles andere sind als Patrioten. Das sind Sie nämlich nicht, denn Sie verkennen den Ernst der Lage.
Sie bringen mich durch Ihr absurdes Schauspiel in die Lage, dass ich als Oppositionsredner eigentlich das hier tun müsste, was ich in der letzten Wahlperiode als Vertreter einer Regierungskoalition gemacht habe, immer dann, wenn Herr Kohlmeier von mir geredet hat und ich gesagt habe: Er hat alles gesagt, und er hat recht damit. Vielen Dank, und ich kann jetzt gehen. – Ich bin aber Oppositionspolitiker, deshalb will ich vielleicht noch zwei, drei Dinge anmerken.
Auf die Absurdität, dass Sie einen Ausschuss einsetzen wollen, der etwas untersuchen soll, was es gar nicht gibt, hat der Kollege Kohlmeier hingewiesen.
Dann gehe ich im Übrigen davon aus, dass ich zumindest für mich folgendes feststelle, dass die Behandlung der Themen im Zusammenhang mit der Pandemie, die Sie anzweifeln, in den jeweiligen Fachausschüssen viel besser aufgehoben ist, weil zum Beispiel mein Kollege Zeelen im Gesundheitsausschuss, mein Kollege Stettner im Bildungsausschuss, mein Kollege Dr. Juhnke im Kulturausschuss, mein Kollege Simon im Jugend- und Familienausschuss usw. über viel mehr Kompetenz in diesen Fragen verfügen, als wenn meine Fraktion entscheiden müsste, ich muss jetzt in einen Sonderausschuss gehen, den Sie sich hier ausgedacht haben. Insofern ist die sachgerechte Behandlung in den Fachausschüssen gerade gegeben.
Ich habe Ihren Antrag sogar dabei, er ist überschaubar. Ich habe ihn mir durchgelesen. Sie führen zur Begründung in dem vierten Absatz Ihrer Begründung aus mit der Unterstellung, mit der Unwahrheit, dass eine angemessene Behandlung in den Fachausschüssen nicht möglich sei. Ich darf zwei Fachausschüssen angehören, zum einen dem Kulturausschuss. Da ist es so, dass ich mich an keine Sitzung erinnern kann, wo die Coronapandemie nicht Thema war. Ich kann mich im Übrigen auch an keine Sitzung erinnern, seit einigen Monaten, wo es von Vertretern der AfD-Fraktion in diesem Ausschuss den Hinweis gab, man habe das Gefühl, dass über Corona zu wenig diskutiert würde, man wolle dort mehr über Corona reden oder gar, dass dort Anträge gestellt worden, Tagesordnungspunkte angemeldet worden sind. Ich kann mich nicht daran erinnern.
Im Rechtsausschuss darf ich noch ein bisschen mehr mitmachen. Dort ist es noch erheblicher. Da kann ich mich an gar nichts erinnern von der AfD-Fraktion, sondern ganz im Gegenteil, alle anderen Fraktionen in diesem Haus haben das getan, was das Parlament Ihnen zuweist, nämlich sich diese Rechtsverordnungen anzuschauen. Zu Beginn der Pandemie gab es im Übrigen nicht nur von den Regierungskoalitionen, wie Sie unterstellt haben, sondern auch von der FDP und der Union den Ansatz, dass wir dem Senat deutlich gemacht haben, erstens: Ihr müsst uns die Verordnungen rechtzeitig zuweisen, wie es die Verfassung vorschreibt. Zweitens: Ihr habt diese Verordnungen zu begründen. Drittens: Die Eingriffe damals in die Versammlungsfreiheit, das war der erste Punkt, der geht uns zu weit. Wir wünschen uns dort eine Veränderung. Das haben Sie offenbar alles ausgeblendet. Ich habe nicht ausgeblendet, da ich an jedem Rechtsauschuss teilnehme, dass es dort schlichtweg gar keine Initiative von Ihnen gab, gar keine.
(Sven Kohlmeier)
Ich kann mich nicht daran erinnern. Die gab es nicht. Nun räume ich ein, dass es die Regierungskoalition der Opposition im Rechtsausschuss nicht wirklich leicht macht. Das stimmt schon. Ich kann mich dennoch nicht daran erinnern, dass wir am Anfang einer Sitzung, als wir über die Tagesordnung zu beschließen hatten, Initiativen der AfD hatten, die die Koalition der Behandlung ausgeschlossen hätte. Das ist schlichtweg nicht vorgekommen. Das heißt, das, was Sie hier als Begründung anführen, für Ihr Ansinnen eines Sonderausschusses, ist schlichtweg substanzlos, um nicht zu sagen, ausgedacht, wirklichkeitsfremd, unwahr. Insofern bedarf es dieses Ausschusses nicht. – Vielen Dank!
[Beifall bei der CDU, der SPD, der LINKEN, den GRÜNEN und der FDP]
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Wir müssen Sie, das Berliner Parlament, heute Abend noch in Anspruch nehmen, um eine Fehlentwicklung zu stoppen, die ihren Anfang gestern im Rechtsausschuss genommen hat. Ich will kurz darlegen, was gestern geschehen ist.
Es war eigentlich damit zu rechnen, dass wir uns gestern im Rechtsausschuss mit einigen Unverschämtheiten des Justizsenators beschäftigen müssen,
die sich darauf bezogen haben, dass ein Spitzelsystem gegen unsere Justizvollzugsbeamtinnen und -beamten in den Strafanstalten implementiert wird oder dass ohne nachvollziehbare Begründung Staatsanwälte abberufen werden, weil sie ganz offensichtlich politisch nicht genehm sind. Aber das war dann doch gar nicht der Höhe
punkt der gestrigen Rechtsausschusssitzung, sondern die Bombe platzte wie folgt: Der Behrendt hat sich vom Abgeordneten Schlüsselburg eine Frage bestellt. Herr Schlüsselburg hat ganz brav gefragt:
Welche Schlussfolgerungen zieht der Senat eigentlich aus dem Urteil des Bundesarbeitsgerichts zum Kopftuch in Bezug auf unser Berliner Neutralitätsgesetz? – Der Justizsenator hat dazu sinngemäß gesagt: Ja, ja, die Urteilsgründe lägen noch nicht vor, und der Senat habe dazu noch keine Position, er werde beraten. – Aber wenn wir gerade darüber reden, kann ich Ihnen mitteilen, dass ab sofort Rechtsreferendarinnen das islamische Kopftuch werden tragen können, wenn sie als Sitzungsvertreterinnen der Staatsanwaltschaft vor Gericht auftreten.
Ich kann Ihnen sagen, dass es nicht nur bei mir so war, dass ich mich gefragt habe, ob ich gerade richtig gehört habe, sondern ich darf in aller Zurückhaltung auch sagen, dass ich bei meinen Kollegen der Sozialdemokratie, die mir gegenübersitzen, auch feststellte, dass das einigermaßen überraschend für sie gewesen sein dürfte.
Nun könnte ich die paar Minuten, die ich hier habe, nutzen, um über den Zustand dieser Koalition zu reden, wo der größte Koalitionspartner vom kleinen Koalitionspartner im Rechtsausschuss gesagt bekommt, dass er eine zentrale Berliner Regelung einfach in seinem Geschäftsbereich außer Kraft setzt. Das tue ich aber nicht, weil das Thema dafür zu ernst ist.
Es ist so, dass ganz wesentliche Elemente des Staates nur an einer Stelle geregelt werden können, und das ist im Parlament. Und darum sage ich auch Ihnen von den Regierungskoalitionen: Wollen Sie es wirklich zur Schule werden lassen, dass Kernfragen unseres menschlichen, unseres gesellschaftlichen Miteinanders durch exekutive Arroganz eines Einzelnen faktisch geregelt wird?
Das ist ein Akt exekutiver Arroganz und Überheblichkeit, wie ich ihn noch nicht erlebt habe. Das Parlament ist der einzige Ort, der wesentliche Fragen des Staates regeln kann. Und wir haben das geregelt. Es gilt in Berlin ein Neutralitätsgesetz. Wir haben heute in der Fragestunde von der Senatorin für Schule und so weiter, Frau Scheeres, hören dürfen, welche Relevanz dieses Neutralitätsgesetz für den Bereich der Schulen hat und warum sie und die Sozialdemokraten zu Recht dieses Gesetz verteidigen und das Urteil des Bundesarbeitsgerichts nicht gut finden.
(Stefan Ziller)
Frau Scheeres hat eingehend dargestellt und belegt – und jeder, der mit offenen Augen durch diese Stadt läuft, weiß das auch –, dass das Kopftuch im Schulbetrieb das Konfliktpotenzial überhaupt ist, unsere Gesellschaft spaltet, Probleme schafft und unabsehbare Folgen mit sich bringt.
Und nun stellen Sie sich vor, dass dieses Kopftuch Einzug hält in den Justizdienst. Dass wir nun mehr Richterinnen und Staatsanwältinnen bekommen werden, die als Amtsträger, als Verkörperung der staatlichen Macht im Sinne unserer Gewaltenteilung, mit diesem eben gerade nicht neutralen Symbol auftreten, obwohl der Kernbestand unserer freiheitlich-demokratischen Grundordnung ist, dass unser Staat neutral und unvoreingenommen seinen Bürgern gegenübertritt. Das ist inakzeptabel.
Man kann auch die fortgehende grüne Trumpisierung, will ich das mal nennen, unserer Landespolitik nicht weiter geschehen lassen.
Das ist ein Senator für Fake-News. Er verbreitet überall, das Bundesverfassungsgericht würde das so sehen. Das hat mich kurz verunsichert, weil ich ja als staatsgläubiger Mensch davon ausgehe, dass ein Senator für Justiz die Wahrheit sagt. Das Bundesverfassungsgericht, Beschluss vom 14. Januar 2020, stellt schon im Leitsatz fest: Das Kopftuchverbot für Rechtsreferendarinnen ist verfassungsgemäß.
Wir haben eine Regelung, die voll und ganz verfassungsgemäß ist, und wir werden diese Regelung verteidigen.
Mein Appell, meine Bitte richtet sich insbesondere an die Sozialdemokraten in unserem Haus, dass sie sich zum einen nicht bieten lassen – genauso wenig wie die Opposition sich das bieten lassen darf und eigentlich auch nicht die Kolleginnen und Kollegen der Grünen und der Linken, wenn sie ihren Parlamentsauftrag ernst nehmen würden –, dass eine Debatte nicht geführt wird, dass ein Gesetz nicht beachtet wird, und dass ein Einzelner meint, Fakten schaffen zu können.
Der zweite Punkt ist: Wir müssen heute die freiheitlichdemokratische Grundordnung, zu der eben die Neutralität unseres Staates gehört, verteidigen.
Denn es gilt Folgendes – ich zitiere –:
Inakzeptable Haltung von Dirk Behrendt. Ob das Neutralitätsgesetz dem Grundgesetz entspricht, kann nur das Bundesverfassungsgericht entschei
den. Der eigene Senator stellt sich gegen den Sinn des geltenden Rechts. Er ist der falsche Mann an der Spitze der Berliner Justiz.
Zitat Ende. – Derjenige, der das auf Twitter kürzlich geschrieben hat, ist der hochgeschätzte Kollege Dr. Fritz Felgentreu, zehn Jahre rechtspolitischer Sprecher der SPD in diesem Haus, heute Bundestagsabgeordneter. Und ich kann das nicht besser sagen. Er hat damit recht: Stoppen Sie mit ihm und mit uns diesen Irrsinn. – Vielen Dank!
Vielen Dank, Herr Präsident! – Herr Kollege Fresdorf! Ich bedanke mich bei Ihnen, dass Sie der Wahrheit hier Geltung verschafft haben, und möchte Sie fragen, ob Sie mit mir darin übereinstimmen, dass das Land Berlin insbesondere im Bereich der Strafverfolgungsbehörden – konkret der Staatsanwaltschaft – nicht die Kapazitäten hat, um Staatsanwälte als Aufpasser neben in Ausbildung befindliche Staatsanwälte bzw. Rechtsreferendare zu setzen? Teilen Sie mit mir den Eindruck, dass es besser wäre, wenn die ausgebildeten Staatsanwälte Strafverfolgung betreiben, anstatt Kindergärtneraufgaben wahrzunehmen?
(Sebastian Schlüsselburg)
Verehrte Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Ich habe Herrn Schlüsselburg so aufmerksam zugehört wie noch nie, weil ich wissen wollte, warum wir heute eigentlich darüber reden wollen. Ich musste sehr in mich hineinlächeln, als Herr Schlüsselburg jede Menge Lob an alle möglichen Beteiligten verteilt hat.
Es ist sogar für sich genommen berechtigt, allerdings hat er eins vergessen: All das, was im Rahmen der Vermögensabschöpfung geschehen kann und zum Teil schon geschieht, und das, was diese Koalition jetzt bigotterweise auch noch erweitern will, ist im Deutschen Bundestag nur mit den Stimmen der CDU/CSU und der SPD beschlossen worden.
Diese Partei, die sich jetzt gerade für diese Regelungen und ihre Erweiterung ausgesprochen hat, hat im Bundestag dagegen gestimmt –
wie im Übrigen auch die Grünen, die sich heute hier ja auch noch verhalten werden. Das ist doch nur peinlich; das ist bigott und zeigt im Übrigen, dass nichts Aufrichtiges an Ihrem Anliegen ist.
Den Ländern ist der Vollzug dieser Vorschriften zugewiesen, und darum haben die Länder erste Erfahrungen auf der Basis bundesgesetzlicher Regelungen gesammelt. Dass dann, wenn man zum Vollzug von Bundesrecht kommt, Erfahrungswerte entstehen, die es womöglich mit sich bringen, dass man Bundesrecht an der einen oder anderen Stelle nachbessern kann, ist ganz selbstverständlich. Darum haben auch wir als CDU-Fraktion hier im Abgeordnetenhaus einen entsprechenden Antrag eingebracht. Dem konnte die Koalition nicht zustimmen. Warum nicht? – Nicht, weil sie den Antrag an sich falsch fand, sondern wahrscheinlich weil CDU darauf stand. Wir sind nicht so kleinlich, darum werden wir Ihrem Antrag heute zustimmen, denn jeder Schritt zur Vermögensabschöpfung ist ein guter. Wir sind aber konsequent und in uns schlüssig: Wir stimmen im Land Berlin zu, und wir stimmen in Deutschen Bundestag zu.
Ich nutze die Gelegenheit hier noch, um zwei Dinge anzumerken: Aus dem Antrag der Koalition spricht ein, wie ich finde, unverschämtes Misstrauen gegen unsere Notarinnen und Notare heraus. Das weise ich ausdrücklich für die CDU-Fraktion zurück. Ich gehe davon aus, dass die Notarinnen oder Notare ihren Amtsauftrag redlich erfüllen und sich im Rahmen der gesetzlichen Vorschriften bewegen. Ich lese da einen Duktus heraus, der unterstellt, dass da weggeguckt wird. Das gefällt mir überhaupt nicht.
Und der zweite Punkt ist – da sind sie eigentlich zuständig, Herr Schlüsselburg –: Der Vollzug dieser Vorschriften, die Sie jetzt auch auf Bundesebene ändern wollen, liegt bei uns im Land. Darauf kam ich bereits zu sprechen. Und der Vollzug liegt bei Herrn Behrendt. Das ist derjenige, von dem der Deutsche Richterbund gestern geschrieben hat, es wäre schön, wenn sich der Justizsenator um Justiz kümmern würde. Das sind nicht meine Worte, sondern die des Deutschen Richterbunds – Landesverband Berlin. Wir werden mal schauen, ob der Justizsenator, der sich bislang nicht um Justiz kümmert, sich vielleicht in dem Fall darum kümmert, dass die Vermögensabschöpfung, da, wo sie vollzogen werden muss, nämlich im Land Berlin, auch wirklich funktioniert. – Vielen Dank!
Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Lieber Herr Schlüsselburg! Lieber Herr Kohlmeier! Wir müssen uns heute mit einem dringlichen Antrag an Sie und an das Parlament wenden, weil wir der Meinung sind, dass wir als Berliner Abgeordnetenhaus nicht weiter zuschauen dürfen,
wie der mutmaßlich größte und gefährlichste Hackerangriff auf die Berliner Justiz-IT unaufgeklärt und ohne erkennbare Schlussfolgerung bleibt. Wir müssen feststellen, dass unser Berliner Kammergericht als höchstes ordentliches Berliner Gericht hinter allen anderen Gerichten in Deutschland zurücksteht, was Modernität und Digitalisierung angeht. Man kann den Eindruck haben, wenn ich es zugespitzt formulieren sollte, dass das Kammergericht sich auf dem digitalen Niveau befindet, in dem es einst war, als es vor unterdessen 552 Jahren gegründet wurde. Das ist nicht witzig, das ist traurig, und es ist bis heute vor allem vollkommen unklar, was im September 2019, vor also vier Monaten, geschah.
Ein erst durch mediale Berichterstattung bekannt gewordenes Gutachten führt unter anderem aus, ich zitiere: Einem motivierten Angreifer wäre es möglich gewesen, diese Infrastruktur – damit sind Mängel in der ITInfrastruktur des Kammergerichts gemeint – auszunutzen, um fast jedes Gerät zu infizieren. Eine vollumfängliche Analyse konnte darüber bislang nicht durchgeführt werden, weil die Kosten dafür zu hoch erschienen.
Unbedingt!
Herr Kollege Friederici! Man könnte fast glauben, dass die Frage abgestimmt ist, da sie nämlich sehr gut auf das hinführt, worauf ich gleich kommen will. Dazu erlauben Sie mir, dass ich noch ein weiteres Zitat bringe. In diesem Gutachten, auf das ich noch eingehen muss, heißt es
(Stefan Förster)
nämlich, es liege ein schwerwiegender Fall einer Infektion mit nicht abzuschätzenden Folgen für das Netzwerk, die Systeme und Daten des Kammergerichts vor. Und später schreiben die Gutachter – Zitat:
Wir weisen … ausdrücklich darauf hin, dass ein Angreifer höchstwahrscheinlich in der Lage gewesen ist, einen verborgenen Account anzulegen und den gesamten Datenbestand des KG zu exfiltrieren und zu manipulieren …
Lieber Kollege Friederici! Diese Zitatenreihe ist nicht nur dramatisch, sondern sie ließe sich qualitativ und quantitativ fortsetzen. Diese Erkenntnisse stehen, lieber Kollege Friederici, in einem klaren Widerspruch zu den Aussagen des Senators Behrendt, der im Oktober 2019 im Rechtsausschuss wörtlich sagte:
Ich bin auch froh, dass es nach unserem bisherigen Kenntnisstand keinen Datenabfluss gegeben hat.
Kollege Stettner? – Immer gerne!
Nach meinem Eindruck ist das nicht so, lieber Kollege Stettner! – Herr Kollege Kohlmeier! Sie können auch noch eine Frage stellen.
Sie sind ja bekannt dafür, dass Sie ein großes Aufklärungsinteresse haben. – Zum Kollegen Stettner: Es ist vollkommen inakzeptabel und bestenfalls Ausdruck eines gefährlichen Desinteresses des Justizsenators an Justiz,
dass der sich nicht für Justiz interessierende Herr Behrendt das Parlament eben nicht proaktiv über diesen veränderten Sachverhalt informiert hat, obwohl ihn unsere Verfassung zur Information des Parlaments verpflichtet.
Mal wieder haben Sie alle, auch Sie, lieber Kollege Kohlmeier, soweit mir bekannt ist, erst aus den Medien erfahren müssen, dass es diese Diskrepanz, die nicht unerheblich ist, gibt.
Dann kommt gestern, lieber Kollege Stettner, eher zufällig im Rechtsausschuss heraus, dass das Gutachten, das uns der Senator erst nach der Medienberichterstattung gnädigst überlassen hat, angeblich nicht vom 23. Dezember 2019 sei – dieses Datum trägt das Gutachten, das uns vom Büro des Senators überlassen wurde –, sondern es soll angeblich erst vom 23. Januar 2020 sein.
Das wird im Übrigen erst auf Nachfragen verschiedener Abgeordneter, übrigens auch des Kollegen Kohlmeier, erläutert, und es kommt dann heraus, dass es mehrere Gutachten geben soll.
Nun beginnt die Quadratur des grünen Kreises: Es gibt nicht nur mehrere Gutachten, sondern es soll auch Arbeitsentwürfe von Gutachten geben. Wie viele, ist bis heute nicht bekannt.
Herr Behrendt behauptet nun, dass er dieses Gutachten, das das Datum 23. Dezember 2019 trägt, das eigentlich vom 23. Januar 2020 sein soll, erst am 27. Januar 2020 erhalten und dann umfassend und sofort das Parlament informiert hat.
Das ist ein ganz offensichtliches Täuschungsmanöver.
Maßgeblich kann nämlich nur sein, wann der dem Parlament gegenüber verantwortliche Senator von diesen drastischen Inhalten erfahren hat. Dabei spielt es ganz sicher keine Rolle, ob es ein erstes Gutachten mit richtigem Datum, ein zweites Gutachten mit falschem Datum, ein drittes Gutachten, das wir noch nicht kennen, ein Entwurf oder irgendein Arbeitsentwurf ist, ob es mündlich oder sonst wie erfolgt ist oder welche sprachliche Verschränkung sich die grüngeführte Justizverwaltung noch ausdenkt. Maßgeblich ist: Wann hat der Senator von der veränderten Sachlage erfahren? – Diese Frage ist bis heute unbeantwortet. Und selbst die für Herrn Behrendt beste Interpretation ist vernichtend und stellt seine Eignung für dieses Amt erneut infrage.
Wenn es nämlich tatsächlich so ist, wie er nun behauptet oder behaupten könnte, dass er erst Anfang dieser Woche von den Inhalten des Gutachtens erfahren haben sollte,
dann stellt sich doch folgende Frage: Im September gab es diesen nicht zu unterschätzenden und nicht kleinzuredenden Angriff auf unser Kammergericht. Dieser hat zur Lahmlegung des Gerichts geführt und zur Beschränkung seiner Funktionsfähigkeit bis heute. Und da will der Senator nicht im Oktober nachgefragt haben: Wie ist denn der Sachstand? – Er will auch nicht im November nachgefragt haben: Wie ist der Sachstand?
Er hat auch angeblich nicht im Dezember nachgefragt: Wie ist der Sachstand? – Und er will auch nicht im Januar nachgefragt haben, wie der Sachstand ist.
Unabhängig davon, ob Sie das als glaubhaft empfinden, frage ich Sie: Wenn er tatsächlich so passiv ist und gewartet hat, bis er irgendwann ungefragt ein Gutachten erhält, dann kann ich nur feststellen: Unsere Berliner Justiz hat keinen passiven und desinteressierten Justizsenator verdient, sondern braucht jemanden, der voranschreitet, der aufklärt, der uns informiert und mit uns Lösungen erarbeitet und die durchsetzt. Davon ist hier gar nichts gegeben.
Erkennbar hat Herr Behrendt weder das erforderliche Einsehen noch das nötige Interesse. Der Umbau der Justiz wird viele Millionen Euro kosten, Geld, das wir für diese Digitalisierung zu bewilligen haben werden. Dafür brauchen wir aber auch erst mal einen aufgeklärten Sachverhalt und eine auskömmliche Information. Das ist offenbar nicht durch die Senatsverwaltung für Justiz zu gewährleisten. Darum braucht es diesen heute von uns vorgeschlagenen externen und unabhängigen Sonderbeauftragten. Bedenken Sie bitte, verehrte Kollegen der Regierungskoalition – ich komme damit zum Ende, Frau Präsidentin –: In der Vergangenheit haben wir in dem Geschäftsbereich der Justiz häufiger, im Übrigen von den jeweiligen Senatoren –
Genau!
aktiv ausgehend, bei Vorfällen, die in ihrer Dramatik bei Weitem nicht mit dem gegenwärtigen Vorgang mithalten können, Sonderermittler eingesetzt.
Das war bei MODESTA so. Das war kürzlich bei Entweichungen aus Haftanstalten so. Jetzt fragen Sie sich bitte: Schreit dann nicht erst recht dieser Sachverhalt danach, dass wir hier auch einen externen Sonderermittler brauchen? – Vielen Dank!
Vielen Dank, geschätzter Kollege Kohlmeier! – Mit Verlaub: Es ist auch die erste und nicht eine weitere Zwischenfrage von mir. – Ich wollte Sie fragen, lieber Kollege Kohlmeier: Ist das Kammergericht gegenüber dem Parlament, gegenüber dem Berliner Abgeordnetenhaus rechenschafts- und informationspflichtig, oder ist das der Senator für Justiz? Und ich frage Sie, ob Sie sich nach dem Verlauf der gestrigen Rechtsausschusssitzung gut informiert fühlen und in der Lage sind, einen beständigen und unstreitigen Sachverhalt zur Grundlage Ihrer politischen Entscheidungen machen zu können.
Frau Präsidentin! Lieber Kollege Kohlmeier! Sie haben erstens meine Frage nicht beantwortet, ob Sie sich durch den politisch verantwortlichen Vertreter der Senatsverwaltung für Justiz im Rechtsausschuss gestern und überhaupt ausreichend informiert fühlen. Das spricht für sich.
Zweitens: Sie haben mich offensichtlich falsch verstanden oder – wie ich Sie kenne und schätze – versucht, anhand von Formalien erklären zu können, warum Sie diesem Anliegen der Union nicht folgen wollen, weil es Ihnen, glaube ich, in der Sache schwerfällt. Natürlich geht es mir ausdrücklich darum festzustellen, dass ich mich – und meine Fraktion – nicht ausreichend informiert sehe durch den Senator für Justiz. Ich denke, ich habe das auch belegt. Darüber hinaus haben ich und meine Fraktion nicht das Vertrauen in Herrn Behrendt, dass er den Willen und das Interesse hat, diesen schwerwiegendsten Vorfall aller Zeiten – Sie selbst sprechen vom SuperGAU, das ist vollkommen zutreffend – mit der nötigen gebotenen Schärfe, mit der richtigen politischen Schwerpunktsetzung und mit der Offenheit so aufzuklären, dass wir nach allen Kräften für die Zukunft vermeiden können, dass es eine Wiederholung gibt. Ich habe darüber hinaus begründete Zweifel daran, dass Herr Behrendt die Sensibilität hat, die betroffenen Beamten, die betroffenen Richter, u. U. die betroffenen V-Leute, die betroffenen Prozessbeteiligten in dem Maße zu informieren und ggf. zu schützen, dass für diese Personen keine Gefahren aus diesem Hackerangriff entstehen.
Ich habe bisher nicht vernommen, dass Herr Behrendt überhaupt ein Interesse daran hat zu ergründen, woran dieser Hackerangriff eigentlich liegt, also wer der oder die Täter waren. Er lässt es zu, dass in der Öffentlichkeit von organisierter Kriminalität bis hin zu einem Angriff
(Sven Kohlmeier)
Russlands oder Chinas oder was auch immer spekuliert wird. Das alles ist weder für einen funktionierenden Rechtsstaat gut, noch dient es einer sachlichen Aufklärung. Und schließlich, Herr Kollege Kohlmeier, fehlt mir Ihre Erklärung dafür, warum Sie als langjähriges Rechtsausschussmitglied mit mir gemeinsam schon zahlreiche Sonderermittler und Beauftragte erleben durften – angefangen hat das mal bei der Senatorin von der Aue im Jahr 2006, als da nämlich MODESTA, ein IT-System der Staatsanwaltschaft, kostspielig, mit einem Schaden von weit über 1 Million Euro in den Sand gesetzt wurde; da wurde auch ein externer Sonderermittler eingesetzt. Da hat übrigens der Abgeordnete Behrendt auch diesen Vorgang sehr aktiv begleitet. Ich hatte bisher keine Zeit, aber ich suche mir noch mal raus, was er damals von 2006 bis 2011 dazu gesagt hat. Mal gucken, ob er sich daran messen lassen will als jetziger Senator.
Wir haben kürzlich erst beide frierend an der JVA Plötzensee gestanden, als es da zu spektakulären Ausbrüchen kam. Da hat der Senator aktiv einen Sonderermittler eingesetzt, extern, einen Abteilungsleiter aus einem anderen Bundesland, der einen Abschlussbericht vorgelegt hat, auf dessen Basis wir im Rechtsausschuss diskutiert haben. Und wollen Sie mir jetzt als IT-affiner Mensch sagen, dass dieser Angriff auf unser Kammergericht mit all den Folgen, die wir bis heute nicht übersehen können, weniger schwerwiegend ist als die Entweichung aus der Jugendstrafanstalt z. B. oder die Geschichte MODESTA, um nur zwei Beispiele zu nennen? Das werden Sie sicher nicht wollen.
Ja, Frau Präsidentin! – Und dass der Senator an dieser Stelle anders als in der Vergangenheit –
Herr Lux, nicht so aufregen, sonst fallen Ihnen noch die letzten Haare aus, das wollen wir nicht! Ruhig bleiben! – Und dass der Senator anders als – –
Ich bedanke mich!
Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Wir müssen Sie zu später Stunde noch mit einem Thema beschäftigen, das ernst ist. Anlass für den Antrag, den wie hier zu debattieren haben, waren unerträgliche Bilder, die leider aus unserer Stadt Berlin in die Welt gegangen sind, dass
nämlich vor unserem Brandenburger Tor die Fahne des Staates Israel verbrannt wurde.
Gut ist, dass sich fünf von sechs Fraktionen hier im Hause einig sind, dass wir ein solches Verhalten nicht tolerieren wollen, dass wir das tun, was ein Staat, eine Gemeinschaft macht, wenn sie ein Verhalten als nicht normkonform erachtet: es unter Strafe stellen wollen.
Schlecht ist, dass dieser Antrag hier und heute trotzdem keine Mehrheit finden wird. Das liegt an folgendem Umstand: Die SPD hat – das kann man nicht hoch genug anerkennen – im Ausschuss für Verfassungs- und Rechtsangelegenheiten, Geschäftsordnung, Verbraucherschutz, Antidiskriminierung offen dargelegt, dass sie so, wie im Deutschen Bundestag im Übrigen auch, unserem Anliegen gerne folgen wollte.
Auch die Grünen haben das zu verstehen gegeben. Von daher geht es eigentlich nicht um die Sache.
Es ist ja auch sachlich nicht zu erklären, warum man es als Staat tolerieren und nicht als strafwürdig erachten sollte, ausländische Fahnen in unserer Öffentlichkeit zu verbrennen. Wir haben derzeit schon eine Regelung, wonach das Verbrennen der Bundesflagge unter Strafe gestellt ist – vollkommen zu Recht.
Wir haben derzeit schon eine Regelung, nach der es strafrechtlich sanktioniert ist, ausländische Flaggen zu verbrennen, wenn sie aufgrund einer Rechtsvorschrift öffentlich angebracht sind oder bei brauchtumsbezogenen Veranstaltungen getragen werden. Wenn sich aber eine Gruppe zusammenrottet und der Meinung ist, ihre – aus meiner Sicht bei Weitem nicht mehr bestehende – Meinungsfreiheit so zu missbrauchen, eine Flagge eines ausländischen Staates, im konkreten Fall diejenige Israels, an einem prominenten Platz in unserer Hauptstadt zu verbrennen, dann ist das nicht strafbar. Das ist nicht zu rechtfertigen; das haben auch Sozialdemokraten und Grüne erkannt, die Opposition hier sowieso.
Trotzdem wird das Haus heute diesem Antrag keine Zustimmung geben. Die Koalitionsmitglieder von SPD und Grünen haben es im Ausschuss für Verfassungs- und Rechtsangelegenheiten, Geschäftsordnung, Verbraucherschutz, Antidiskriminierung deutlich gesagt: Das liegt am Verhalten der Linkspartei. – Darüber müssen wir heute reden.
Ich habe Verständnis für Koalitionszwänge, für Fraktionszwänge und auch für Parteizwänge und für alle möglichen Zwänge darüber hinaus.
(Florian Kluckert)
Aber ich kann nicht verstehen, warum die Linkspartei hier ihren Koalitionsjoker zieht und Grünen und SPD und damit dem Haus hier insgesamt versagt, dass aus der Stadt und in dem dafür berufenen Parlament ein klares Zeichen gegen diese Unart gesetzt wird, Fahnen ausländischer Staaten, insbesondere Israels, zu verbrennen.
Da es dafür ganz offensichtlich keinen Sachgrund gibt, müssen wir uns die Frage stellen: Warum benehmen die sich hier so? Warum tun sie das? – Ich habe keinen sachlichen Grund im Rechtsausschuss gehört; ich vermute, ich werde auch heute keinen hören. Insofern muss ich spekulieren: Ich habe die große Sorge, dass dies allein daran liegt, dass das ein Kniefall der Linkspartei vor antizionistischen Linksextremisten ist. Und das muss man so benennen, wie es ist: Das ist ekelerregend.
Verehrter Herr Präsident1 Meine Damen und Herren! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Ich darf vielleicht mit einer Frage beginnen: Können Sie sich daran erinnern, dass der Justizsenator des Landes Berlin hier einmal zu einem justizpolitischen Thema geredet hat, ein justizpolitisches Vorhaben hier eingebracht hat?
Oder können Sie sich mit mir auch nicht daran erinnern, dass er sich mit einem ähnlich missionarischen Einsatz, mit einer missionarischen Kraft dieser Art und Güte für gute Staatsanwaltschaften, für gut ausgestattete Gerichte, für funktionierende Haftanstalten oder für eine gute Juristenausbildung eingesetzt hat?
Ich kann mich daran nicht erinnern, und wenn Sie mit mir zu dem gleichen Ergebnis kommen, dann sehen Sie auch schon einen Kern der Kritik an diesem grünen Vorhaben. Es ist nämlich so: Wenn Sie heute einen Berliner fragen würden, was denn aus seiner Sicht ein prioritäres Problem in der Berliner Politik ist, dann wird Ihnen ganz bestimmt kein Berliner sagen, dass ein prioritäres Problem Berliner Politik ist, dass Bürgerinnen und Bürger durch den öffentlichen Dienst des Landes Berlin diskriminiert werden.
Und wenn Sie mit mir die gleiche Antwort auf diese Frage haben, dann wird sehr schnell freigelegt, worum es hier eigentlich geht: Es wird in diesem Gesetz nur noch die äußere Form guter Gesetzeskunst gewahrt, indem nämlich im § 1 die Ziele des Gesetzes vorangestellt werden – Herr Behrendt hat diese Ziele ja zitiert, und er meint, es gehe dabei um die Verhinderung von Diskriminierung.
Nach meinem Dafürhalten ist es tatsächlich so: Es ist ganz offensichtlich – und auch die Rede von Herrn Walter gerade hat es gezeigt – moralgetränktes Gutmenschentum,
das mit diesem Gesetzentwurf von eklatantem Regierungsversagen ablenken und ein Nichtthema zum Thema erheben will.
Sie haben in Ihrer Koalition eine unterirdische Stimmung, eine Endzeitstimmung, und Sie wollen damit von der Handlungsunfähigkeit oder der Handlungsunwilligkeit, die eigentlichen Probleme Berlins betreffend, ablenken. Und wenn man eben keine eigenen gemeinsamen Ziele mehr hat, dann nutzt man die moralische Überhöhung und das Sich-selbst-über-alle-andere-Stellen, um irgendwie aus dieser Defensive herauszukommen.
Wenn man keine gemeinsamen Ziele hat wie Sie, dann braucht man ein gemeinsames Feindbild, und genau das versuchen Sie heute, künstlich zu erzeugen!
Denn – und das werden wir auch gleich wieder zu hören bekommen – es ist ja ganz einfach für Die Linke: Wer gegen ein Antidiskriminierungsgesetz ist, der muss ja für Diskriminierung sein. Das werden wir uns gleich alles anhören dürfen. Dabei ist es im Kern nur die Pinselung der grünen Seele, und es ist vollkommen unverständlich, warum die SPD daran teilnimmt. Ein durchschnittlicher SPD-Wähler wird Ihnen das ganz sicher nicht danken.
Wir machen da jedenfalls nicht mit, und es liegt ja auf der Hand: Ihr Gesetzentwurf ist schon handwerklich beschämend. Ich stelle mir geradezu vor, wie ein abgeordneter Richter in der Senatsverwaltung für Justiz gezwungen ist, dieses grüne politische Vorhaben irgendwie in die Äußerlichkeiten eines anständigen Gesetzentwurfes zu packen, in dem es letztendlich nur um grüne Umerziehungsmoral geht, was ganz schnell deutlich wird: Hier stand nicht Herr Behrendt, Mitglied von Bündnis 90/Die Grünen, sondern der Justizsenator, der jetzt eine Behörde, eine öffentliche Stelle leitet. Es steht ihm gar nicht frei – wenn er denn nicht diskriminieren will –, eine Frage zuzulassen und die andere nicht, nur weil sie ihm politisch nicht genehm ist.
Ist das nicht auch Diskriminierung? – Nein, aus seiner Sicht ist es das natürlich nicht, weil allein die Grünen hier im Haus entscheiden, was Diskriminierung ist und was nicht.
So ist auch dieser ganze Gesetzentwurf gearbeitet: Man merkt – wenn man sich anschaut, welche Verrenkungen der arme Referent dort betrieben hat, um hier überhaupt
(Sebastian Walter)
die Notwendigkeit einer Gesetzgebung abzuleiten –, und es wird sehr schnell deutlich, dass man dieses Gesetz nicht braucht, weil es ein über allem stehendes Diskriminierungsverbot in unserem Grundgesetz gibt, das vollkommen ausreicht.
Sie reihen einen unbestimmten Rechtsbegriff an den anderen. Es gibt schlichtweg gar keinen klar umrissenen Tatbestand. Sie setzen die Rechtsanwendung vor vollkommene Unklarheiten, und das wird, sollte es zu Verfahren kommen, zu einer kaum hinnehmbaren Kakophonie in der Rechtsprechung führen. Das sind Allgemeinplätze, die keiner braucht. Sie adressieren unseren öffentlichen Dienst, und ich finde es unverschämt, dass dieses potenzielle Misstrauen unseren Bediensteten entgegengebracht wird. Sie regieren hier in abwechselnden Farbspielchen seit Jahrzehnten unsere Stadt und meinen jetzt ernsthaft, dass der öffentliche Dienst unserer Stadt potenziell Menschen diskriminiere, dass es ein Diskriminierungsproblem gebe. Wenn das im Übrigen so wäre, müssten Sie sich einmal die Frage stellen, wer die politische Verantwortung dafür trägt. – Die Frage bleibt aber auch unbeantwortet.
Sie legen heute ein Gesetz vor, das handwerklich so fehlerhaft ist, dass man keine juristische Prüfung damit bestehen würde. Sie werden damit in der Rechtsanwendung eine Vielzahl von Problemen schaffen und kein einziges Problem lösen. Das Gesetz hat allein den Sinn und Zweck, die grüne Seele zu streicheln und vom Versagen Ihres Regierungshandelns abzulenken. Tatsächlich diskriminieren Sie alle, die sich an Recht und Gesetz halten und sehenden Auges ertragen müssen, was Sie nicht nur am Görlitzer Park täglich zulassen. Sie diskriminieren Eltern, Lehrer und Schüler, die einfach nur wollen, dass Kinder in ordentlichen Schulen ordentlichen Schulunterricht bekommen. Und sie diskriminieren den Verkehrsteilnehmer, der einfach nur zur Arbeit fahren oder seine Kinder zur Schule bringen will, indem Sie durch eine ideologisch geprägte Verkehrspolitik, gepaart mit handwerklicher Unfähigkeit, etwas Ordentliches auf die Beine zu stellen, zu einem Verkehrschaos in dieser Stadt geführt haben. Gehen Sie diese Probleme an und schaffen Sie sich nicht ideologisch geprägte Phantasieprobleme! – Vielen Dank!
Ich muss das Pult hier erst einmal ein bisschen hochfahren.
Nicht immer nach den Äußerlichkeiten gehen!
Verehrte Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Dieser großrhetorische Auftritt des Herrn Schlüsselburg hat nur vereinzelte Genossinnen und Genossen aufgeweckt. Das hat Gründe. Es ist nämlich wenig glaubhaft, darzustellen, dass das Thema Vermögensabschöpfung und die Bekämpfung der organisierten Kriminalität für die rot-rot-grüne Koalition so wichtig ist, wenn der eigene Justizsenator nicht einmal anwesend ist. Das ist schon sehr peinlich.
Wenn man dann darüber hinaus meint, feststellen zu müssen,
dass wir mit unserem Antrag nachziehen müssten, und einfach ins Blaue hinein behauptet, dieser Antrag sei einen Tag später gestellt worden, so kann jeder, den es interessiert, nachlesen, dass unser Antrag dasselbe Datum trägt wie der Ihre. Ich glaube, Sie haben da nachgezogen. Vieles spricht jedenfalls dafür.
Besonders amüsant ist es aber, wenn man sich Folgendes vor Augen führt: Herr Schlüsselburg hat darauf hingewiesen, dass die Basis in der rechtlichen Betrachtung der Bekämpfung organisierter Kriminalität durch Vermögensabschöpfung in einem am 1. Juli 2017 in Kraft getretenen Gesetz zur Reform der strafrechtlichen Vermögensabschöpfung liegt. Dieses Gesetz hat die große Koalition im Bund auf den Weg gebracht, und zwar auf Initiative der Bundestagsfraktion der CDU/CSU. Ich freue mich, dass die linke Koalition in Berlin diese Politik der Union im Bund stützt.
Darüber freue ich mich insbesondere deshalb, weil ein Abgeordneter der Linkspartei – er heißt Jörn Wunderlich – im Bundestag zu diesem Gesetz damals geredet hat. Dabei hat er ganz viel Unfug erzählt; das erspare ich Ihnen. Aber ich lese Ihnen einmal vor, wie seine Rede zu diesem Tagesordnungspunkt endete. Das können Sie nachlesen auf Seite 22 656 der Protokolle des Deutschen Bundestages. – Sie merken, dort wird noch mehr geredet als bei uns. Jedenfalls endet seine Rede wie folgt – ich zitiere:
Alles in allem bleibt zu konstatieren: Das Gesetz wird seinem Ziel nicht gerecht, es begünstigt das Großkapital und belastet Gerichte und Staatsanwaltschaften über Gebühr, ohne für einen personellen Ausgleich zu sorgen oder entsprechende Regelungen zu treffen, und ist verfassungsmäßig zumindest bedenklich.
Aha!
(Sebastian Schlüsselburg)
Ich denke auch, mein lieber Herr Kollege Vorsitzender des Rechtsausschusses, da muss man schon in besonderer Weise über sozialistische Dialektik
verfügen, um hier so einen Auftritt zu liefern.
Eigentlich ist es auch schade, denn ich wollte meine Rede ganz anders beginnen, aber wenn man sich hier so danebenbenimmt, dann muss man eben auch einpacken.
Eigentlich wollte ich nämlich damit anfangen, dass die organisierte Kriminalität, die sich durch mafiöse Strukturen, durch Clans, aber auch durch andere Erscheinungen äußert, eigentlich ein gutes Thema ist, bei dem Demokraten, bei dem ein Parlament einmal zusammenstehen kann
und dieses Klein-Klein sein lassen muss. Aber dieses Niveau haben Sie von der ganz linken Seite eben nicht,
weil Sie sogar unsere Aktuelle Stunde heute zur 70-JahrFeier unseres Grundgesetzes pervertiert haben für kleine ideologische Streitigkeiten.
Eigentlich ist das ein Thema, bei dem man sagen muss: Man kann links stehen, man kann rechts stehen, man kann in der Mitte stehen, aber eines geht nicht, nämlich dass man den Rechtsstaat in besonders dreister und unverschämter Weise versucht, aufs Kreuz zu legen, sich darüber lustig macht und sich auf strafrechtlich relevant erworbenem Vermögen ausruhen kann, ohne dass etwas passiert. Da muss man mit einer guten Staatsanwaltschaft, mit guten Gerichten und vor allem mit einer Allianz aller hier vertretenen politischen Parteien sagen: Mit uns nicht! Wenn ihr euch mit uns anlegt, werdet ihr den Rechtsstaat in seiner ganzen Härte kennenlernen.
Dann muss man auch an gewissen Stellen nachsteuern, weil solche Prozesse natürlich dynamisch sind. Ich darf nur daran erinnern, dass bei einer Besprechung im Rechtsausschuss die Vertreterin der Staatsanwaltschaft sagte: Wir müssen jetzt auch erst einmal Dinge lernen. Wir haben jetzt zwar Beschlüsse, dass Vermögen und Immobilien eingezogen werden können, aber wie wir das administrieren, wissen wir gar nicht, weil das Neuland ist. – Darum sind solche Prozesse immer beweglich, und nicht statisch. Eine Idee, wo man noch besser werden kann, ist unser Antrag. Dazu gehört zum einen, dass der
Blick auch auf die Einnahmen von offenbar rechtswidrig erworbenen Immobilien gerichtet werden muss.
Jetzt würde Herr Schlüsselburg wahrscheinlich sagen, dass Herr Behrendt dargestellt hat, dass man das auch heute könne, indem man da gewisse Konstruktionen wählt. – Das ist richtig. Aber zwischen der Beschlagnahme von Immobilien im Sommer 2018, die ziemlich prominent durch die Öffentlichkeit ging, und dem Zeitpunkt, bis wir die Einnahmen aus diesen Immobilien – aus der Vermietung und Verpachtung – einziehen konnten, lag nun fast ein Jahr.
Das ist ein Problem. Diese Zeitspanne muss man verkürzen. Dazu dient dieser Antrag.
Ein weiterer Punkt – die Ziffer 2 unseres Antrags – ist, dass wir die Katalogstraftaten, die die Basis für die Durchführung der Vermögensabschöpfung sind, erweitern wollen, um Nischen zu schließen. Ich weiß gar nicht, was Sie dagegen haben können. Es ist schlichtweg nicht verständlich, warum Sie da herumkrakeelen.
Der Punkt drei –
Jawohl! – Jetzt muss ich mich wirklich beeilen: Der Punkt drei ist eigentlich eine Hilfestellung für den nicht anwesenden Justizsenator, der gesagt hat, die Notare sollen stärker mit der Justiz zusammenarbeiten und auffällige Vermögensgeschäfte und Immobiliengeschäfte melden. – Damit hat er vollkommen Recht. Das Problem ist nur, dass die Notare uns zutreffend mitteilen, dass sie das nach der derzeitigen Gesetzeslage nicht dürfen. Daher wollen wir die Gesetzeslage ändern, damit Notare das machen können.
Mein Schlusssatz wäre gewesen:
Ich denke, unser Antrag ist ganz gut. Und sogar der Antrag der Koalition ist ein vernünftiger Antrag. Wir können das gerne beides zusammentun, noch über Weiteres nachdenken und im Rechtsausschuss hoffentlich ein gemeinsames Signal der Stärke unseres Staates gegen organisierte Kriminalität senden.
Dazu müsste die Koalition aber vielleicht einmal andere Redner aufbieten als Lux oder Schlüsselburg.
Vielen Dank!
Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Ich bin mir nicht sicher, ob ich mit meinem Vorredner mithalten kann.
(Dr. Hans-Joachim Berg)
Ich bin mir auch nicht sicher, ob sich die antragstellende Fraktion, die AfD, obwohl hier ja gerade so eine Art parlamentsrechtliches Seminar gehalten wurde, in ausreichender Weise mit der Geschichte des Hammelsprungs in der deutschen Parlamentsgeschichte beschäftigt hat. Ich habe Ihren Antrag zum Anlass genommen, etwas zu recherchieren und dabei festgestellt, dass der Hammelsprung 1874 in die Geschäftsordnung des Deutschen Reichstages und am Ende desselben Jahres in die Geschäftsordnung des Preußischen Landtages implementiert wurde. Das wird Ihnen wahrscheinlich abhandengekommen sein,
sonst würden Sie so glorreiche Leistungen der Vergangenheit nicht verändern wollen.
Für uns als Konservative mit Herz und Verstand gilt,
dass man bewährte Dinge nur dann ändert, wenn sich etwas denkbar Neues auch als besser erweisen könnte. Das ist hier erkennbar nicht der Fall. Wir wollen uns auch sicher keinen Bären aufbinden lassen. Ich will das Herrn Dr. Berg persönlich nicht unterstellen,
aber der Blick in andere deutsche Landtage und in den Deutschen Bundestag zeigt, dass die AfD Möglichkeiten der Geschäftsordnung im Kern nur dafür nutzt, Parlamentarismus ins Lächerliche zu ziehen
oder mit den Möglichkeiten der Geschäftsordnung Parlamentarismus infrage zu stellen.
Wer bitte?
Meine Toleranzgrenze ist ja sehr weit, aber nein, das heute nicht mehr zum Abschluss!
Ich komme zum Ende: Deshalb gibt es weder für uns als traditionsbewusste Parlamentarier eine Notwendigkeit der Veränderung, noch springen wir über jedes Stöckchen. – Vielen Dank!
Verehrte Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Nachdem wir gerade den linken Blick auf die Dinge gehört haben und zuvor den rechten Blick auf die Dinge, spricht nun die Mitte.
Und das Wesen der Mitte ist, einen Ausgleich zwischen den Interessen herzustellen, im Dienste der Gemeinschaft, unseres Landes. Dennoch muss man sicher eingangs zugestehen und auch zugespitzt formulieren, dass wir seit einiger Zeit schon eine Art linken Bildersturm auf unsere deutsche Sprache erleben. Das kann nicht geleugnet werden.
Ich darf Ihnen ein zutiefst befremdliches Beispiel aus meinem Heimatbezirk Mitte nennen. Dort gab es eine
(Sven Kohlmeier)
Fraktion in der Bezirksverordnetenversammlung aus dem linken politischen Spektrum, die wollte tatsächlich die BVV verpflichten, dass Anträge, die nicht gegendert sind, gar nicht mehr behandelt werden dürfen – die sollten als nicht eingebracht gelten – und damit jedem demokratischen Diskurs entzogen werden. Da frage ich mich: Warum diese Radikalität? Warum auch diese Radikalität in Wortbeiträgen, die ich gerade gehört habe?
Es soll angeblich darum gehen – so habe ich meinen geschätzten Kollegen Kohlmeier verstanden –, dass man Diskriminierung abbauen will.
Ich will diesen Gedanken kurz Ende führen. – Es soll angeblich darum gehen, Diskriminierung abzubauen. Da müssen wir uns erst einmal fragen: Was ist eigentlich Diskriminierung? – Ich habe den Eindruck, das ist so ein Zauberwort der Linken,
ein Zauberwort der Linken, um nicht mehrheitsfähige oder teilweise sogar verfassungsfeindliche Ideologien durch die Hintertür zum nicht kritisierbaren Standard zu erheben, wobei allein ein paar selbst ernannte Antidiskriminierer darüber entscheiden, was Diskriminierung eigentlich ist und was nicht.
Ich will versuchen, mich dem Thema insofern objektiv zu nähern: Objektiv gibt es gar keine nennenswerte Diskriminierung in unserer Sprache. Ich darf Bezug nehmen auf einen Artikel aus der „FAZ“ vom 27. Februar, der ist noch nicht alt. Da ist in der „FAZ“ vollkommen zutreffend festgehalten und auf den Punkt gebracht worden – Und jetzt hört mal bitte zu, Kollegen von der Linken!
Liebe Kolleginnen und Kollegen – wenn es Ihnen damit besser geht! – Es ist festgehalten worden, dass das grammatische Geschlecht, das Genus, mit dem natürlichen Geschlecht, dem Sexus, nämlich gar nichts zu tun hat. Durch unsere traditionelle Rechtschreibung gibt es also gar keine Diskriminierung von Geschlechtern. Es gibt allenfalls eine Diskriminierung für die, die eine solche aus politischen Gründen herbeireden wollen
oder die sie gar zur Rechtfertigung ihres politischen Tuns a priori brauchen, als Existenzberechtigung mit anderen Worten: Sie sind die Bilderstürmer unserer Tage. – Und da machen wir nicht mit!
Unsere Sprache muss verständlich sein und verbinden, anstatt zu trennen.
Sprache ist Heimat und Kulturtradition, und sie ist deshalb zu schützen und zu bewahren. Unsere Sprache wird in einem großen Sprachraum gesprochen, der weit über unser Land hinausgeht und von dem wir uns auch nicht abkoppeln dürfen und können. Von daher werden wir uns dafür einsetzen, unsere traditionelle Sprache, auch unsere Schriftsprache, zu schützen und zu bewahren.
Die AfD-Anträge sind indes aus formalen Gründen nicht zustimmungsfähig. Schauen Sie sich zum Beispiel Ihre Umsetzungsfrist an. Das ist tatsächlich nicht mehr realisierbar. Auch ist es so, dass versucht werden sollte, geschäftsordnungsändernde Anträge auf eine breite parlamentarische Mehrheit zu stellen. Wir werden versuchen, in der Ausschussberatung eine fraktionsübergreifenden Lösung zu erreichen. – Herzlichen Dank!
Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Wir hatten ja gestern nach dem Rechtsausschuss eine informelle Sprecherrunde, bei der ich mitgenommen habe, dass auch die Koalition durchaus offen ist, sich über das grundsätzliche Anliegen, das die FDP formuliert, Gedanken zu machen. Das sollten wir in der Tat tun, weil es gewisse Dinge einzustellen gibt in solche Überlegungen. Ich frage mich nämlich z. B., ob es wirklich sinnvoll ist, dass man diese Änderung, so wie Sie sich das vorstellen, als gebundene Entscheidung ausgestaltet, es also allein vom Antrag des Richters oder der Richterin abhängig macht. Kann man das überhaupt anders ausgestalten vor dem Hintergrund der richterlichen Unabhängigkeit, und wenn ja, wie könnte man das ausgestalten? Das sind Fragen, auf die man mal zwei, drei Minuten verwenden muss. Das kann man im Rechtsausschuss dann tun.
Grundsätzlich ist es so, dass unsere Stadt wächst. Grundsätzlich ist es so, dass die Pensionierungslöcher auch im Bereich des richterlichen Dienstes ankommen. Grundsätzlich möchte auch ich nicht, dass wir unsere Einstellungserwartungen und -voraussetzungen für den richterlichen Dienst weiter absenken, was ja bereits geschehen ist. Insofern kann das ein Instrument sein, das sinnvoll ist. Allerdings muss man auch auf der anderen Seite im Blick behalten, dass sich solche Entwicklungen auch wieder mal ändern können. Und wenn man dann eine gesetzliche Lage hat, die es allein davon abhängig macht, dass ein vor der Pension stehender Richter durch seinen bloßen Antrag zwingend dazu führt, dass er zwei oder drei Jahre weiterbeschäftigt wird, dann sind das auch Planungsrisiken und Haushaltsrisiken. Das können wir in Ruhe mal besprechen, wie man das vernünftige Anliegen, erfahrene Kräfte aus dem richterlichen Dienst für unseren Landesdienst zu behalten, in Ausgleich bringen kann mit einer vernünftigen Personal- und Haushaltsplanung. – Ich bin
jetzt auch schon fertig, lieber Herr Krestel. Aber ich kann hier noch stehenbleiben, damit Sie Ihre Frage stellen können.
Mein lieber Kollege Krestel! Auch wenn man das nicht unbedingt sieht, bin ich ja etwas jünger als Sie, das heißt, ich verfüge nicht über so viel Lebenserfahrung wie Sie. Meine überschaubare Lebenserfahrung sagt mir, es ist immer einfach, Dinge positiv zu schaffen. Es ist ungleich schwerer, Dinge wieder abzubauen. Darum sollte man sich dies immer gut überlegen, wenn man Ansprüche mal formuliert hat, denn diese zurückzufahren ist dann in praxi nicht so leicht, wie es theoretisch wohl möglich ist. – Vielen Dank!
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Wenn der Vortrag meines geschätzten Kollegen Kohlmeier eines gezeigt hat, dann ist es die Flexibilität der SPD im Laufe der letzten 15 Jahre.
Das ist in der Tat bemerkenswert. In der Sache habe ich jetzt nicht so viel erkannt. Das mag aber vielleicht daran liegen, dass Herr Kohlmeier von dem Ansatz, Drogenspürhunde im Strafvollzug einzusetzen, überzeugter ist, als es im Rahmen einer Linkskoalition mit einem grünen Justizsenator möglich ist. Ich danke der FDP, dass sie dieses Thema auf die Tagesordnung gesetzt hat, auch wenn es tatsächlich schon mal 2006 durch den damaligen rechtspolitischen Sprecher Dr. Kluckert aufgerufen wurde, denn das Thema ist nach wie vor aktuell.
Worum geht es? – In kurzen Worten: Es gibt Menschen, die behaupten, man komme in unseren Strafanstalten leichter an Drogen als auf den Straßen Neuköllns. Auch wenn ich immer noch hoffe, dass diese Beschreibung eine Zuspitzung ist, wird, glaube ich, niemand leugnen, dass es in unseren Strafanstalten ein erhebliches Drogenproblem gibt. Es gibt viele Kollegen, die regelmäßig abfragen, wie sich das Hellfeld in den Haftanstalten darstellt, was beispielsweise Drogenfunde, Handyfunde und Auffinden gefährliche Gegenstände angeht.
Ich kann da auf eine jüngere Schriftliche Anfrage von mir unter der Drucksachennummer 18/13292 über die Zustände in unseren Haftanstalten verweisen. Da wird nur das Hellfeld abgebildet, also das, was mit anderen Methoden gefunden wird, nämlich vor allem durch herkömmliche Haftraumkontrollen, beispielsweise bei Cannabis-Produkten. Es gibt ja hier einige Vertreter linker Parteien, die das harmlos finden. Dennoch findet man in Tegel durch die sehr eingeschränkten Kontrollen allein 2 379 Gramm nur an Cannabis, aber auch 50 Gramm Heroin, auch knapp 30 Gramm Kokain usw. Das sind vielleicht auch Drogen, die die linken Damen und Herren nicht mehr ganz so harmlos finden.
Wenn man sich diese Betrachtung anschaut und weiß, dass das Dunkelfeld deutlich größer sein wird, dann ist es umso schlimmer, wenn wir beachten, dass viele Menschen, auch gerade wegen ihrer Drogenabhängigkeit in kriminelle Karrieren abrutschen, die sie in unsere Strafanstalten führen. Wenn sie denn dort, wo wir sie eigentlich resozialisieren wollen, ungestört weiter konsumieren können, dann liegt das Staatsversagen auf der Hand. Das ist ein Versagen, das beschämt, weil es im strengst staatlich kontrollierten Raum erfolgt.
Ich habe am Beispiel Dunsthunde im Strafvollzug einen kostengünstigen Baustein im Kampf gegen Drogen im Strafvollzug und den Eindruck gewinnen müssen, dass
sich der für Justiz ja sowieso nicht allzu sehr interessierende Justizsenator
nicht nur nicht für die Zustände in unseren Haftanstalten interessiert, sondern sogar den Kampf gegen den Drogensumpf nicht wirklich ernsthaft betreiben will. Anders ist es für mich nicht zu erklären, dass die bereits durch uns in der letzten Koalition etatisierten und in der Beschaffung befindlichen Diensthunde als quasi erste Amtshandlung des neuen grünen Justizsenators mit geradezu kindlicher Freunde eingestampft wurden.
Dann muss man auch erklären, was man stattdessen machen wolle. Herr Behrendt hatte erklärt, er wolle dann im Wege der Amtshilfe auf die Diensthunde der Polizei zurückgreifen. Jetzt lassen Sie sich folgende Zahlen auf der Zunge zergehen: Im Jahr 2016 gab es nur 15 Einsätze im Wege der Amtshilfe mit Diensthunden der Berliner Polizei. Daran war dann bestimmt allein Thomas Heilmann schuld. Im Jahr 2017, wo allein der für Agrarrecht und Lebensmittel zuständige Senator Behrendt verantwortlich war, gab es nur noch 14 Diensthundeeinsätze in insgesamt acht Haftanstalten mit vielen Dienstgebäuden und mehreren Tausend Strafgefangenen. Sie werden feststellen können, dass das keine ernsthaften Drogenkontrollen ermöglichen kann und eben auch keine ernsthafte Alternative darstellt.
Und bei diesen Zahlen wird sehr schnell deutlich, dass mein Eindruck, dass der Kampf gegen Drogen nicht Sache des grünen Justizsenators ist, nicht nur eine politische Zuspitzung sein dürfte. – Vielen Dank!
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Vier Fraktionen haben für die heutige Aktuelle Stunde die Geschehnisse in der JVA Plötzensee seit dem 28. Dezember des letzten Jahres angemeldet. Auch die Sitzung des Rechtsausschusses gestern hat die Notwendigkeit der Anmeldung dieses Themas bestätigt. Der hollywoodreife Ausbruch aus der JVA Plötzensee und die nachfolgenden Verwirrungen um weitere entwichene Strafgefangene haben Berlin wieder einmal deutschland-, ja offenbar sogar europaweit bekannt gemacht, aber nicht so, wie wir es uns wünschen würden, im Sinne eines positiven Marketings, sondern ganz auf der Linie der bekannten Peinlichkeiten liegend, vom BER bis zur Landespolizeischule.
Und dann haben wir einen Justizsenator, der nicht etwa sofort handelt, informiert und vor allem den Menschen das sichere Gefühl gibt, das sichere Vertrauen gibt, dass der Staat funktioniert, sondern es braucht erst einmal einige Zeit, bis endgültig klar ist, wie viele Strafgefangene eigentlich nun verschwunden sind, und dann wird relativiert, es handele sich ja nur um Ersatzfreiheitsstrafe, es seien nur Gefangene, die sowieso bald entlassen werden oder im offenen Vollzug sind. Ich muss Ihnen sagen, außerhalb von Kreuzberger grünen Basisgruppen versteht diese Logik kein Mensch.
Denn welche Funktion haben unsere Gefängnisse, wenn da scheinbar vieles, womöglich alles möglich ist, vom Aufflexen von Betonwänden durch Strafgefangene bis hin zu SMS-Nachrichten von verurteilten Mördern an Anstaltsleiter, man komme dann heute einfach mal nicht zurück in die JVA? Das ist ein verheerender Eindruck. Berlin bräuchte einen Justizsenator, der klar und unmissverständlich für die Durchsetzung, für die Vollstreckung und für den Vollzug von Recht steht, und nicht jemanden, der den Eindruck von Staatsversagen noch befördert.
Um die zu erwartenden weiteren Relativierungen zu antizipieren, will ich ganz klar sagen: Wir sind uns alle einig, dass es bei einem rechtsstaatlichen Strafvollzug, für den wir alle stehen, nie ganz auszuschließen ist, dass es zu Entweichungen kommt. Das gab es immer, und das wird es wohl auch in Zukunft leider geben – nicht nur in Berlin.
Ein Justizsenator steht aber dann zu Recht unter Druck und seine Eignung für das Amt wird dann zu Recht infrage gestellt, wenn er mit solchen Vorkommnissen nicht offen und transparent umgeht oder Zweifel daran bestehen, dass er das richtige Problembewusstsein hat und daraus ableitend eben auch die richtigen Schwerpunkte setzt. Über die Informationspolitik des Senators, die mehr Fragen als Antworten hinterlässt, haben wir gestern im Rechtsausschuss nahezu drei Stunden geredet, und wir haben das Thema nicht abschließen können.
Über die falsche Schwerpunktsetzung haben wir in der letzten Plenarsitzung im Rahmen der Haushaltsberatungen sprechen müssen. Es bleibt dabei und es zeigt sich, dass Schweinemastbetriebe, Unisextoiletten,