Protocol of the Session on November 1, 2017

Wie gesagt, ausgehend davon blieb immer noch gewissermaßen Interpretationsspielraum bestehen, inwieweit der Gesetzgeber über den Staatsvertrag Vorgaben zu Verfahren, zur Organisation, zu den Kriterien zu gestalten hat. Das Urteil hatte – kann man somit schon sagen – durchaus Potenzial, in einem Staatsvertrag auch entsprechend weitreichend diese Aspekte zu regeln und auszugestalten. Schaut man in den nun vorliegenden Staatsvertrag, so lassen sich folgende Leitgedanken dessen, wie das Akkreditierungswesen nun weiter ausgestaltet werden soll, formulieren.

Erstens: Die Verantwortung für die Qualitätssicherung bleibt weiter primär bei den Hochschulen. Zweitens: Die Akkreditierung wird weiterhin auch als externes wissenschaftsgeleitetes Qualitätssicherungssystem betrachtet und soll zugleich der staatlichen Verantwortung für die Gleichwertigkeit einander entsprechender Studien- und Prüfungsleistungen wahrnehmen. Drittens: An der Form der Programm-, der Systemakkreditierung wurde festgehalten, aber auch eine Erprobungsklausel für neue Formen der Akkreditierung eingeführt. Da muss man schon sagen, dass aufgrund der schnellen Festlegung auf die Eigenverantwortung der Hochschulen, an dem Festhalten an der externen Begutachtung gewissermaßen der Gestaltungsspielraum dieser Reform dann doch ein Stück weit an die bestehenden Strukturen gebunden war. Daher verwundert es nicht, an der Stelle auch zu sagen, dass ausgehend vom Urteil des Bundesverfassungsgerichts natürlich auch hier lediglich ein Minimalkonsens der Länder vorliegt.

Auf ein paar wenige Punkte will ich an der Stelle eingehen, bei denen sich zumindest in der Praxis zukünftig zeigen wird, inwiefern die neuen Entscheidungen von Erfolg gekrönt sind. Das ist zum einen die Akkreditierungsentscheidung, die zukünftig nur noch durch den Akkreditierungsrat erfolgen soll. Das könnte natürlich zu einer konsistenteren Entscheidungspraxis führen. Allerdings ist fraglich, ob der Rat angesichts dieser neuen Praxis die Fülle an Akkreditierungen und den immensen Aufgaben, mit denen er konfrontiert ist, ohne zeitlichen Verzug tatsächlich auch umsetzen kann.

Ein anderer Punkt, der beispielsweise zu nennen ist, sind die in Artikel 2 des Staatsvertrags vorgenommenen Trennungen in die inhaltlich-fachlichen Kriterien. Die Trennung ist natürlich für die Gutach

ter insofern einfacher, weil sie sich den formalen Kriterien nicht mehr widmen oder sich darauf nicht mehr konzentrieren müssen. Andererseits sind insbesondere die scheinbar formalen Anerkennungsregelungen für die Studienleistungen und die formalen Kriterien auch oft die, die über die Frage der Studiengangsqualität hinsichtlich der Studienmobilität von Studierenden entscheiden. Das heißt, ob hier zukünftig diese Trennung auch trennscharf in formal und fachlich-inhaltlich unternommen werden kann, wird erst die Praxis zeigen. Natürlich gibt es auch seitens der studentischen Gutachterinnen und Gutachter und auch des freien Zusammenschlusses der Studentinnenschaften und des Studentischen Akkreditierungspools zumindest dahin gehend Kritik, dass gerade bei einem Thema wie der Akkreditierung, die maßgeblich dafür Verantwortung trägt, dass Studiengänge studierbar sein sollen, und das auch in der entsprechenden Qualität, die Gruppe der Studierenden entsprechend – man kann schon sagen – weiterhin unterrepräsentiert ist mit nur 2 von 22 Mitgliedern im Akkreditierungsrat. Besonders fällt aber auf – da kommt dann der aktuellen Anhörung der Musterrechtsverordnung eine besondere Bedeutung zu –, dass wichtige Entscheidungen zum Verfahren, zur Zusammensetzung der Gremien und zu den Kriterien nicht abschließend im Staatsvertrag verankert sind, sondern – hier in Artikel 4 nachzulesen – dann deutlicher ausgestaltet werden in der Musterrechtsverordnung. Da ergeben sich noch viele offene Fragen, vor allem eine beispielsweise, die in der Musterrechtsverordnung noch geklärt werden könnte, inwiefern es zukünftig auch Beschwerdemöglichkeiten geben soll, um innerhalb der Hochschulen verbindliche Instrumente zur internen Qualitätssicherung und deren Verbesserung zu haben. Ich werde nur ein kurzes Beispiel aus Thüringen nennen. Man kann beispielsweise schon hinterfragen, wenn an der FSU in einem Pädagogikmodul im Lehramt für Gymnasium im Prinzip folgende Prüfungsleistungen verlangt werden: ein Essay, zwei Klausuren und noch ein Lesetagebuch – ein Lesetagebuch, was noch nicht mal im Modulkatalog zu finden ist. Es gibt auch andere Beispiele, wo beispielsweise Seminare für die gleiche Anzahl an Leistungspunkten im Umfang unterschiedlich geartete Prüfungsleistungen annehmen. Da kann man durchaus mit Blick auf den Modulkatalog auch seitens der Studierenden berechtigt die Frage stellen, inwiefern das Thema „Systemakkreditierung“ in der FSU vielleicht noch weiterentwickelt werden muss, um solche ausgestalteten Studienpläne zukünftig zu verhindern. In den beiden genannten Fällen kann beispielsweise schon berechtigt hinterfragt werden, inwiefern hier eigentlich die ländergemeinsamen Strukturvorgaben zur Akkreditierung von Bachelorund Masterstudiengängen bei der Studiengangsentwicklung eingehalten wurden. Da brauchen die Studierenden ein Instrument an der Hand, wie sie

bei solchen Fällen klar intern an der Hochschule darauf hinweisen können, dass es aus ihrer Sicht ein Problem gibt. Hier ist in der Studiengangsentwicklung und in der Qualitätssicherung ein Fehler gemacht worden. Das muss dann auch entsprechend gemeldet werden können. Da bietet die Musterrechtsverordnung die Möglichkeit, so etwas noch zu verankern.

Ein großer wichtiger Schritt ist aber an der Stelle – das will ich noch kurz erwähnen und das begrüße ich auch ausdrücklich –, dass in der aktuell in der Anhörung befindlichen Musterrechtsverordnung die Lehrverfassung aufgenommen wurde – ein Instrument, das auch vom Wissenschaftsrat empfohlen wurde. Eine solche Lehrverfassung, die in einem gemeinsamen Prozess entwickelt werden soll, in dem sich Lehrende, Hochschulleitungen, Fakultäten, Studiengangsleitungen und Studienvertreterinnen über die übergeordneten Bildungsziele in einem Studiengang verständigen sollen, bietet die Chance, normativ bindend und nicht nur im Selbstverständnis einer Lehrinstitution festzuschreiben, welche fachübergreifenden didaktischen Leitlinien und Qualifizierungsziele bei der Studiengangentwicklung betrachtet werden sollen. Insofern ist auch hier doch tatsächlich zu begrüßen, dass mit der Musterrechtsverordnung ein wichtiger Schritt zur Verbesserung der Qualität gemacht wird. Gleichzeitig muss aber mit Blick auf die vorliegenden Stellungnahmen zur Musterrechtsverordnung auch die Kritik hinsichtlich der langen Reakkreditierungsfristen und der Möglichkeit des Verzichts auf Vor-OrtBegehungen und weiterer Punkte in der Verordnung aufgenommen werden. Da bitte ich an dieser Stelle das zuständige Ministerium, in der Kultusministerkonferenz und dann auch zusammen im Anhörungsverfahren mit der Hochschulrektorenkonferenz tatsächlich insbesondere die Stellungnahmen, die eingehen, zu würdigen, damit hier die genannten Kritikpunkte von verschiedenen Organisationen, die auch ganz konkret bei der Begutachtung von Studiengängen tagtäglich, monatlich und seit Jahren im Prinzip schon dabei sind und ein paar Fehler bzw. noch offene Chancen aufgezeigt haben, mit der Musterrechtsverordnung geschlossen werden könnten.

Zum Schluss will ich nur noch auf einen Punkt eingehen. Ich hatte gesagt, der vorliegende Staatsvertrag ist gewissermaßen ein Minimalkonsens dessen, was bei den Ländern in diesem Bereich hergestellt werden konnte. Nach unserem Verständnis als Fraktion Die Linke sollen eine Qualitätssicherung und das damit verbundene Akkreditierungssystem in erster Linie im Sinne der Studierenden wirken. Das heißt, die bestehenden Studiengänge sollten so regelmäßig evaluiert werden, dass eine Studierbarkeitsgarantie in Verbindung mit der Sicherung der Studierendenmobilität tatsächlich auch gewährleistet werden kann. Dabei sollte in den

Blick genommen werden, wie sich das Qualitätssicherungssystem und das Akkreditierungswesen in den letzten Jahren geändert haben. Da sollten ganz selbstkritisch Fehler in den Blick genommen und behoben werden. Ich glaube, da sind wir mit dem Staatsvertrag, der jetzt vorliegt, noch nicht am Ende der Debatte, denn oft werden Akkreditierungsverfahren – das will ich an der Stelle auch noch kritisch anmerken – so ein bisschen als lästiges, kostenintensives, intransparentes, formales Instrument zum Abdecken von Studiengängen betrachtet. Aus der Denkweise heraus wird oft auch auf das System der Erstsystemakkreditierung umgestellt, das per se nicht zu kritisieren ist, sondern man muss gucken, aus welcher Denkweise heraus dieses System angewendet wird. Denn vielmehr sollten Akkreditierungsverfahren unabhängig vom System eher als Beobachtungs- und Lernprozess auf einem hohen Niveau verstanden werden, damit die Qualitätsentwicklung dann tatsächlich auch fortgeschrieben werden kann, sowohl für die Lehrenden als auch für die Studierenden Rückschlüsse für die Lehre gezogen werden können, um wirklich nachhaltig gute Studienbedingungen zu etablieren. Insofern ist der Studienakkreditierungsstaatsvertrag, wie er heute vorliegt, eine rechtssichere Grundlage auf Grundlage des Urteils des Bundesverfassungsgerichts und somit zustimmungsfähig, auch die Musterrechtsverordnung, die vorliegt und derzeit angehört wird. Da einfach noch mal die Bitte, dann entsprechend in der KMK zu gucken, dass hier die Chancen noch genutzt werden. Ansonsten sind, glaube ich, der Studienakkreditierungsstaatsvertrag sowie die Musterrechtsverordnung erst noch der Stein, um die Debatte für dieses Feld tatsächlich mal ins Rollen zu bringen, weil ich glaube, die Frage, wie Studiengänge akkreditiert werden und wie Studienqualität und eine Qualitätssicherung langfristig gestaltet werden können, das mag immer so ein bisschen als nerdige Fachdebatte abgetan werden, ist aber, glaube ich, für die Grundlage der Lehre an den Hochschulen ungemein wichtig, wenn sowohl für Lehrende als auch für Studierende eine Sicherheit geschaffen werden soll. Insofern wäre jetzt noch mein Appell, zu sagen, dieser Studienakkreditierungsstaatsvertrag sollte den Stein der Diskussion über die weitere Ausgestaltung ins Rollen bringen. Danke schön.

(Beifall DIE LINKE, SPD, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Für die Fraktion der CDU hat Abgeordneter Wucherpfennig das Wort.

Frau Präsidentin, meine Damen, meine Herren, mit dem Thüringer Gesetz zum Studienakkreditierungs

(Abg. Schaft)

staatsvertrag wird der bereits im Juni 2017 unterzeichnete Staatsvertrag durch ein Transformationsgesetz in Landesrecht überführt. Die CDU-Fraktion wird dem Thüringer Gesetz zum Studienakkreditierungsstaatsvertrag zustimmen, da mit dem Staatsvertrag die Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts vom 17. Februar 2016 umgesetzt wird. Grundsätzlich hatte das Verfassungsgericht den Ansatz bestätigt, die Hochschullehre durch Akkreditierung einer verbindlichen externen Qualitätssicherung zu unterziehen, jedoch sahen die Richter Mängel in der rechtlichen Umsetzung, denn nicht die Wissenschaftsministerien der Länder prüften die Studiengänge, sondern private Agenturen und versahen diese mit einem Gütesiegel. Das Gericht kam zu der Auffassung, die für die Akkreditierung wesentlichen Entscheidungen müssen durch den Gesetzgeber selbst getroffen werden. Das wurde jetzt mit dem Staatsvertrag geändert und geheilt, indem der staatliche Akkreditierungsrat, der die Agenturen überwacht, mehr Kompetenzen erhält. So wird künftig der Rat Akkreditierungen und Reakkreditierungen beschließen und nicht wie bisher die Agenturen. Damit werden Vorgaben des Bundesverfassungsgerichts eingehalten und fristgerecht umgesetzt. Vielen Dank.

(Beifall CDU)

Für die Fraktion hat sich Abgeordnete Muhsal zu Wort gemeldet.

Sehr geehrte Frau Präsidentin, sehr geehrte Abgeordnete, ich glaube, das hat heute von hier vorn noch keiner gesagt: Bereits im Juni 2017 haben die Ministerpräsidenten der Länder den Studienakkreditierungsstaatsvertrag schon unterzeichnet. Heute erst debattieren wir darüber und praktischerweise hat die Landesregierung in ihren Gesetzentwurf schon reingeschrieben, dass das Gesetz ihrer Ansicht nach alternativlos sei. Noch dazu wird das Gesetz nicht begründet, der Ministerpräsident, der den Staatsvertrag unterschrieben hat, ist nicht da, der zuständige Minister ist nicht da. Das fängt ja schon gut an.

Meine Damen und Herren, alternativlos ist nichts, weder Angela Merkel noch Bodo Ramelow, schon gar nicht, wenn er abwesend ist, und das derzeitige System der Akkreditierung ist genauso wenig alternativlos. Wir als AfD-Fraktion werden Ihrer Aufforderung, im Nachhinein zu legitimieren, was längst beschlossene Sache ist, nicht folgen. Vielmehr bietet dieser Gesetzentwurf die Möglichkeit, ganz grundlegend festzustellen, was vom Akkreditierungswesen an den Universitäten zu halten ist, nämlich – Herr Schaft, Sie haben es interessanterweise angesprochen – nichts.

(Beifall AfD)

Das ausufernde Akkreditierungswesen ist Teil des von Beginn an verkorksten sogenannten BolognaProzesses, mit dem die Absicht verfolgt wurde, eine europaweite Harmonisierung von Studiengängen und Abschlüssen zu erreichen. Mit anderen Worten: Es ging um die Vereinheitlichung und damit um die Zerstörung einer reichen Vielfalt universitärer Traditionen. Positiv formuliert wollte man die Verbesserung der wechselseitigen Anerkennung von Studiengängen europäischer Hochschulen erreichen und damit die Steigerung der Mobilität von Studenten. Das mag die Absicht gewesen sein, die Realität sieht freilich nüchterner und auch deprimierender aus. Das Ganze hat vor allem zu einer Verschulung der universitären Bildung geführt. Außerdem haben die verschulten und inhaltlich bisweilen überfrachteten Studiengänge zu vergrößertem Zeitdruck für die Studenten geführt. Die internationale Mobilität von Studenten wurde keineswegs verbessert, zumal wenn man Auslandspraktika oder im Ausland absolvierte Sprachkurse aus den Mobilitätsstatistiken rausrechnet. Die Reformen hatten zudem einen erheblichen Bürokratisierungsschub zur Folge, der ganz gern mal von Ihnen vergessen wird und in dessen Kielwasser auch die Ökonomisierung der Universitäten vorangeschritten ist.

Über den weitgehenden Unfug der Bologna-Reformen ließe sich hier selbstverständlich noch lange reden, aber an dieser Stelle möchte ich dann ganz gern noch auf das Akkreditierungswesen als solches, das mit dem Bologna Prozess im Zusammenhang steht, zu sprechen kommen. Vollkommen zu Recht bezeichnet der Deutsche Hochschulverband das Akkreditierungsverfahren als – ich zitiere mit Ihrer Erlaubnis – „teuer, bürokratisch, langsam, inkompetent, rechtlich zweifelhaft und autonomiefeindlich“. Mithilfe des Akkreditierungsverfahrens wird heute versucht, jene Qualitätsprobleme zu lösen, die wir in Deutschland vor dem Bologna-Prozess gar nicht hatten. Das Akkreditierungsverfahren wurde offiziell eingeführt, um die Qualität von Lehre und Studium zu sichern, wo wir doch alle genau wissen, dass die Qualität unserer Diplomstudiengänge weltweite Beachtung fand und Qualitätsprobleme vor allem im Zusammenhang mit den neuen Bachelorund Masterstudiengängen entstanden sind. Dabei kann man an dem Akkreditierungsverfahren als solchem keinerlei Vorteile finden. Allerdings ist es für diejenigen interessant, die ihr Geld damit verdienen. Auch das haben Sie, glaube ich, erwähnt, Herr Schaft. Ausgeführt wird die Akkreditierung nämlich durch privatrechtliche Agenturen, die vom staatlich kontrollierten Akkreditierungsrat geprüft werden und das Recht zur Akkreditierung erhalten haben. Also bitte beachten Sie, was das bedeutet: Es bedeutet, dass die Zulassung von Studiengängen in Deutschland, also auch an staatlichen Universitäten, in der Hand von Privaten liegt.

(Abg. Wucherpfennig)

Und private Institutionen haben im Vergleich zu staatlichen Institutionen vor allem ein Gewinninteresse. Ohne Zweifel kann man das Akkreditierungsverfahren als gewinnbringend für die entsprechenden Agenturen einschätzen.

(Beifall AfD)

Ein lukratives Geschäft, das Verfahren eine Gelddruckmaschine. Mit 10.000 bis 15.000 Euro Kosten muss eine Hochschule pro Akkreditierung nämlich rechnen. Dazu ziehen Akkreditierungsverfahren noch weitere Kosten nach sich, zum Beispiel wenn geplante oder schon etablierte Studiengänge wieder umgebaut werden müssen. Das kostet dann nicht nur Geld, sondern vor allem Zeit und Nerven auch für die damit befassten Hochschulangehörigen der zu akkreditierenden Hochschule. Das sind Leute, die eigentlich Wissenschaft, also Forschung und Lehre machen sollten und eben nicht Wissenschaftsverwaltung. Das gilt auch für diejenigen Wissenschaftler, die dann für die Akkreditierungsagenturen die Akkreditierung vornehmen. Wenn man hier pro Akkreditierungsverfahren drei Gutachter aus der Professorengruppe annimmt, ergibt sich, wie Jürgen Kaube unter dem Titel „Teurer Blödsinn“ vor einiger Zeit errechnet hat, ich zitiere, „ein Bedarf von 54.000 Personen alle fünf Jahre, die qua Aktenstudium, Ortstermin und Endbericht etwa drei Arbeitstage damit verbringen[, Studiengänge zu akkreditieren]. Jährlich macht das 250.000 Stunden und also bei einer normalen Jahresarbeitszeit rechnerisch 150 deutsche Professoren, die überhaupt gar nichts anderes machen als zu akkreditieren.“ Dass das abwegig ist, ist für jedermann ersichtlich, nicht aber für unsere Bildungspolitiker der Regierung von Rot-Rot-Grün bis Jamaika. Die Frage ist dann: Was leisten die privaten Agenturen für das Geld, das sie für eine Akkreditierung erhalten? Aber auch: Was könnten die Hochschulen mit den Mitteln eigentlich selber leisten? Ist es wirklich sinnvoll, dass externe Gutachter, darunter vor allem Professoren, kreuz und quer durch Deutschland reisen, um Studiengänge, die sie im Wesentlichen vom Papier her kennen, zu begutachten? Und vor allem die Frage: Verbessert sich die Qualität der Studiengänge dadurch tatsächlich? Wir beantworten all diese Fragen mit einem klaren Nein. Hier wird ein teurer Aufwand für den Anschein und für Hochglanzbroschüren betrieben, die Qualität der Lehre und die eigentlichen Probleme der Universitäten und Hochschulen bleiben aber ungelöst und gehen im Wortgeklingel unter.

Aus der Uni Jena, auch noch ein interessanter Fall aus Thüringen, wurde mir jüngst berichtet, dass dort ein Akkreditierungsverfahren zu der bahnbrechenden Erkenntnis geführt hat, dass für Masterstudenten dieselben Vorlesungen und Seminare angeboten werden können wie für Bachelorstudenten. Wie damit dem Anspruch einer wissenschaftlichen Vertiefung der bereits im Grundstudium er

worbenen Kenntnisse Rechnung getragen werden soll, ist nicht ersichtlich.

(Beifall AfD)

Die neue Ordnung der Studienakkreditierung, die der Grund für unsere heutige Beratung ist, wurde notwendig, nachdem die Regelung über die Akkreditierung von Studiengängen in Nordrhein-Westfalen vom Bundesverfassungsgericht als verfassungswidrig und unvereinbar mit der Wissenschaftsfreiheit, dem Demokratieprinzip und dem Rechtsstaatsprinzip erklärt worden ist. Wir halten dieses Urteil für ein deutliches Zeichen dafür, dass Bologna nicht nur ins Wanken gerät, sondern eigentlich schon längst gestorben ist. Daher stimmen wir Ihrem Gesetzentwurf nicht zu.

(Beifall AfD)

Für die Fraktion Bündnis 90/Die Grünen hat Abgeordnete Henfling das Wort.

Meine sehr geehrten Damen und Herren, sehr geehrte Präsidentin, es ist schon viel Richtiges hier vorn gesagt worden. Auch zur Frage, warum wir hier heute über den Studienakkreditierungsstaatsvertrag reden, hat der Kollege Schaft bereits ausgeführt. Nach der AfD hat man ja immer die Aufgabe, ein paar Sachen klarzustellen. Das ist sozusagen obligatorisch. Vielleicht lassen Sie mich ganz kurz zwei Sätze zur Frage sagen, wie sinnvoll Akkreditierung ist. Wenn sie tatsächlich von der Frage der Qualitätssicherung gedacht wird, dann ist Akkreditierung etwas sehr Sinnvolles. Das hat der Kollege Schaft hier auch relativ eindeutig gesagt. Er hat nämlich nicht gesagt, Akkreditierung ist an sich schlecht, sondern er hat gesagt: Wenn sie der Qualitätssicherung an den Hochschulen und der Qualitätssicherung in den Studiengängen dient, dann ist sie sehr sinnvoll.

Dass bei der AfD immer jemand schuld sein muss, ist auch klar. In dem Fall war es Bologna. Es ist das Problem, wenn man nicht in der Lage ist, zu differenzieren, dann muss man immer zu so absoluten Aussagen kommen. Es ist nicht so, dass vor Bologna an den Universitäten alles super war. Das kann ich auch sagen als eine, die an einer Universität vor Bologna studiert hat. Dass wir da sehr wohl Qualitätsmängel hatten, steht, glaube ich, außer Frage. Also Bologna ist an der Stelle vielleicht nicht schuld.

Meine sehr geehrten Damen und Herren, das Urteil des Bundesverfassungsgerichts aus dem Jahr 2016 ist auch von den Kollegen Wucherpfennig und Schaft hier angesprochen worden, das im Prinzip

(Abg. Muhsal)

gesagt hat, die Länder können nicht einfach Agenturen beauftragen, die Akkreditierung vorzunehmen, ohne genauere Überprüfungskriterien festzulegen. Das ist jetzt quasi hier dann noch mal in den Staatsvertrag gegossen und damit wurde auch eine Rechtssicherheit geschaffen. Wenn wir von der Aufgabe für die Hochschulen in Länderverantwortlichkeit sprechen, liegt ein Staatsvertrag immer nahe. Wir wissen hier alle, dass wir Staatsverträge nicht immer so besonders dufte finden, weil wir hier als Parlament darauf wenig Einfluss haben. Das ist ein grundlegendes Problem von Staatsverträgen und hat erst mal nichts mit der Frage des Studienakkreditierungsstaatsvertrags zu tun. Da muss man sicherlich vielleicht mal übergreifend darüber diskutieren, ob es ein besseres Instrument gibt. Aber jetzt hier an der Stelle diesen Staatsvertrag inhaltlich schlechtzumachen, nur weil es ein Staatsvertrag ist, ist dann halt auch ein bisschen Quatsch.

Meine sehr geehrten Damen und Herren, auch der Kollege Schaft hat angesprochen, dass es durchaus auch gute Sachen gibt. Die Kritik teile ich in großen Teilen natürlich auch. Natürlich muss sich zeigen, inwieweit sich in der Praxis die Fragen, die jetzt in Rechtsverordnungen geregelt werden sollen, tatsächlich auch durchsetzen werden und wie gut die dann umgesetzt werden. Ich finde auch, dass das Thema „Lehrverfassung“, das in § 17 geschaffen wurde, eine gute Sache ist, weil diese Lehrverfassung tatsächlich dazu führen kann, dass es Diskussionsprozesse und vor allen Dingen eine Art Gesellschaftsvertrag an Hochschulen geben kann. Es ist natürlich auch kein Papiertiger, weil es an dieser Stelle tatsächlich darum geht, dass es eine Debatte an den Hochschulen zwischen den unterschiedlichen Statusgruppen gibt. Von daher ist das, finde ich, ein progressives Instrument. Kleiner Wermutstropfen: Dass es nicht verpflichtend ist, ist ein bisschen schade, da hätten wir uns tatsächlich auch gewünscht, dass es da einen größeren Mut gibt, da auch verpflichtend heranzugehen.

Im Großen und Ganzen bitten wir darum, diesem Staatsvertrag zuzustimmen. Ich glaube, wir müssen ihn definitiv noch mal aufrufen, wenn wir dann wissen, wie die Rechtsverordnung in der Praxis tatsächlich auch umgesetzt wird. Natürlich sind Staatsverträge Minimalkonsense, das haben wir bei den Rundfunkstaatsverträgen permanent, das ist eine Tatsache. Wir haben aber, um uns miteinander zu einigen, noch kein besseres Instrument gefunden, das sozusagen die Parlamente auch stärker einbindet. Darüber müssen wir vielleicht gemeinsam nachdenken. Vielen Dank.

(Beifall DIE LINKE, BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- NEN)

Aus den Reihen der Abgeordneten liegen mir keine Wortmeldungen vor. Herr Staatssekretär Hoppe, Sie haben für die Landesregierung das Wort.

Frau Präsidentin, meine Damen und Herren Abgeordneten, ich kann es kurz machen, denn der Prozess vom Urteil des Bundesverfassungsgerichts aus dem Jahr 2016 bis zum Gesetzentwurf, der Ihnen heute zur Entscheidung vorliegt, ist hinreichend beschrieben worden und er ist auch alles in allem korrekt beschrieben worden. Das Bundesverfassungsgericht hat, wenn man so will, lediglich festgestellt, dass eine adäquate Rechtsgrundlage für das Akkreditierungswesen fehlt. Die Länder haben sich sinnvollerweise im Föderalismus im Rahmen der Beratung der Kultusministerkonferenz darauf verständigt, dann einen einheitlichen Staatsvertrag vorzulegen und diesen von den Ministerpräsidenten ratifizieren zu lassen. Das ist geschehen. Gleichwohl will ich darauf hinweisen, dass der Vorwurf, der hier adressiert worden ist, Sie bekommen das erst im Nachhinein zur Entscheidung vorgelegt, insofern nicht ganz zutreffend ist, als dass wir Sie über den Entwurf des Staatsvertrags bereits im April dieses Jahres informiert haben. So sieht es die Thüringer Verfassung vor und so ist es auch sinnvoll und sachgerecht.

Inhaltlich hat das Bundesverfassungsgericht festgestellt, dass die externe Akkreditierung angemessen ist und, um es auf den Punkt zu bringen: Externe Evaluierung, Qualitätssicherung ist in der Wissenschaft „State of the Art“, und dazu gibt es einfach keine Alternative, da kann man sagen, was man will. Wichtig war aber in diesem Kontext, dass die Entscheidungen, die abschließend zu treffen sind, eben nicht mehr durch die Agenturen getroffen werden, sie können nur bewerten und empfehlen. Die Entscheidung über den Akkreditierungsrat muss deshalb auch staatlich dominiert sein und mit Blick auf die Wissenschaftsfreiheit auch mehrheitlich durch die Wissenschaftler, die in den Gremien entsprechend vertreten sind, votiert werden. Das ist jetzt sichergestellt, sodass wir dann einen ersten großen Schritt zur Neuordnung des Akkreditierungswesens schaffen, wenn Sie dem heute zustimmen. Wir bemühen uns, mit allen Ländern bis Ende des Jahres auch die entsprechenden Regelungen zur Musterrechtsverordnung in der Kultusministerkonferenz hinzubekommen, damit wir dann Anfang des Jahres auch den letzten Schritt gehen können. Vielen Dank.

(Beifall DIE LINKE, SPD, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

(Abg. Henfling)

Ich schließe die erste Beratung und rufe die zweite Beratung des Gesetzentwurfs auf. Wird Aussprache gewünscht? Das kann ich nicht erkennen. Dann schließe ich auch die zweite Beratung.

Wir stimmen ab über den Gesetzentwurf der Landesregierung in Drucksache 6/4603 in zweiter Beratung. Wer dem Gesetzentwurf die Zustimmung gibt, den bitte ich jetzt um das Handzeichen. Das sind die Koalitionsfraktionen, die Fraktion der CDU und der Abgeordnete Gentele. Gegenstimmen? Das sind die Stimmen der Fraktion der AfD. Stimmenthaltungen? Kann ich nicht erkennen. Damit ist der Gesetzentwurf in zweiter Beratung angenommen.

Wir kommen zur Abstimmung über den Gesetzentwurf in der Schlussabstimmung. Wer dem Gesetz die Zustimmung gibt, den bitte ich, sich von den Plätzen zu erheben. Das sind die Koalitionsfraktionen, die Fraktion der CDU und der Abgeordnete Gentele. Gegenstimmen? Das sind die Stimmen der Fraktion der AfD. Stimmenthaltungen? Solche kann ich nicht erkennen. Damit ist der Gesetzentwurf auch in der Schlussabstimmung angenommen und ich schließe diesen Tagesordnungspunkt.

Ich rufe auf den Tagesordnungspunkt 8

Thüringer Gesetz zu dem Zweiten Staatsvertrag zur Änderung des Staatsvertrages über das Gemeinsame Krebsregister der Länder Berlin, Brandenburg, Mecklenburg-Vorpommern, Sachsen-Anhalt und der Freistaaten Sachsen und Thüringen Gesetzentwurf der Landesregierung - Drucksache 6/4612 ERSTE und ZWEITE BERATUNG

Wünscht die Landesregierung das Wort zur Begründung? Das ist der Fall. Frau Ministerin Werner, Sie haben das Wort.

Sehr geehrte Frau Präsidentin, sehr verehrte Damen und Herren Abgeordnete, der vorliegende Gesetzentwurf dient der Ratifizierung des Zweiten Staatsvertrages zur Änderung des Staatsvertrages über das Gemeinsame Krebsregister der Länder Berlin, Brandenburg, Mecklenburg-Vorpommern, Sachsen-Anhalt und der Freistaaten Sachsen und Thüringen. Die genannten sechs Länder haben im Jahr 1997 einen Staatsvertrag über das Gemeinsa