Protocol of the Session on September 29, 2017

(Beifall CDU, AfD)

Er kam dann zu folgendem Ergebnis: Weil seine Beamten gesagt haben, wir finden keinen Anhaltspunkt, haben sie die andere Spur wieder aufgenommen und waren letztendlich im Umfeld der Türkei und organisierter Kriminalität.

(Zwischenruf Abg. Kräuter, DIE LINKE: Blei- ben Sie doch mal bei der Wahrheit!)

Ich wollte es nur mal richtigkeitshalber sagen. Wir sollten es nicht so im Raum stehen lassen, als hätten alle Behörden nichts anderes zu tun gehabt, als einen Bereich auszugrenzen, auszublenden und nur in eine Richtung zu gehen.

Wir wissen ja alle – wer ein bisschen damit zu tun hat –, dass letztendlich immer erst im Umfeld des Betroffenen ermittelt wird. Das ist überall und immer so. Deswegen halte ich die Vorwürfe zum Teil für berechtigt, was wir im Untersuchungsausschuss festgestellt haben, aber davon abzuleiten, dass die Morde einen direkten Zusammenhang mit dem haben, was wir im Untersuchungsausschuss haben, was das Versagen – oder sagen wir mal – diese schlampige Arbeit mitunter betroffen hat, das ist bisher vor keinem Gericht letztendlich auch bewiesen worden. Auch München hat das nicht festgestellt. Das will ich an der Stelle noch mal klarstellen.

Was ich noch sagen wollte: Was gegen den Antrag spricht, sind diese zwei Klassen. Wir haben Ihr Ziel über zwei Klassen gehört. Die AfD hatte eine Klasse angeführt, die habe ich aber nicht gemeint. Ich habe vorhin in meinem Redebeitrag auch gesagt: Was machen wir denn mit diesen Opfern der Neonazis, die verletzt wurden oder auch Toten, wie Karl Sieder – 1993 in Arnstadt nachweislich mit rechtsextremen Hintergrund getötet? Was machen wir denn mit den Opfern? Die blenden wir jetzt aus. Die gibt es einfach nicht. Wir haben die NSU-Opfer. Und die anderen? Was machen wir mit den anderen? Die anderen müssen genau den Weg gehen, den alle gehen müssen, wenn sie entschädigt werden wollen, die müssen über ein Gericht feststellen lassen, wer schuld ist und wer den Schaden dann zu tragen hat. Daran möchte ich nur mal erinnern. Das ist auch ein wesentlicher Punkt, wo wir sagen, wir können hier keine Opferentschädigung erster und zweiter Klasse machen. Das halte ich auch für fatal. Ich habe ja auch vorhin gesagt, der Bund sollte sich hier mit einer entsprechenden Erinnerungsstätte mehr einbringen, aber letztendlich auch, wenn es um die Entschädigung geht. Wenn festgestellt wird, dass der Staat versagt hat, muss sich natürlich auch der Bund dem stellen, denn das war bundesweit, nicht nur in Thüringen. Ich will da nichts relativieren, weil man sagt, es hat hier kein

Mord stattgefunden. Ich denke, das ist ein gesamtgesellschaftliches Problem.

Und zum Schluss: Sie haben immer an uns appelliert, wir sollten das doch gemeinsam machen, wenn wir es nicht gemeinsam machen, dann sind wir in der ganz rechten Ecke.

(Zwischenruf Abg. Möller, AfD: Nein!)

Ich habe nochmals versucht, Ihnen unsere Beweggründe mitzuteilen. Aber wenn wir schon Gemeinsamkeit einfordern, dann hätten wir uns gewünscht, dass man vielleicht im Vorfeld mit uns gesprochen hätte und wir im Vorfeld vielleicht einen Antrag gemeinsam erarbeitet hätten, der dann eine breite Tragfähigkeit hat. Das hat man nicht getan.

(Zwischenruf Abg. Adams, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN: Wenn das Ihr Problem ist!)

Das nehmen wir auch so zur Kenntnis. Sich dann hier hinzustellen und zu sagen, wenn ihr nicht mitstimmt, dann seid ihr die Unmoralischen, das finde ich nicht fair und es entspricht auch letztendlich nicht der Sachlage. An dieser Stelle kann ich nur noch mal an Sie appellieren: Nehmen Sie auch mal unsere Hinweise auf! Vielleicht gehen Sie noch mal in sich, überlegen sich, wie Sie damit umgehen wollen, was ich gerade vorgetragen haben. Danke.

(Beifall CDU, AfD)

Herr Abgeordneter Kellner, Sie haben Abgeordnetem Adams eine Frage zugesagt.

Ja. Entschuldigung, Herr Adams.

Herr Adams, bitte.

Vielen Dank, Frau Präsidentin, vielen Dank, Herr Kollege Kellner. Am Anfang und am Ende Ihrer Rede haben Sie bemängelt und gesagt, Ihre Wahrnehmung ist, dass die Fraktionen von Rot-Rot-Grün die CDU unter Druck setzen würden durch eine Gleichsetzung mit der AfD, wenn Sie nicht mitstimmen würden – so ungefähr – oder in die Nähe rücken. Wir nehmen es so, wie Sie es formulieren würden, Sie wissen, was ich meine. Ich möchte grundsätzlich sagen, dass das keiner macht, das wäre nicht der Sinn.

(Unruhe CDU, AfD)

Doch, genau das hat man gemacht. Genau das.

Ich möchte Sie fragen, wenn die Kollegen der CDU das zulassen, ob Sie mir nicht zustimmen können und müssen, dass Herr Kollege Heym zwar mit einer Modifizierung, aber dennoch die gleiche Argumentation vertreten hat, dass es eben keine über den Spezialfall, die persönliche Schuld hinausgehende Verantwortung außerhalb der einzelnen Beamten gibt? Er hat verneint, dass es eine gesellschaftliche Verantwortung oder Mitschuld gibt, so wie die AfD verneint hat, dass es keine staatliche Mitschuld oder Verantwortung gibt.

(Zwischenruf Abg. Heym, CDU: Nein, ich ha- be von Gesellschaft gesprochen. Hören Sie auf mit Ihren Deutungen, Herr Adams!)

Ich habe „Gesellschaft“ gesagt bei Herrn Heym. Ich habe aber Gesellschaft gesagt.

Jetzt hat der Abgeordnete Kellner das Recht, die Frage zu beantworten.

Was Sie gerade vorgetragen haben: Ich habe nicht gehört, was Herr Heym gesagt hat. Ob es eine staatliche Schuld gibt, ob es eine staatliche Mitschuld gibt, das wird doch gerade von den Gerichten untersucht, inwieweit der Staat hier aktiv mitgewirkt hat, dass es dazu kommen konnte.

(Zwischenruf Abg. Henfling, BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN: Das ist falsch!)

Das ist doch genau der Hintergrund, das hat doch München auch betrachtet, auch da ist man nicht zu dem – und die Untersuchungsausschüsse, auch der Bundesuntersuchungsausschuss ist zu dem Ergebnis gekommen, dass es keinerlei Anhaltspunkte dafür gibt, dass der Staat aktiv mitgewirkt hat.

(Zwischenruf Abg. Adams, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN: Das ist ja auch richtig!)

Ja, aber das ist doch genau der Punkt. Wenn wir ableiten wollen, dass der Staat Schuld hat, dann muss man auch das zur Kenntnis nehmen, was Gerichte und die anderen Untersuchungsausschüsse bisher festgestellt haben. Danke.

(Beifall CDU, AfD)

Es gibt eine weitere Wortmeldung. Herr Abgeordneter Möller.

(Abg. Kellner)

Ja, sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen, eingangs möchte ich noch mal sagen, den Schuh, dass wir zwischen Opfern erster, zweiter, dritter, vierter Klasse unterscheiden würden, den ziehen wir uns nicht an. Den ziehen wir uns schon deshalb nicht an, weil wir im Grunde – ich kann mich jedenfalls nicht erinnern, dass wir mal eine Gedenkveranstaltung ausgelassen hätten, bei Ihnen kann ich mich da schon an einige erinnern. Zum Beispiel zuletzt bei den Opfern des Stalinismus in Buchenwald war ich ganz allein, da war keiner von Ihnen da. Aber das will ich gar nicht weiter thematisieren.

(Beifall AfD)

Ich kann es auch hinnehmen, wenn Herr Adams sagt, ja, Herr Möller, der streut jetzt hier den Hass, damit muss ich einfach leben. Und ich werde es sicherlich deswegen nicht unterlassen, Sie auf Ihre Widersprüchlichkeiten und auf Ihre Fehlargumentationen hinzuweisen. Mag es Ihnen auch noch so sehr nicht passen. Wenn Sie sagen, dass die Polizei aus rassistischen Überlegungen heraus in bestimmte Richtungen nicht ermittelt hat und in bestimmte Richtungen ermittelt hat, dann muss ich Ihnen eines sagen: Die Vermutung, was hinter diesen Morden steckt, hat nicht nur die Polizei beschäftigt, sondern auch die Presse, auch die linksliberale oder sehr, sehr linke Presse. Ich habe hier einen schönen Artikel aus dem Jahr 2011 vom „Spiegel“, darin steht unter anderem, unter der Überschrift „Düstere Parallelwelt“: „Acht Türken und ein Grieche wurden mit derselben Tatwaffe erschossen. Es gibt Hinweise, dass eine Allianz türkischer Nationalisten, Gangster und Geheimdienstler dahinter stehen könnte.“

Herr Abgeordneter Möller, gestatten Sie eine Zwischenfrage?

Am Ende gerne.

Also ich frage Sie eines: Wenn Sie diesen Irrtum des Spiegeljournalisten sehen, und dieser Irrtum zieht sich wahrscheinlich durch die gesamte Gesellschaft, weil keiner damit gerechnet hat, dass es irgendwelche Rechtsextremisten sind, die da, sage ich mal, türkischstämmige oder ausländische Staatsbürger abknallen, warum trauen Sie nicht oder warum lassen Sie nicht auch zu, dass derselbe Irrtum mangels anderer Indizien,

(Zwischenruf Abg. Rothe-Beinlich, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN: Das stimmt nicht, dass es keine anderen Indizien gibt!)

aussagekräftiger Indizien, mangels entsprechenden Hintergrunds – warum lassen Sie es nicht zu, dass nicht auch die Polizei diesem Irrtum unterliegt? Warum unterstellen Sie bösartige, wirklich eines der bösartigsten politischen Motive, nämlich den Rassismus? Ich sage Ihnen, warum Sie das tun, und das merken Sie auch schön an den Begrifflichkeiten, wo Sie sich eben in Ihrem Redebeitrag ein bisschen verheddert haben. Sie haben nämlich durchaus von gesellschaftlicher Schuld gesprochen. Das ist nämlich, das ich sage Ihnen ganz offen, auch das, was Sie wollen. Sie wissen nämlich ganz genau: Schuld ist ein mächtiges Ding, mit dem man viel fordern kann, Wiedergutmachung fordern kann. Das Blöde bei Schuld ist, Schuld ist immer irgendwo individuell gebunden. Selbst bei Institutionen, denen man Schuld nachweist, muss es eine Zurechnung bei irgendeinem Vertreter geben. Und dann haben Sie eben immer dieses Problem, dass sich die Schuld im Großen und Ganzen doch auf Einzelpersonen beschränkt, mal sind es mehr, mal sind es weniger. Aber nie kriegen Sie es hin, dass diese

(Beifall AfD)

Schuld eine ganze Gesellschaft dazu zwingt, Wiedergutmachung zu betreiben, bestimmte Reflexe anzunehmen. Das ist aber leider Ihr Ziel und deswegen versuchen Sie, die Schuldfrage zu instrumentalisieren und aus einer individuellen Verantwortung eine gesellschaftliche Verantwortung zu machen. Gesellschaftliche Verantwortung, gesellschaftliche Schuld – bei Ihnen ist das alles dasselbe. Es sind Synonyme, das mag Frau Henfling noch so sehr abstreiten. Wie weit Sie dabei gehen und wie unlauter Sie dabei sind, das zeigt, wie Sie eben mit der CDU umgegangen sind, dass Sie für den Fall, dass ein bestimmtes Abstimmungsverhalten, was Ihnen nicht passt, sozusagen durchgezogen wird, dass Sie die dann in die Ecke stellen, wohin Sie uns schon längst verortet haben, nämlich in die Ecke der sozial zu Ächtenden. Das wird Ihnen bei der CDU nicht so einfach gelingen, bei uns gelingt es Ihnen auch nicht mehr. Das Argument ist abgedroschen. Sie sollten sich was anderes einfallen lassen.

(Zwischenruf Abg. Dr. Lukin, DIE LINKE: Sie sollten sich schämen!)

Versuchen Sie es mal mit der Argumentation in der Sache.

(Beifall AfD)

Herr Abgeordneter Adams, Sie können jetzt Ihre Frage stellen.

Vielen Dank, Frau Präsidentin. Müssen Sie nicht bestätigen, was ich gesagt habe, nachdem Sie aus dem „Spiegel“ vorgetragen haben, dass es eben nicht nur eine staatliche Verantwortung, Verantwortlichkeit, dann auch Mitschuld gegeben hat, sondern gesamtgesellschaftlich, wenn auch Journalisten auf nichts anderes mehr kommen, als diese Schlüsse, für die es überhaupt keinen Beleg gab, zu ziehen? Erstens.

Zweite Frage: Ist Ihnen bekannt, dass Thüringer Ermittler

(Zwischenruf Abg. Grob, CDU: Was ist denn das?)

Ich darf doch fragen.

Wenn der Abgeordnete Möller die zweite Frage erlaubt?