Protocol of the Session on May 31, 2017

Nein. Es ist auch keine Zeit mehr.

(Zwischenruf Abg. Fiedler, CDU: Ja, dann nicht solche Fragen!)

(Minister Dr. Poppenhäger)

Ich schließe den zweiten Teil und rufe auf den dritten Teil

c) Aktuelle Stunde auf Antrag der Fraktion der AfD zum Thema: „Kein Zwang zur Sanierung von Kleinkläranlagen auf Kosten des ländlichen Raums – sofortiger Sanierungsstopp bis zum Inkrafttreten diesbezüglicher Regelungen im Thüringer Wassergesetz“ Unterrichtung durch den Präsidenten des Landtags - Drucksache 6/3973

Das Wort hat Abgeordneter Kießling für die AfDFraktion.

Sehr geehrter Herr Präsident, sehr geehrte Damen und Herren, liebe Abgeordnete, liebe Bürger in Thüringen! Seit Monaten ergießt sich eine wahre Welle von Sanierungsanordnungen für Kleinkläranlagen über das Land. Im ganzen Freistaat, besonders aber im Osten und Süden von Thüringen, werden unzählige Sanierungsanordnungen an Grundstückseigentümer versendet. Mit dieser neuen Praxis wird die seit Jahren fehlgeleitete Abwasserpolitik der Landesregierung nun auf eine neue und nächsthöhere Eskalationsstufe gehoben. Die Grundstückseigentümer werden mit der Umstellung der Anlagen und den damit einhergehenden Kosten allein gelassen und teilweise auch in finanzielle Bedrängnis gebracht. Sie werden gegenüber den an Kanalisation angeschlossenen Eigentümern schlechtergestellt, als es sein dürfte. Das ist ein Anschlag auf den ländlichen Raum und seine Bürger.

(Beifall AfD)

Diese Schreiben enthalten nichts Gutes. Nicht selten entstehen durch die Sanierung der Anlagen Kosten in Höhe von circa 10.000 Euro. Dabei ist es keineswegs sichergestellt, dass die neuen Anlagen zu einer langfristigen Lösung des Problems beitragen.

(Beifall AfD)

Vollbiologische Anlagen funktionieren nämlich bei geringen Nutzungsgraden nicht, teilweise müssen Nachbarn drüben auf die Toilette gehen, damit die biologische Anlage weiter Futter bekommt. Dazu kommt, dass es durchaus passieren kann, dass diese Grundstücke dann später doch noch angeschlossen werden und das Geld der Bürger unnütz investiert wurde.

(Beifall AfD)

Das alles interessiert die Landesregierung jedoch nicht wirklich. Im Gegenteil: Wir erleben jetzt, wie sich diese Landesregierung um ihre Verantwortung für den ländlichen Raum drückt. Mit dieser Welle von Sanierungsanordnungen soll das Problem der Kleinkläranlagen endgültig von der politischen Bühne gebracht werden. Deswegen muss diese bürgerfeindliche Praxis öffentlich debattiert werden, liebe Bürger. Es scheint Kalkül dahinterzustecken, denn mit diesen Sanierungsanordnungen soll politischer Zündstoff aus dem Wassergesetz genommen werden. Das Wassergesetz liegt nun seit Jahren in den Schubladen des Umweltministeriums. Wir haben zuletzt im September 2016 über dieses Thema gesprochen, doch es ist nichts passiert. Jetzt, da Ministerin Siegesmund ihr dringliches Projekt des Windkraftausbaus in trockene Tücher gebracht hat, findet sie allmählich Zeit für das Wassergesetz. Da ist es, wie auch schon beim Hochwasserschutz und beim Wassercent: Es scheint so, als ob die SPD den Grünen nicht den Dreck unter den Fingernägeln gönnt.

(Beifall AfD)

Der Plan, Kleinkläranlagen in der Verantwortung der Abwasserzweckverbände zu betreiben, ist deswegen von Herrn Poppenhäger schon mal vorsorglich eingestampft worden, sicherlich auch, weil wir als AfD dies schon 2016 vorgeschlagen hatten.

(Unruhe CDU)

Wieder einmal zeigt die SPD hier, dass sie Politik gegen die Bürger und ihr Portemonnaie macht.

Frau Siegesmund, merken Sie eigentlich, wie die SPD seit Jahren gegen Sie persönlich Politik macht?

Die Abwasserzweckverbände werden also keine Verantwortung für Kleinkläranlagen übernehmen können oder müssen. Nun hat das Ministerium Siegesmund aber genau das seit eineinhalb Jahren versprochen. Aus genau diesem Grund wird dieses Problem jetzt wohl mit den Sanierungsanordnungen sozusagen aus der Welt geschafft. Die Logik dahinter ist einfach: Wenn alle Grundstückseigentümer auf eine Zwangssanierung verpflichtet sind, dann muss das Problem im Wassergesetz nicht mehr geregelt werden. Die Landesregierung sollte sich genau überlegen, ob sie diesen Weg gegen die Bürger und den ländlichen Raum gehen will. Anstatt die Bürger alleinzulassen, sollten die Abwasserzweckverbände auch für die Kleinkläranlagen die Verantwortung übernehmen. Zukünftig müssen Gruppenlösungen in Verantwortung der Abwasserzweckverbände möglich sein. Diese können dann mit Gebühren finanziert werden, damit wäre endlich eine faire Lösung für die Abwasserproblematik im ländlichen Raum gefunden. Das muss keineswegs mit Kostensteigerungen einhergehen, die Zuschüsse an Private aus dem Haushaltskapitel 09 05

(Präsident Carius)

könnten hierfür genutzt werden. Ebenso könnten die Mittel aus der Abwasserabgabe Einsatz finden. Die Abwasserpolitik auf Kosten des ländlichen Raums und dessen Bürger muss aber sofort ein Ende finden. Es muss jetzt ein Sanierungsstopp angeordnet werden,

(Beifall AfD)

bis das Wassergesetz verabschiedet ist sowie eine gerechte Lösung für die Bürger gefunden und geregelt ist. Vielen Dank.

(Beifall AfD)

Danke schön. Als Nächster erhält Abgeordneter Kobelt für die Fraktion Bündnis 90/Die Grünen das Wort.

Sehr geehrter Herr Carius, sehr geehrte Damen und Herren, wir haben im Bereich des Wassers ein Problem, denn unser Wasser ist nicht sauber, so wie wir uns das vorstellen, wie sich das viele Bürgerinnen und Bürger wünschen, denn 80 Prozent unserer Gewässer befinden sich in keinem guten Zustand. Ursache ist hauptsächlich der hohe Phosphoranteil. Da stammen wiederum zwei Drittel dieses Bereichs aus dem Abwasserbereich. Dass wir damit in Thüringen ein besonderes Problem haben, sieht man im Vergleich mit dem Bundesdurchschnitt. Im Bundesdurchschnitt sind bereits 95 Prozent der Grundstücke und Anlagen an ein Abwassernetz und eine Entsorgung angeschossen, die gut für die Gewässer sind. In Thüringen sind es leider erst 77 Prozent. Wir als Grüne wollen das ändern, und zwar denken wir, dass ein gutes Mittel dafür das Wassergesetz ist. In diesem Wassergesetz wird es auch Regelungen zu Kleinkläranlagen geben. Ganz wichtig ist es uns in diesem Bereich, dass es eine einheitliche Regelung für die Bürgerinnen und Bürger gibt. Es kann nicht sein, dass im Bereich der Kleinkläranlagen Bürgerinnen und Bürger in Gera anders behandelt werden als in Eisenach oder in Bad Salzungen. Mittlerweile ist es so, dass je nach Abwasserverband ganz unterschiedlich damit umgegangen wird, wann es eine Pflicht gibt, dass sich die Eigentümer selbst darum kümmern müssen und dass es die Abwasserverbände nicht mehr übernehmen. Das ist, glaube ich, ein zentrales Anliegen des Wassergesetzes, dies zu vereinheitlichen und besser zu regeln.

Ich stelle mir insbesondere vor, dass Kleinkläranlagen, die sich auf privatem Grund befinden und von Privaten finanziert werden müssen, eine Ausnahme sind. Zum Beispiel wäre es möglich, dass es eine Obergrenze für sehr kleine Orte bis 100 Einwohner gibt, sodass die Abwasserverbände prinzipiell ver

pflichtet sind, alle Orte, die größer sind als diese Kleinstorte, dort mit an das Netz anzuschließen, vielleicht auch mal innovative Lösungen zu finden, nicht immer nur ein zentrales Netz, sondern auch mal dort, wo es sich anbietet, zwei oder drei Netze aufzubauen, und nicht relativ einfach, wie es jetzt ist, wie es manche Abwasserverbände machen, das auf die privaten Eigentümer umzuwandeln.

Wenn man diese kleinen Ortschaften näher betrachtet, gibt es aus meiner Sicht zwei Möglichkeiten, damit umzugehen: Zum einen könnte man sich für Gruppenlösungen entscheiden. In dem Wassergesetz soll auch ermöglicht werden, dass der Abwasserverband nicht ein zentrales Netz aufbaut, sondern Gruppenlösungen baut und diese dann mit Fördermitteln vom Umweltministerium gefördert werden. Bei so einer Gruppenlösung kann es manchmal sein, dass öffentlicher Grund in der Nähe ist, der genutzt werden kann. Bei kleineren Gruppen von vielleicht drei bis fünf Anlagen ist das aber in der Regel nicht der Fall. Deswegen soll im Wassergesetz – das wäre uns ein wichtiges Anliegen – eine Lösung gefunden werden, dass das auch auf privatem Grund durch den Abwasserverband errichtet werden kann, aber nur, wenn es die Eigentümer auch wollen. Also sie können sich einig sein, können sagen, Abwasserverband, mach das für uns, dann muss es aber auch die volkswirtschaftlich sinnvollste Lösung sein. Wenn es eine kleine Einzelanlage ist und die Eigentümer nicht einverstanden sind, dann wird es in diesen Kleinstortschaften oder in entlegenen Gebieten, Einzelgehöften dann auch weiterhin eine Kleinkläranlage geben.

Die andere Möglichkeit sind diese Einzelanlagen. Dort ist es uns wichtig, dass nicht nur der Abwasserverband entscheidet, ob es für das jeweilige Verbandgebiet die wirtschaftlichste Lösung ist, sondern sie sollen in Zukunft nachweisen, welche volkswirtschaftlich die günstigste Lösung ist: eine Gruppe zu bauen, ein Netz aufzubauen oder Kleinstkläranlagen zu errichten. Da gibt es sehr gute Kontrollmechanismen, die man auch in der Landesverwaltung aufbauen kann. Es wird teilweise schon gemacht, dass das einheitlich in ganz Thüringen geregelt ist und kontrolliert wird.

Meine sehr geehrten Damen und Herren, die gute Situation der Gewässer ist uns ein wichtiges Anliegen. Besonders wichtig ist es uns, dass mit den Mitteln, die zur Verfügung stehen, in einem ersten Schritt die Anlagen gebaut werden, bei denen die größte Effizienz besteht, bei denen sich das Gewässer am meisten verbessert mit einem festgelegten Betrag. Das sehen wir bis 2020 bei den größeren Ortschaften. Hier ist es sinnvoll, finde ich, dass wir dort zum Beispiel ab Ortschaften mit mehr als 500 Einwohnern auch festlegen, dass die Abwasserverbände, die in vielen Bereichen auch schon auf einem guten Weg sind, das dann bis dahin um

(Abg. Kießling)

setzen und die kleineren Ortschaften mehr Zeit haben, bis 2025 zum Beispiel.

In unserem Koalitionsvertrag haben wir uns geeinigt: Die Koalition bekennt sich künftig auch zu alternativen und dezentralen Lösungen und unterstützt die Aufgabenträger der Abwasserbeseitigung. Das gilt, glaube ich, für alle Abgeordneten von SPD, Linken und Bündnis 90/Die Grünen. Deswegen finden wir, wir werden das Wassergesetz auf den Weg bringen und dort auch eine gute Lösung für die Kleinkläranlagen finden. Vielen Dank.

(Beifall DIE LINKE, BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- NEN)

(Zwischenruf Abg. Fiedler, CDU: Wenn es nur endlich mal da wäre!)

Vielen Dank. Als Nächstes hat Abgeordneter Gruhner für die CDU-Fraktion das Wort.

Herr Präsident, liebe Kolleginnen und Kollegen, die Aktuelle Stunde der AfD-Fraktion gibt in der Tat noch mal Gelegenheit, darauf hinzuweisen, dass sich das grüne Umweltministerium bei der Novelle des Wassergesetzes und auch bei der Frage, wie es bei den Kleinkläranlagen weitergeht, durchaus als großer Zauderer entpuppt, denn immer wieder wird angekündigt, immer wieder verschoben. Man kann feststellen, dass die Novelle des Thüringer Wassergesetzes eben nicht vorankommt. Man könnte schon fast sagen, es ist typisch für die Umweltministerin, es werden immer erst eine Menge Gesetze und Initiativen angekündigt, die dann entweder gleich koalitionsintern einkassiert

(Zwischenruf Abg. Adams, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN: Sie haben es die ganze Legislatur über nicht geschafft!)

oder auf endlose Diskussionsprozesse verschoben werden. Deswegen will ich zunächst erst mal sagen: Es hätte angesichts der genannten Sanierungsanordnungen durchaus den Thüringer Bürgern genutzt, wenn Sie sich in den letzten zweieinhalb Jahren darauf konzentriert hätten, mit aller Kraft das Wassergesetz zu novellieren, statt irgendwelche Filteranlagen auf Schweineställe zu bauen, Frau Ministerin.

(Beifall CDU)

(Zwischenruf Abg. Adams, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN: Sie wohnen ja nicht in der Nähe einer solchen Anlage!)

In der Tat, Sie haben dazwischengerufen, was die CDU nicht alles nicht gemacht hätte. Da will ich Ihnen aber schon sagen: Es geht am Ende nicht nur darum, dass wir immer Vergangenheitsdebatten

führen, sondern es geht darum, dass wir darauf hinweisen, dass Sie seit zweieinhalb Jahren im Amt sind. Kollege Kobelt hat wieder erzählt, was er sich alles im Wassergesetz wünschen würde und was er alles gern machen würde. Ja, dann machen Sie es! Sie haben die Mehrheit, setzen Sie es um! Sie sind seit zweieinhalb Jahren im Amt und haben in diesem Bereich noch nichts zustande gebracht.

(Beifall CDU)

Ich will schon noch mal darauf hinweisen, dass es unsere Fraktion gewesen ist, die 2011 auch konkrete Grundsätze und Vorschläge zu diesem Bereich gemacht hat.

(Zwischenruf Abg. Becker, SPD: Die zurück- gezogen wurden!)

(Zwischenruf Abg. Adams, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN: Was ist daraus geworden? Heiße Luft!)

Wir haben damals gesagt – das sind auch die Maßstäbe, die wir für das künftige Wassergesetz anlegen; drei Prämissen sind entscheidend: Erstens, wir müssen Investitionen nur auf das unbedingt Notwendige beschränken. Zweitens, Investitionen müssen zeitlich gestreckt werden können, müssen mit Augenmaß durchgeführt werden. Drittens, der weitere Ausbau einer modernen Infrastruktur der dezentralen Abwasserversorgung im ländlichen Raum muss natürlich im Einklang mit der Leistungsfähigkeit der Hauseigentümer, Mieter und Steuerzahler entstehen. Man könnte zusammengefasst sagen: wirtschaftlich, bedarfsgerecht und mit Augenmaß. Ich hoffe, dass wir uns da durchaus einig sind.

Liebe Kolleginnen und Kollegen, ich will noch mal deutlich machen und unterstreichen, dass in den letzten mehr als 20 Jahren schon rund 5 Milliarden Euro in diesem Bereich investiert worden sind, ungefähr 3 Milliarden an weiteren Investitionen stehen an. Deswegen ist es in der Tat richtig, dass wir die Grundstückseigentümer im Blick haben, die seit 1990 auch schon eine Menge investiert haben und dass wir schauen, dass es hier nicht zu weiteren Belastungen kommt und dass wir Investitionen über einen längeren Zeitraum dehnen. Wichtig ist auch, dass wir mit unseren Thüringer Regelungen nicht über Anforderungen des Bundesrechts und europäischer Regelungen hinausgehen, um zusätzliche Belastungen für die Bürger zu verhindern. Die EUWasserrahmenrichtlinie sieht beispielsweise für die Verbesserungen der Qualität der Vorfluter die Möglichkeit einer zweimaligen Fristverlängerung bis 2027 vor. Wir sind deswegen der Überzeugung, dass diese Möglichkeit dann auch im Sinne der Leistungsfähigkeit der Bürger ausgeschöpft werden sollte.

(Beifall CDU)