Wenn man sich den Gesetzentwurf anschaut, sieht man, so wirklich konsequent ist er eben auch nicht. Für die Parlamentarischen Geschäftsführer sollen die pauschalierten steuerfreien Aufwandsentschädigungen beibehalten werden. Trifft es denn da zu, dass ausgerechnet diese Funktionsträger besondere funktionsbedingte Aufwendungen haben? Wie auch schon in der ersten Lesung dargestellt, hängt die ganze Sache mit einem Urteil des Bundesverfassungsgerichts aus dem Jahr 2000 zusammen. Es ist ausdrücklich zu den Regelungen des Thüringer Abgeordnetengesetzes ergangen. Danach sind die als Zulagen zur steuerpflichtigen Grundidee gezahlten Funktionsentschädigungen für stellvertretende Fraktionsvorsitzende, Parlamentarische Geschäftsführer und Ausschussvorsitzende verfassungswidrig. Sie stellen eine finanzielle Besserstellung dar, die ein Verstoß gegen das Prinzip des gleichen Mandats aller Abgeordneten ist. Noch im selben Jahr, im Jahr 2000, brachte die damalige PDS einen Gesetzentwurf zur ersatzlosen Streichung dieser Funktionszulagen ein. Dieser wurde von der CDU-Mehrheit im Landtag abgelehnt.
Die CDU änderte als Reaktion auf das Urteil das Abgeordnetengesetz. Sie führte die Zahlung in Form der steuerfreien Aufwandspauschalen ein, zumindest für Ausschussvorsitzende und Parlamentarische Geschäftsführer. Gegen diese Gesetzesänderung klagten SPD und PDS gemeinsam vor dem Thüringer Verfassungsgerichtshof. Die beiden Oppositionsfraktionen begründeten die Klage auch damit, dass hier ein rechts- und verfassungswidriger Umgang mit dem Urteil aus Karlsruhe vorliegt. Das Urteil des Thüringer Verfassungsgerichtshofs gab der Klage hinsichtlich der überzogenen Höhe Recht, aber – das will ich hier deutlich sagen – der Thüringer Verfassungsgerichtshof hielt solche Zahlungen für zulässig.
Allerdings macht das Urteil auch deutlich, dass der Gesetzgeber nicht gezwungen ist, solche Aufwandsentschädigungen festzuschreiben. Deshalb auch die Frage an die AfD, die sich immer als sehr konsequente Partei darstellt: Wieso streichen Sie die Aufwandsentschädigungen nur für Ausschussvorsitzende und warum wollen Sie die Zusatzentschädigungen für Vizepräsidenten niedriger machen? Warum nicht auch allgemein für Parlamentarische Geschäftsführer?
Ich will hier auch sagen, Herr Emde: Es ist sehr durchschaubar, dass Sie dem Antrag der AfD-Fraktion bei den Vizepräsidenten folgen und den Gesetzentwurf im Übrigen ablehnen wollen. Uns wäre es sehr wichtig, wenn wir gemeinsam an einer umfassenden Parlamentsreform arbeiten würden, wo
alle diese Dinge beraten und auch entschieden werden und wir nicht in Ein-Punkt-Gesetzen oder in Ein-Punkt-Dingen hier verhandeln. Die Bindewirkung der Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts ist für Thüringen im Vergleich zu allen anderen Bundesländern eine besondere. Das Gericht urteilte ganz direkt zum Thüringer Abgeordnetenrecht. Die AfD arbeitet mit der Methode, immer mal punktuell mit einem Ein-Themen-Gesetz zu arbeiten, um immer mal wieder mediale Aufmerksamkeit zu erregen. Wir erinnern uns hier auch an den schon zitierten Gesetzentwurf zum Diätenautomatismus. Warum, so die Frage an die AfD-Fraktion, bringen Sie in kurzer Folge Ein-Punkt-Gesetzentwürfe, als eher mit einem Gesamtkonzept zu arbeiten?
Der Diätenautomatismus und die Frage der Aufwandspauschalen betreffen beide die finanzielle Ausstattung der Abgeordneten und sie betreffen beide das Abgeordnetengesetz. Die rot-rot-grüne Koalition möchte nicht mit dieser populistischen Methode arbeiten und macht im Koalitionsvertrag deutlich, dass eine umfassende Überprüfung und Reform des Abgeordnetengesetzes ihr Thema ist. Mit Blick auf den Koalitionsvertrag von Rot-RotGrün ist klar: Der umfassende Reformansatz ist angesagt. Klar ist auch, dass in diesem Landtag vor Existenz der AfD in Sachen Reform viel konsequentere Vorschläge vorgelegt wurden und RotRot-Grün mehr an Reform vorhat als das, was die AfD-Fraktion mit dem vorliegenden Gesetzentwurf zu bieten hat. Danke schön.
Es liegen jetzt keine weiteren Wortmeldungen vor. Es ist Ausschussüberweisung an den Justiz- und Migrationsausschuss beantragt worden. Wer dem zustimmt, den bitte ich um das Handzeichen. Das ist die Fraktion der AfD. Gegenstimmen? Das sind alle anderen Fraktionen und Abgeordneter Krumpe. Enthaltungen? Abgeordneter Gentele. Damit ist die Ausschussüberweisung abgelehnt.
Es ist getrennte Abstimmung zum Gesetzentwurf beantragt. Wir stimmen deshalb über Artikel 1 Nr. 1 des Gesetzentwurfs ab. Wer dem die Zustimmung gibt, den bitte ich um das Handzeichen. Das sind die Fraktionen von AfD und CDU. Gegenstimmen? Das sind die Koalitionsfraktionen und Abgeordneter Krumpe. Enthaltungen? Herr Abgeordneter Gentele. Damit ist Artikel 1 Nr. 1 abgelehnt.
Wir stimmen über Artikel 1 Nr. 2. ab. Wer dem zustimmt, den bitte ich um das Handzeichen. Das sind die Mitglieder der Fraktion der AfD. Gegenstimmen? Das sind alle anderen Abgeordneten des Hauses. Damit ist Artikel 1 Nr. 2 abgelehnt.
Wir stimmen über Artikel 2 des Gesetzentwurfs ab. Wer dem zustimmt, den bitte ich um das Handzeichen. Das sind die Mitglieder der Fraktion der AfD. Gegenstimmen? Enthaltungen? Der Abgeordnete Gentele. Alle anderen Mitglieder des Hauses haben dagegen gestimmt. Damit ist Artikel 2 abgelehnt und ich schließe diesen Tagesordnungspunkt.
Zweites Gesetz zur Änderung des Thüringer Ladenöffnungsgesetzes Gesetzentwurf der Fraktion der AfD - Drucksache 6/2629 ZWEITE BERATUNG
Sehr geehrte Frau Präsidentin, sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen, liebe Gäste! Ich fange heute mal ein bisschen anders an, nämlich damit, dass die Thüringer 1989 begeistert für mehr Demokratie auf die Straße gegangen sind.
Sie hatten damals Erfolg und haben in den folgenden 20 Jahren mangels Alternative Sie, die Vertreter der etablierten Parteien, mit der Umsetzung des Wunschs nach mehr Demokratie beauftragt. 25 Jahre später stellt der Thüringen-Monitor fest, dass 71 Prozent der Thüringer meinen, dass die Anliegen der Menschen in unserem Land nicht mehr wirksam vertreten werden. Sie haben es also offenkundig verbockt, den Wählerauftrag nicht ausreichend umgesetzt.
Wenn Sie sich nun fragen: Warum erzählt uns der Möller das, was hat diese Enttäuschung über die vorhandenen Demokratiedefizite in unserem Land nun mit der Debatte über das Ladenöffnungsgesetz zu tun?, dann will ich es Ihnen erklären: Die erste Beratung unseres Entwurfs zum Ladenöffnungsgesetz war ein Musterbeispiel, wie man Politikverdrossenheit schafft und den Parlamentarismus in Schwierigkeiten bringt. Sie haben nämlich das getan, was Sie gerne tun, wenn Sie mit einer politischen Meinung konfrontiert werden, die nicht ins grobschlächtig linke Weltbild passt. Dann finden Sie nämlich gern irgendwelche Botschaften, behaup
ten, die stünden so im Gesetzentwurf, und lehnen den Gesetzentwurf deshalb ab. Das ist ein Vorwurf, den ich nicht nur den originär linken Parteien machen muss, sondern sogar der CDU-Fraktion. Ich werde jetzt mal auf ein paar Beispiele dieser anscheinsparlamentarischen Debattenkultur der etablierten Parteien aus der letzten Beratung eingehen, mit der Politikverdrossenheit geschaffen wird.
Wenn es um an der Substanz vorbeischlitternde Stimmungsmache geht, dann muss man natürlich bei der Linksfraktion anfangen. Frau Leukefeld hat sich offensichtlich in der ersten Beratung des Gesetzentwurfs nicht dafür interessiert, was in unserem Gesetzentwurf steht, sondern stattdessen ihre ganz persönliche Botschaft entwickelt. Nach der wolle die AfD, „dass Blumen, Backwaren und Zeitungen mindestens fünf Stunden lang an Sonntagen verkauft werden können“, das sei mit der Linken so nicht machbar – Frau Leukefeld, stimmt’s? Ja, Frau Leukefeld, was Sie da zitiert haben, das ist nicht der Inhalt unserer Änderung, sondern das ist die aktuelle Regelung, die Sie beibehalten wollen. Und wieder einmal zeigt sich: Wer lesen kann, ist klar im Vorteil.
Dann, Frau Leukefeld, haben Sie ein weiteres, sehr gewichtiges Argument in die Debatte eingeworfen, nämlich, dass Britta Gebhardt vom Kaufland Rudolstadt klargestellt habe, dass sich die Arbeitgeber mittlerweile an das Ladenöffnungsgesetz halten. Mensch, Frau Leukefeld, das ist aber schön. Dass sich die Arbeitgeber jetzt ans Recht halten, finden wir auch ganz toll. Wenn Rechtstreue ein Argument ist, dass Gesetze nicht mehr geändert werden, dann können wir die nächsten drei Jahre hier im Parlament ganz entspannt angehen lassen. Und dann stellen Sie am besten auch gar keine Rot-RotGrün-Gesetzesinitiativen mehr ein, denn das wäre für Thüringen zweifelsohne auch ein Segen.
Nun kommen wir aber zur CDU und damit zum Beitrag von Frau Holzapfel. Frau Holzapfel hat Angst, dass wir es mit unserem AfD-Programm nicht so ernst nehmen, und zwar beim Punkt „Vereinbarkeit von Familie und Beruf“. Das ist natürlich löblich von Frau Holzapfel, dass sie sozusagen im Landtag das wichtige Amt des Wächterrats über die reine Lehre der AfD übernimmt. Nur muss Frau Holzapfel dabei noch ein bisschen deutlicher werden, denn wir fragen uns natürlich, an welcher Stelle in unserer Neuregelung gegen Familien argumentiert wird oder sich dieser Gesetzentwurf gegen Familien richtet. Denn schließlich hängt von den Entscheidungen des Arbeitnehmers und nicht des Arbeitgebers ab, ob der Arbeitnehmer mehr als zwei Samstage im Monat arbeiten möchte. Und zudem entspricht diese Regelung derjenigen im geltenden Mutterschutzgesetz.
Vielleicht, wenn Frau Holzapfel die Güte hat, erklärt sie uns mal die familienfeindliche Komponente des aktuell geltenden Mutterschutzgesetzes. Wenn Sie schon dabei sind, Frau Holzapfel, dann erklären Sie uns doch bitte gleich auch noch, warum ausgerechnet die CDU-Fraktion fordert, dass künftig in touristischen Zentren in Thüringen Geschäfte auch sonntags geöffnet werden dürfen, insbesondere im Luther-Jahr 2017 und im Bauhaus-Jahr 2019. Dann stelle ich mir die Frage: Gilt das dann auch für Bäcker, Blumen- und Zeitungsverkäufer und wie verhält sich das dann mit der Zeit für die Familie am heiligen Sonntag? Also, liebe CDU, liebe Frau Holzapfel, ich muss mir unbedingt noch mal das Grundsatzprogramm der CDU durchlesen, ob Sie da auch den wichtigen Grundsatz ihrer politischen Arbeit aufgeschrieben haben, der da offensichtlich lautet: Was kümmert mich mein Geschwätz von gestern.
Ja, den finden wir auch nicht toll, Frau Tasch. Da haben Sie schon recht. Es gibt aber wenigstens noch eine Fraktion – das muss ich auch sagen –, es gibt wenigstens noch eine Fraktion im Landtag, die verstanden hat, worum es uns geht.
Und dieses Lob geht nicht an Sie, Frau Rothe-Beinlich. Das geht an die SPD und insbesondere an Frau Lehmann. Frau Lehmann meinte nämlich, unser Gesetzentwurf zeige, welchen Stellenwert die AfD Arbeitnehmerrechten beimessen würde. Und, liebe Frau Lehmann, da treffen Sie den Nagel auf den Kopf.
Im Gegensatz zur anscheinend sozialen rot-rot-grünen Koalition sind Arbeitnehmerrechte für uns nämlich nicht nur Bevormundung und von oben verordnete Zwangsfreizeit. Wir sind doch tatsächlich so fies drauf, dass wir die Arbeitnehmer als mündige Bürger selbst entscheiden lassen, ob sie samstags oder mittwochs mehr Zeit mit ihrer Familie verbringen möchten bzw. ob sie sich mit den Wochenendzuschlägen den finanziellen Puffer erarbeiten möchten, um dann mal mit ihrer Familie in den Urlaub fahren zu können. Das ist ein Bedürfnis, Frau Lehmann und generell liebe Kollegen vom rot-rotgrünen Lager, das können Sie vielleicht aufgrund Ihrer opulenten Abgeordnetendiät nicht nachvollziehen und im Fall von Frau Lehmann noch durch die Tatsache, dass die Frau Lehmann ja nie die Arbeitnehmerperspektive des politischen Vertretens in der Thüringer Wirtschaft kennengelernt hat. Aber, meine Damen und Herren, dieses Bedürfnis...
Aber nicht in der Wirtschaft, oder? Da müssen Sie es mal in Wikipedia reinschreiben, da habe ich nämlich recherchiert.
Jedenfalls ist unabhängig davon, Frau Lehmann, dieses Bedürfnis da. Und weil die SPD gemeinsam mit der CDU viele Jahre nicht in der Lage war, das Lohnniveau in Thüringen auf ein vernünftiges Maß zu erhöhen, sollten Sie wenigstens den Leuten die Möglichkeit überlassen, ihr Einkommen durch Eigeninitiative zu erhöhen, oder ihnen es zumindest nicht verbieten.
Kommen wir abschließend zum Beitrag der Grünen, den hat Frau Pfefferlein abgeliefert. Und Frau Pfefferlein hat auch das absurdeste Argument der Debatte beigetragen, nämlich, unser Gesetzentwurf sei unökologisch. Warum das so ist, das hat sie uns leider nicht verraten. Am Papier lag es, glaube ich, nicht. Statt Substanz gab es halt von grüner Seite dann nur noch die unbelegte Vermutung, dass die Freiwilligkeit zur Samstagsarbeit als ungeschriebene Einstellungsvoraussetzung durch die fiesen Arbeitgeber erzwungen würde. Dass die Welt in der Realität allerdings eigentlich ganz anders aussieht, das stört Frau Pfefferlein nicht. Die Arbeitsstellen sind nämlich in der Realität mittlerweile so knapp, dass dieser Druck vollkommen ins Leere laufen würde. Das zeigt sich zum Beispiel auch in der Statistik für September 2016. Da gab es 7,3 Prozent mehr freie Arbeitsstellen in Thüringen als im Vormonat, und das wohlgemerkt für Verkaufsberufe.
Wir haben also, vielleicht mal zusammen betrachtet, in der ersten Beratung des Ladenöffnungsgesetzes viele schlechte Beispiele beobachten können, wie man eine parlamentarische Debatte unfair und am Sachargument vorbei führt und damit im Grunde nur das Ziel verfolgt, eine politische Position, die sich eben außerhalb des von den etablierten Parteien gezogenen Rahmens befindet, schnell aus dem parlamentarischen Betrieb wieder herauszubekommen. Und da muss ich sagen, das betrifft natürlich im hohen Maße vor allem das rot-rot-grüne Lager, die CDU muss ich hier ausnahmsweise mal ein kleines bisschen ausklammern. Gerade das rot-rot-grüne Lager gibt sich nicht mal ansatzweise die Mühe, den Anschein einer ernsthaften Auseinandersetzung mit AfD-Positionen aufrechtzuerhalten, denn dann würden sie ja zumindest das eine oder andere Mal einem Antrag auf Ausschussüberweisung zustimmen. Aber das haben Sie in den letzten zwei Jahren nicht ein einziges Mal getan. So verweigern Sie selbst bei harmlosen Themen wie dem Ladenöffnungsgesetz
circa 20 Prozent der Wähler, die aktuell für die politischen Auffassungen der AfD votieren, die Teilhabe an echter parlamentarischer Demokratie. Und dann bezeichnen Sie sich noch als demokratische Fraktion. Das ist schon ein ziemlich hoher moralischer Anspruch, den Sie da an sich erheben, aber den Sie eben leider nicht erfüllen.
Meine Damen und Herren, genauso fährt man eine parlamentarische Demokratie vor die Wand. So schafft man Politikverdrossenheit. Und wenn Sie sich fragen, wo die Verachtung für die politische Elite in manchen Teilen unseres Landes herkommt: Die Ursache setzt man genau mit solchem Verhalten, auch hier im Landtag. Wenn Sie daran was ändern wollen, dann kann ich Ihnen nur empfehlen: Lassen Sie sich mehr auf Sachargumente ein, erfinden Sie nicht irgendwelche Argumente, die so im Gesetzentwurf gar nicht drinstehen, dann wird es vielleicht auch wieder was mit der Akzeptanz unserer parlamentarischen Demokratie. Danke.