a) Aktuelle Stunde auf Antrag der Fraktion der CDU zum Thema: „Thüringer Landesregierung plant, gegen das Volksbe
gehren zur Gebietsreform zu klagen – Bürgerbeteiligung nur bei politisch gewünschtem Ergebnis?“ Unterrichtung durch den Präsidenten des Landtags - Drucksache 6/2685
Herr Präsident, meine sehr geehrten Damen und Herren, wir haben das heute zum Tagesordnungspunkt gemacht, damit wir über das Volksbegehren reden. Ich finde es schon sehr abenteuerlich, wie die Koalition versucht, mit diesem Thema umzugehen. Aber ich will noch mal auf einige Dinge eingehen. Die AG Selbstverwaltung, die sich freiwillig gegründet hat, überparteilich ist und die hier Stimmen gesammelt hat, hat mittlerweile um die 43.000 Unterschriften gesammelt.
Notwendig wären im ersten Schritt 5.000 gewesen. Das hat wahrscheinlich den einen oder anderen, wie Frau Hennig-Wellsow, aufgeschreckt, die gemerkt haben: Oh, hier tut sich was im Lande; der Bürger will wirklich mal von seinen Rechten Gebrauch machen, die Sie vorher immer benannt haben, und heute wollen Sie nichts mehr davon wissen.
Deswegen – ja, wir haben nur 5 Minuten, nicht klopfen! – denke ich mal, und so fasst es auch die AG Selbstverwaltung auf, das ist ein Auftrag vom Volk, gegen das Gesetz vorzugehen. Man kann sie dort nur unterstützen mit allem, was an Möglichkeiten da ist.
Ich weiß nur, dass viele meiner Kollegen – Bürgermeister, VG-Vorsitzende, Abgeordnete – sich hier mit beteiligen, um gegen das ganze unsinnige Vorgehen vorzugehen, wozu über 60 Prozent der Thüringer sagen, dass wir das nicht brauchen. Ich will gar nicht noch als Kronzeuge Richard Dewes nehmen, aber ich will es zumindest benennen. Richard Dewes hat damals eine Gebietsreform mitgemacht in all ihren Details und all ihren Dingen, die dazu geführt haben. Und der hat in sehr vielen Punkten recht, das kann ich Ihnen nur sagen. Sie wollen das Land hier zertrümmern. Sie wollen das Land plattmachen.
Meine Damen und Herren, Sie merken: „Oh, jetzt nehmen die doch wirklich mal die Rechte wahr, die da sind“, und vor allen Dingen die Grünen haben
jetzt größte Mühe, sich dort herauszudrehen, dass jetzt auf einmal die Möglichkeit besteht, dass der Bürger sich auch in so einem wichtigen Gesetz aufmacht und sagt: „Wir lassen uns das nicht bieten!“ Es kommen jetzt auf einmal gleich in der ersten Hürde, wo jetzt 5.000 nötig sind, dann 43.000 oder mehr raus. Das, denke ich mal, ist schon ein Faktor. Jetzt kommen Sie dazu und sagen natürlich: Ja, ja, jetzt werden wir das Verfassungsgericht erst mal anrufen und werden mal sehen, ob das überhaupt so einfach geht. Meine Damen und Herren, Sie haben damit Ihrer Glaubwürdigkeit – erinnern Sie sich daran, als Sie noch Opposition waren, wie Sie getönt haben …
Herr Kollege Adams, wir standen in dem Plenarsaal, wo es darum ging, wie es in der Schweiz mit Volksbegehren ist und Ähnliches – was Sie dort gesagt haben, davon wollen Sie heute nichts mehr wissen, nur damit Sie regieren können, am Volk vorbei regieren können.
Deswegen, denke ich mal, Ihre Glaubwürdigkeit kann man nur noch in den Wind schreiben. Sie spielen hier ein Spiel mit falschen Karten oder mit verdeckten Karten.
Sie wollen die Bürgerbeteiligung nicht ernst nehmen, wo die Menschen sich aufmachen. Ich denke mal, auch der schnell aus dem Hut gezauberte Einwand des sogenannten Finanzvorbehalts aus Artikel 82 Thüringer Verfassung ist hier nur ein mehr als scheinheiliges Argument; ein scheinheiliges Argument, was Sie hier vorbringen. Erstens sind im Haushalt bisher keinerlei Gelder für die Gebietsreform eingestellt, sodass sich gegenwärtig weder ein unmittelbarer noch ein mittelbarer Haushaltsbezug herstellen lässt.
Sie wollen doch eigentlich nichts anderes erreichen. Sie wollen die Gebietsreform, das Vorhaben verzögern oder im besten Fall stoppen.
Im besten Fall wollen Sie das stoppen. Herr Ministerpräsident, wir werden uns vielleicht beim Gemeinde- und Städtebund nachher wiedersehen und werden da vielleicht auch darüber reden. Die Menschen haben sich aufgemacht. Ich frage Sie: Wo ist denn eigentlich der Finanzvorbehalt? Wir können ihn nicht entdecken.
Und selbst wenn Artikel 82 Abs. 2 Thüringer Verfassung tatsächlich tangiert wäre, zwingt keine Vorschrift der Welt die Landesregierung, bei Zweifeln an der Rechtmäßigkeit von Volksbegehren vor ein Gericht zu ziehen. Die zwingt niemand.
Die zwingt niemand dazu. Ja, darüber kann man trefflich lachen, Herr Ministerpräsident, aber man sollte …
Deswegen wird es doch nicht besser, wenn die CDU-geführte Landesregierung das gemacht hat. Es wird doch deswegen nicht besser. Nur haben Sie im Umkehrschluss immer gesagt: Also Volksbegehren ist das Höchste und das Beste und das Schönste. Und was machen Sie jetzt?
Meine Damen und Herren, ich bin sehr gespannt, was die Regierung dazu vorträgt. Selbst der Justizminister hat sehr schwammig agiert, als er davon in der Zeitung was berichtet hat. Ich glaube, der ist auch nicht überzeugt davon.
Sehr geehrter Herr Präsident, werte Kollegen hier im Thüringer Landtag, sehr geehrte Besucher und Zuschauer,
der Respekt vor der Bevölkerung gebietet es zunächst einmal, den Initiatoren des Volksbegehrens alle Anerkennung zu zollen.
Ich teile dieses Volksbegehren inhaltlich nicht, aber ich finde es gut, dass es stattfindet, und ich finde es richtig, dass wir davor erst einmal Respekt haben. Respekt zu haben, Herr Fiedler, heißt es auch, es nicht zu benutzen. Respekt vor dem parlamentarischen Verfahren heißt, sehr geehrte Damen und Herren in der CDU-Fraktion, zunächst einmal, nachdem der Bürger gesprochen hat, die Unterschriften gesammelt sind, die Prüfung des Landtagspräsidenten abzuwarten; abzuwarten, wie der Landtagspräsident, der den Auftrag hat, vor allen Dingen die formellen Fragen zu prüfen, dann entscheidet.
(Zwischenruf Abg. Fiedler, CDU: Sie glauben doch nicht, dass mit so vielen Unterschriften etwas anderes rauskommt!)