(Zwischenruf Abg. Fiedler, CDU: Sie glauben doch nicht, dass mit so vielen Unterschriften etwas anderes rauskommt!)
Das ist die parlamentarische Verantwortung, die auch Sie haben, das abzuwarten. Und dann, meine sehr verehrten Damen und Herren, erfordert es der Respekt vor einer Landesregierung, den Sie auch haben sollten, abzuwarten, wie die Landesregierung im Lichte aller Fragen, die hier zu betrachten sind, entscheiden wird. Und das müssen Sie abwarten und nicht billig Politik machen,
Es ist auch so, dass wir Grüne nicht zufrieden sind, nicht abschließend zufrieden sind mit dem Maß der Bürgerbeteiligung bei dieser Gebietsreform. Ich war ernüchtert und auch ein bisschen traurig, dass gerade meine sozialdemokratischen Koalitionspartner nicht bereit waren, das Bürgergutachten früher auf
den Weg zu bringen. Das Bürgergutachten als konstruktiver Teil der Bürgerbeteiligung wäre im Frühling dieses Jahres eine sehr wichtige und eine sehr richtige Beteiligungsmöglichkeit gewesen,
weil sie eben nicht nur die Chance gibt, Ja oder Nein zu sagen, sondern wirklich mitzuarbeiten. Das ist nicht gelungen. Wir bedauern das außerordentlich. Dennoch, und da beißt die Maus keinen Faden ab, jeder, der sich ernsthaft und nicht mit Vorurteilen diesem Prozess der Gebietsreform stellt, wird erkennen, dass in Thüringen noch nie so viel Beteiligung in einem solchen Verfahren war, noch nie seit 1990 sind die Menschen an einer Frage so intensiv beteiligt worden wie bei dieser Gebietsreform und bei diesem Vorschaltgesetz.
2013 hat die Landesregierung, an der Sie noch beteiligt waren, ein großes inhaltliches Gutachten auf den Weg gebracht – viel diskutiert. Die Landesregierung, die heute zusammensitzt, hat sehr klar gesagt, dass wir eine Gebietsreform durchführen wollen. Es ist ein Leitbild erarbeitet worden. Schon dieses Leitbild ist diskutiert worden und es ist auf Grundlage dieses Leitbilds noch einmal in der Bevölkerung – das können Sie doch nicht leugnen, Sie sind doch überall unterwegs gewesen. Wir haben uns doch auf den vielen Veranstaltungen getroffen, wo wir diskutiert haben. Da können Sie doch nicht behaupten, dass darüber nicht diskutiert worden wäre.
Meine sehr verehrten Damen und Herren, trotzdem dies alles so ist, ist es richtig, um die Frage, ob dieses Volksbegehren vor dem Verfassungsgerichtshof landen muss oder nicht, eine intensive Debatte zu führen. Deshalb bin ich eigentlich gar nicht so unzufrieden, dass Sie diese Aktuelle Stunde hier heute beantragt haben. Es geht im Wesentlichen um zwei Punkte. Es ist einmal die Frage, möglicherweise ist dieses Volksbegehren mit höherrangigem Recht nicht vereinbar. Herr Fiedler hat eben gesagt, das kann er gar nicht sehen. Bisher haben alle Landesregierungen das gesehen. Bisher hat das Verfassungsgericht den Bogen extrem weit ge
spannt und davor können Sie doch nicht die Augen verschließen. Sie können doch nicht die Rechtsprechung des Thüringer Verfassungsgerichtshofs für ad absurdum erklären, nur weil Sie das wollen.
(Zwischenruf Abg. Fiedler, CDU: Wollen Sie mal Ihre Reden von damals rausholen? Das machen wir das nächste Mal!)
Sie müssen sich doch als Demokraten an den Rechtsstaat halten. Sie müssen doch zuhören, was uns Weimar sagt.
Meine sehr verehrten Damen und Herren, der Wortlaut wie auch die Rechtsprechung des Gerichts sagen sehr deutlich, dass es eher in die Richtung geht, dass es betroffen wäre. Der Einzelfall steht dagegen. Da wird man prüfen und da, denke ich, wird Dieter Lauinger noch sehr deutlich etwas sagen. Eines, meine sehr verehrten Damen und Herren, muss aber sehr klar werden: Der Einzige, der umkehren muss, um alle Plebiszite, die Sie möglicherweise einsetzen möchten gegen die Gebietsreform,
gegen das Vorschaltgesetz – wer das einsetzen möchte, muss den Finanzvorbehalt verändern. Sie haben im Jahr 2002 die Chance verpasst, das zu ändern.
Sie haben auch in Ihrem Gesetz für die fakultativen Referenden diesen Finanzvorbehalt immer noch festgeschrieben. Der Einzige, der umkehren muss, das ist Mike Mohring, meine sehr verehrten Damen und Herren.
(Zwischenruf Abg. Fiedler, CDU: Peinlich, peinlich! Jetzt hat sie schon die Verfassung dabei, damit sie was sagen kann!)
Sehr geehrter Herr Präsident, sehr geehrte Abgeordnete, das Stimmungskonfetti ist ja schon gestreut, ich will gern noch einen draufsetzen. Ich glaube, ein besseres Eigentor als diese Aktuelle Stunde der CDU-Fraktion
kann es in diesem Parlament nicht geben. Ich will mal als Allererstes darauf hinweisen, dass die Verfassung gilt, egal, ob sie uns in einzelnen Punkten passt. Das gilt für die Opposition, das gilt für die Regierung, das gilt für die Initiatoren des Volksbegehrens, das gilt für mich, den Präsidenten und überhaupt. Ich will – deswegen habe ich die Verfassung mit vorgebracht –, sehr geehrter Herr Präsident, Artikel 82 Abs. 2 zitieren: „Volksbegehren zum Landeshaushalt, zu Dienst- und Versorgungsbezügen, Abgaben und Personalentscheidungen sind unzulässig.“ In Absatz 3 heißt es im zweiten Satz: „Halten die Landesregierung oder ein Drittel der Mitglieder des Landtags die Voraussetzungen für die Zulassung des Volksbegehrens für nicht gegeben oder das Volksbegehren für mit höherrangigem Recht nicht vereinbar, haben sie den Verfassungsgerichtshof anzurufen.“ Liebe Abgeordnete, wir haben ein Volksbegehren vor uns, wo wir aus meiner Sicht – das mögen Sie anders sehen – auch als Fraktionen eines Verfassungsorgans verpflichtet sind zu prüfen,
ob ein Volkbegehren aus unserer Sicht der Verfassung entspricht oder nicht. Das ergibt sich aus meiner Sicht aus der Verfassung. Ich sehe, dass Sie uns als Landesregierung, aber auch als Fraktionen zu offenem Rechtsbruch auffordern wollen.
Mal ein sachlicher Überblick: 2001 „Mehr Demokratie in Thüringen“ – die CDU hat dagegen geklagt; 2013 das Volksbegehren gegen überhöhte Kommunalabgaben – die CDU hat dagegen geklagt und das Verfassungsgericht hat damals – Dirk Adams hat es schon gesagt – ziemlich deutlich gemacht, dass selbst Umschichtungen im Haushalt, die kein Geld kosten, unter den Finanzvorbehalt fallen. Die Landesregierung wird das Volksbegehren, davon gehe ich aus, prüfen, wenn der Landtagspräsident überhaupt erst mal festgestellt hat, dass ein solches Volksbegehren formal, wie es im Moment am
Start ist, durchgeführt werden kann. Insofern haben meine Fraktion, also die Linke-Fraktion und ich, uns das natürlich angeschaut. Aus unserer Sicht haben wir mit dem Volksbegehren durchaus ein etwas größeres Problem, was die Verfassungsgemäßheit angeht. Da sind wir schon beim Punkt: Die Verfassung ist nämlich – selbst wenn ich den Punkt „Finanzvorbehalt“ nicht teile – ziemlich schlau. Das sollten auch Sie gemerkt haben. Die Verfassung sagt nämlich nicht, dass die Regierung entscheidet, ob das Volksbegehren stattfindet, oder die Fraktionen entscheiden, ob das Volksbegehren stattfindet, sondern die Verfassung sagt:
(Zwischenruf Abg. Fiedler, CDU: Ich weiß, wer der Verfassung damals nicht zugestimmt hat. Die Truppe kenne ich!)
Der Verfassungsgerichtshof wird entscheiden, ob dieses Volksbegehren verfassungsgemäß ist, ja oder nein.