Protocol of the Session on August 31, 2016

Sehr geehrter Herr Präsident, liebe Kolleginnen und Kollegen, das Thema der Aktuellen Stunde ist nicht neu. Wir haben es schon vor drei Jahren im Landtag behandelt. Das heißt zwar nicht, dass es nicht mehr in der Debatte wäre, abgesehen davon, dass der Tenor des Antrags irreführend ist, wenn er suggeriert, dass Thüringen für die Rehabilitierung zuständig wäre und dies bisher versäumt hätte.

(Beifall CDU)

Was allerdings Anlass für eine Aktuelle Stunde sein soll, erschließt sich mir nicht, denn – es ist gerade eben schon ausgeführt worden – im Mai hat schon der Bundesjustizminister ein Eckpunktepapier vorgelegt und die Grünen haben angeblich Anfang August einen eigenen Gesetzentwurf erarbeitet, der allerdings nirgends zu finden ist, auch nicht auf den Seiten der Grünen-Bundespartei oder deren Bundestagsfraktion. Also: Aktuelle Stunde – wo ist der Anlass dafür?

(Beifall CDU)

In der Sache wird ein Gesetzentwurf auf Bundesebene zu diskutieren sein, wenn er in seiner Ausarbeitung des Eckpunktepapiers dann auch vorliegt. Ob darin die pauschale Aufhebung aller Strafurteile enthalten sein wird, das wird sich erst noch zeigen.

Ich hatte schon in der Debatte vor drei Jahren betont, dass die generelle Aufhebung gerichtlicher Entscheidungen mindestens 30 Jahre später einer gründlichen verfassungsrechtlichen Prüfung und Diskussion bedarf. Gerade wenn wir aus heutiger

Sicht auch mit dem heutigen Zeitgeist eine Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts aus dem Jahre 1957 diskutieren, muss man dies ernsthaft bedenken. Wie wird denn wohl bei anderen Themen – es klang vorhin schon mal an – in 50 weiteren Jahren über Gerichtsurteile gedacht werden? Ich will damit nicht sagen, dass am Ende der Diskussion nicht vielleicht doch eine generelle Aufhebung stehen kann. Ich sehe allerdings auch entgegenstehende Gesichtspunkte, wie zum Beispiel den der Gewaltenteilung und den der vorhin schon angeführten Rechtsstaatlichkeit.

Wir als CDU-Fraktion sehen deshalb im Vordergrund den Ausdruck des Bedauerns und das Bestreben einer Erklärung zur Ehre der Betroffenen, wie wir es im Landtag am 21.06.2013 schon beschlossen haben. Dieser Beschluss in seinen drei Punkten gilt nach wie vor. Danke schön.

(Beifall CDU)

Danke schön, Herr Scherer. Und als Nächste hat das Wort Abgeordnete Pelke für die SPD-Fraktion.

Herr Präsident, meine sehr geehrten Damen und Herren, liebe Kolleginnen und Kollegen! Ja, Herr Scherer, das Thema ist nicht neu, aber es ist bei Weitem wichtig, will ich an dieser Stelle noch mal zum Ausdruck bringen. Genau deshalb bin ich auch für diese Aktuelle Stunde dankbar, weil Bedauern alleine eben nicht ausreicht,

(Beifall DIE LINKE, SPD, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

denn staatliche Diskriminierung aufgrund der eigenen sexuellen Orientierung war bis in die jüngste Zeit auch in dem freiheitlich-demokratischen Rechtsstaat eine menschenunwürdige Tatsache, die Betroffene eben zu Verfolgten und Verurteilten machte. Da kann man nicht einfach im Nachgang sagen: Entschuldigung, das haben wir nicht so gemeint. Ich bin deshalb dem langjährigen Engagement der Betroffenenverbände und der Antidiskriminierungsstelle des Bundes in hohem Maß dankbar dafür, dass sie im Interesse der Betroffenen die Öffentlichkeit immer wieder auf das erlittene Unrecht aufmerksam gemacht haben und für die Rehabilitierung gekämpft haben. Erst am 11. Juni 1994 – es ist alles schon gesagt worden, auch von Frau Stange, ich will nur noch mal darauf aufmerksam machen – wurde die menschenrechtswidrige strafrechtliche Verfolgung homosexueller Männer endgültig abgeschafft. Im Jahr 2000 hatte sich der Bundestag in einer einstimmig beschlossenen Resolution für die Verfolgung der Homosexuellen entschuldigt. 2002 hob die damalige rot-grüne Bundesregierung, im Übrigen gegen die Stimmen von Union

(Abg. Rothe-Beinlich)

und FDP, die Urteile gegen Homosexuelle aus der Nazizeit auf. Mir sei der eine Hinweis noch gestattet – Frau Stange hat vorhin darauf hingewiesen –, dass hier in Thüringen Linke und Grüne Vorarbeit zu dem Thema geleistet haben, wir dann eben auch als rot-grüne Regierung auf Bundesebene und auch darüber hinaus. Dennoch galten die circa 50.000 nach 1945 in der BRD wegen Homosexualität verurteilten Männer nach wie vor als vorbestraft und die circa 4.000 in der DDR Verurteilten ebenso. Und da möchte ich jetzt einen anderen Auszug aus dem Vorwort der Leiterin der Antidiskriminierungsstelle des Bundes, Frau Lüders, zitieren, als Frau Stange schon zitiert hat. Frau Lüders hat in ihrem Vorwort, was das Gutachten anging, gesagt: „Das ist eine offene Wunde unseres Rechtsstaates, die unbedingt geheilt werden muss.“ Und ich glaube, das trifft genau den Punkt.

(Beifall DIE LINKE)

Mit der Vorlage eben des anerkannten Rechtsgutachtens der Antidiskriminierungsstelle des Bundes im Mai 2016 wurde deutlich klargestellt: Der Bundesgesetzgeber – das hat Frau Stange schon erwähnt – ist zum Handeln, zur Rehabilitierung nicht nur aufgefordert, sondern verpflichtet. Bundesjustizminister Heiko Maas hat noch am Tag der Veröffentlichung dieses Gutachtens reagiert und einen Gesetzentwurf zu eben dieser Rehabilitation angekündigt und hat im Juli – Herr Scherer hat auch darauf hingewiesen – ein Eckpunktepapier vorgestellt, das insbesondere folgende Regelungen vorsieht: nämlich, dass unmissverständlich klargestellt wird, dass das strafrechtliche Verbot von homosexuellem Verhalten in besonderem Maße grundrechtswidrig ist, dass alle Strafurteile unmittelbar durch Gesetz und unabhängig von den Umständen des Einzelfalls aufgehoben werden. Zudem hat Heiko Maas unterschiedliche Möglichkeiten der Entschädigung vorgeschlagen: Individualentschädigung für Haftund Geldstrafen oder Verfahrenskosten, Entschädigungsfonds für Härtefälle der Betroffenen, die nicht in der Lage sind, notwendige Nachweise der erlittenen Nachteile vorzulegen – auch das ist durchaus möglich – und eben die schon erwähnte Kollektiventschädigung ergänzend zur Individualentschädigung für zahlreiche Opfer, die bereits nicht mehr am Leben sind. Diese Vorhaben – das darf ich für meine Fraktion sagen – begrüßen wir außerordentlich und es wird auch endlich Zeit, dass das in Angriff genommen wird.

(Beifall DIE LINKE, SPD)

Ich möchte auch an dieser Stelle in Richtung der CDU, in Richtung Herrn Scherer – Sie haben eben den Beitrag geleistet –, bei Ihnen für eine schnelle Umsetzung der vorgelegten Eckpunkte noch in dieser Wahlperiode des Bundestags werben, wenn es irgendwie möglich wäre. Denn – und das sage ich an dieser Stelle ganz deutlich – wir verteidigen und

stärken Demokratie, wenn wir uns konsequent jeder Form der Diskriminierung widersetzen, erkanntes Unrecht als solches benennen und Unrecht auch korrigieren. Das ist unsere Pflicht. Herzlichen Dank.

(Beifall CDU, DIE LINKE, SPD)

Vielen Dank. Vonseiten der Abgeordneten liegen mir keine weiteren Wortmeldungen vor. Herr Minister Lauinger für die Landesregierung bitte.

Sehr geehrter Herr Präsident, meine sehr geehrten Damen und Herren Abgeordneten, ich denke, es sollte inzwischen gesellschaftlicher und politischer Konsens sein, dass die wegen einvernehmlicher homosexueller Handlungen nach heutigen rechtlichen Maßstäben zu Unrecht Verurteilten Anspruch auf volle politische, gesellschaftliche und sozialethische Rehabilitierung und Anerkennung haben. Umso bedauerlicher ist es, dass zwar die einschlägigen Strafvorschriften geändert und aufgehoben worden sind – nach meiner Meinung viel zu spät –, Regelungen zu einer Rehabilitation der Verurteilen aber trotz vielfacher Anläufe bisher immer noch auf sich warten lassen. Ich bin deshalb der Fraktion Die Linke sehr dankbar, dass sie mit der Aktuellen Stunde dieses wichtige Thema erneut in Erinnerung ruft, auch wenn ich, was ich an dieser Stelle nicht verschweigen will, die in der Themenbenennung mit dem Begriff „Justizopfer“ anklingende generelle Kritik an der Justiz nicht teile. Es ist nicht die Justiz gewesen, die mit dem Straftatbestand des § 175 des Strafgesetzbuchs bzw. des späteren § 151 des Strafgesetzbuchs der ehemaligen DDR die Grundlage für eine aus heutiger Sicht eindeutig menschenrechtswidrige Bestrafung sexueller Handlungen zwischen Männern legte, es war vielmehr nach dem Zweiten Weltkrieg der jeweilige Gesetzgeber, der es unterließ, die entsprechenden Straftatbestände aus den Gesetzbüchern zu tilgen. Insoweit wäre es meines Erachtens angebrachter, in erster Linie von einem legislativen Unrecht durch zu spätes Aufheben der einschlägigen Strafnormen zu sprechen.

(Beifall BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Allerdings hatte auch das Bundesverfassungsgericht wiederholt, nämlich bereits 1957 und sodann 1973, die Möglichkeit, dieses Unrecht des Gesetzgebers zu beseitigen. Das Bundesverfassungsgericht hat dies unter dem Eindruck der seinerzeitigen Sitten und Moralvorstellungen unterlassen. Es waren erst Entscheidungen des späteren Gerichtshofs für Menschenrechte aus den 80er-Jahren, die deutlich herausgestellt haben, dass Gesetze, die einver

(Abg. Pelke)

ständliche homosexuelle Handlungen zwischen Erwachsenen für strafbar erklärten, das Recht auf Achtung des Privatlebens verletzen.

Meine sehr geehrten Damen und Herren, die Ausgangslage stellt uns vor die Situation, dass wir es mit menschenrechtswidrigen Gesetzen zu tun haben, auf deren Grundlage Verurteilungen erfolgt sind. Aber nicht nur das: Bereits die Strafandrohung an sich hat Menschen in ihrem Privatleben und in der Entfaltung ihrer Persönlichkeit zutiefst eingeschränkt und behindert. Es ist deshalb – und da stimme ich mit der Zielrichtung unseres heutigen Themas schon angesichts des fortgeschrittenen Alters der Betroffenen völlig überein – dringend an der Zeit, dass der Gesetzgeber das Gebotene tut, um endlich eine Rehabilitierung der Betroffenen ins Werk zu setzen.

(Beifall DIE LINKE, BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- NEN)

Die Landesregierung hat deshalb im letzten Jahr für die vom Bundesrat gefasste Entschließung gestimmt, in der die Bundesregierung aufgefordert wird, die in beiden deutschen Staaten auf den §§ 175 bzw. 151 der jeweiligen Strafgesetzbücher beruhenden Urteile, die seit 1945 gesprochen wurden, aufzuheben. Einem entsprechenden Beschluss, den die Justizministerkonferenz Anfang Juni 2016 gefasst hat, habe ich für Thüringen ausdrücklich zugestimmt. Drei Jahre zuvor war mein Vorgänger im Amt noch daran gehindert, einer entsprechenden Bundesratsentschließung zuzustimmen. Sein Koalitionspartner hinderte ihn an einer solchen menschenrechtlich gebotenen Vorgehensweise.

(Beifall DIE LINKE, BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- NEN)

Meine sehr geehrten Damen und Herren, inzwischen können wir für die Betroffenen etwas zuversichtlicher in die Zukunft schauen. Auf Bundesebene liegt seit Anfang Juli zu der Thematik ein im Bundesjustizministerium erarbeitetes Eckpunktepapier vor, das sowohl eine Rehabilitierung im Wege der Urteilsaufhebung als auch eine Individual- und Kollektiventschädigung vorsieht. Dieses Eckpunktepapier scheint mir vor diesem Hintergrund ein sehr wichtiger und guter, wenn auch angesichts der im Bund zu Ende gehenden Legislaturperiode reichlich später Schritt in die richtige Richtung zu sein. Lassen Sie sich versichert sein, dass diese Landesregierung alles in ihrer Kraft stehende tun wird, um diese gesetzliche Vorschrift oder dieses beabsichtigte Gesetz in dieser Legislaturperiode tatsächlich noch umzusetzen. Vorbehaltlich zu klärender Detailfragen in der Zielrichtung ist es eine gute und richtige Entscheidung, die dort im Bundesjustizministerium vorbereitet wird und die meine Unterstützung und die Unterstützung der gesamten Landesregierung hat. Vielen Dank.

(Beifall DIE LINKE, SPD, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Weitere Wortmeldungen liegen mir nicht vor – nein, das ist nicht der Fall –, sodass ich den zweiten Teil der Aktuellen Stunde schließe und nunmehr den dritten Teil aufrufe

c) Aktuelle Stunde auf Antrag der Fraktion der AfD zum Thema: „Ein Jahr unkontrollierte Einwanderung – Thüringen zwischen Willkommenskultur, Aufforderung zur Notvorsorge und Moscheebau“ Unterrichtung durch den Präsidenten des Landtags - Drucksache 6/2587

Das Wort hat Abgeordneter Höcke für die AfD-Fraktion.

Sehr geehrter Herr Präsident, sehr geehrte Kollegen Abgeordnete, sehr geehrte Besucher auf der Tribüne, es gibt nicht viele Tage, die ganze Länder, ja ganze Kontinente verändern. Der 4. September 2015 war zweifellos so ein Tag. Es war der Tag der totalen Grenzöffnung durch Bundeskanzlerin Angela Merkel.

(Zwischenruf Abg. Rothe-Beinlich, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN: Totale Grenzöffnung?!)

Der ehemalige Präsident des nordrhein-westfälischen Landesverfassungsgerichts, Michael Bertrams, sprach mit Blick auf die Nichtbeteiligung des deutschen Parlaments von einem – so wörtlich – „Ermächtigungsakt“ der Kanzlerin. Für zahllose Staats- und Verfassungsrechtler gibt es keinen Zweifel mehr: Am 4. September 2015 hat die Bundeskanzlerin der Bundesrepublik Deutschland mit der totalen Grenzöffnung deutsche und europäische Gesetze gebrochen. Ja, sie hat die Verfassung gebrochen.

(Beifall AfD)

In der Staatskanzlei in Erfurt werden vor einem Jahr wahrscheinlich die Sektkorken geknallt haben. Einen besseren Schub für das Projekt „Buntes Thüringen“, also die planmäßige Multikulturalisierung des Freistaats, als die Ermächtigung der CDU-Bundesvorsitzenden hätte man sich bei Rot-Rot-Grün wahrscheinlich kaum erträumen lassen. Der Ministerpräsident von Thüringen, der leider mal wieder nicht anwesend ist, begrüßte einen der ersten Züge mit Asylbewerbern in Saalfeld mit der Aussage „Das ist der schönste Tag in meinem Leben“

(Minister Lauinger)

(Beifall DIE LINKE, BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- NEN)

und „inschallah“, übersetzt „so Gott will“.

Ja, so Gott will, Herr Ministerpräsident in Abwesenheit, importieren wir islamistischen Extremismus, arabischen Antisemitismus, nationale und ethnische Konflikte anderer Völker.

(Unruhe DIE LINKE)

Wir importieren ein anderes Rechts- und Gesellschaftsverständnis, so drückte es etwa zur selben Zeit ein hochrangiger Analytiker im Bundesinnenministerium aus. „Zwei Drittel der Tatverdächtigen stammen aus Nordafrika, bei der Hälfte ist der Aufenthaltsstatus ungeklärt“, schrieb die TAZ aus Berlin im Nachgang zur Kölner Silvesternacht. Die Terrorakte in Ansbach und Würzburg sind uns noch in Erinnerung, die Ausschreitungen in Suhl wegen einer angeblichen Koranschändung auch. Und gerade aktuell erreichte uns die Meldung über die Gruppenvergewaltigung einer Frau durch drei Eritreer am Wochenende in Mühlhausen.

(Zwischenruf Abg. Rothe-Beinlich, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN: Das stimmt doch gar nicht!)

Die Folgen der grenzenlosen Offenheit sind grenzenlose Übergriffe gegen Frauen. Und in Thüringen, in unserem Freistaat, spielt sich im Kleinen genau dasselbe ab, was sich im Großen in Köln, in Hamburg und anderswo abspielt.

(Beifall AfD)

Der Anteil der ausländischen Tatverdächtigen bei sexueller Nötigung und Vergewaltigung lag im Jahr 2015 in Thüringen bei fast 15 Prozent, also bei mehr als dem Dreifachen des Ausländeranteils im Freistaat. Und ohne die infantile – denn nichts anderes ist es und war es – Willkommenskultur der Altparteien wäre wahrscheinlich kein einziges dieser entsetzlichen Ereignisse jemals Realität geworden.