Protocol of the Session on May 19, 2016

Diesen Satz wiederhole ich gern – ich komme jetzt zu den Mitteln im Gesetzentwurf, die die AfD nun hier zur Debatte einbringt, und das ist ganz offensichtlich der Teil, über den sich die AfD die wenigsten Gedanken gemacht hat. Mangelnde Sacharbeit wird bereits im Einleitungstext des Gesetzentwurfs deutlich. Da wird von Bauvorhaben gesprochen, obwohl es hier um das allgemeine Verwaltungsverfahren geht, das gänzliche Vorhaben bespricht. Sie sprechen in Ihrem Antrag davon, dass es Ziel sein muss, die Beteiligungsrechte im Verwaltungsverfahren zu stärken. Frau Abgeordnete Marx hat gesagt, es geht hier in diesem § 25 noch gar nicht um das Verwaltungsverfahren. Sie haben auch gesprochen, das mit dieser Gesetzesänderung dem Bauträger eine frühzeitige Veröffentlichungspflicht auferlegt wird. Nur richtet sich der § 25 des Verwaltungsverfahrensgesetzes gar nicht an den Bauträger, sondern an die öffentliche Verwaltung, denn die wird bislang verpflichtet, im wechselseitigen Austausch mit Vorhabenträgern unabhängig von sonstigen Beteiligungsverfahren darauf hinzuwirken, dass diese die Öffentlichkeit in ihrem eigenen Ermessen beteiligen. Viele Verwaltungsbehörden haben dazu entsprechende Merkblätter und unterbreiten Vorschläge im Dialogverfahren, damit dies möglich wird.

Wenn man aber auch außerhalb des formellen Beteiligungsverfahrens, also dort, wo es dann auch relevant wird, wo Einwände von Bürgerinnen und Bürgern tatsächliche Auswirkungen zeigen, die Träger stärker verpflichten möchte, die Öffentlichkeit schon vor der Antragstellung zu beteiligen, dann muss man sich auch explizit an die Träger wenden. Nun ist das Verwaltungsverfahrensgesetz aber dazu der falsche Ort; es sei denn, man will darüber nachdenken, dass ein Antrag eines Trägers erst dann zulässig ist, wenn dieser vor Antragstellung die Öffentlichkeit beteiligt hat. Diese Frage der rechtlichen Zulässigkeit einer solchen Zulässigkeitsvoraussetzung eines Antrags hätte man durchaus diskutieren können. Auf diese Frage kommt man, wenn man sich ernsthaft der Bürgerbeteiligung zuwenden will, aber nicht, wenn man das Motiv der Islamophobie zur Grundlage seines Agierens macht. Ich sage, Ihre Mittel, die Sie vorgetragen haben, sind nicht nur rechtsuntauglich, sie sind auch rechtssystematisch an den falschen Adressaten gerichtet und rechtssystematisch im falschen Gesetz verortet.

Aber ganz unabhängig davon will ich Ihnen auch die Frage stellen, ob denn tatsächlich das, worauf Sie abzielen, den Bau der Moschee, ein Bauvorhaben ist, das in § 25 Abs. 3 tatsächlich gemeint sein kann, denn ein Bauantrag zum Bau einer Moschee in einem beplanten Gebiet, setzt einen gültigen Bauleitplan voraus, der natürlich schon Ergebnis einer umfangreichen Beteiligung ist, und ob die Um

setzung der Vorgaben der Bauleitplanung tatsächlich ein Vorhaben ist, das nicht nur unwesentliche Auswirkungen auf die Belange einer größeren Zahl von Dritten haben kann. Ich sage, nein. Die AfDFraktion sagt sicherlich anderes und so reden wir schon wieder weniger über die Mittel, sondern über die Ziele Ihres Antrags, aber auch über die Auswirkungen Ihres Vorschlags. Einige Auswirkungen, was wirtschaftliche Entwicklung, aber auch das grundsätzliche Verständnis von Bürgerbeteiligung und Betreffenden anbetrifft, haben die Kollegen Marx und Adams schon ausgeführt, aber ich habe auch ausgeführt und ich denke, dass es der AfD im Kern darum geht, ein Beteiligungsverfahren dazu zu missbrauchen, ein vergiftetes gesellschaftliches Klima zu erzeugen, in dessen Folge Antragsteller von ihrem Vorhaben zurücktreten.

(Beifall DIE LINKE, SPD, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Nicht anders kann man diesen Redebeitrag des Abgeordneten Rudy verstehen, wenn er sagt, die Bürgerbeteiligung ist schon vor der Antragstellung notwendig, damit der Bürger nicht erst dann beteiligt wird, wenn er vor vollendete Tatsachen gestellt wird. Das heißt, Sie betrachten allein die Antragstellung, die zum förmlichen Genehmigungsverfahren, zum förmlichen Beteiligungsverfahren führt, als vollendete Tatsache. Das mag in Ihrem kruden Weltbild auch tatsächlich so verankert sein. Wir sagen, das ist der Beginn einer tatsächlichen Auseinandersetzung, aber was daraus spricht, ist doch tatsächlich das, dass Sie mit dem Vehikel, was Sie hier vortragen, ein gesellschaftlich vergiftetes Klima erzeugen wollen, indem Sie es Antragstellern abspenstig machen wollen, überhaupt ihre Vorhaben wie in dem Fall der Bau eines Glaubenshauses umsetzen oder weiterverfolgen zu wollen. Da sage ich Ihnen ganz ehrlich, es kann und wird keine Zustimmung geben, wenn Sie das Verfahren der frühen Öffentlichkeitsbeteiligung dazu missbrauchen wollen, um, wie Sie gestern auf dem Domplatz aufgerufen haben, eine Volksabstimmung mit den Füßen über die Abwendung von Artikel 3 und Artikel 4 des Grundgesetzes herbeizuführen. Sie wollen nicht die formellen Beteiligungsrechte stärken, sondern eine ideologische Debatte initiieren und sich dafür eine Rechtsgrundlage verschaffen.

Die AfD stellt bewusst auch Artikel 3 infrage, wonach niemand aufgrund seiner religiösen Anschauung benachteiligt oder bevorzugt werden darf. Die AfD erhebt sich zum Richter, welche Religion und welche Religionsausprägung zulässig, vereinbar, gerade noch vereinbar oder eben, um mit Ihren Worten zu sprechen, „fremdartig“ sei. Die AfD will darüber bestimmen, wie die Gebäude als Ausdruck religiöser und kultureller Tradition auszusehen haben, in denen Menschen ihre Religionen ausüben. Frau Ilse Junkermann hat dazu heute sehr deutliche Worte gefunden. Das alles, meine Damen und

Herren, ist mit der Vorstellung einer freien und demokratischen Gesellschaft ganz bewusst auch in Abkehr zu religiösen und autoritären Staaten nicht vereinbar.

(Beifall DIE LINKE)

Der Gesetzentwurf der AfD, die zugrunde liegenden Motive und Ziele, die gewählten Mittel und die beabsichtigten und verfolgten Auswirkungen sind religiösen und autoritären Staaten aber wesensverwandt und deshalb abzulehnen.

(Beifall DIE LINKE, BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- NEN)

Und abschließend: Wie konkret und weitgehend tatsächliche Bürgerbeteiligung ausgestaltet werden kann, hat, denke ich, die Anhörung in öffentlicher Sitzung in der vergangenen Woche im Innenausschuss gezeigt. Dort haben sich sehr viele Sachverständige sehr positiv zum Gesetzentwurf der Regierungsfraktionen zur Stärkung der direkten Demokratie auf kommunaler Ebene geäußert. Dort wird tatsächliche Bürgerbeteiligung ausgebaut, erweitert und gestärkt. Und wenn wir über wirkliche Transparenz von Verwaltung reden, dann werden wir in diesem Plenum noch Gelegenheit dazu haben, nämlich bereits bei dem von Dirk Adams angesprochenen Antrag der Koalitionsfraktionen, mit dem wir ein Transparenzgesetz und ein besseres Informationsfreiheitsgesetz auf den Weg bringen. Das sind die tatsächlich konstruktiven und tauglichen Mittel der Bürgerbeteiligung und die verfolgen wir ganz konsequent. Vielen Dank.

(Beifall DIE LINKE, SPD, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Aus den Reihen der Abgeordneten hat sich Abgeordneter Brandner zu Wort gemeldet.

Ja, dieses Dämliche, was mein Vorredner hier von sich gegeben hat, kann man natürlich nicht unwidersprochen stehen lassen. Hier versucht immer wieder der langsam ergraute Antifant, sich als Sachpolitiker zu etablieren, und liest immer wieder die gleiche Rede vor, wenn es um unsere Gesetzentwürfe und Anträge geht. Herr Dittes, mit solchen Einheitsreden sind Sie als Einpeitscher bei Antifa-Schlägertrupps besser aufgehoben als hier im Thüringer Landtag. Ich würde Ihnen empfehlen, bitte formulieren Sie Ihre Reden demnächst mal anders. Gehen Sie auf das Tatsächliche ein oder halten Sie einfach die Klappe.

Im Übrigen sollten Sie mal darüber nachdenken, ob das Wort „dämlich“, mit Ihren Gleichstellungsbeauftragten abgestimmt ist. Für mich steckt da das Wort

„Dame“ drin und da hätte ich schon ein Problem, muss ich sagen

(Zwischenruf Abg. Marx, SPD: Herrlich!)

bei herrlich passt es dann natürlich auf jeden Fall wieder, ja –, aber ob das Wort „dämlich“ überhaupt hier richtig ist?

Herr Dittes, Ein-Themen-Partei AfD: Ich habe die Tagesordnung vor mir liegen. Wir haben 29 Tagesordnungspunkte, davon 24 inhaltliche. Von diesen 24 inhaltlichen Tagesordnungspunkten stammen drei von den deutschen demokratischen Einheitsfraktionen hier auf der linken Seite, also rechnerisch jeweils einer. Ja, also Ein-Themen-Partei haben wir da, da und da. Von diesen 24 inhaltlichen Tagesordnungspunkten stammen neun von der AfD, heute übrigens alle bisher von der AfD und der nächste auch.

(Beifall AfD)

Ich lese Ihnen das mal vor: Wir haben „Deutsch in die Verfassung“, wir haben „Thüringer Kommunalordnung ändern“, wir haben „Verwaltungsverfahrensgesetz ändern“, wir haben „Landeswahlgesetz ändern“, wir haben „Hochschulgesetz ändern“, wir haben „Bargeld erhalten“, wir haben „Schulspeisung für Kinder“, wir haben „Geltendes Recht durchsetzen“, wir haben „Beitragsgerechtigkeit in Sozialversicherungen“ und wir haben „Verwaltungsund Funktionalreform“. Auf der anderen Seite liegen Sie mit Ihren deutschen demokratischen Einheitsfraktionen, das Dauerthema „Glyphosateinsatz“ geteilt durch drei, das Dauerthema „Qualität der Pflege“ geteilt durch drei und schließlich noch der Kracher „Informationsfreiheitsgesetz“.

Herr Abgeordneter Brandner, ich bitte Sie, zum Thema...

(Unruhe BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Wir haben drei Ein-Themen-Parteien auf der linken Seite und eine Multi-Themen-Partei auf der richtigen Seite. Danke schön.

(Beifall AfD)

Herr Abgeordneter Brandner, Sie haben jetzt gerade noch die Kurve bekommen, denn wir sind erst bei TOP 3. Jetzt hat sich Abgeordneter Adams zu Wort gemeldet.

(Abg. Dittes)

Sehr geehrte Frau Präsidentin, verehrte Kolleginnen und Kollegen, liebe Gäste hier im Thüringer Landtag, ich glaube, der kurze Redebeitrag von Herrn Brandner muss hier noch einmal geradegerückt werden, deshalb bin ich noch einmal nach vorne gegangen. Das ist gerade der Punkt, warum wir Sie, denke ich, mit gutem Grund eine Ein-Themen-Partei nennen können und auch nennen müssen, weil Sie im Gewande einer jeglichen parlamentarischen Debatte ein exklusives – und das ist hier offensichtlich Ihr Denken –, ein exklusives Weltbild hier darstellen wollen. Ob es um „Deutsch in die Verfassung“ oder um das Kommunale oder um das Verwaltungsrechtliche geht, Sie kommen am Ende immer wieder darauf, dass Sie irgendwelche Leute ausgrenzen wollen. Sie kommen am Ende immer wieder darauf,

(Beifall DIE LINKE, SPD, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

dass Sie den Rechtsstaat kleiner machen wollen. Sie kommen immer wieder darauf, dass Sie Freiheiten eingrenzen wollen. Da sagen wir, das machen wir nicht mit, und wir erkennen darin eine Systematik, die zu einem Thema führt. Das ist die Phobie vor Andersdenkenden, das ist die Phobie vor Andersgläubigen, das ist die Phobie vor woanders geborenen Menschen und das machen wir nicht mit.

(Beifall DIE LINKE, SPD, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Deshalb muss man das ganz deutlich sagen. Weil wir Gäste hier im Thüringer Landtag haben, die während der Debatte hergekommen sind, muss man das noch einmal ganz deutlich sagen: Ihre einführende Rede, mit der Sie diesen Gesetzentwurf eingeführt haben, von Ihrem Abgeordneten Möller vorgetragen,

(Unruhe AfD)

der doch am Schluss ganz klar gesagt hat, was er von unserer freiheitlichen demokratischen Grundordnung hält, was er vom parlamentarischen System hält. Er hält das für Quatsch, wenn man alle fünf Jahre zur Wahl geht. Da sagen wir ganz klar: Nein.

(Unruhe AfD)

Das ist doch das Wunderbare an diesem Landtag, dass Sie sich nicht wie in Talkshows und auf Domplätzen rausreden können, wir haben ein Protokoll und wir haben hier ein Video.

Er hat ganz klar gesagt: Wir wollen nicht, dass die Leute nur einmal alle fünf Jahre zur Wahl gehen können und dann überhaupt nichts mehr zu sagen haben. Er hat das diskreditiert.

(Beifall DIE LINKE)

Er hat das, wofür die Menschen hier vor 26 Jahren auf die Straßen gegangen sind, nämlich freie Wahlen zu haben, diskreditiert,

(Beifall DIE LINKE, BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- NEN)

diskreditiert in einer Form, die wir Ihnen nicht durchgehen lassen. Ihr Weltbild ist nicht unser Weltbild. Das werden wir mit jeder Rede und an jeder Stelle deutlich machen. Deshalb bin ich meinen Kollegen von Frau Holbe über Frau Marx bis zu Herrn Dittes sehr dankbar für die klaren Worte. Danke.

(Beifall DIE LINKE, SPD, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Abgeordneter Brandner hat das Wort.

Sie müssen gar nicht stöhnen. Wenn Adams aufhört zu reden, dann sage ich auch nichts mehr. Wir können uns ja mal verabreden, Herr Adams.

So etwas Dämliches kann nur einer erzählen, der wahrscheinlich gestern Abend mit Volker Beck Abendessen war und wer weiß was dabei veranstaltet hat. Der Kollege Möller hat doch nicht in Abrede gestellt, dass Demokratie eine Rolle spielt und dass weniger als alle fünf Jahre gewählt werden soll, er hat gesagt, es muss mehr Transparenz, mehr Demokratie sein, es soll sich nicht darauf beschränken, dass alle fünf Jahre gewählt wird, sondern die Bürger müssen in alle Entscheidungen eingebunden werden. So wird ein Schuh daraus.

(Unruhe DIE LINKE, BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- NEN)

Wenn Sie hier von Phobien reden: Wissen Sie, es gibt Leute draußen, wenn man denen die Grünen näherbringt, dann sagen die: Da fallen mir immer nur drei K ein: Klimaschutz, Koksnasen und Kinderschänder. – Davon sind wir als AfD Gott sei Dank weit entfernt.

(Beifall AfD)

Meine Damen und Herren, ich glaube, das Wort „dämlich“ hat jetzt in der Debatte eine große Rolle gespielt und ich kündige nur an, wer das Wort wieder benutzt, den werde ich dann entsprechend zur Ordnung rufen. Für die Landesregierung hat jetzt Minister Poppenhäger das Wort.

Frau Präsidentin, meine sehr verehrten Damen und Herren Zuhörerinnen und Zuhörer, die Thüringer Landesregierung legt großen Wert auf Information und Beteiligung der Öffentlichkeit und richtet ihre Arbeitsweise auch konsequent auf Transparenz aus. Die Tagesordnung sieht hierzu auch noch einen eigenen Punkt vor, nämlich den TOP 22, wo wir dies vertieft diskutieren werden. Dabei ist zu bedenken, dass Transparenz und Teilhabe immer in einem spezifischen Kontext stehen, aus dem sich weitere zu beachtende Maßstäbe ergeben. Diese gilt es ebenfalls zu beachten. Insofern sich widerstreitende Interessen gegenüber stehen, sind diese in einen angemessenen Ausgleich zu bringen. Der vorliegende Antrag zur Änderung des Verwaltungsverfahrensgesetzes lässt dieses Spannungsverhältnis auch deutlich werden.