Protocol of the Session on May 19, 2016

Frau Präsidentin, meine sehr verehrten Damen und Herren Zuhörerinnen und Zuhörer, die Thüringer Landesregierung legt großen Wert auf Information und Beteiligung der Öffentlichkeit und richtet ihre Arbeitsweise auch konsequent auf Transparenz aus. Die Tagesordnung sieht hierzu auch noch einen eigenen Punkt vor, nämlich den TOP 22, wo wir dies vertieft diskutieren werden. Dabei ist zu bedenken, dass Transparenz und Teilhabe immer in einem spezifischen Kontext stehen, aus dem sich weitere zu beachtende Maßstäbe ergeben. Diese gilt es ebenfalls zu beachten. Insofern sich widerstreitende Interessen gegenüber stehen, sind diese in einen angemessenen Ausgleich zu bringen. Der vorliegende Antrag zur Änderung des Verwaltungsverfahrensgesetzes lässt dieses Spannungsverhältnis auch deutlich werden.

Selbstverständlich haben die von Vorhaben betroffenen Bürgerinnen und Bürger ebenso wie etwa anerkannte Naturschutzvereinigungen ein berechtigtes Interesse daran, möglichst frühzeitig über Vorhaben informiert und daran beteiligt zu werden. Gleichzeitig haben insbesondere auch die privaten Aufgabenträger, die privaten Vorhabenträger schützenswerte Interessen daran, ihr geplantes Vorhaben im Rahmen der Gesetze zu verwirklichen.

Der vorliegende Gesetzentwurf der AfD-Fraktion berücksichtigt diese Interessen der Betroffenen nicht hinreichend. So wird tatsächlich – wie von Frau Abgeordneter Marx ausgeführt – außer Acht gelassen, dass vor Beantragung eines konkreten Vorhabens, also zwischen dem potenziellen Antragsteller und den zuständigen Behörden noch kein Verwaltungsverfahren besteht. Deshalb können sich daher auch keine verfahrensrechtlichen Verpflichtungen in Bezug auf das noch hypothetische Vorhaben ergeben.

Es steht dem Antragsteller dann frei, ob überhaupt und wenn ja, wann und mit welchem Inhalt er einen Antrag stellen will. Entsprechend haben die zuständigen Behörden rechtlich keine Möglichkeit, vor Antragstellung sicherzustellen, dass eine frühe Öffentlichkeitsbeteiligung stattfindet. Es ist den Behörden nur möglich, auf die Durchführung der frühen Öffentlichkeitsbeteiligung hinzuwirken, so wie es das Thüringer Verwaltungsverfahrensgesetz in seiner aktuellen Fassung auch vorsieht. Darüber hinaus ist es der zuständigen Behörde vor der Antragstellung auch nicht möglich, mit Sicherheit festzustellen, ob überhaupt ein Vorhaben beantragt werden wird, bei dem eine frühe Öffentlichkeitsbeteiligung dann durchzuführen wäre. Weiterhin fehlt es der zuständigen Behörde vor Antragstellung auch an Informationen, um die Parameter der frühen Öffentlichkeitsbeteiligung, deren Einhaltung sie nach dem

vorliegenden Entwurf sicherzustellen hätte, zu ermitteln.

Aufgrund des gewachsenen Bedürfnisses nach Öffentlichkeit, nach Information und Teilhabe bereits in einem frühen Stadium von Vorhaben wurde eben die frühe Öffentlichkeitsbeteiligung in den Verwaltungsverfahrensgesetzen des Bundes und der Länder aufgenommen. Thüringen würde mit dem Vorschlag, den Sie gemacht haben, in eine abweichende Rechtslage im Verhältnis zum Bund und den anderen Bundesländern geraten. Die dann bestehende unterschiedliche Rechtslage zwischen Bund und Ländern hätte neben etwaigen Auswirkungen als Standortfaktor vor allem auch zur Folge, dass eingehend geprüft werden müsste, ob auch in Fachgesetzen Folgeänderungen vorzunehmen wären. Weiterhin bliebe völlig unberücksichtigt, dass Erfahrungswerte zu diesem neuen Instrument, was wir haben, das erst je nach Verlauf des Gesetzgebungsverfahrens in Bund und Ländern zwischen Juni 2013 und März 2014 in Kraft getreten ist, bisher nicht vorliegen.

Meine sehr verehrten Damen und Herren Abgeordneten, liebe Zuschauerinnen und Zuschauer, dem vorliegenden Gesetzentwurf der AfD stehen mit den genannten Punkten, erstens, fehlende Erfahrungswerte mit dem neuen Rechtsinstrument, zweitens, Aufgabe der Simultangesetzgebung mit den genannten Folgen und drittens, eine mangelhafte Abwägung der Interessen der Betroffenen, gewichtige Gründe entgegen. Der Gesetzentwurf sollte daher abgelehnt werden. Vielen Dank.

(Beifall DIE LINKE, SPD, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Es liegen mir jetzt keine weiteren Wortmeldungen mehr vor. Es wurde keine Ausschussüberweisung beantragt. Deswegen schließe ich den Tagesordnungspunkt. Frau Astrid Rothe-Beinlich.

Namens der drei Koalitionsfraktionen beantrage ich nach § 12 Abs. 2 der Geschäftsordnung die Einberufung des Ältestenrats wegen fortlaufender Beleidigungen durch die AfD-Fraktion.

Damit unterbreche ich die Sitzung und der Ältestenrat trifft sich um 11.35 Uhr im Raum des Ältestenrats.

Meine Damen und Herren, wir setzen um 12.05 Uhr die Beratung fort.

Meine Damen und Herren, wir setzen die Beratung fort. Ich darf Ihnen das Ergebnis der Beratung im

Ältestenrat bekannt geben. Der Ältestenrat hat sich damit beschäftigt, in welchem Maß, in welcher Form und in welcher Art und Weise wir hier in diesem Haus Plenardebatten führen. Anlass war die grobe Verletzung der Ordnung des Abgeordneten Brandner. Der Ältestenrat ist übereingekommen, dass für die Bezeichnung der Grünen als „Kinderschänder“ und „Koksnasen“ der Abgeordnete Brandner jeweils einen Ordnungsruf erteilt bekommt. Also, Herr Abgeordneter Brandner, Sie haben zwei Ordnungsrufe und ich mache Sie darauf aufmerksam, wenn Sie die Ordnung dieses Hauses heute in dieser Plenardebatte wiederum verletzen, dass Sie dann von der Plenardebatte ausgeschlossen werden.

Wir gehen weiter mit der Beratung in der Beratungsfolge und ich rufe auf den Tagesordnungspunkt 4

Gesetz zur Änderung des Landeswahlgesetzes und über den Neuzuschnitt der Wahlkreise Gesetzentwurf der Fraktion der AfD - Drucksache 6/2135 ERSTE BERATUNG

Wünscht die Fraktion der AfD das Wort zur Begründung? Herr Abgeordneter Brandner, Sie haben das Wort.

Meine Damen und Herren, Frau Präsidentin, die Belehrung liegt mir fern, aber kann es sein, dass im Rahmen der Ordnungsrufdebatte untergegangen ist, dass wir über den Gesetzentwurf gerade gar nicht abgestimmt haben oder habe ich da etwas verpasst?

(Zwischenruf Abg. Blechschmidt, DIE LINKE: Das ist die erste Beratung!)

Herr Abgeordneter Brandner, ich habe den Tagesordnungspunkt 3 geschlossen. Danach kam der Anruf zur Einberufung des Ältestenrats und jetzt habe ich den Tagesordnungspunkt 4 aufgerufen.

Dann werde ich mich dazu jetzt in der gebotenen Sachlichkeit äußern.

Meine Damen und Herren, seit vielen Monaten wird in unserem schönen Freistaat Thüringen eine Debatte über die Zukunft unseres Landes geführt. Die Forderung lautet: Thüringen muss sich verändern. Dafür werden im Wesentlichen drei Gründe angeführt. Erstens müsse der schrumpfenden Bevölke

rung Rechnung getragen werden, zweitens gelte es, die Verwaltung zukunftsfähig zu machen und schließlich drittens die Kosten gesenkt werden. Die Zauberworte lauten: schlanke Strukturen und Staatsmodernisierung. Die Debatten zum Vorschaltgesetz der Gebietsreform im vergangenen Plenum und zum Tagesordnungspunkt 2 heute haben das ausdrücklich und ausgiebig gezeigt. Man müsse vor allen Dingen die Größenordnungen in Thüringen verändern, Effizienz müsse jetzt großgeschrieben werden, das sind die Kernaussagen der Debatte. Wer solche Ansprüche erhebt, meine Damen und Herren, der muss ihnen zunächst aber vorab selber genügen. Insbesondere bei der Anpassung der Größenordnung an die Realitäten muss der Thüringer Landtag selbst den ersten Schritt in die richtige Richtung gehen und mutig darauf achten und nicht nur seine eigenen Pfründe sichern wollen, sondern auch Sparpotenzial sehen und dieses Sparpotenzial umsetzen. Denn dieses Haus, meine Damen und Herren, ist schlicht und ergreifend überproportioniert, und das nicht nur insoweit, was aus Ihrer Sicht wahrscheinlich die AfD angeht.

Das zurzeit geltende Gesetz begründet die Anzahl der mindestens 88 Abgeordneten – faktisch sind es meistens wegen Überhangs- und Ausgleichsmandaten ein paar mehr – mit der Größe des Landes, allerdings basierend auf den Zahlen von 1990. Seitdem hat sich die Bevölkerung unseres Landes verändert, es gibt ungefähr eine halbe Million Menschen weniger in Thüringen als 1990. Es ist daher mehr als überfällig, dass auch der Landtag seine Größe den aktuellen Gegebenheiten anpasst.

Aber auch was Effizienz angeht, kann dieses Haus besser werden. Da haben einige Politiker die Chuzpe, den Kommunen etwas von Effizienz zu erzählen, aber dieses Haus hier ist nicht mal in der Lage, die Tagesordnung der Plenarsitzungen abzuarbeiten. Über Monate hängen wir hinterher, beispielsweise der Antrag zum Erhalt des Bargelds wurde permanent von einer Sitzung auf die nächste verschoben, sodass Aktualität verloren geht.

(Zwischenruf Abg. Henfling, BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN: Woran liegt das?)

Das liegt unter anderem an Sondersitzungen des Ältestenrats, wenn ich gefragt werde.

(Beifall AfD)

Meine Damen und Herren, wenn eine Institution in diesem Land eine Reform und mehr Effizienz benötigt, dann ist es dieses Haus. Die Verkleinerung des Parlaments steht nicht allein und sie dient natürlich auch nicht einem Selbstzweck. Sie soll das Ergebnis einer besseren Arbeitsorganisation sein und dafür sind keineswegs so viele Abgeordnete nötig, wie derzeit hier sitzen. Es gibt weitere Parallelen zur derzeitigen Debatte um Reformen in Verwaltung

(Vizepräsidentin Jung)

und zum effizienten Einsatz von Steuern. Dazu zählt der Kostenfaktor. In den letzten Jahren sind die Ausgaben für dieses Parlament stetig gestiegen. Nachdem Sie alle von den Altparteien unseren Vorschlag zur Streichung der automatischen Diätenerhöhung abgelehnt haben, werden die Kosten für die Entschädigung der Abgeordneten auch zukünftig weiter stetig und deutlich ansteigen. Es ist ein Gebot des Anstands und der Gerechtigkeit, wenn auch die Politik ihren Anteil an der Finanzierung des Gemeinwesens leistet. Die Steuern werden erhöht und die Kommunen werden die abgesenkten Zuweisungen in Form höherer Gebühren an die Bürger weitergeben. All diese Entbehrungen gehen an diesem Hause bislang spurlos vorbei. Die Verkleinerung des Parlaments um reichlich ein Viertel ist daher das Gebot der Stunde und ein angemessener Beitrag.

(Beifall AfD)

Wir schlagen aus allen diesen Gründen eine Landtagsverkleinerung vor. Mit der Trennung von Amt und Mandat, einem besseren Zuschnitt der Ausschüsse, mit kleineren Ausschüssen und der Konzentration auf das Wichtige und Notwendige kann dieser Landtag leistungsfähiger werden. Er kann bessere Arbeit mit weniger Abgeordneten leisten. Das wird den Respekt der Bürger erhöhen und mehr Vertrauen in die Politik schaffen. Ich hoffe, die Debatte, die sich jetzt hier anschließt, wird das auch machen, wird die Leute da oben nicht allzu sehr strapazieren, sondern davon überzeugen, dass wir auch sachlich debattieren können.

Meine Damen und Herren, deshalb versuchen Sie vielleicht alle, in der nächsten Debatte ohne die Begriffe: Rassismus, Populismus, Islamophobie und Fremdenfeindlichkeit und die üblichen Satzhülsen und Wortblöcke auszukommen. Bitte verweisen Sie uns auch nicht auf eine anstehende Parlamentsreform. Wenn Sie das lassen, dann werde ich auch „Wasserspender“ in der nächsten Rede nicht sagen. Danke schön.

(Beifall AfD)

Ich eröffne die Aussprache. Das Wort erhält Abgeordneter Fiedler, Fraktion der CDU.

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Sehr geehrter Herr Brandner, Sie belehren immer andere und selbst sind Sie der Schlimmste hier vorn.

(Beifall CDU, DIE LINKE, SPD, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Es ist wirklich teilweise schon bemerkenswert, wie Sie immer alle anderen belehren wollen und selbst gehen Sie hier vor. Außerdem, Sie brauchen wahr

scheinlich gar keine Verkleinerung des Landtags, bei Ihnen sind ja drei schon ausgebüxt oder rausgeschmissen worden. Damit verkleinert sich ja die Fraktion automatisch. Wenn Sie so weitermachen, sparen wir noch mehr ein. Anständig wäre natürlich, dass diejenigen dann auch gehen würden und sich nicht in andere Parteien setzen. Aber das ist das Nächste. Über die ganze Geschichte kann man ja durchaus diskutieren.

(Beifall CDU)

Sie kommen hier immer an und dann stellen Sie sich heute hier vorn hin unter dem Motto, was Sie denn alles hier in den Landtag eingebracht haben. Wenn man aber dahinter schaut, was dahinter steht: meistens sehr wenig. Und das ist so. Populistisch kann ich zehn Anträge hier reinbringen.

(Beifall CDU)

Und mit diesen populistischen Anträgen dauert es dann natürlich, sodass wir die Tagesordnung nicht abarbeiten können, weil es unausgegoren ist, weil viele Dinge überhaupt nicht stimmen, die Sie dort bringen usw. usf. Und deswegen, meine sehr verehrten Damen und Herren, man kann sich immer darüber streiten, indem man sagt, der Landtag müsste auch reduziert werden oder auch nicht. Sie wollen ja, dass von derzeit 88 auf 62 reduziert wird und dann soll das Innenministerium dem Landtag bis 2017 einen Vorschlag für 31 neue Wahlkreise vorlegen. Das ist ja so sinngemäß Ihr Antrag. Und dann geht es noch mal um den Bundesdurchschnitt, wie in Relation zu den Einwohnern reduziert wird, es würden Kosten gespart, circa 2 Millionen Euro, sage ich jetzt einfach mal, die dort rauskommen würden, und die Anzahl steht im Gegensatz zum Bevölkerungsrückgang. Also ich würde mal als Erstes vorn dransetzen, dass auch die CDU-Fraktion – weil Sie ja immer mal auch Beschlüsse bei anderen Parteien nachlesen –, sich schon 2007 für eine Verkleinerung des Landtags ausgesprochen hat.

(Zwischenruf Abg. Muhsal, AfD: Und was ist passiert? Nichts!)

Das ist im Parlament so. Wenn man die Mehrheiten nicht zusammenkriegt, dann wird es nichts. Das ist immer so.

(Unruhe AfD)

Werden Sie doch nicht so giftig, bleiben Sie doch ruhig. Also wenn junge Frauen so giftig werden, dann wird es ja ganz besonders schwierig. Werden Sie doch nicht so giftig! Sie müssen es doch nicht wie Brandner machen, was bei Ihnen jetzt abfärbt oder so. Also das muss nicht sein.

(Beifall CDU)

Meine Damen und Herren, wir haben uns damals schon – und das hat Mike Mohring damals auf den

(Abg. Brandner)