zwar nicht verhindert werden, wohl aber können durch einen nachhaltigen und vorbeugenden Hochwasserschutz das Ausmaß und auch das Risiko entstehender Schäden gesenkt werden. Hochwasserschutz geht uns alle an. Viele Anwohnerinnen und Anwohner von Flüssen sind von Überflutungen und Hochwasser oft existenziell betroffen. Hochwasser führt zu Risiken für Menschen, die Umwelt, für Kulturgüter und für die Wirtschaft. Schäden im Anschluss zu beheben, ist auf Dauer viel kostspieliger, als rechtzeitig in Hochwasserschutzmaßnahmen zu investieren. Wann das nächste Hochwasser kommt, lässt sich nicht vorhersagen. Wir können auch nicht darauf hoffen, dass das nächste Hochwasser geringer ausfällt als 2013. Der sich abzeichnende Klimawandel und seine Folgen sprechen dagegen. Wir müssen uns vorbereiten und diese Vorbereitung kostet Geld. Das muss jedem klar sein. Mit dem vom Thüringer Ministerium für Umwelt, Energie und Naturschutz vorgelegten Gesetzentwurf ist der Weg frei, um die seit vielen Jahren aufgelaufenen Defizite im Hochwasserschutz in Thüringen zielgerichtet abzubauen. Wir schaffen Verlässlichkeit bei der Planung und Umsetzung der Hochwasserschutzprojekte. Zur Verbesserung des Hochwasserschutzes stehen ab dem Jahr 2018 10 Millionen Euro mehr an Landesmitteln pro Jahr für den vorbeugenden Hochwasserschutz zur Verfügung. Zusammen mit den gefundenen Übergangsregelungen für 2017 ist so die Gesamtfinanzierung des Landesprogramms „Hochwasserschutz“ sichergestellt. Dieses Landesprogramm, das Sie sicherlich kennen, umfasst mehr als 3.200 Einzelmaßnahmen, die bis zum Jahr 2021 schrittweise umgesetzt werden sollen. Die dafür eingeplanten Gelder belaufen sich auf insgesamt 280 Millionen Euro. Wenn wir diesen Abarbeitungsprozess schaffen, haben wir viel erreicht. Dann wird Thüringen vor Hochwassern nicht vollständig geschützt sein, aber viele Menschen werden sicherer und geschützter leben können. Finanziert wird dieses Landesprogramm aus europäischen, aus Bundes- und aus Landesmitteln. Es wurde gemeinsam mit Vertreterinnen und Vertretern der Kommunen erstellt. Thüringen legt damit einen Fahrplan für den verstärkten Hochwasserschutz vor. Wir müssen den Gewässern wieder mehr Raum geben. Das ist der Grundtenor dieses Landesprogramms.
Das zentrale Ziel des vorbeugenden Hochwasserschutzes muss es eben sein, mehr Flächen, mehr Raum für die Gewässer zu geben und nicht, mehr technische Lösungen anzubieten. Die Entsiegelung, mehr Platz für Flussauen, ein natürlicher Gewässerverlauf sind Schwerpunkte für den zukünftigen Hochwasserschutz. Aber auch das kostet Geld. Auf der anderen Seite können wir natürlich trotzdem nicht die Augen davor verschließen, dass ein Großteil der 430 Kilometer Deiche, die wir in Thüringen haben, im Schnitt 50 bis 60 Jahre alt ist und in diesen 50 bis 60 Jahren wenig gepflegt worden
Ich möchte Ihnen noch einige Eckdaten aus dem Landesprogramm Hochwasserschutz zur Verdeutlichung unseres Ziels benennen: Ein wesentlicher Punkt ist, dass 35.000 Thüringerinnen und Thüringer zusätzlich – also mehr als sie jetzt schon durch Hochwasserschutzmaßnahmen geschützt sind – besser vor Hochwasser geschützt sein werden, wenn dieses Programm umgesetzt ist. An 800 Kilometern Gewässer sollen zur Verhinderung neuer Risiken bis 2021 neue Überschwemmungsgebiete ausgewiesen werden. In diesen Überschwemmungsgebieten wird zukünftig keine Bebauung mehr möglich sein. Für 1.320 Kilometer Gewässer erster Ordnung werden integrale Hochwasserschutzkonzepte erstellt und für 540 Kilometer davon hat die Thüringer Landesanstalt für Umwelt und Geologie dies schon getan bzw. sind diese Konzepte im Moment in Arbeit. Diese Konzepte bilden die Grundlage der laufenden Hochwasserschutzplanung des Landes. Auch viele Kommunen wollen bis Ende 2021 für die Gewässer, für die sie zuständig sind, für die Gewässer zweiter Ordnung, unterstützt durch Fördermittel unseres Hauses diesen Weg der Erarbeitung von Hochwasserschutzkonzepten beschreiten.
Wir wollen mit dem Programm mindestens ein Viertel der Deiche neu und besser errichten, als sie es jetzt sind, also deutlich sanieren. Wir wollen sie verändern. Wir wollen Deiche zurückbauen, Deichrückverlagerungen betreiben und Deiche niedriger machen, wenn sie rückverlagert worden sind, um die Unterhaltungskosten zu senken. 1.500 Hektar Fläche zwischen den rückgebauten Deichen und neuen Deichen sollen bis 2021 wieder als natürlicher Retentionsraum gewonnen werden. Das ist natürlich ein Thema für die Landwirtschaft – 1.500 Hektar Fläche sind eine ganze Menge –, aber wir arbeiten zusammen mit dem Ministerium für Infrastruktur und Landwirtschaft daran, dass es für die Eigentümer oder die Nutzer dieser Flächen zukünftig eine Entschädigungsregelung gibt.
Ein konkretes Beispiel für die Deichrückverlegung im Sinne des Hochwasserschutzes ist in der nördlichen Gera-Aue zu besichtigen. Mit dieser Deichrückverlegung setzt Thüringen das drittgrößte Deichrückverlegungsprojekt im Nationalen Hochwasserschutzprogramm, also deutschlandweit, um. Der erste Bauabschnitt wurde bereits Mitte letzten Jahres fertiggestellt, der zweite Bauabschnitt ist in Arbeit. Das Gesamtprojekt soll bis 2021 umgesetzt sein und wird dann mehr als 24 Millionen Euro gekostet haben, die zu 60 Prozent vom Bund finanziert werden. Allein in diesem Projekt entstehen etwa 840 Hektar, also die Hälfte dessen, was wir insgesamt vorhaben, an neuen Retentionsflächen.
Der technische Hochwasserschutz konzentriert sich auf die Siedlungsbereiche. Das ist ganz klar, es geht in erster Linie darum, Menschen zu schützen. Schwerpunkte dabei sind die Städte Eisenach, Gera und Greiz. Für alle 53 Hochwasserpegel des Freistaats sollen Ende 2016 Prognosedaten im Internet zur Verfügung stehen. Damit können sich nicht nur die Einsatzdienste, sondern auch Bürgerinnen und Bürger etwa drei Tage im Voraus über den zu erwartenden Wasserstand informieren. An 18 Hochwassermeldepegeln in Thüringen sind diese bereits seit Ende 2015 abrufbar. Das sorgt im Hochwasserfall für Reaktionszeit, für Planungssicherheit und auch für eine effektive Steuerung der Einsatzkräfte. Für alle 53 Hochwassermeldepegel ist der Benachrichtigungsdienst seit Dezember 2015 wieder verfügbar. Dieser war nämlich beim Hochwasser 2013 komplett zusammengebrochen und wurde danach neu und deutlich leistungsfähiger aufgebaut.
Zudem wird eine in Kürze erscheinende App die Informationen aller deutschen Hochwassermeldepegel zusammenfassen und speziell für Smartphones aufbereiten und abrufbar machen.
71 Personen wurden im Jahr 2015 erstmals zur Hochwasserabwehr geschult. Die Schulung von Hochwasser-, von Wasserwehren, von Menschen, die sich im Hochwasserschutz engagieren wollen und das dann auch tun können, ist für uns ein ganz wichtiges Element des strategischen Hochwasserschutzes. Wir unterstützen als Land die Gemeinden bei der kommunalen Gefahrenabwehr und führen dieses Schulungsangebot für kommunale Wasserwehren bis 2021 fort. Das ist auch ein Ergebnis der Analyse des Hochwassers 2013. An vielen Stellen war zwar viel guter Wille und viel Einsatzbereitschaft, aber an vielen Stellen haben eben auch elementare Kenntnisse für den Hochwasserschutz gefehlt. Gleichzeitig fördern wir als Thüringer Ministerium für Umwelt, Energie und Naturschutz die Erstausstattung der Einsatzkräfte vor Ort und wir erarbeiten derzeit Handlungsempfehlungen und Satzungsmuster für Wasserwehrdienste, die dann mit allen Beteiligten abgestimmt werden.
Mit dem vorliegenden Gesetz soll die Finanzierung des Hochwasserschutzes in Thüringen nachhaltig gesichert werden, damit gezielt bestehende Defizite des vorbeugenden Hochwasserschutzes beseitigt werden können. Vorbeugender Hochwasserschutz dient allen, den Bürgerinnen und Bürgern, den Kommunen und der Wirtschaft. Um der Bedeutung des Hochwasserschutzes für eine nachhaltige Entwicklung in einem überschaubaren Zeitraum gerecht zu werden, bedarf es hierfür einer ausreichend finanziellen und rechtlichen Grundlage. Diese Grundlage schafft das vorliegende Gesetz. Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit.
Verehrte Kolleginnen und Kollegen, unseren Flüssen wieder mehr Raum geben, das ist der beste vorbeugende Hochwasserschutz.
Der Gesetzentwurf der Landesregierung soll dazu dienen, potenzielle Hochwasserschäden besser zu vermeiden und zu verringern sowie Vorsorge für Hochwasserereignisse zu treffen. Ziel soll es weiterhin sein, Wasserrückhaltung in der Fläche und in den Flusstälern im Sinne eines nachhaltigen vorbeugenden Hochwasserschutzes zu verbessern. In unserer dicht bebauten Kulturlandschaft ziehen Flutereignisse – wie die Hochwasser von 1994 und 2013 deutlich zeigen – massive Schädigungen der Infrastruktur, der Industrie, der Landwirtschaft, aber auch der Kulturgüter nach sich. Die Erteilung von Baugenehmigungen in bisherigen Retentionsflächen, defekte Hochwasserschutzanlagen, massive Bodenversieglung und -verdichtung, flächendeckende Grabenverrohrung und in Größenordnungen nicht mehr funktionierende Meliorationsanlagen wirken sich bei Hochflutereignissen dann besonders negativ aus.
Liebe Kollegen, im vorgelegten Gesetzentwurf fällt aber auf, dass die geplanten Maßnahmen wie die Schaffung zusätzlicher Retentionsflächen, Deichrückverlegungen und Fließgewässerumbau massiv zulasten der Landwirtschaft gehen und die bekommt – wir haben es gerade gehört, 1.500 Hektar sind nicht wenig – Flächen entzogen. Das sehen wir als großes Problem. Da hoffen wir natürlich, dass auch gerade vonseiten des Landwirtschaftsministeriums hier noch einmal explizit drübergeschaut wird – nicht dass dann das Grüne zu stark wird, denn wir brauchen den Ausgleich zwischen Grün und Landwirtschaftsministerium. Das ist uns sehr wichtig. Weiterhin ist die Finanzierung der durch den Gesetzentwurf zu erreichenden Maßnahmen völlig unklar. Mit dem Doppelhaushalt 2016/ 2017, und das wissen wir alle, dass Sie – wir ja nicht, Sie – alle Geldquellen noch einmal zusammengehäufelt haben, um den Haushalt auch rund zu kriegen, denken wir, machen wir ein großes Fragezeichen, denn der Wassercent, den Sie erheben wollten, scheiterte ja und so bleibt für uns jetzt unklar, wie die im Gesetz angezeigten Maßnahmen finanziert werden sollen, denn das Geld ist ja noch nicht etatisiert. Die Bereitstellung von Geldern im
Haushalt 2018/2019 ist also für uns rein hypothetisch – es kann heute noch keiner sagen, wie die Haushaltsberatungen laufen – und ist mit nichts untersetzt.
Nein, wir wollen den Wassercent nicht wieder. Aber Sie können jetzt nicht schon auf Haushaltsmittel von 2018 zurückgreifen, wo es für 2018 noch kein Gesetz gibt. Euer Wassercent ist ja gescheitert.
Liebe Kollegen, uns ist auch wichtig, das Bewusstsein für den Hochwasserschutz in der Bevölkerung zu schärfen. Das ist unstrittig. Wir müssen ausreichend Vorsorge treffen, um Menschen, die Gebäude und Infrastruktur im Land wirksam vor Hochwasser zu schützen. Da kann man viel machen, auch in den Gemeinden. Viele verrohrte Gräben können wieder offen gelegt werden. Dies habe ich im letzten Jahr in meiner Gemeinde gemacht. Das ist nicht immer so gewollt, aber das ist machbar. Es muss nämlich auch vor Ort akzeptiert werden, sonst gelingt es nicht. Wichtig zum Gelingen des vorbeugenden Hochwasserschutzes ist uns dabei eine enge Zusammenarbeit mit den Kommunen. Es kann nicht gegen die Kommunen gehen, es kann nicht gegen die Grundstückseigentümer gehen, es kann auch nicht gegen die Landwirte gehen.
Es muss eine gemeinsame Aktion sein mit diesen, aber auch der Natur- und Umweltschutzgedanke muss mit einfließen, das ist für uns selbstredend. Die CDU im Thüringer Landtag hat in den vielen Jahren ihrer Regierungsverantwortung bereits sehr viel für den Hochwasserschutz getan. Ich darf an die Anfangsjahre 1990 erinnern, da waren natürlich die ersten Maßnahmen für die Verbesserung der Wasserqualität. Wir mussten die Folgen der maroden DDR-Wasserwirtschaft abarbeiten und heute, nach 25, fast 26 Jahren sieht man, wie sich die Qualität in den Flüssen deutlich verbessert hat. Nach den Hochwasserereignissen vom April 1994 wurden viele Anstrengungen, gerade auch im technischen Hochwasserschutz, unternommen. Und das sehen wir doch etwas anders: Es muss den technischen Hochwasserschutz geben, es muss den Flüssen mehr Raum gegeben werden, die Deiche müssen instandgehalten werden. Man kann nicht nur auf eine Maßnahme setzen, sondern muss das pro Fluss oder pro Bach individuell festlegen und nicht sagen, das eine ist besser als das andere, sondern das muss dann auch vor Ort entschieden werden.
Ich habe es gerade schon gesagt und Sie haben es auch gesagt, Herr Staatssekretär, die Starkregenereignisse wie letztes Jahr in Rustenfelde mit dem tragischen Unglücksfall nehmen einfach zu. Dessen müssen wir uns wappnen. Das sind große Herausforderungen, die auf uns zukommen.
Liebe Kollegen, nun hat auch die Bundesregierung – und daran hat die Bundestagsfraktion der CDU maßgeblich mitgewirkt – ein nationales Hochwasserschutzprogramm erstmalig mit 20 Millionen Euro für das Jahr 2015 und für die Jahre 2016 bis 2018 mit jeweils 100 Millionen Euro aufgelegt. Unter der Koordinierung des Bundes entstanden bisher 29 überregionale Projekte zur Deichrückverlegung und weitere 57 zur gesteuerten Hochwasserrückhaltung. Das macht nochmals deutlich, dass nur umfassende und koordinierte Maßnahmen in den Flussgebieten Deutschlands und Thüringens – ein Fluss oder ein Bach macht ja nicht an der Landesgrenze halt – zu einem erfolgreichen Hochwasserschutz führen können. Solide Finanzierung und Akzeptanz aller Beteiligten – der Landwirtschaft, der Forstwirtschaft, der Menschen – sind für uns wichtig.
Ich denke, das Gesetz sollte an den Ausschuss für Umwelt, Energie und Naturschutz und bei dem Volumen und dem noch nicht vorgelegten Haushalt 2018 auch an den Haushalts- und Finanzausschuss überwiesen werden. Dort sollte eine breite öffentliche Beratung zu diesem Gesetzentwurf durchgeführt werden. Wir werden uns konstruktiv daran beteiligen. Vielen Dank.
Liebe Kolleginnen und Kollegen der demokratischen Fraktionen und demokratische fraktionslose Abgeordnete! Wir haben heute einen wichtigen Gesetzentwurf vorliegen, eine der wichtigsten gesamtgesellschaftlichen Aufgaben, den vorbeugenden Hochwasserschutz, den wir in Thüringen damit noch besser gestalten wollen und dem wir damit auch noch besser gerecht werden wollen.
Das letzte Hochwasser ist schon mehrfach angesprochen worden – 2013, ist sicher den meisten noch in Erinnerung. Ich selber habe aus meiner Amtszeit als Bürgermeister der Stadt Hildburghausen auch bleibende Erinnerungen an verschiedene Hochwasser, eins davon im Januar 2003, als wir um Mitternacht die Stadt sperren mussten, weil die Innenstadt von Hildburghausen, also nicht die Innenstadt direkt, aber der Busbahnhof und das Theater überflutet waren, die Bundesstraßen nicht
mehr passierbar waren, weil Wasser nicht nur aus der Werra, sondern auch von den Bächen, die in die Werra fließen, kam. Ich habe erlebt, wie in einem Dorf, wo es kein Gewässer gibt, durch ein lokales Starkregenereignis die Straßen und die Vorgärten weggespült worden sind. Ich habe da meine Erfahrungen, nur stelle ich immer wieder fest: Es ist vorbei, ein Jahr ist vorüber, die Schäden sind aufgearbeitet und es ist vergessen. Daher müssen wir es jetzt auch gesetzlich regeln und es wäre schön gewesen, liebe Frau Tasch, wenn diese Regelung auch schon vorher erfolgt wäre. Herr Staatssekretär hat schon auf die Kosten des letzten Hochwassers hingewiesen und es muss auch darauf hingewiesen werden, dass immer noch Fluthilfeanträge aus dieser Zeit bearbeitet werden.
Das Umdenken hat eingesetzt, wie man auch an Ihrem Redebeitrag gemerkt hat, Frau Tasch, aber unabhängig von dem Grad der eigenen Betroffenheit der vergangenen Hochwasserereignisse ist das Umdenken noch nicht ganz hoch gereicht. Man muss zukünftig auch viel mehr über länderübergreifende Zusammenarbeit – die Vorsorge, dass Flüsse viel mehr Raum benötigen, oder Bauen in ausgewiesenen Überschwemmungsgebieten, was die schlechteste Variante ist – angehen.
Man muss die Einzugsbereiche der Flüsse beachten, um hier wirksame Maßnahmen zu machen. Ein Ergebnis dieser Erkenntnisse ist ja auch das Nationale Hochwasserschutzprogramm, was auch zwei Projekte für Thüringen beinhaltet.
Verweisen möchte ich in diesem Zusammenhang auch auf eine von der EU-Kommission vor zwei Jahren veröffentlichte Studie zu den Folgen und Kosten von Hochwasserereignissen in den Mitgliedstaaten. Für den Zeitraum zwischen 2002 und 2013 wird eine Gesamtschadenssumme von 150 Milliarden Euro genannt – 150 Milliarden Euro. Nicht auszudenken, was man mit diesem Geld hätte Vernünftiges anstellen können. Dagegengestellt werden Kosten für Investitionen zur Hochwasservorsorge, diese liegen im Durchschnitt bei einem Achtel bis zu einem Sechstel der Kosten der Hochwasserereignisse selbst. Was will ich damit sagen? Dieser Zahlenvergleich führt aus meiner Sicht die herausragende Bedeutung der vorsorgenden Maßnahmen vor Augen. Und Vorsorge im Hochwasserschutz spart am Ende immer noch viel Geld. Daher kann der vorliegende Gesetzentwurf nur begrüßt werden.
Im Gesetzesentwurf heißt es, dass Hochwasserschutz eine freiwillige Aufgabe bleibt. Umso höher ist zu bewerten, dass angesichts der vorgesehenen Budgeterhöhung die Wichtigkeit von der Landesregierung anerkannt wird.
Ich möchte auch etwas sagen, Frau Tasch, zu dem, was Sie ausgeführt haben – nach 1990. Es wurde nach 1990 einiges investiert, es wurde dann aber nachgelassen, denn es gab ja lange keine Hochwasserereignisse. Dann kam 2003, da wurde wieder etwas gemacht, dann kam wieder nichts, dann wurde wieder nichts gemacht. Deswegen ist es umso wichtiger, dass wir es jetzt gesetzlich regeln, dass wir in ein Gesetz schreiben, auch wenn wir Haushaltsvorgriff damit machen, welche Gelder wir 2018 und 2019 dafür brauchen, und dass wir festschreiben, dass alle sechs Jahre das Hochwasserschutzprogramm des Landes überarbeitet und neu fortgeschrieben wird. Das muss gesetzlich geregelt werden, damit sich nicht wieder jemand rausreden kann oder an Vergesslichkeit leidet – das letzte Hochwasser ist lange her, das haben wir vergessen.
Und auch ein Wort zu der maroden DDR-Wasserwirtschaft: Es gab zumindest eins, Frau Tasch, es gab Gewässerpläne und es gab Gewässerentwicklungspläne bis 1994. Dann wurden Oberflussmeistereien aufgelöst, die Kommunen wurden verantwortlich für die Gewässer zweiter Ordnung. Aber was man damals vergessen hat, war, dass man diese Unterlagen an die Kommunen übergeben hat, diese Unterlagen für immer verschwunden sind und heute alles wieder neu aufgearbeitet werden muss. Daran krankt nämlich auch das Hochwasserschutzsystem an den Gewässern zweiter Ordnung, weil nichts mehr vorhanden ist, weil das, was da war, verschwunden ist. Es geht mit diesem Gesetz um nicht weniger als die finanzielle Sicherstellung der dringend notwendigen weiteren Hochwasserschutzmaßnahmen in Thüringen. Etwa 90 Prozent der Deiche in Thüringen entsprechen – nicht zuletzt aufgrund ihres Alters – nicht mehr den Schutzanforderungen. Also besteht hier dringender Handlungsbedarf.
Ich will noch ein Stichwort sagen: Talsperren. Ich denke, hierzu bedarf es der Entwicklung einer gesonderten Konzeption für ihre zukünftige Nutzung. Wir bezahlen viel Geld für Talsperren, die wir nicht mehr benötigen, die nicht in Betrieb sind, die aber gesichert und betrieben werden müssen. Auf der Basis von Analysen zur Stand- und Funktionstüchtigkeit sowie ihrer zu erfüllenden Funktionen für Trinkwasser- und Brauchwasserversorgung, Energiegewinnung oder Hochwasserschutz müssen für jede einzelne Anlage separat perspektivische Überlegungen angestellt werden. Auch hier können wir viel Geld sparen, welches wir dann natürlich dem Hochwasserschutz zur Verfügung stellen können, welches wir dort einplanen können, wenn wir dort entsprechende Kosten sparen. Es ist klar, das ist eine große Aufgabe, auch diese Aufgabe wird viel Geld kosten, aber sie wird sich nicht vermeiden lassen.
Auch ein Wort zur Flächenversiegelung: Es geht nicht nur darum, dass wir Retentionsflächen brauchen, sondern es geht auch darum, dass wir zukünftig endlich mal damit aufhören müssen, weitere Flächen zu versiegeln, weitere Flächen der Natur, der Landwirtschaft, der forstlichen Nutzung zu entziehen. Jedes Jahr werden in Deutschland Tausende Hektar
irgendwelchen Freizeitparks oder sonstigen Sachen entzogen werden. Da liegt eigentlich auch das Problem für die Landwirtschaft, dass dort landwirtschaftliche Flächen entzogen werden und nicht bei den Hektar, die für den Hochwasserschutz gebraucht werden. Was nutzt uns eine landwirtschaftliche Fläche, wenn ein Hochwasser kommt und die gute Erde weggeschwemmt wird, die gute Erde dann irgendwann im Fluss oder in der Nordsee oder in der Ostsee oder sonst wo landet? Das nutzt uns überhaupt nichts. Deswegen müssen wir aufhören mit Flächenverbrauch, Flächenversiegelung und damit auch dem Flächenentzug der Landwirtschaft, Frau Tasch. Das ist das eigentliche Problem, was wir haben, und nicht der Hochwasserschutz und die paar Quadratmeter, die wir für den Hochwasserschutz brauchen.