75 Jahre des nationalsozialistischen Überfalls auf die Sowjetunion – und kein Gedenken in Thüringen?
Am 22. Juni 2016 jährt sich der Beginn des nationalsozialistischen Angriffskrieges gegen die Sowjetunion zum 75. Mal. Dies wäre zumindest ein Anlass, dessen in Thüringen zu gedenken. Nach Informationen der Fragestellerin sind jedoch in Thüringen keine offiziellen Gedenkveranstaltungen seitens der Landesregierung geplant.
1. Stimmt es, dass es aus Anlass des 22. Juni 2016 keine offiziellen Gedenkveranstaltungen der Landesregierung in Thüringen geben wird?
2. Wenn ja, wie begründet die Landesregierung das Fehlen jeglicher offizieller Landesgedenkveranstaltungen an dieses geschichtsträchtige Datum?
3. Wenn nein, welche offiziellen Gedenkveranstaltungen sind seitens der Landesregierung aus Anlass des 22. Juni 2016 in Thüringen geplant?
4. An welchen Gedenkveranstaltungen, die von Nichtregierungsorganisationen, dem Bund, anderen Bundesländern oder anderen Staaten aus Anlass des 22. Juni 2016 durchgeführt werden, nehmen Minister oder Staatssekretäre der Landesregierung teil?
Herr Präsident, sehr geehrte Damen und Herren! Frau Herold, gestatten Sie mir, dass ich die ersten drei Fragen zusammen beantworte. Historische Jahrestage haben eine wichtige Funktion. Sie erinnern nicht nur an vergangene Ereignisse, sondern sie regen auch dazu an, über die politischen Lehren aus der Vergangenheit Schlussfolgerungen zu ziehen. Das jeweils angemessene Gedenken unterscheidet sich in Abhängigkeit von den historischen Ereignissen und den betreffenden Jahrestagen.
Der 75. Jahrestag des deutschen Überfalls auf die Sowjetunion ist zweifellos Anlass, der unzähligen zivilen und militärischen Opfer zu gedenken und an die Verbrechen der Nationalsozialisten zu erinnern. Beispielhaft sei hier der speziell im Hinblick auf den Überfall auf die Sowjetunion bereits im Mai 1941 erlassene sogenannte Kommissarbefehl genannt, dem Tausende Offiziere der Roten Armee zum Opfer fielen. Dem Befehl zur Auslieferung jüdischer und politischer Gefangener an den Sicherheitsdienst fielen nach Quellenangaben mehr als eine halbe Million Menschen zum Opfer. In dem Werk „Verfolgung und Massenmord in der NS-Zeit“ stellt Dieter Pohl auf Seite 57 im Hinblick auf den deutschen Überfall auf die Sowjetunion fest, ich zitiere: „Das ‚Unternehmen Barbarossa‘ führte direkt in den Völkermord. Erstmals plante die deutsche Führung die Ermordung großer Bevölkerungsgruppen in einen Feldzug ein […] mit Nahrungsentzug, Entrechtung und […]Massakern.“
Anders als die Fragestellerin spreche ich deshalb auch nicht vom nationalsozialistischen Überfall auf die Sowjetunion, sondern vom deutschen Überfall. Denn die Untersuchungen unter anderem über die Verbrechen der Wehrmacht, aber auch die Profiteure von Zwangsarbeit, Rüstungsproduktion und Vernichtung der europäischen Juden machen deutlich, dass es eine Trennung zwischen deutscher Bevölkerung auf der einen Seite und Nationalsozialisten auf der anderen Seite nicht gibt. Beide Seiten
Die Landesregierung hat erst am vergangenen Wochenende in der Gedenkstätte Buchenwald der Befreiung der Konzentrationslager gedacht und gemeinsam mit Überlebenden des Konzentrationslagers sowie der Bundeskulturministerin die neue Dauerausstellung eröffnet.
Die Landesregierung plant keine offizielle Veranstaltung anlässlich des 75. Jahrestags des deutschen Überfalls auf die Sowjetunion, denn der Thüringer Landtag hat in seiner Sitzung am 2. Oktober 2015 beschlossen, den 8. Mai als Gedenktag in das Feiertagsgesetz aufzunehmen. Der 8. Mai ist insoweit derjenige Tag, an dem in Thüringen der Befreiung vom Faschismus gedacht und an die Opfer, die für diese Befreiung ihr Leben ließen, erinnert wird. Er ist ein umfassender Gedenktag für die Schrecken des Zweiten Weltkriegs. Darin ist auch der Überfall auf die Sowjetunion mit eingeschlossen.
Zu Frage 4: An welchen Veranstaltungen Ministerinnen und Minister sowie Staatssekretärinnen und Staatssekretäre teilnehmen, wird derzeit auf Grundlage der bislang eingegangenen oder noch eingehenden Einladungen festgelegt. Eine Information erfolgt rechtzeitig im Rahmen der Veröffentlichung entsprechender Terminübersichten der Staatskanzlei und der Ministerien. Vielen Dank.
Vielen Dank, Herr Minister. Gibt es Nachfragen? Frau Herold? Nein. Aus den Reihen der anderen Abgeordneten auch nicht. Dann kommen wir zur nächsten Anfrage in der Drucksache 6/2038, Fragesteller ist Herr Abgeordneter Huster, Fraktion Die Linke.
Offshore-Finanzplätze sind gekennzeichnet durch niedrige Steuern, eine hohe Vertraulichkeit und einen weniger regulierten Finanzmarkt. Viele Banken und Finanzdienstleister wickeln einen Teil ihrer Geschäfte offshore ab. Die Staatsanwaltschaft in München prüft derzeit, ob die Bayerische Landesbank in Offshore-Geschäfte verwickelt ist. Die Landesbank Hessen-Thüringen (Helaba) nennt im Geschäftsbericht 2015 ihre Niederlassungen, Töchter und Beteiligungen. Darunter finden sich neben Firmen in Frankfurt, Zürich, Schönefeld und Hawaii unter anderem auch Firmen auf Jersey und den Cayman Islands.
2. In welchen Geschäftsfeldern ist die Helaba über ihre Niederlassungen, Tochterunternehmen und Beteiligungen auf Offshore-Finanzplätzen tätig?
3. In welchem Umfang hat die Helaba auf OffshoreFinanzplätzen in den letzten drei Jahren Geschäfte gemacht (bitte summarisch aufschlüsseln nach Ka- pitaleinsatz und Gewinn bzw. Verlust)?
4. Auf welche Weise wird der Immobilienentwickler Honua'ula Partners LLC als Tochter von der Helaba beherrscht?
Sehr geehrte Damen und Herren Abgeordnete! Sehr geehrter Herr Huster, ich beantworte Ihre Mündliche Anfrage namens der Landesregierung wie folgt:
Zu den Fragen 1 bis 3: Aufgrund der kurzen Fristsetzung für die Beantwortung dieser Mündlichen Anfrage war es leider nicht möglich, diese Frage im erforderlichen Umfang und Detailierungsgrad in Abstimmung mit der Helaba zu beantworten. Die Antworten zu den Fragen 1 bis 3 werden daher schriftlich nachgereicht.
Zu Frage 4: Die Helaba finanziert dem Immobilienentwickler Honua'ula Partners LLC ein Grundstück auf Hawaii für eine vorgesehene Projektentwicklung im Bereich des Wohnungsbaus. Wie dem veröffentlichten Geschäftsbericht 2015 der Helaba entnommen werden kann, verfügt die Helaba weder über Kapitalanteile an der Gesellschaft noch über Stimmrechte. Ungeachtet dessen ist die Helaba entsprechend den Rechnungslegungsvorschriften des sogenannten IFRS 10 verpflichtet, die finanzierte Projektgesellschaft zu konsolidieren. Hintergrund hierfür ist, dass die Helaba alleinige Kreditgeberin ist und die volle Werthaltigkeit der Forderungen aufgrund von Verzögerungen in der Baugenehmigung derzeit nicht gegeben ist und ihr deshalb die überwiegenden Chancen und Risiken aus dem Engagement zuzurechnen sind. Danke schön.
Ja, zunächst vielen Dank für die Zusage für die Beantwortung der Fragen 1 bis 3. Frau Ministerin, inwieweit werden denn die aktuellen Veröffentlichun
gen zu den Panama Papers auch Gegenstand von Diskussionen im Aufsichtsrat der Helaba werden, auch zum generellen Engagement der Bank in sogenannten Steueroasen?
Es gibt ja mehrere Gesellschafter der Helaba, mehrere Bundesländer. Ich gehe davon aus, dass das zu den nächsten Aufsichtsrats- oder Trägerversammlungen auch eine Rolle spielen wird, inwieweit die Helaba eventuell solche Geschäfte hat. Es ist für alle – denke ich –, die in den verantwortlichen Gremien sitzen, außerordentlich wichtig zu wissen, dass wir uns da in der Helaba sauber verhalten haben.
Vielen Dank. Im Übrigen an der Aussprache des Immobilienentwicklers müssen wir alle noch ein bisschen üben. Das klang irgendwie wie Hula Hula, aber wir wissen, wie es gemeint war.
Wir kommen zur letzten Anfrage der heutigen Fragestunde, Fragesteller ist Herr Abgeordneter Krumpe. Seine Frage hat die Drucksache 6/2039.
In der Drucksache 6/994 versicherte die Landesregierung, dass das Recht auf Zugang zu Umweltinformationen von den Thüringer Bürgern wirksam in Anspruch genommen werden kann. Die Landesregierung verwies dabei auf die kostenfreie Bereitstellung von Geobasisdaten im Geoproxy. Geobasisdaten zeichnen sich durch geometrische, topologische, thematische und temporale Eigenschaften aus. Im Ergebnis einer Überprüfung dieser Aussage stellte sich jedoch heraus, dass der kostenfreie Zugang zum Geoproxy lediglich Geoinformationen in Form von digitalen Karten bereitstellt. Mit den von der zuständigen Behörde vorab festgelegten Visualisierungsregeln können nicht alle, dem Objekt inhärent innewohnenden Eigenschaften in ihren topologischen, thematischen und temporalen Merkmalsdimensionen dargestellt oder analysiert werden.
Zusammenfassend ist festzustellen, dass mit der Bereitstellung kostenloser digitaler Karten nur ein eingeschränkter Zugang zu den Geodaten ermöglicht wird. Gemäß § 2 Abs. 2 des Gesetzes über die Weiterverwendung von Informationen öffentlicher Stellen und § 2 Abs. 2 des Thüringer Umweltinformationsgesetzes sind jedoch alle Aufzeichnungen, das heißt auch alle dem Objekt inhärent innewohnenden Eigenschaften, dem informationssuchenden Bürger zugänglich zu machen.
1. Kann vor dem oben genannten Hintergrund das Recht auf Zugang zu Umweltinformationen wirksam von den Thüringer Bürgern in Anspruch genommen werden, und wenn ja, wie begründet die Landesregierung ihre Auffassung vor dem Hintergrund, dass aus den digitalen Karten nicht alle dem visualisierten Objekt inhärent innewohnenden Eigenschaften in ihren Merkmalsdimensionen dargestellt bzw. abgeleitet werden können?
2. Ist die Landesregierung der Auffassung, dass sie mit einer eingeschränkten Bereitstellung von Daten und ihren Eigenschaften in Form einer kartografischen Visualisierung allen Anforderungen des Thüringer Umweltinformationsgesetzes und des Informationsweiterverwendungsgesetzes gerecht wird, und wie begründet sie ihre Auffassung?
3. Nach welchen Rechtsvorschriften muss die für das Geoinformationswesen zuständige öffentliche Stelle ausreichende Einnahmen erzielen, um einen wesentlichen Teil der Kosten im Zusammenhang mit der Erfassung, Erstellung, Reproduktion und Verbreitung zu decken?
4. Warum werden neben dem Digitalen Oberflächenmodell nicht noch andere Geobasisdaten, wie das Digitale Basis-Landschaftsmodell, gegen eine geringe Bereitstellungsgebühr in einer gewissen Übergangszeit, wie das Landesamt für Vermessung und Geoinformation am 14. März 2016 in einer Pressemitteilung bekannt gab, bereitgestellt?
Sehr geehrter Herr Präsident, sehr geehrter Herr Abgeordneter Krumpe, ich beantworte die Mündliche Anfrage für die Landesregierung wie folgt:
Zu Frage 1: Das Recht auf Zugang zu Umweltinformationen von Thüringer Bürgerinnen und Bürgern kann weitestgehend über die im Geoproxy präsentierten Geodaten und digitalen Karten wirksam wahrgenommen werden. Die Analyse und Weiterverwendung von Geodaten mit sämtlichen dem Objekt inhärent innewohnenden Eigenschaften in ihren topologischen, thematischen und temporalen Merkmalsdimensionen dürfte regelmäßig nicht dem Anliegen eines Bürgers im Zusammenhang mit dem Zugang zu Umweltinformationen entsprechen. Sofern der Bürger oder die Bürgerin, der durch die Visualisierung der Geodaten im Geoproxy in seinem Informationsbedarf unterstützt und keinesfalls entmündigt werden soll, trotzdem die zumeist komplexen Daten nutzen möchte, können ihm die Daten
bereitgestellt werden. Nach derzeit noch geltendem Recht fallen hierfür allerdings Kosten an. Im Rahmen des Landesprogramms „Offene Geodaten“ werden derzeit die kostenrechtlichen Vorschriften geändert. So können voraussichtlich ab Januar 2017 die Geodaten grundsätzlich in ihrem vollen Funktionsumfang für einen kostenfreien Download zur Verfügung gestellt und von jedermann zu jedwedem Zweck genutzt werden. Personenbezogenen oder sonstigen Beschränkungen unterliegende Geodaten sind hiervon ausgenommen.